Im krassen Gegensatz zu diesem Maßstab gibt Minister Faltlhauser mit seinem Haushaltsentwurf vielleicht Tipps für Finanztricksereien und er beantwortet die ungestellte Frage, wie man einen Haushalt schön rechnet, oder – –
Das können Sie hinterher. Sie haben noch Redezeit ohne Ende, wenn ich es mit meiner vergleiche. Das ist ja furchtbar, wie lange ich Ihnen da noch zuhören muss.
Er betätigt sich nach eigenem Sprachduktus als kreativer Gestalter. Seine eigentliche Aufgabe, einen Staatshaushalt nach dem Grundsatz von Klarheit und Wahrheit vorzulegen, schafft er nicht. Stattdessen, getrieben von den Außendarstellungswünschen des Ministerpräsidenten für das Jahr 2006, machen Sie das glatte Gegenteil. Sie ziehen Ausgaben vom Haushalt 2006 in den Haushalt 2005 vor, was den Haushalt im Jahr 2005 mit einem Vielfachen der in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Verschuldung belastet, einzig mit dem Ziel, im Jahr 2006 rechnerisch eine schwarze Null zu schreiben. Sie betreiben verdeckte Kreditaufnahme bei sich selber, im eigenen Staatsvermögen, und behaupten gleichzeitig: Ich mache keine Schulden. Sie planen für die Finanzierung planmäßiger Investitionen die erhofften Erlöse künftiger Privatisierungen ein, auch wenn ich den Eindruck habe – was ich bisher signalisiert bekommen habe –, dass für einen großen Teil der Staatsgrundstücke, Bauten und Beteiligungen die Angebote nicht so sehr sprudeln und auch nicht zu dem erhofften Preis. Sie wollen verstärkt Public-PrivatPartnership nutzen, was man auch als kaufe-heute-zahlespäter bezeichnen könnte, ein weiteres Rechenkunststück zulasten künftiger Generationen. Unisono kritisieren die Landesrechnungshöfe und auch der Bundesrechnungshof: Schattenhaushalte verschleiern Neuverschuldung.
Sie scheint diese Kritik wenig zu kümmern. Dabei schauen Sie so unschuldig aus, wie Sie da sitzen. Doch es geht noch weiter mit Ihrem Als-ob-Sparen. Es gibt kein Geld für dringend notwendige Sanierungsinvestitionen, die uns deshalb aber nicht erspart bleiben, sondern in den nächsten Jahren erstens sicher und zweitens sehr viel teurer kommen werden. Was Sie hier präsentieren, ist eine klassische Milchmädchenrechnung, lieber Herr Minister.
Wenn die Mittel, die für den Unterhalt bestehender Immobilien des Freistaats bereitgestellt werden, deutlich unter einem halben Prozent ihres Wertes liegen, dann ist der Verfall oder, wie die „Süddeutsche Zeitung“ titelte, dann ist die „Bruchbude Bayern“ programmiert. Gehen Sie
doch mal in die Uni Regensburg oder in die zahlreichen maroden Förderschulen und sagen Sie den dort Tätigen: Na ja, tut mir Leid, weil Stoiber halt einen ausgeglichenen Haushalt zu Wahlkampfzwecken braucht, muss Ihre Schule, muss die Uni Regensburg leider vor sich hin verfallen. Sie haben doch sicher Verständnis dafür. – Ich sage Ihnen, niemand von den Betroffenen hat Verständnis dafür.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Klarheit und Wahrheit sind uns wichtig. Sie selber haben in einem Interview - ich glaube, es war im „Münchener Merkur“ -, gesagt, dass das für Sie im Prinzip ein vernachlässigbares Thema ist. Denn auch in guten Zeiten haben Sie eigentlich schon immer die wahre Haushaltssituation zu verschleiern versucht mit der Entschuldigung, Sie wollten keine Begehrlichkeiten wecken. Das ist nicht nur in hohem Maß unseriös, aus welchem Grund auch immer, sondern es ist darüber hinaus auch eine Schwäche gegenüber der Opposition und Ihren eigenen Ministerkollegen, wenn Sie nicht glauben, mit einem klaren Haushalt auftreten zu können.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, kreatives Gestalten und Verschleiern von Informationen sind als Handlungsmaxime nicht mal eines Autoverkäufers würdig.
