(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Eigenmächtig! – Margarete Bause (GRÜNE): Sprechen Sie wieder so kurz wie beim letzten Mal?)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich teile die Freude des Kollegen Schindler darüber, dass es uns heute tatsächlich gelingt, dieses Thema und diese Anträge, die zum Teil schon relativ alt sind und einen entsprechend langen Bart haben – mittlerweile mussten seitens der Opposition schon Anträge für erledigt erklärt werden, weil sie zeitlich überholt waren –, abschließend zu behandeln.
Wir haben zwei Arten von Anträgen vorliegen, jeweils von der SPD-Fraktion und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die eine Art von Anträgen beschäftigt sich mit der geplanten Aufl ösung der Amtsgerichtszweigstellen. In der anderen Art von Anträgen werden Berichte im Landtag über Kosten-Nutzen-Analysen gewünscht, um sie einmal so zusammenzufassen.
Zum ersten Punkt, der Schließung der Amtsgerichtszweigstellen, ist Folgendes zu sagen: Herr Kollege Schindler hat schon ausgeführt, dass dieses Thema uralt ist. Im Jahre 1973 – also mehr als eine Generation zurückliegend – wurde ein Gerichtsorganisationsgesetz verabschiedet. Seinerzeit wurde beschlossen, 97 Amtsgerichte aufzulösen und 72 neue zu bilden. Wir alle wissen, dass in der Folgezeit dieses Gerichtsorganisationsgesetz von 1973 nicht vollumfänglich umgesetzt wurde.
Vielmehr wurden zunächst 48 Standorte fortgeführt. Heute haben wir noch 33 Amtsgerichtszweigstellen. Lieber Herr Kollege Schindler, Sie wissen so gut wie ich, dass diese verbliebenen 33 Amtsgerichtszweigstellen höchst ungleich über das schöne Bayernland verteilt sind. In einigen Regionen – zum Beispiel bei Ihnen in der Oberpfalz – haben wir noch eine Vielzahl solcher Amtsgerichtszweigstellen. In einem Landkreis gibt es sogar noch vier Amtsgerichtszweigstellen. In anderen Regionen Bayerns wurde seinerzeit sehr schnell gehandelt. Dort gibt es keine Amtsgerichtszweigstellen mehr.
In Oberfranken gibt es nur noch eine Amtsgerichtszweigstelle in Pegnitz, während in anderen Regierungsbezirken noch eine Vielzahl solcher Zweigstellen vorhanden ist.
Nein. Im Zuge der Verwaltungsreform drängt sich die Fragestellung auf, ob in der Folge eines Gesetzes aus dem Jahre 1973 im 21. Jahrhundert nicht dem Gedanken näher getreten werden sollte, die Organisationsreform zu Ende zu führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, Sie wollen es zwar nicht aussprechen, aber die CSU-Fraktion hat es sich in dieser Frage keineswegs leicht gemacht. Wir haben das Thema der Schließung der verbliebenen Amtsgerichtszweigstellen ausgiebig diskutiert und alle Pro- und Contra-Argumente abgewogen. Selbst Herr Kollege Schindler hat im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen gesagt, dass er es natürlich einsehe, dass die Schließung einzelner verbliebener und zum Teil sehr kleiner Amtsgerichtszweigstellen zu Effi zienzsteigerungen bei der Justiz führen könnte.
Damit könnten auch Organisationsprobleme gelöst werden, zum Beispiel bei kleinen Sachgebieten, bei denen es Vertretungsprobleme gibt, wenn Personen im Urlaub oder sonst abwesend sind. Diese Organisationsprobleme können gelöst werden, wenn die Amtsgerichtszweigstellen in
die bestehenden Amtsgerichte eingegliedert würden. Im Ergebnis würde dies zu einer Effi zienzsteigerung bei unserer Justiz führen.
