Protokoll der Sitzung vom 14.12.2004

dass Sie aber mit dem Verbot von Veranstaltungen an stillen Tagen ab null Uhr wieder einen Schritt zurückgehen. Wir schlagen eine praxisnahe Lösung vor. Wir rufen Sie auf: Gehen Sie nicht nur den halben Weg. Springen Sie über Ihren Schatten. Stimmen Sie einer sinnvollen Lösung zu, stimmen Sie deshalb dem Änderungsantrag zu.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kollege Dr. Runge zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Breitschwert, wir müssten staunen über die von Ihnen vorgetragenen oder – besser gesagt – vorgelesenen Argumente, denn es waren exakt die gleichen Argumente, die Sie uns schon vor zwei beziehungsweise drei Jahren nur so um die Ohren gehauen haben. Sie persönlich waren es nicht. Es waren der Minister, der Staatssekretär und ein paar andere. Es war Ihr Nachbar, der hier so treuherzig lächelt.

Der Vorgang ist schön persifliert worden. Es gab den Artikel „Copy-Shop Landtag“, es gab auch andere Artikel. Darin haben wir schon eine gewisse Bestätigung erfahren. Ich möchte nicht alle meine letzten Reden zu diesem Thema wiederholen. Meine Einladung wiederhole ich schon. Wir freuen uns, dass Sie aus Ihrem Wirtshausschlaf aufgewacht sind. Wir stoßen gerne mit Ihnen mit Bier und – für unsere Damen – mit fränkischem Wein auf das neue Gesetz an, was Sie aber bitte uns spendieren mögen.

Herr Kollege Bocklet, dass Sie sich immerhin nach zwei oder drei Jahren durchringen konnten, zeigt, dass Sie doch relativ schnell lernfähig sind. Dieser Schritt war dringend notwendig und überfällig, weil Bayern bisher immer Schlusslicht war. In Bayern gehen die Lichter zuerst aus und die Türen zuerst zu. Das passt einfach nicht mit Ihrem Anspruch an eine moderne Wirtschaftspolitik und mit Ihrem Anspruch auf Förderung von Fremdenverkehr und Gastronomie sowie mit Ihrer immer wieder vorgetragenen Forderung nach Subsidiarität zusammen.

Wir haben schon immer gesagt, die Gemeinden können und sollen selbst vor Ort entscheiden, wann die Sperrstunde beginnt und wann sie endet. Sie sollen sich auch nicht hinter dem Landesgesetzgeber verstecken dürfen. Nachdem jetzt doch ein paar Einwände und Zwischenrufe gekommen sind, konfrontiere ich Sie noch einmal mit Ihren Argumenten von damals, weil sie gar so schön waren.

Wir haben zweimal einen Antrag gestellt und exakt das gefordert, was Sie jetzt mit Ihrem Gesetzentwurf vorschlagen. Einmal haben wir es im August 2001 und ein zweites Mal im Oktober 2002 mit einem Dringlichkeitsantrag für’s Plenum versucht. Wir sind beide Male abgemeiert worden.

Herr Kollege Pschierer, Sie haben sich zwar umgesetzt. Sie entgehen mir aber nicht. Ich erwische Sie schon. Sie

waren besonders lustig. Vielleicht sind Sie vorher zu lange im Wirtshaus gewesen.

(Franz Josef Pschierer (CSU): Vorsicht! – Renate Dodell (CSU): Das geht gar nicht!)

Ach so, er geht nicht ins Wirtshaus. Das kann nicht sein. Ich weiß nicht, wie im Allgäu die Sperrstunden waren. Die können sicher auch eigenhändig die Sperrzeiten verkürzen.

Herr Kollege Pschierer, ich zitiere das Protokoll der Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 18. Oktober 2001. Dort finden wir Folgendes:

Das Thema „Sperrzeitverlängerung“ werde von ihr

gemeint ist die CSU –

sehr ernst genommen und intensiv diskutiert.

Die Forderung der GRÜNEN … gehe entschieden zu weit. Insofern sei kein Kompromiss möglich. Daher müsse die CSU diesen Antrag ablehnen.

Ich war selber in der Sitzung, und ich habe es auch selber gehört, dass Sie „Sperrzeitverlängerung“ gesagt haben. Sie haben also gewusst, worum es geht, aber Sie haben gesagt, dass das, was wir wollten, entschieden zu weit gehe.

