Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Wenn Sie die Veröffentlichungen der Staatskanzlei genau lesen, stellen Sie fest, dass sie keine Aussage enthalten, wir würden das in den nächsten Wochen einbringen, sondern Sie sehen: Wir werden eine Gesetzesinitiative ergreifen für den Fall, dass die Empfehlungen des Corporate Governance Kodex nicht umgesetzt werden.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Und das wäre wann? – Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Ich sage hier ausdrücklich, dass wir an dieser Absicht festhalten und dass es da keine Abstriche gibt. Ich sage aber auch, dass wir dabei nicht auf die Empfehlungen der Opposition im Bayerischen Landtag angewiesen sind.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie die Thematik wirklich ernst nähmen und nicht nur in Aktionismus machen wollten,

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

dann würden Ihre Parteifreunde in Berlin tätig werden.

(Franz Maget (SPD): Leere Sprüche waren das wieder!)

Das ist eindeutig ein Fall für die Bundesgesetzgebung.

(Franz Maget (SPD): Sie reden nur und machen nichts!)

Das steht fest. Da Sie nun also so voller Inbrunst dies für heute und morgen fordern, meine ich, Ihre Genossen in Berlin sollten tätig werden.

(Franz Maget (SPD): Sie haben doch die großen Sprüche gemacht! So eine große Klappe für gar nichts!)

Der Grund liegt darin, dass sich Rot-Grün, wie die Anträge dies zeigen, nicht einig sind und ganz unterschiedliche Auffassungen haben, die einen weit, die anderen eng, und deshalb unterbleibt in Berlin diese Initiative.

(Franz Maget (SPD): Große Klappe und nichts dahinter!)

An die Adresse der GRÜNEN möchte ich Folgendes sagen. Diese umfassende Information, die Sie hier einfordern, kann in dieser Form nicht gegeben werden und sollte auch so nicht gemacht werden. In vielen Bereichen ist die mögliche Kontrolle, die Sie wünschen, durch Aufsichtsrat und Verwaltungsrat bereits gegeben. Die bedeutendsten kommunalen Unternehmen sind die Sparkassen. Die Bezüge der Sparkassenvorstände werden von den Verwaltungsräten bestimmt,

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Und sie sind gekoppelt!)

das heißt, überwiegend auch von den von Kommunalpolitikern gestellten und kontrollierten Gremien. In diesem Fall ist es nicht notwendig, Transparenz zu fordern, weil diese Transparenz gegenüber den Anteilseignern bereits gegeben ist. Ich bitte also, eine sinngemäße Differenzierung vorzunehmen.

(Beifall bei der CSU)

Wir sind gerade dabei, unsere Gesetzesinitiative eingehend zu beraten und abzustimmen. Es ist selbstverständlich, dass wir dabei Kontakt zu den anderen Ländern aufnehmen. Das wird bei jeder Bundesratsinitiative so gemacht.

Es ist selbstverständlich, dass das Thema im öffentlichen Bereich auch mit den Betroffenen erörtert wird. Die Bayerische Staatsregierung macht immer eine so sorgfältige Gesetzesarbeit. Deshalb besteht kein Grund zur Besorgnis, dass übereilt gehandelt oder das Ganze auf die lange Bank geschoben wird.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Dr. Kronawitter?

Herr Staatsminister, können Sie erklären, warum dieser Gesetzentwurf für November angekündigt war, damit er nach Abklärung im Dezember wirklich schon beraten werden kann, wenn Sie so umfangreichen Prüfungsbedarf haben?

Frau Kollegin, mir ist eine Ankündigung der Staatsregierung für November nicht bekannt.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Soll ich Ihnen einen Zeitungsausschnitt zeigen?)

Nein, den gibt es nicht, sondern wir haben gesagt, wir handeln dann, wenn die Freiwilligkeit kein Ergebnis bringt. Die Freiwilligkeit hat aber bereits bisher eine erhebliche

Bewegung gebracht. Wir setzen auch darauf, dass sich in der Wirtschaft die Bewegung fortsetzt. Das heißt, wir werden als Gesetzgeber klug handeln und den richtigen Zeitpunkt abwarten; denn man muss nicht nur das Richtige, sondern das Entscheidende zum richtigen Zeitpunkt tun.

(Beifall bei der CSU – Christine Stahl (GRÜNE): Wann ist der ungefähr? – Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Es hat sich noch Herr Kollege Dr. Runge zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir auf die Ausflüge meiner beiden Vorredner noch einige wenige Worte.

