Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist erfreulich, dass es möglich war, bei den Landjugendverbänden und den Landvolkshochschulen im Rahmen dieses Haushalts von weiteren Kürzungen abzusehen. Vor circa vier Wochen hatte ich ein Gespräch mit den drei Jugendverbänden, die sich zufrieden damit gezeigt haben, dass keine weiteren Kürzungen durchgeführt werden. Sie haben sich auf diese Mittel eingestellt. Weitere Kürzungen aber wären an die Substanz gegangen und hätten zu erheblichen Schwierigkeiten geführt.

Wenn es auch nicht direkt zu den Haushaltsberatungen gehört, möchte ich mich doch sehr herzlich bei Staatsminister Miller und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geräuschlose Zusammenführung der Landesanstalten im Bereich der Landwirtschaft bedanken, vor allem vor dem Hintergrund des Ablaufs in anderen Häusern.

(Lebhafter Beifall bei der CSU)

Eine wesentliche Änderung in der Organisation tritt bei der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim ein. Gemäß dem Beschluss des Bayerischen Landtags vom 17. März dieses Jahres wird das Staatsweingut in Würzburg mit seinen Weinbaubetrieben und dem Staatlichen Hofkeller organisatorisch von der Landesanstalt getrennt. In späteren Beratungen wird zu klären sein, wie dies genau zu erfolgen hat.

Ein weiterer Antrag der CSU neben dem LKV TGD, mehr haben wir nicht gestellt, zielte darauf, eine kostenneutrale Hebung von 28 Stellen im landwirtschaftlich-technischen Dienst durchzuführen. Wir wissen, dass im mittleren Dienst die Stellenobergrenze erreicht ist. Um die derzeit sehr langen Zeiten im mittleren Dienst etwas abzukürzen, ist der Weg über den Verwendungsaufstieg gewählt worden, um auch diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu

zeigen, dass man der gestiegenen Verantwortung im mittleren Dienst Rechnung tragen will.

Die Nachschubliste zum Doppelhaushalt erstreckt sich zum einen auf den Zuständigkeitswechsel bei der Durchführung von Qualitäts- und Herkunftsmaßnahmen, wie bereits ausgeführt, und zum anderen Übertragung des bei der Landesanstalt für Landwirtschaft angesiedelten Isotopenlabors in den Geschäftsbereich des Einzelplans 12. Daher sind die Sach- und Personalmittel aus dem Einzelplan 08 in den Einzelplan 12 zu übertragen.

Die Opposition bemängelt immer wieder, dass für den ökologischen Landbau zu wenig getan wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Vergleich mit den anderen Bundesländern zeigt aber, dass in keinem anderen Bundesland so viel für den ökologischen Landbau getan wird wie in Bayern. Unsere Mittel werden jedenfalls für die Programme hergenommen, anders beim Bund: Der Bundesrechnungshof hat die Bundeslandwirtschaftsministerin Künast schwer getadelt, weil sie Gelder von Programmen des ökologischen Landbaus für Werbemaßnahmen anstatt für Programme ausgegeben hat.

(Sepp Ranner (CSU): Hört, hört!)

Das gab einen großen Aufruhr. Ich bin der festen Überzeugung, der Rechnungshof wird noch einmal nachhaken.

Zum Schluss möchte ich dem Staatsminister, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, angefangen im Ministerium über die Landesanstalten bis zu den Landwirtschaftsämtern, im Zusammenhang mit diesem Doppelhaushalt recht herzlich danken. Ich danke auch für die Arbeit zum Wohle der bäuerlichen Familien, die Sie in Bayern leisten.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Sprinkart das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei der Rede von Staatsminister Miller hat eigentlich nur gefehlt, dass zwei neben dem Rednerpult stehen, die die Weihrauchgefäße schwenken.

(Markus Sackmann (CSU): Das machen wir nächstes Mal!)

