Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Frau Kollegin Kronawitterin – verzeihen Sie; ich sage sonst nicht „Kronawitterin“ –, Frau Kollegin Kronawitter, ich meine ja, gerade am Beispiel der Sparkassen ausgeführt zu haben, warum das so wichtig ist. Wir sind nun einmal auch für die kommunale Gesetzgebung zuständig. Deshalb halte ich es schon für ein wichtiges Anliegen, gerade auch hier tätig zu sein, weil wir die Pfründe und den Klüngel kennen, die im kommunalen Sektor sehr, sehr stark Platz gegriffen haben. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem jetzt in Richtung DAX-100-Unternehmen geänderten Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächste hat sich Frau Kollegin Dr. Kronawitter zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin aus Bayern; ich habe nichts dagegen, wenn jemand Kronawitterin zu mir sagt. Ich weiß, dass das die altbayerische Anrede ist. Herr Runge, wir sind uns durchaus einig, dass das möglich sein kann.

Ich habe mich aber noch einmal gemeldet, weil es mir schon auf Genauigkeit ankommt. Herr Minister Huber, Sie haben auf meine Zwischenfrage gesagt: Ja, es sei nie so angekündigt worden. Ich zitiere „Die Welt“ vom 25. Oktober 2004: „Im kommenden Monat will Stoiber mit anderen Unionsregierten Ländern ein entsprechendes Gesetz in den Bundesrat einbringen.“ Für mich ist das eine konkrete zeitbezogene Ankündigung.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Vielleicht 2005, Hildegard!)

Nein, nein, Wenn im Oktober steht „nächsten Monat“, dann ist der nächste Monat der November. Ich habe zu diesem Zitat, zu dieser Veröffentlichung kein Dementi gehört. Ich gehe also davon aus, dass „Die Welt“ in diesem Punkt völlig – –

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Walter Eyk- mann (CSU))

Herr Kollege, ich meine, die Staatsregierung hat einen solchen Apparat, dass sie bei derart entscheidenden Dingen sofort dementieren lassen würde, stimmte das nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir hätten unseren Antrag in der Tat nicht gestellt, wenn hier nicht eine große Ankündigung im Raum gestanden wäre, dann aber in der Staatskanzlei große Stille über dieses Thema ausgebrochen wäre. Hätten Sie vor einem Monat, Anfang dieses Jahres gesagt: Jawohl, wir diskutieren noch darüber, es gibt ein Hin und Her – wie auch immer –, dann hätten wir gesagt: Na gut, vielleicht wollen Sie abwarten und eine Koordination mit der Politik der Bundesregierung vornehmen. Das hätten wir für akzeptabel gehalten. Tatsache ist aber, dass Sie das nicht gemacht haben, sondern dass weiter Stillschweigen herrschte.

Herr Kollege Welnhofer, es war sehr spannend, Ihren Fragenkatalog zu hören; ich habe gedacht: Ja wahnsinnig!

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Untersuchungsausschuss!)

Nein, nein! Bei diesen Fragen habe ich mir vorgestellt, dass jemand eine Doktorarbeit mit dem Thema „Zur Relevanz der Offenlegung der Gehälter von Führungskräften generell“ schreibt – so viele Fragen haben Sie zu dem aufgelistet, was dabei alles zu beachten ist. Ich finde es gut, dass man so viele Fragen und Aspekte erkennt. Trotzdem muss man aber sagen: Am Thema vorbei; denn das war nicht unser Antrag; Thema verfehlt!

(Beifall bei der SPD)

Unser Antrag ist schlicht und einfach eine Aufforderung an die Staatsregierung, das zu tun, was sie versprochen hat.

Kollege Runge, Sie sagen, dass börsennotiert zu schwierig ist, nehmen wir deshalb DAX 100, und den kommunalen Bereich lassen wir drin. Wir bleiben trotzdem bei unserer Haltung, weil ich glaube, dass man hinsichtlich der Transparenz von kommunalen Unternehmen auch andere Ebenen mitdiskutieren muss, statt jetzt vom Landtag aus dem kommunalen Sektor zu sagen: Wir wollen euch konkret etwas vorschreiben. Ich bin dafür, dass auch bei den Kommunalunternehmen Transparenz vorhanden ist. Ich meine aber, dass es schon Aufgabe der jeweiligen Körperschaft, sprich: der Stadträte, der Gemeinderäte, der Kreisräte ist, nachzuhaken. Ich diesem Sinne ist unsere Position eigentlich völlig klar. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme jetzt wieder zu den Dringlichkeitsanträgen, die vorher diskutiert worden sind, nämlich zum Thema Studiengebühren. Wir haben drei Anträge zu den Studiengebühren und zwei zu den Vorstandsbezügen, nicht Vorstandsgebühren. Wir stimmen jetzt über zwei Anträge ab, über die einfach abgestimmt werden kann. Das sind die Anträge von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Danach kommen drei namentliche Abstimmungen – nur dass Sie da ja nichts verpassen.