Herr Minister Huber, Sie gehen in der Ihnen bekannten und üblichen Art vor und versuchen mal wieder. mit der großen Keule über unseren Antrag zu gehen, ohne auf die Inhalte einzugehen. Nicht jede AG ist eine Publikumsgesellschaft; es gibt zum Beispiel die kleine AG. Und nicht jede Publikumsgesellschaft muss zwangsläufig eine AG sein; ich stelle mir zum Beispiel die GmbH & Co. KG vor. Es geht um viele Anleger und um relativ viel Anonymität, und das ist entscheidend. Ich habe aber am Schluss meines Redebeitrags gesagt, wir können das gerne begrenzen.

Herr Minister, die Staatsregierung hat wesentlich mehr angekündigt, als Sie gerade gemeint haben behaupten zu können; ich werde das gleich vorlesen. Von wegen: Sie werden prüfen und erst dann, wenn von den anderen nichts kommt, entsprechende Schritte tun. Das war im Oktober und November des letzten Jahres tatsächlich ganz anders.

Herr Minister, Sie haben das Paradebeispiel „Sparkasse“ gebracht und erklärt, warum hier keine Transparenz sein dürfte. Auch diese Diskussion hatten wir schon öfter. Sie kennen die Mechanismen genau. Die meisten Kolleginnen und Kollegen sind in der Dorfpolitik sozialisiert und wissen aus dem Kreistag, den Zweckverbänden, dem Verwaltungs- oder Verbandsrat der Sparkasse, wie hier die Abläufe sind, dass nämlich die Bezüge der Sparkassenvorstände vom Verwaltungsrat – und zwar nicht-öffentlich – festgelegt werden. Schon der Verbandsrat darf die Bezüge nicht wissen, wenn die Sparkasse gleichzeitig ein Zweckverband ist. Die Festlegung funktioniert so, dass entsprechend des Anstiegs der Bezüge des Vorstands die Bezüge der Verwaltungsräte ansteigen. Dass sie kein Interesse daran haben, nicht für einen allzu starken Anstieg zu sorgen, dürfte Ihnen klar sein und ist uns allen klar. Es gibt auch Grüne, die in solchen Gremien vertreten sind, und Grüne, die Aktionäre sein können und sind.

Herr Kollege Welnhofer, Ihr Eiertanz war zugegeben humoristischer, aber trotzdem ein Eiertanz. Sie haben einige ganz vernünftige Dinge gesagt, wie wir es von Ihnen gewöhnt sind. Wenn Sie fragen, warum nicht Berufsverbände, Gewerkschaften und Krankenkassen einbezogen werden, stimme ich Ihnen sofort zu; das ist überhaupt keine Frage. Das können wir in diesen Antrag entweder gleich einflechten oder wir werden darüber demnächst reden und positiv befinden.

Allerdings stimmen wir mit Ihrer Aussage, es bestehe überhaupt kein öffentliches Interesse, sondern es sei öffentliche Neugier, nicht überein. Ich sage Ihnen noch einmal ganz klar: Es geht zum einen um die Kapitalanleger; Sie werben immer dafür und sagen, der Kapitalmarkt leide Not, weil zu wenig Leute in die Unternehmen investieren. Zum anderen geht es um die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und sie, so meinen wir, müssen an den entsprechenden Zahlen ein Interesse haben.

Was die Frage betrifft, wie Sie es mit dem Datenschutz und mit der informationellen Selbstbestimmung halten: Das ist tatsächlich bemerkenswert. Das ist ein Rückfall in eine Position, welche ich im Zusammenhang mit dieser heute zu behandelnden Debatte noch nie und nirgendwo gelesen habe; das werden wir noch ein bisschen vertiefen. In Bezug auf das, was Sie zu den Differenzen und Differenzierungsgründen ankündigten, fällt auf, dass wir in Ihren Anträgen sonst nie einen so fein ziselierten Anspruch finden. Ich erinnere an die zahllosen Anträge, die Sie stellen, die Staatsregierung möge über den Bundesrat initiativ werden. Das sind drei Sätze, ohne dass man sich Gedanken darüber macht, welches die Hintergründe sind und worum es geht. Aber jetzt auf einmal will man argumentieren, man müsse noch dieses und jenes bedenken. Trauen Sie es Ihrer Staatsregierung nicht zu, hier wirklich zu differenzieren und eine saubere Initiative vorzulegen? Und da bin ich wieder bei dem, was ich einen Eiertanz nannte.