Sie wissen aber, zu viel Weihrauch macht rußig. Ich finde, Bayern ist schon schwarz genug.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Staatsminister, Sie stellen zu Recht die Bedeutung der Landwirtschaft in Bayern heraus. Sie verweisen auch zu Recht auf die ausgesprochen schwierige Einkommenssituation der bäuerlichen Betriebe. Sie vergessen aber zu sagen, dass die Situation in Bayern besonders schlecht ist. Die aktuellen Zahlen des Bauernverbandes, zusammengestellt anhand der Buchführungsergebnisse, zeigen, dass sich die Unternehmensergebnisse im Bundesdurchschnitt um 3,1 % im letzten Jahr verbessert haben, wäh

rend sie sich in Bayern in diesem Zeitraum um 10 % verschlechterten. Sie an meiner Stelle würden daraus den einfachen Schluss ziehen: Daran ist nur die Staatsregierung mit ihrer verfehlten Agrarpolitik schuld.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Keine Sorge, auf dieses Niveau begebe ich mich nicht. Gründe dafür sind sicher der hohe Anteil der Milchwirtschaft und der Rindfleischerzeugung in Bayern. Ganz sicher sind es aber auch die kleinen Betriebsstrukturen. Um die strukturellen Nachteile unserer Betriebe auszugleichen, reicht es aber nicht aus, die Selbsthilfeeinrichtungen zu fördern, und das reicht schon gar nicht, wenn sie in diesem Bereich auch noch kürzen. Durch den überbetrieblichen Maschineneinsatz haben die bayerischen Bauern 250 Millionen Euro eingespart. Das ist aber wahrhaft kein Verdienst der Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir die strukturellen Nachteile ausgleichen wollen, wenn wir den Strukturwandel bremsen wollen, dann müssen wir die kleinen Betriebe besser fördern und eine degressive Staffelung der Förderung umsetzen. Ich gebe zu, bundesweit gibt es das noch nicht. Wie wir aber an der Einkommensentwicklung sehen, handelt es sich hierbei vor allem um ein bayerisches Problem. Jahrelang war es in Bayern gerade umgekehrt: Große Betriebe mit großen Investitionen wurden besser gefördert als kleine Betriebe. Es ist ein Verdienst der Bundesregierung, mit dem Diversifizierungsprogramm den kleinen Betrieben die gleichen Bedingungen zu geben wie den Großen. Das ist einer der Gründe, warum wir dieses Programm weiterführen wollen. Wir wollen es auch, weil Betriebsgemeinschaften und Kooperationen dadurch viel unbürokratischer gefördert werden können.

Die staatlichen Fördermittel so einzusetzen, dass sie den strukturellen Benachteiligungen entgegenwirken, ist eine Sache. Der Versuch, diese Nachteile auf dem Markt auszugleichen, ist eine andere. Gerade auf diesem Gebiet ist von der bayerischen Agrarpolitik nichts zu hören, außer dem Qualitätssiegel „Geprüfte Qualität aus Bayern“. Dabei sagen Sie selbst, dass dieses Gütesiegel für die Bayern mit Kosten verbunden ist, aber keine höheren Preise bringt. Es wird unseren Bauern nicht weiterhelfen, wenn wir zu zu niedrigen Preisen die Ausfuhr erhöhen. Das ist auch einer der Gründe, warum wir das Programm „ÖkoRegio“ weiterlaufen lassen wollten. Damit soll die regionale und die ökologische Vermarktungsschiene stärker gefördert werden. Das ist einer der wenigen Bereiche, in denen noch gute Preise zu erzielen sind. Gerade in Bayern, das als Tourismusland Nummer 1 von einem gigantischen Kaufkraftimport profitiert, nützen wir nach unserer Auffassung diese Möglichkeit noch viel zu wenig.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf einen anderen Aspekt kommen, wie sich die Staatsregierung marktpolitisch nicht nur verweigert, sondern sogar kontraproduktiv handelt: die Gentechnik. 70 % der Verbraucher und Verbraucherinnen sagen, sie wollen Lebensmittel, die ohne Gentechnik erzeugt worden sind. Stellen Sie sich eine Umfrage vor, bei der 70 % der Ver

braucher und Verbraucherinnen sagen, sie wollen beim Auto ein bestimmtes Ausstattungsdetail, das ohne große Mehrkosten herstellbar wäre. Vermutlich würden alle Autohersteller dieses Marktsegment anbieten. Sie würden keine Sekunde zögern. Was aber tun wir in der Landwirtschaft? – Wir sagen, das interessiert uns nicht, wir setzen weiter auf Gentechnik. Der Weg, den die Staatsregierung hier eingeschlagen hat, ist nach meiner Auffassung völlig falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin der festen Überzeugung, wir werden nur dann verhindern können, dass unsere strukturellen Nachteile sich in Einkommenssenkungen widerspiegeln und den Strukturwandel verschärfen, wenn es uns gelingt, einen Markt zu erarbeiten, der nicht von der Devise „Geiz ist geil“ bestimmt wird. Dafür bedürfen die bayerischen Bäuerinnen und Bauern der Unterstützung der Staatsregierung.