Herr Kollege Schindler, natürlich spielt auch das Thema „Kosten“ eine Rolle. In einer Zeit, in der wir – auch wenn das immer wieder behauptet wird – nicht sparen, sondern neue Schulden machen und Geld ausgeben, das wir gar nicht haben, muss darüber nachgedacht werden, ob Neuorganisationen von Behördenstrukturen bei den Gerichten zu Kosteneinsparungen führen. Deshalb haben wir diese Frage in unsere Überlegungen einbezogen. Ich möchte die Zahlen, die wir dazu angeführt haben, nicht wiederholen. Über die Jahre werden die Schließungen dieser Amtsgerichtszweigstellen zu Einsparungen in Millionenhöhe führen.
Selbstverständlich kann die SPD die Meinung äußern, dass diese paar Millionen nichts brächten. Zwischen uns bestehen unterschiedliche Auffassungen bezüglich des Umgangs mit einem Geld, das nicht vorhanden ist. Wir sind jedenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass auch Kleinvieh Mist macht, wenn ich das so sagen darf. Auch hier sind Kosteneinsparungen sinnvoll.
Diese Argumente für die Schließung der Amtsgerichtszweigstellen, nämlich Effi zienzsteigerung und Kosteneinsparung, wurden von uns ausgiebig mit den Argumenten abgewogen, die gegen diese Schließung sprechen. Frau Kollegin Stahl, Sie haben in diesem Zusammenhang das Stichwort „strukturpolitische Erwägungen“ genannt. Das haben wir natürlich berücksichtigt. Wir sind uns bewusst, dass die eine oder andere Gemeinde – meistens eine ehemalige Kreisstadt – auf eine Zweigstelle verzichten muss, wenn diese in das bestehende Amtsgericht in der benachbarten Kreisstadt eingegliedert wird. Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass eine Schließung dieser oftmals letzten Behörde in dieser ehemaligen Kreisstadt von den Kommunalpolitikern und den Bürgermeistern sehr emotional gesehen wird. Diese Leute sind natürlich nicht erfreut darüber, wenn die letzte staatliche Behörde in ihrer Gemeinde aufgelöst wird.
Wir haben diese Argumente in unsere Überlegungen einbezogen. Abgeordnete, in deren Stimmkreis eine solche Zweigstelle zur Schließung vorgesehen ist, haben sich bei diesem Thema besonders eingebracht, zum Beispiel Herr Kollege Otto Zeitler.
Hier handelt es sich um widerstreitende Interessen. Auf der einen Seite steht das fachliche Interesse, Effi zienzsteigerungen zu erreichen, auf der anderen Seite stehen die strukturpolitischen Überlegungen. Diese Interessen haben wir gegeneinander abgewogen. Frau Kollegin Stahl, wir haben das genau geprüft. Ich habe Ihnen bereits Anfang Dezember im Rechts- und Verfassungsausschuss gesagt, dass die CSU-Fraktion Überlegungen darüber angestellt hat, ob es nicht möglich wäre, einzelne Zweigstellen zu erhalten und andere zu schließen. Wir haben darüber ausgiebig diskutiert. Am Ende sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es leider keine klar nachvollziehbaren Argumente dafür gibt, einzelne Zweigstellen zu erhalten und andere zu schließen. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, Sonthofen wegen seiner Größe ein eigenes
Frau Staatsministerin, wenn es aus unserer Sicht nachvollziehbare Argumente für die Beibehaltung einzelner Zweigstellen gegeben hätte, hätten wir darüber weiter diskutiert. Wir kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass dies nicht möglich sei und daher 32 dieser 33 Amtsgerichtszweigstellen geschlossen werden müssen. Das ist sachgerecht, zweckmäßig und kostengünstig. Außerdem wird dadurch die Effi zienz gesteigert. Wir werden deshalb diese Maßnahme umsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich werden wir unsere bürgernahe Justiz erhalten. Im Ergebnis wird es in Bayern 73 Amtsgerichte geben. Das bedeutet, in jedem Landkreis bzw. in den dazugehörigen kreisfreien Städten wird es künftig ein Amtsgericht geben. Die Bürgernähe ist somit auch in Zukunft gewährleistet.