Ich rufe jetzt als erstes zur Abstimmung den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/2607 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – auf. – Wir sind jetzt bei den Anträgen zu den Studiengebühren. – Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Dringlichkeitsantrag mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der beiden anderen Fraktionen abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/2611 – das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? -Stimmenthaltungen? – Das ist dasselbe Stimmergebnis. Damit ist dieser Antrag ebenfalls abgelehnt.

Zum selben Thema Studiengebühren rufe ich jetzt auf den Dringlichkeitsantrag Drucksache 15/2609 auf – das ist der Antrag der CSU-Fraktion zu den Studiengebühren. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt worden. – Den Befehl zur Abstimmung des stellvertretenden Vorsitzenden der CSU können Sie in seiner Hand sehen. Die einzelnen Urnen sind wie üblich aufgestellt. Fünf Minuten, bitte.

(Namentliche Abstimmung von 15.57 bis 16.02 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Ich werde es später bekannt geben.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/

DIE GRÜNEN betreffend Veröffentlichung der Vorstandsbezüge, Drucksache 15/2608. Für die Stimmabgabe stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.02 Uhr bis 16.07 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD betreffend Offenlegung von Managergehältern, Drucksache 15/2613. Ich bitte Sie, die Stimmkarten in gewohnter Weise abzugeben.

(Namentliche Abstimmung von 16.08 Uhr bis 16.13 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die letzte Abstimmung ist damit auch abgeschlossen. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer, Karin Radermacher und anderer und Fraktion (SPD) Gedenken an verfolgte Parlamentarier im Landtag (Drucksache 15/2610)

Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Kollege und Fraktionsvorsitzender Maget das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Vormittag in einer Gedenkminute der zahlreichen Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Wir werden in diesem Jahr eine ganze Reihe von Veranstaltungen zum sechzigjährigen Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges und – an einem Tag wie heute – Veranstaltungen zum Gedenken des Endes des Holocaust und der Befreiung der Konzentrationslager in Bayern und in Deutschland haben. Das ist gut, und das ist notwendig. Wir wissen, dass viele Menschen in der damaligen Zeit besonderen Mut bewiesen haben, als sie sich der Diktatur widersetzten und Widerstand leisteten. Viele dieser Menschen sind bekannt, viele nicht. Die große Zahl derer, die nicht Mitläufer oder gar Täter waren, hilft uns dabei, auch dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte anzunehmen. Diese Menschen können im wahrsten Sinne des Wortes Vorbilder für uns Demokraten heutzutage sein.

(Beifall bei der SPD)

Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, an diese Zeit zu erinnern, der Opfer zu gedenken und die richtigen Lehren aus den damals begangenen Fehlern zu ziehen. Auch im

bayerischen Parlament gibt es dazu Anlass; denn auch in diesem Haus gab es Parlamentarier, die in einer ganz besonders schwierigen Situation den Mut aufgebracht haben, sich zum Beispiel gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten zu stellen und dafür Verfolgung in Kauf zu nehmen, die Inhaftierung in Kauf zu nehmen, mitunter sogar das Leben dafür zu verlieren. Es wäre gut, an diese Abgeordneten in einem Jahr wie diesem namentlich zu erinnern.

Ich habe noch einen konkreten Anlass, dieses Thema hier kurz anzusprechen. Am vergangenen Samstag habe ich an einer Gedenkveranstaltung in der Staatskanzlei teilgenommen; Frau Kollegin Männle war auch anwesend. Diese Gedenkveranstaltung war dankenswerterweise und völlig zu Recht der Erinnerung an Franz Sperr gewidmet, an einen Widerstandskämpfer, der aus konservativen Kreisen stammt. Auch dort gab es viele Männer und Frauen, die sich nicht den Nationalsozialisten angeschlossen, sondern Widerstand geleistet haben.