Ein Markt, gerade auch für bayerische Bauern, sind die nachwachsenden Rohstoffe, insbesondere die Biomasse. Herr Staatsminister Miller, ganz offensichtlich haben Sie vergessen, dass es die Bundesregierung mit ihrem EEG und der Biomasseverordnung war, die die Biomasse wirklich vorangebracht hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine solche Feststellung passt natürlich nicht zu Ihrer Selbstbeweihräucherung.

Kolleginnen und Kollegen. Die Tatsache, dass dieses Angebot von den bayerischen Bäuerinnen und Bauern besonders angenommen wird, sollte uns gemeinsam freuen. Hier ist auch die richtige Gelegenheit, um festzustellen und anzuerkennen, dass Kulap und Ausgleichszulage ein wichtiger Beitrag sind, um eine umweltverträgliche Landwirtschaft und die Bewirtschaftung landwirtschaftlich benachteiligter Gebiete zu unterstützen. Ob es uns damit allein gelingen wird, die flächendeckende Landbewirtschaftung zu erhalten, ist eine andere Frage. Es gibt auch einige Details, die noch verbesserungswürdig sind.

Herr Minister, Sie bezeichnen die Umsetzung der Agrarreform und die Belastungen durch die Bundesagrarpolitik als aktuelle Herausforderung. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Kürzungen beim Agrardiesel und bei den Zuschüssen zur landwirtschaftlichen Krankenkasse sind keine Maßnahmen, mit denen wir zufrieden sein können.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was macht Ihr dagegen?)

Kollege Kreuzer, lassen Sie mich ausreden. Dafür erwarten wir auch kein Lob, übrigens genauso wenig wie für die Kürzungen bei den Selbsthilfeeinrichtungen in Bayern. In Zeiten leerer Kassen kann auch der Agrarhaushalt bei Einsparungen nicht außen vor bleiben. Das zeigen sowohl der Agrarhaushalt des Bundes als auch der bayerische Agrarhaushalt. Ich denke, auf Bundesebene dürfen wir das gleiche Recht in Anspruch nehmen, wie Kollege Eckstein auf der bayerischen, wenn er sagt, das ist aus agrar

politischer Sicht zwar nicht wünschenswert und abzulehnen, aus haushaltspolitischer Sicht aber notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Thema Wettbewerbsverzerrung durch die Kürzung der Agrardieselbeihilfe – das ist ein ganz beliebtes Thema. Wenn wir den schlimmsten Fall annehmen, sprich eine Kürzung der Beihilfe um 47 Cent je Liter, dann macht das bei 100 Liter je Hektar einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den französischen Kollegen – was wiederum der schlimmste Fall ist – von 47 Euro pro Hektar aus.

Schauen wir uns einmal die zweite Herausforderung, nämlich die Umsetzung der Agrarpolitik, an. Wenn es nach dem Willen unseres bayerischen Agrarministers gegangen wäre, hätte man mit der Betriebsprämie den Status quo bei der Verteilung der EU-Fördermittel festgeschrieben. Das hätte zum Beispiel bedeutet, dass ein Milchviehbetrieb im Grünland null Euro Flächenprämie bekommen hätte, sein Kollege im Ackerbaugebiet mit Maisanbau hätte bis zu knapp 500 Euro je Hektar erhalten. Das bedeutet im schlimmsten Fall einen Wettbewerbsnachteil von knapp 500 Euro pro Hektar. Wir erinnern uns: 47 Euro pro Hektar im Verhältnis zu knapp 500 Euro pro Hektar bedeutet ein Verhältnis von 1 : 10, also das Zehnfache und damit einen gewaltigen Wettbewerbsnachteil für Bauern, die oftmals nur 50 oder 60 Kilometer voneinander entfernt ihren Hof bewirtschaften. Unter Umständen liefern unterschiedliche Betriebe auch noch an die gleiche Molkerei. Diese Wettbewerbsverzerrung auf engstem Raum wollten Sie, Herr Minister Miller, festschreiben. Von so jemandem lasse ich mir nicht gerne sagen, dass die Bundesregierung die Wettbewerbsnachteile der Bauern fördert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der beschlossenen Reform beträgt der Wettbewerbsnachteil am Anfang immer noch 200 Euro pro Hektar und wird erst 2013 aufgelöst.