Der andere Grund liegt auf der Einnahmeseite – Herr Schieder hat es zum Teil schon angesprochen. Die Mittel, die wir alle, die wir hier sitzen, für die Gestaltung von Politik brauchen, werden in diesem Einzelplan 06 des Finanzministers in der Steuerverwaltung beschafft oder es gibt sie nicht. Viele Experten sehen in einer bundesweit einheitlichen Steuerverwaltung den richtigen Weg, einen einheitlichen Steuervollzug und auch höhere Steuereinnahmen zu realisieren. Wesentliche Interessengegensätze würden dadurch wegfallen – ich erinnere nur daran, dass die Einrichtung und das Personal der Finanzverwaltung in Bayern das Land zahlt, der Bund aber und die anderen Länder – über den Länderfinanzausgleich – auch von den Einahmen mit profitieren. Wir brauchen nicht darüber zu debattieren, ob der Widerstand des bayerischen Finanzministers gegen eine stärkere Bundeszuständigkeit sachlich nicht eher problematisch als gut ist, deshalb problematisch, weil Ihre Position natürlich den pflichtgemäßen Einnahmevollzug erheblich erschwert. Wenn Sie aber schon die Steuerverwaltung in eigener Regie durchführen wollen, dann braucht Bayern eine personell ausreichend ausgestattete und motivierte Finanzverwaltung.
Die Wirklichkeit in der bayerischen Finanzverwaltung sieht aber anders, nämlich trostlos aus. Der nach bundesein
heitlichen Kriterien ermittelte Fehlbestand ist eklatant; die bayerische Finanzverwaltung ist seit 2000 weiter gekürzt worden. Rund 5000 Beschäftigte warten seit vielen Jahren auf ihre Beförderung.
An dieser Stelle gilt mein großer Dank all denjenigen, die trotz dieser Personalpolitik und nicht wegen ihr nach wie vor engagiert ihre Arbeit in der Finanzverwaltung machen.
Bei dieser Personalpolitik und der bisherigen personellen Ausstattung der bayerischen Finanzverwaltung werden drei zentrale Anforderungen nicht im erforderlichen Maß erfüllt: Mitarbeitermotivation, Steuergerechtigkeit und Einnahmebeschaffung.
Erstens. Die Mitarbeiter werden demotiviert, weil ihnen die im Vorfeld bereits zugesagten Aufstiegsmöglichkeiten nicht gegeben werden. Hinzu kommt die Einführung der 42-Stunden-Woche ohne intensive Kommunikation mit den Betroffenen.
Zweitens. Die Steuergerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Eine ordnungsgemäße Besteuerung ist kaum möglich, wenn wegen der eklatanten Unterbesetzung viele notwendige Überprüfungen nicht mehr nach Maßgabe der Gesetze erfolgen können, sondern nur noch im Rahmen der so genannten gewichteten Arbeitsweise. Eine gleichmäßige Festsetzung und Erhebung der Steuern ist damit nicht mehr gewährleistet.
Drittens. Das ist das Hauptproblem. Vor allem muss Bayern den Personalabbau in der Finanzverwaltung im wahrsten Sinn des Wortes sehr teuer bezahlen. Bereits 2001 hatte der Bayerische Oberste Rechnungshof auf die Steuerausfälle durch den Fehlbestand im Personal hingewiesen. In der Summe liegen die Verluste aus illegalen Steuerpraktiken in verschiedenen Spielarten jenseits der Milliarden-Euro-Grenze für Bayern. Dabei wäre ein großer Teil – natürlich nicht alles, so naiv ist keiner – dieser Mittel mit mehr Personal durchaus einzutreiben. Es ist längst erwiesen, dass Umsatzsteuersonderprüfer, Betriebsprüfer und Auslandsprüfer pro Jahr und Person – pro Jahr und Person! – mehr als 1 Million Euro einbringen. Doch weil das Personal an allen Ecken und Enden fehlt, findet eine Umsatzsteuersonderprüfung nur in Ausnahmefällen statt und der Prüfungsturnus erhöht sich bei den Betriebsprüfungen immer mehr.
Der Personalabbau im bayerischen Finanzministerium kostet den Freistaat somit jährlich einen mehrstelligen Millionenbetrag. Da ist es völlig unsinnig, hier mit Personalkürzungen eine Verbesserung der Haushaltssituation erreichen zu wollen.
