Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

ich wirklich überzeugt. Es gibt viele sehr ernst zu nehmende Fragen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Durch Wiederholen wird es auch nicht richtiger!)

Schon die beiden Anträge unterscheiden sich, denn sie sind hinsichtlich der Frage, wer der Offenlegungspflicht unterliegen soll, unterschiedlich. Sollen es nur, wie hier von der SPD geschrieben wird, „in einem ersten Schritt“ die DAX-notierten Kapitalgesellschaften sein?

(Franz Maget (SPD): So wie Herr Stoiber das vorgeschlagen hat!)

Warum eigentlich nur diese? Warum nicht auch andere Kapitalgesellschaften? Warum nicht auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, Berufsverbände? - Auch dort wird manchmal ganz ordentlich gelöhnt. Warum nicht auch Interessenverbände? Warum nicht Gewerkschaften? Warum nicht Krankenkassen jeder Art, unabhängig davon, ob es sich um Kapitalgesellschaften handelt oder nicht? Warum nicht etwa die Allgemeinen Ortskrankenkassen oder ihre Dachgesellschaften?

(Christine Stahl (GRÜNE): Ärztliche Vereinigungen!)

Besteht eigentlich, und wenn ja, in welchem Umfang, ein öffentliches Interesse an dieser Offenlegung? Das müsste entsprechend begründet werden. Ich gebe ohne weiteres zu, dass hier öffentliche Neugier besteht, aber das ist nicht das Gleiche wie öffentliches Interesse.

(Franz Maget (SPD): Ja so was!)

Was einer verdient, ist in Deutschland immer ganz besonders interessant. Ich frage Sie aber: Verdient jenes Interesse daran, was einer verdient, etwa mehr Schutz als die Privatsphäre des Einzelnen, nur weil der Betreffende zum Kreis der Hochbezahlten gehört?

(Franz Maget (SPD): Der Ministerpräsident meint: Ja!)

Reden Sie sich nicht immer auf den Herrn Ministerpräsidenten heraus. Sie haben doch die Anträge gestellt.

(Franz Maget (SPD): Nein, Sie!)

Ich frage Sie: Haben Sie ein gespaltenes Verhältnis zum Datenschutz? Haben Sie ein gespaltenes Verhältnis zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung?

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich frage Sie: Wo bleibt Ihre Sorge um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung? – Das hängt offenbar vom Geld ab: Je mehr einer hat, umso geringer wird sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

(Zustimmung bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich frage Sie: Werden Bezüge von einer Privatsache zur öffentlichen Angelegenheit, wenn sie nur hoch genug sind? Ich stelle hier nur Fragen, meine Damen und Herren.

(Franz Maget (SPD): Aber doch nicht unsere!)

Manch einer soll ja gerne wissen wollen, was der Nachbar verdient. Das darf er im Normalfall nicht. Warum aber soll der Nachbar zur Rechten, wenn er Vorstandsmitglied ist, gläserne Taschen haben müssen, während der Nachbar zur Linken, weil er ein Gewerkschaftsboss ist, keine gläsernen Taschen haben muss, sondern sich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erfreuen darf? Ich frage Sie: Wäre das eine gerechte Lösung?

(Christine Stahl (GRÜNE): Nein!)

Falls Sie das meinen sollten, wäre das ungemein erklärungsbedürftig. Wer kann daran überhaupt ein berechtigtes Interesse haben? Kann jedermann ein berechtigtes Interesse haben?

(Franz Maget (SPD): Das meint doch der Herr Ministerpräsident! Das verstehe ich nicht!)

Kann der Aktionär ein berechtigtes Interesse haben? Kann der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse haben? – Der Arbeitnehmer hat sicher ein berechtigtes Interesse daran, den vereinbarten Lohn zu erhalten und einen möglichst sicheren Arbeitsplatz zu haben. Dafür hat er auch seine Vertretung im Aufsichtsrat, und diese Vertretung im Aufsichtsrat, die Arbeitnehmervertretung, kann genau erfragen und erfahren, was die Chefs verdienen. Insofern sind Arbeitnehmerrechte gewahrt. Information über die Summe der Vorstandsbezüge kann sich ohnehin jedermann durch den Geschäftsbericht verschaffen. Der Aktionär hat ein berechtigtes Interesse daran, dass mit seinem Kapital ordentlich gewirtschaftet wird. Dafür hat er neben der Vertretung im Aufsichtsrat auch schon jetzt gewisse Minderheitenrechte, etwa für ein Zehntel des in der Hauptversammlung repräsentierten Kapitals nach § 142 des Aktiengesetzes.