Herr Kollege Bocklet, wie ich gerade Ihrem Einwand entnehmen durfte, Sie werden es nicht glauben: Herr Kollege Beckstein hat wortwörtlich gesagt:

… Während ich den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN für falsch halte, weil er den Bedürfnissen nach Lärmschutz nicht genügend Rechnung trägt …

Dann kamen zwei Sätze dazwischen, und jetzt kommt wieder ein Zitat, damit bin ich jetzt beim Kollegen Beyer:

Herr Kollege Memmel, Sie hätten hier schon ein bisschen mehr Mut haben können und gleich sagen sollen, dass der Antrag der GRÜNEN besser ist als Ihr Antrag von der SPD.

Was hat der Kollege Beckstein mit diesem Zitat gemeint? Die SPD hatte zuerst Prüf- und Berichtsanträge eingereicht, und dann gab es einen Antrag auf Verkürzung der Sperrzeit auf teilweise zwei und teilweise drei Uhr. Das war doch etwas zu kompliziert. Sie haben damals mit uns im Plenum gestimmt und sind daher selbstverständlich auch zum Bier und zum Wein der CSU eingeladen. So viel nur zur wirtshausdunstbedingten Geschichtsklitterung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Lärmargument. Herr Regensburger – damals Staatssekretär, mittlerweile ersetzt – hat damals eine wunder

schöne Presseerklärung zu unseren beiden Anträgen abgegeben. Er hat gesagt – Zitat:

Die sonst so lärmbewussten GRÜNEN wollen mit ihrem Vorstoß den Anwohnern zumuten, die ganze Nacht hindurch bis fünf Uhr in der Früh den An- und Abfahrtsverkehr von Gaststätten und damit verbundene Lärmbelästigungen zu ertragen.

Zitat Ende. Jetzt ist es sehr schnell anders geworden. Damals haben wir Ihnen Scheinheiligkeit vorgeworfen. Ich erinnere noch einmal an den internationalen Tag zum Schutz vor Lärm. Was haben Sie damals gemacht? Siebzig Gebirgsschützen haben Sie vor dem Landtag herumballern lassen. Das war nicht ganz leise an diesem Tag. Was haben Sie noch gemacht? Ich denke nur an den Flughafen im Erdinger Moos und die geänderten Nachtflugregelungen. Da ist Ihnen der Schutz vor dem Lärm doch relativ egal. Da setzen Sie die Bevölkerung ungeniert dem Lärmterror aus.

Ein letztes Zitat – Herr Kollege Bocklet, es ist schön, dass Sie uns zuhören. Der Kollege Kempfler – damals Vorsitzender im Innenausschuss – hat sich zu der Behauptung verstiegen, das, was die GRÜNEN wollten, gehe gar nicht, das sei gesetzlich gar nicht möglich, denn der Bund hindere uns daran, dieses durchzusetzen. Das war auch grundfalsch. Aber wie gesagt, Sie haben gelernt. Das, was Sie in der Begründung des Gesetzentwurfs schreiben, die Gemeinden gewährten bereits jetzt in vielen Fällen Sperrzeitverkürzungen, was für sie eine Erhöhung der Verwaltungstätigkeit und für das Gaststättengewerbe eine erhebliche finanzielle Belastung bedeutet, haben wir schon gesagt. Wir haben gesagt, diese Regelung verursache Bürokratie, sei teuer, die Wirte ärgerten sich, sie müssten jedes Mal einen Antrag auf Verkürzung stellen und das koste Geld. Darauf haben Sie gesagt, das sei völliger Blödsinn. Jetzt finden wir genau das im Gesetzentwurf. Herzlichen Dank dafür!

Fazit: Wir begrüßen Ihren Sinneswandel. Wir unterstützen den Gesetzentwurf. Wir unterstützen auch den Antrag des Kollegen Memmel und fänden es besser, wenn dieser in den Gesetzentwurf eingearbeitet würde. Wir sind auch der Meinung, dass das Verbot des Hineinfeierns in die Feiertage nicht zielführend ist. Wir freuen uns aber insgesamt über Ihre Lernfähigkeit, sodass wir dem Gesetzentwurf selbst zustimmen. Wir hoffen aber selbstverständlich darauf, dass Sie zuerst noch dem Antrag vom Kollegen Memmel zustimmen. Dann sind wir alle beieinander. Dann haben wir vom Anfang bis zum Ende hier im Bayerischen Landtag einen einstimmigen Beschluss gefasst. Prost!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die SPD hat noch eine Minute Redezeit. Wollen Sie die jetzt nutzen? – Nein. Dann bitte, Herr Staatssekretär Schmid.