Herr Huber, ich sagte, ich werde Ihnen noch den Brief vortragen, den ich von Herrn Herrmann bekommen habe, zwar nicht direkt von Herrn Herrmann, der aber von ihm stammt. In dem Brief an den „lieben Edmund“ heißt es:

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Edmund! Der Presse habe ich kürzlich die Ankündigung von Staatsministerin Dr. Merk entnommen, wonach sie eine Bundesratsinitiative zur Offenlegung der Bezüge von Vorstandsmitgliedern deutscher Aktiengesellschaften plane. Das Präsidium der IHK Nürnberg hat sich in einem Gespräch mit den mittelfränkischen Landtagsabgeordneten am vorletzten Freitag sehr verärgert gezeigt über diese Pläne. Der IHK-Präsident meinte, es sei völlig unverständlich, weshalb man hier Rot-Grün noch zu überholen versuche.

Ich vermute, die Landtagsabgeordneten gehörten nur Ihrer Fraktion an. Oder waren Sie, Frau Radermacher, dabei?

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Nicht.

(Zurufe von der SPD)

Herr Herrmann, ich fahre fort, Ihr Schreiben zu zitieren:

Unabhängig davon müssen in diesem Zusammenhang aber auch etwaige landespolitische Weiterungen bedacht werden. Wenn Bayern eine Offenlegung der Gehälter von Managern in rein privatwirtschaftlichen Firmen fordert, wird sich

schnell die Frage stellen, warum die Bezüge der Vorstandsmitglieder der Bayerischen Landesbank, der Intendanten der Staatsoper, des Bayerischen Rundfunks, des Geschäftsführers der Flughafen GmbH sowie der Vorstände der Sparkassen nicht offen gelegt werden. All dies könnte Bayern landesrechtlich regeln. Warum also eine Bundesratsinitiative, wenn der eigene landesrechtliche Handlungsspielraum nicht genutzt wird, obwohl es sich dabei um öffentliche Interessen handelt?

(Christine Stahl (GRÜNE): Da hat er aber Recht!)

Dass es sich aber bei den Aktiengesellschaften nur um die Interessen der Aktieninhaber handelt, ist völlig korrekt, und dieses haben wir aufgegriffen und zum Inhalt einer Anfrage, die ich vor wenigen Monaten gestellt habe, und jetzt zum Inhalt dieses Antrags gemacht.

Herrn Welnhofer, Sie meinten. beide Anträge seien populistischer Art; das geben wir gerne zurück. Sie haben gleichzeitig gesagt, der Ministerpräsident denke immer nach und überlege und differenziere sehr gründlich. Dann müssen wir festhalten: Er macht erst populistische Ankündigungen, hinterher fängt er an, nachzudenken.

(Glocke des Präsidenten)

Geschätzter Herr Kollege Herrmann, viele der Argumente in Ihrem Schreiben sind sehr wichtig. Das erste Argument teilen wir nicht. Umgekehrt halten wir den Vorstoß des Ministerpräsidenten für richtig. Anders als Herr Kollege Herrmann trauen wir dem Ministerpräsidenten mehr zu. Wir meinen, alle Bedenken, die Herr Kollege Welnhofer in die Waagschale legte, werden in der bayerischen Staatskanzlei hinreichend gewürdigt. Deswegen bitten wir noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag.

Geschätzte Frau Kollegin Radermacher, damit auch die SPD-Fraktion zustimmen kann, würde ich den Antrag gerne begrenzen und als Kompromiss „Publikumsgesellschaften“ durch „Dax-100-Unternehmen“ ersetzen. Vielleicht können Sie da zustimmen.

Frau Kollegin Kronawitterin – verzeihen Sie; ich sage sonst nicht „Kronawitterin“ –, Frau Kollegin Kronawitter, ich meine ja, gerade am Beispiel der Sparkassen ausgeführt zu haben, warum das so wichtig ist. Wir sind nun einmal auch für die kommunale Gesetzgebung zuständig. Deshalb halte ich es schon für ein wichtiges Anliegen, gerade auch hier tätig zu sein, weil wir die Pfründe und den Klüngel kennen, die im kommunalen Sektor sehr, sehr stark Platz gegriffen haben. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem jetzt in Richtung DAX-100-Unternehmen geänderten Antrag.