Ich frage weiter: Ist es im freiheitlichen Rechtsstaat wirklich Aufgabe der Politik, Personen des Privatrechts dazu zu zwingen, öffentlich zu machen, was an einen Firmenchef bezahlt bzw. von diesem bezogen wird?

Und warum eigentlich, meine Damen und Herren? Und wo schließlich liegen die Grenzen, wo liegen die sachlichen Differenzierungsgründe dafür, von einem bestimmten und nur von diesem Personenkreis gläserne Taschen zu verlangen?

Die Offenlegung hat übrigens, so hat mir Kollege Graf von und zu Lerchenfeld, der, wie Sie sicherlich wissen, Wirtschaftsprüfer ist, erst kürzlich gesagt, in den USA nicht etwa dazu geführt, dass die Managergehälter gesunken seien, sondern im Gegenteil, es hat, wie vorliegenden

Untersuchungen zu entnehmen ist, dazu geführt, dass sie gestiegen sind.

(Christine Stahl (GRÜNE): Ob das mit Offenlegung zu tun hat?)

Allerdings muss ich sagen – ohne mir ein Vorbild an den USA insgesamt nehmen zu wollen –, dass dort hoch bezahlte Leistungsträger mehr bewundert als beneidet werden. Das ist ein bemerkenswerter Unterschied zu Deutschland, den ich sehr bedauere.

(Beifall bei der CSU)

Das Fazit für mich lautet: Viele Fragen sind noch nicht hinreichend geklärt, was auch erklärt, dass der Gesetzentwurf der Staatsregierung noch nicht unterwegs ist und seinen Empfänger noch nicht gefunden hat.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Christine Stahl (GRÜNE): Ist er denn überhaupt schon empfangen worden?)

Im Übrigen sollte den Unternehmen zumindest die Gelegenheit gegeben werden, im Wege der Selbstverpflichtung einer gesetzlichen Regelung zuvorzukommen, und deswegen schlagen wir Ihnen vor, die Anträge abzulehnen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜ- NE))

Ich habe ja nur Fragen gestellt! – Offen bleibt, ob wir am Ende – aus welchen Gründen auch immer – doch noch zu einer gesetzlichen Regelung kommen werden. Aber ich warne sehr davor, eine solche gesetzliche Regelung vorschnell anzugehen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich kann es wirklich nicht verstehen; für mich hat der Datenschutz auch Bedeutung. Ich hänge ihn aber nie so hoch wie Sie, meine Damen und Herren von der linken Seite des Hohen Hauses und plötzlich ist Ihnen der Datenschutz nichts mehr wert. Das kann ich nicht verstehen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat sich Herr Staatsminister Huber zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht hier um Fragen, die man sachlich kühl, pragmatisch und klug angehen muss. Die Vergütung von Vorstandsmitgliedern börsennotierter Unternehmen ist in der Tat im letzten Jahr sehr stark in die öffentliche Diskussion gelangt. Da sollte man aber auch sehen, welches die Gründe dafür sind. Vor allem die Aktionäre, die Anleger, haben ein legitimes Interesse zu erfahren, welche Bezüge die Vorstandsmitglieder der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, erhalten. Deshalb

entstand zunächst die Forderung, in den Hauptversammlungen dieser Unternehmen die Vorstandsbezüge darzustellen, Transparenz zu schaffen und eine Einbindung der Hauptversammlung, das heißt der Anteilseigner, vorzunehmen.

Vor diesem Hintergrund sollte man die ganze Debatte sehen. Herr Dr. Runge, Sie sagen, alles, was man irgendwo und irgendwie im Lande an Gehalt bekommt, muss offen gelegt werden. Das entfernt sich weit von dem Ziel, das wir verfolgen. Da stimmt, was Kollege Welnhofer zum Schluss gesagt hat, als er von einer sehr seltsamen Haltung der GRÜNEN sprach im Vergleich zu der Diskussion von heute Morgen und jetzt. In der Tat hat sich die Diskussion verschärft, weil es einen Gegensatz zwischen Reformen und Einschränkungen für den Arbeitnehmerbereich und anders lautenden Entscheidungen auf der Vorstandsetage gegeben hat. Ich gebe Ihnen ausdrücklich Recht, dass es hier ein Gleichgewicht geben sollte.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Na so etwas! Respekt!)