Ich habe mich nur gewundert, dass bei dieser Veranstaltung, in deren Mittelpunkt auch das Thema „Eigenstaatlichkeit der Länder“ und Föderalismus auch als richtig verstandenes Bollwerk gegen den Nationalsozialismus stand, während der ganzen eineinhalb Stunden nicht ein einziges Mal das Wort „Ermächtigungsgesetz“ Erwähnung gefunden hat. Gerade dann, wenn man herausstellen will, dass die Preisgabe der Eigenstaatlichkeit Bayerns und die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz ein ganz entscheidender Schritt und eine Unterstützung der Nationalsozialisten gewesen ist, hätte es sich in einer solchen Feierstunde gehört, diesen Vorgang zumindest anzusprechen. Ich hätte mir auch gewünscht, dass in einer Veranstaltung, die am Beginn dieses Gedenkjahres steht, diejenigen Landtagskolleginnen und -kollegen, die damals gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben, zumindest am Rande Erwähnung gefunden hätten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich befürchte also, dass diese Kolleginnen und Kollegen in Vergessenheit geraten könnten. Das wollen wir nicht; das sollte eigentlich niemand wollen. Deswegen regen wir an, dass die Erinnerung daran aufrechterhalten und sichtbar gemacht wird. Ich sage ausdrücklich dazu: Eine solche Erinnerung muss auch sichtbar diejenigen einschließen, egal, welcher politischen Richtung sie angehört haben, die sich in der Folge wirklich aktiv am Widerstand beteiligt haben. Hier geht es nicht um die Vereinnahmung der Geschichte durch eine Partei oder eine politische Richtung, sondern es geht um die Würdigung von Menschen, die besonderen Mut gezeigt haben, unabhängig davon, welcher politischen Richtung sie nahe standen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Präsident Glück hat heute Vormittag auf die wirklich bedauernswerten, erschreckenden und kritikwürdigen Vorgänge im sächsischen Landtag hingewiesen. Dort haben sich Abgeordnete der NPD ganz anders verhalten, als wir das von Volksvertretern erwarten dürfen. Gerade in einer solchen Situation ist es angezeigt, hier deutlich Flagge zu zeigen.

Wir sind sehr einverstanden damit, dass über diesen Antrag hier nicht abgestimmt oder breit beraten oder gar strittig diskutiert wird. Wir sind sehr einverstanden damit, dass sich das Präsidium damit befassen und einen Vorschlag zur Umsetzung dieses Gedankens unterbreiten wird. Ich bin angesichts des Themas, um das es sich hier handelt, sehr zuversichtlich, dass wir eine vernünftige Lösung finden werden, die allen gerecht wird, die besonders – darum möchten wir schon bitten – der damaligen historischen Situation gerecht wird und diejenigen herausstellt, die sich am 29. April 1933 den Nationalsozialisten entgegengestellt haben – es waren am Ende nur noch 20 – und für die Eigenstaatlichkeit Bayerns gestimmt haben.

Das ist ein Wert, der uns heute allen am Herzen liegt. Ich denke, es ist inhaltlich gerechtfertigt, dass wir das noch einmal auf diese Weise bekunden und unterstreichen.

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächster hat Herr Kollege Herrmann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorschlag der SPD-Fraktion, eine Gedenkstätte für die ehemaligen Landtagsabgeordneten, die Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, im Hause einzubringen, gefällt mir gut. Ich halte das für eine gute Idee. Ich halte den Antrag auch für einen guten Beitrag, anlässlich des heutigen Gedenktags an die Opfer des NS-Regimes zu erinnern. Ich denke, es ist wichtig, dass sich das Präsidium näher mit der Ausgestaltung beschäftigt.

Ich meine, man muss deswegen nicht über den Ablauf der Gedenkveranstaltung für Franz Sperr diskutieren. Allein von der – ich sage das bewusst in Anführungszeichen – „Logik“ der Gedenktage sind wir bei den Terminen vor 60 Jahren: Befreiung der KZ bzw. bei Franz Sperr war es der Tag der Hinrichtung. In den nächsten Monaten werden wir des Endes des Zweiten Weltkrieges gedenken. Wir haben in diesem Zusammenhang der NS-Machtergreifung von 1933 zuletzt im Jahre 2003 anlässlich der siebzigjährigen Wiederkehr gedacht. Damals sind wir gemeinsam nicht auf die Idee gekommen, einen solchen Antrag einzubringen. Insofern brauchen wir uns das auch nicht gegenseitig vorzuhalten. Wichtig ist, dass die Kollegen der SPD damals Widerstand gegen das Ermächtigungsgesetz geleistet haben, wobei der Landtag, der damals existiert hat, kein frei gewählter Landtag mehr war. Die Gleichschaltung durch die Nazis war bereits in vollem Gange. Der damalige Landtag war parallel zu den Reichstagswahlen eingesetzt worden. Das war in der Tat eine überaus schlimme Entwicklung.