(Zurufe von der SPD)

Mir wurde bedeutet, dass die eine Minute eventuell noch in Anspruch genommen wird. Ich muss fragen. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Runge, dafür, dass Sie dem Gesetzentwurf zustimmen werden, haben Sie überaus lange Ausführungen gemacht, die aus meiner Sicht nicht ganz verständlich sind. Ich darf Sie auf das Protokoll vom 11.11.2004 verweisen. Ich habe zur Ersten Lesung in einem umfassenden Redebeitrag dargelegt, warum wir damals diese Fragen diskutiert haben und warum wir möglicherweise anderer Meinung waren. Die kommunalen Spitzenverbände waren anderer Meinung. Die Polizei war anderer Meinung. Man sah andere rechtliche Problematiken. Im Übrigen haben auch andere Bundesländer schlechte Erfahrungen gemacht. Wir wollten die Erfahrungen aus der ersten Veränderung abwarten und das Pilotprojekt in München betrachten. Nachdem wir gesehen haben, dass die zunächst befürchteten Gefahren nicht bestehen, haben wir uns zu diesem Gesetzentwurf entschlossen.

Ich darf an dieser Stelle ausnahmsweise einen Kollegen in Schutz nehmen. Franz Pschierer ist auch dann, wenn er am Abend in die Gaststätte geht und mäßig trinkt, am nächsten Tag voll da, sodass ich mir nicht vorstellen kann, dass er etwas nicht erkannt haben könnte. Er erkennt die Dinge immer richtig und sieht sie richtig.

(Heiterkeit)

Wir sollten heute also keine Diskussion führen, warum wir damals anderer Meinung waren. Es gab auch in Ihren Reihen und in anderen Bundesländern sehr wohl andere Auffassungen. Jetzt sind wir, so glaube ich, einheitlicher Meinung. Das Gesetz wurde in den Ausschüssen umfassend diskutiert. Ich glaube, es ist eine praktikable Lösung, die ohne viel Bürokratie optimal praktiziert werden kann. Wo lokale Brennpunkte entstehen, kann lokal reagiert werden. Ich halte das im Sinne von Entbürokratisierung und Deregulierung für richtig.

Zu Artikel 3 Absatz 3 des Feiertagsgesetzes, der gestrichen werden soll, möchte ich eine Bemerkung machen. Sie, Herr Dr. Beyer, sprachen von Kompensationsgeschäften. Ich darf Ihnen sagen: Die Bayerische Staatsregierung macht nie Kompensationsgeschäfte, sondern trifft eine klare gesetzliche Regelung, wie in diesem Fall.

Mit dem Antrag würden Sie eine vierfache Kategorie von stillen Tagen schaffen, die erste, die zweite, die dritte und die vierte Kategorie. Das ist nicht Entbürokratisierung. Mit dem Antrag des Kollegen Memmel würden wir noch mehr Bürokratie schaffen. Und wenn Sie, Herr Dr. Beyer, sich noch dazu zum Schutzpatron von Halloween machen wollen, dann verstehe ich das gar nicht.

Mir geht es um eine klare, präzise gesetzliche Regelung. Die haben wir für die stillen Feiertage geschaffen. Das entspricht unserer Vorstellung von Entbürokratisierung. Für die betroffenen Betriebe, die Polizei und die Kommunen würde es durch vier Kategorien nur noch unübersichtlicher werden. Deshalb sollten wir heute eine klare Rege

lung beschließen, dem Gesetzesantrag zustimmen und den Antrag des Kollegen Memmel ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Dr. Beyer, Sie haben eine Minute.

Ich kann das nicht so stehen lassen, dass ich Schutzpatron von Halloween wäre. Herr Kollege Schmid, Sie wissen, dass da keine Gefahr besteht.

Sie haben unseren Antrag zwar brillant, aber an der Sache vorbei dargestellt. Wir haben die Regelung vorgeschlagen, die mit einer Uhrzeit versehen ist. Die Uhrzeit liest ein bayerischer Beamter ohne Probleme ab, und er weiß, wie zu entscheiden ist. Unsere Lösung ist praktikabel, einfach und konkret. Dass Ihre Lösung differenziert zu sehen ist, hat uns die Staatsregierung im Wirtschaftsausschuss erläutert. Wir versehen unsere Regelung mit einer Uhrzeit. Damit ist sie klar und eindeutig.

(Beifall bei der SPD)

Das waren 34 Sekunden. Der Rest wird nicht mehr ausgeschöpft. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1892, der Änderungsantrag auf Drucksache 15/1967 und die Beschlussempfehlung mit dem Bericht des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auf Drucksache 15/ 2354 zugrunde.

(Allgemeine Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Abstimmung mit dem entsprechenden Ernst und der Disziplin durchzuführen. Ich bin nicht bereit, den hohen Lärmpegel hinzunehmen.