Oder wenn Sie es anders herum besser verstehen; das ist oft so eine Argumentation. Kollege Kiesel hat es gerade gesagt: Das Konsolidierungsziel ist der Maßstab aller Dinge, aller Einzelpläne. Warum schmeißen Sie dann nicht alle Leute in der Steuerverwaltung raus; dann haben Sie
den Einzelplan 06 noch sehr viel stärker entlastet. Sie haben ein absurdes Konsolidierungsziel erreicht und bekommen dazu noch Lob von Ihrem Chef, ein dickes Lob, denn er ist kein Ökonom.
Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU! Die Personaleinsparungen dort zu verlangen, wo mehr Personal die Einnahmesituation des Freistaates deutlich verbessert, ist und bleibt Unfug.
Gerade in Zeiten knapper Kassen darf es aber nicht sein, dass Bayern von der Einnahmeseite her an die Wand gefahren wird. Mit dem vorliegenden Einzelplan offenbaren Sie, dass Sie das existenzielle Einnahmeproblem im bayerischen Staatshaushalt – ich gebe Ihnen durchaus Recht; das ist in anderen Bundesländern genauso – nicht zu überarbeiten gewillt sind. Wir müssen auch deshalb den Etat ablehnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, lieber Robert Kiesel, erlauben Sie mir noch einen abschließenden Hinweis. Soweit ich mich entsinne, kommt von Ihnen in jeder Haushaltsdebatte nach Art eines fernöstlichen Mantras die immer wiederkehrende Aufforderung, die Abgeordneten der Opposition des Bayerischen Landtags sollten sich in Berlin um ordentliche Staatsfinanzen kümmern. Dort seien wir ja in der Verantwortung. Nach meiner Einschätzung geht Ihr Verständnis von dem, was Aufgabe der Opposition im Bayerischen Landtag ist, haarscharf am Verfassungsauftrag vorbei.
Unsere Aufgabe ist die Vertretung derer, die uns hier in Bayern gewählt haben. Unsere Aufgabe haben wir hier als Abgeordnete des Bayerischen Landtags zu erfüllen. Und Sie haben meinem Redebeitrag entnehmen können, dass wir hier wahrlich genug Arbeit haben.
Die bayerischen Landtagsabgeordneten, die in Berlin den größten Einfluss auf die Staatsfinanzen haben, sind die Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung, und zwar über den Bundesrat und die staatliche Einnahmeverwaltung. Egal, ob es um den Abbau von Subventionen geht – das haben wir bei der Debatte um die Eigenheimzulage wieder sehr schön vorgeführt bekommen – oder ob es darum geht, was ich eben gesagt habe, nämlich die Steuerverwaltung für einen pflichtgemäßen Einnahmevollzug personell auf Höhe der Zeit zu bringen, Sie können das entweder nicht da, wo Sie in Berlin die Verantwortung für die gesamtstaatlichen Finanzen haben, was bedauerlich aber verzeihlich ist, oder aber Sie blockieren dort vernünftige Lösungen aus rein politischem Populismus. Diese vorsätzliche Blockadepolitik ist allerdings unverzeihlich.
Deshalb sind auch Ihre ganzen Hinweise auf Berlin – entschuldigen Sie diese direkte Aussage – sachlich völlig daneben.
Die Fraktion der GRÜNEN im Landtag steht für eine langfristig stabile und klare Haushaltspolitik in Bayern. Deshalb lehnen wir den Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen ab.
Vielen Dank, Herr Kollege Hallitzky. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich darf Herrn Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser bitten, für eine zusammenfassende Stellungnahme das Wort zu nehmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten bei der Debatte über den Einzelplan des Finanzministers einmal den Kopf heben und um uns schauen,
was gegenwärtig in der Finanzpolitik in Bayern, in Deutschland, in Europa und darüber hinaus los ist.
Gegenwärtig stellen wir fest, dass das, was Ende der Neunzigerjahre erfolgreich in den USA geschehen ist, nämlich der Schuldenabbau ins Gegenteil verkehrt wurde. Das ist ein schlechtes Signal nach Europa. Innerhalb Europas verbünden sich Frankreich und die bestehende Bundesregierung zu einem Solidarpakt gegen den Stabilitätspakt,