Zum Thema landwirtschaftliche Bildungspolitik: Aus- und Fortbildung sind die wichtigsten Wettbewerbsfaktoren für die Landwirtschaft. Ich würde eher sagen: ein sehr wichtiger Wettbewerbsfaktor. Wenn Sie das ernst nehmen, was Sie sagen, haben wir schon heute im Wettbewerb mit unseren Kollegen in Österreich in der nächsten Generation haushoch verloren. Das hohe Niveau der Landwirtschaftsschulen will ich gar nicht bestreiten. Die Frage ist vielmehr: Wie viel junge Menschen besuchen die Landwirtschaftsschulen? Es sind noch nicht einmal 500 pro Jahr. Durch die geplanten Schließungen von Landwirtschaftsschulen werden es in der Zukunft eher weniger werden, weil es sich mancher überlegen wird, ob er über 100 Kilometer pro Tag fahren wird, um eine Schule zu besuchen. Weniger als 1000 junge Menschen absolvieren jährlich die landwirtschaftliche Gehilfenprüfung. Nach gängiger

Rechnung bedeutet das, dass wir in der nächsten Generation circa 15 000 landwirtschaftliche Betriebsinhaber mit einer Fachausbildung bzw. dem Meisterabschluss haben und weitere 15 000, die eine Gehilfenprüfung abgelegt haben. Das sind bezogen auf alle landwirtschaftlichen Betriebe 10 % bzw. 20 %, bezogen auf die Haupter

werbsbetriebe 25 % bzw. 50 %. Herr Staatsminister Miller, fragen Sie einmal Ihren Kollegen Traublinger – inzwischen ist er nicht mehr da –, was der sagen würde, wenn ich ihm solche Zahlen für das Handwerk vorlegen würde. Er würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sagen: Das ist der Untergang des Handwerks in Bayern. Sie aber loben diese Politik noch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt ist, dass in der nächsten Generation vermutlich mehr als die Hälfte der Bauern über keine landwirtschaftliche Grundausbildung verfügt. Herr Miller, ich halte das für ein Alarmsignal und beileibe für keinen Grund, sich selbstgefällig auf die Schultern zu klopfen. Unser landwirtschaftliches Ausbildungssystem ist gut in der Spitze, aber versagt völlig in der Breite. Ich komme noch einmal darauf zurück: Wenn die Ausbildung der wichtigste Wettbewerbsfaktor ist, dann werden die strukturellen Disparitäten innerhalb Bayerns weiter verschärft. Wer keine oder keine vernünftige landwirtschaftliche Ausbildung hat – das sind in der Regel diejenigen, die kleine Betriebe bewirtschaften –, wird im Wettbewerb weiter zurückfallen und das wird in der nächsten Generation mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe betreffen. Zum Wettbewerb mit Österreich: Dort haben wir genau die umgekehrte Situation. Dort achtet man ganz stark auf eine Ausbildung in der Breite. Von daher wird uns Österreich auf diesem Feld überlegen sein. Herr Minister, hier besteht unserer Meinung nach dringender Handlungsbedarf. Ich biete Ihnen dabei gerne unsere Hilfe an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir werden dem Agrarhaushalt nicht zustimmen. Wir haben bescheidene Anträge eingebracht. Auf die Äußerungen des Kollegen Mütze hat die Haushaltsreferentin gesagt, er habe keine Ahnung vom Haushalt. Scheinbar müssen sich darin ganz grausame Dinge verstecken, Herr Staatsminister. Selbst diese bescheidenen Anträge wurden abgelehnt. Dem Haushalt fehlen entscheidende Zukunftsimpulse.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Brunner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Bayern ist zum Glück anders“, sagte vorgestern unser Wissenschaftsminister Dr. Thomas Goppel zu Beginn seiner Haushaltsrede. Ich ergänze: Unsere Bauern haben Glück, denn sie können in Bayern wirtschaften.