Unsere Grundphilosophie ist allerdings auch die der Eigenverantwortung und der Freiwilligkeit. Beides hat Vorrang vor dem gesetzlichen Zwang. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass die Wirtschaft in dem bekannten Deutschen Corporate Governance Kodex vereinbart hat, die betroffenen Unternehmen zur freiwilligen Ausweisung der Vorstandsbezüge zu veranlassen. Dies soll individuell für jedes Vorstandsmitglied erfolgen. Es ist insgesamt durchaus erfreulich, dass von den 30 Dax-Unternehmen in der Zwischenzeit etwa 20 diese Veröffentlichung vornehmen. Genau genommen folgen 16 diesen Empfehlungen, weitere vier veröffentlichen die Daten für den Vorstandsvorsitzenden und weitere zehn machen diese Veröffentlichungen noch nicht. Es ist jedoch klar erkennbar, dass nach der Diskussion im letzten Jahr, nach dieser Selbstverpflichtung zur Freiwilligkeit und nach den entsprechenden Ankündigungen, dann, wenn die Freiwilligkeit nicht das gewünschte Ergebnis zeigt, möglicherweise Gesetzesinitiativen einbringen zu wollen, Bewegung in die Sache gekommen ist.

Nun zu den Aktivitäten der Staatsregierung und zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten. Es gab – das muss man in diesem Zusammenhang sehen – im Sommer letzten Jahres eine erkennbare Bewegung innerhalb der DaxUnternehmen, von dieser freiwilligen Vereinbarung und Ankündigung wieder wegzukommen. Eine Mehrheit der Dax-Unternehmen war seinerzeit offenbar auf dem Weg, ein Roll back zu machen und diese Freiwilligkeit aufzukündigen. Aufgrund dieser Bewegung hat dann der bayerische Ministerpräsident, hat die Staatsregierung angekündigt, dass wir diesen Weg nicht akzeptieren, sondern vielmehr auf dieser Veröffentlichung bestehen. Wir haben die Unternehmen aufgefordert, im Sinne der eigenen Verpflichtung zur Freiwilligkeit dies auch zu vollziehen und zu realisieren. Ich darf feststellen, dass diese Ankündigung durchaus weitere Bewegung gebracht hat. Es ist klar erkennbar, dass nach unseren Aktivitäten im Sommer und Herbst vergangenen Jahres die Zahl der Unternehmen deutlich zugenommen hat, die in den Hauptversammlungen diese Informationen offen legen. Das ist unser Ziel. Ziel ist nicht, dass grüne Politiker Einsicht nehmen, son

dern dass die Aktionäre diese Informationen bekommen. Die Konkurrenz ist sehr heftig, und wer die Vorstände bestellt, darf selbstverständlich auch wissen, was das einzelne Vorstandsmitglied des Unternehmens verdient. Das heißt, Frau Kollegin Kronawitter, die Ankündigung, die wir gemacht haben, geht keinesfalls ins Leere, sondern hat Bewegung in die gewollte Richtung gebracht.

Nun haben Sie die Frage gestellt – das darf man ja –, wann der Gesetzentwurf offiziell eingebracht wird, weil Sie gewohnt sind, dass im Gegensatz zu Rot-Grün in Berlin bei uns dem Wort unmittelbar die Tat folgt.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Mein Gott! Respekt!)

Das ist auch das Erfolgsgeheimnis der CSU und der Grund dafür, warum es hier eine Zweidrittelmehrheit gibt.

(Beifall bei der CSU – Christine Stahl (GRÜNE): Ihre Scheinheiligkeit ist beachtlich!)

Wenn Sie die Veröffentlichungen der Staatskanzlei genau lesen, stellen Sie fest, dass sie keine Aussage enthalten, wir würden das in den nächsten Wochen einbringen, sondern Sie sehen: Wir werden eine Gesetzesinitiative ergreifen für den Fall, dass die Empfehlungen des Corporate Governance Kodex nicht umgesetzt werden.