Herr Kollege Schindler hat heute etwas anders als im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen argumentiert. Herr Kollege Schindler, im Rechtsausschuss haben Sie noch aus strukturpolitischen Gründen gefordert, keine Zweigstelle zu schließen. Ich habe Ihnen damals entgegengehalten, dass Sie dann eigentlich fordern müssten, in Landkreisen Ost- und Nordbayerns, wo große strukturpolitische Probleme bestehen, Zweigstellen wieder zu öffnen, wenn dadurch strukturpolitische Probleme gelöst würden. In der Folge haben Sie zu dieser Diskussion nichts mehr beigetragen und keine Vorschläge mehr gemacht.
Einen Augenblick, Herr Kollege. Ich wollte nicht eingreifen, aber ich frage mich wirklich – es liegen noch mehrere Wortmeldungen vor –, ob überhaupt noch jemand zuhört oder ob die Redebeiträge nur für das Protokoll sind.
Die Unruhe herrscht auf allen Seiten des Hauses. Herr Kollege, ich habe für Sie für Ruhe gesorgt. Ich hoffe, Sie sind mir dafür dankbar. Das letzte Mal haben Sie es selber gemacht.
Ich glaube, dem Kollegen Schindler ist bei der Argumentation im Rechtsausschuss selbst deutlich geworden, dass der Antrag der SPD, der im Ergebnis aus strukturpolitischen Gründen alle 33 Amtsgerichtszweigstellen erhalten will, reiner Populismus ist. Das kann man natürlich als Opposition so machen, aber ich bitte um Verständnis dafür, dass wir von der CSU als die die Staatsregierung tragende Mehrheit auch sachliche Erwägungen einbeziehen müssen. Das haben wir gemacht.
Die GRÜNEN haben es sich nicht so leicht gemacht. Sie haben sehr wohl abgewogen und versucht abzugrenzen, was erhalten werden kann und was nicht. Ich habe schon gesagt: Wir haben das auch überlegt, sind aber zu einem
anderen Ergebnis gekommen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es gerade nicht möglich ist zu differenzieren, weil es dafür keine sachlichen Gründe gibt.
Mit Ihren anderen Anträgen, den Berichtsanträgen -Frau Scharfenberg, mit wem reden Sie gerade? – wollen Sie heute schon beschlossen haben, dass über Analysen, die erst in der Zukunft vorliegen werden, berichtet wird. Wir können diesen Anträgen schon deshalb nicht zustimmen, weil es schon bisher in diesem Hause völlig unüblich war, gewissermaßen präventiv für die Zukunft Berichtsanträge nach dem Motto, wenn der Fall A, B oder C eintritt, dann möge die Staatsregierung zu C, B und A berichten, zu stellen. Das geht natürlich nicht. So etwas können wir nicht mittragen.
Es ist unrichtig, wenn Frau Kollegin Stahl sagt, ihre Fragen seien nicht beantwortet worden. Mit Verlaub: Wir waren doch alle im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen dabei. Alle Fragen, die gestellt wurden, sind beantwortet worden. Wenn ich Ihnen ein kleines Geheimnis aus der CSU-Fraktion verraten darf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Auch uns, den Abgeordneten der CSU, werden Daten nicht hinterher getragen. Auch wir müssen fragen, und dann bekommen wir Antworten. Auch für Sie wird am Ende nichts anderes gelten, auch Sie müssen fragen, und dann werden Sie Antworten bekommen. Die Fragen, die Sie bisher gestellt haben, sind alle beantwortet worden. Wenn Sie in der Zukunft neue Fragen stellen werden, dann werden auch diese – davon bin ich überzeugt, Frau Staatsministerin – von unserem Justizministerium bestmöglich beantwortet werden. Im Ergebnis werden wir auch diese Anträge ablehnen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will in meinem kurzen Beitrag gerne auf die Argumentation meines Vorredners eingehen. Er hat mehrfach betont, dass es sich die CSUFraktion nicht leicht gemacht hat, sehr ausgiebig diskutiert hat, gefragt hat und aufgrund von Daten und sonstigen Unterlagen gehandelt hat. Habe ich Sie so richtig verstanden, Herr Kollege König? Ich frage mich dann, wie die Diskussion erfolgt ist. Sie sprachen von Effi zienzsteigerung, von Organisationsproblemen, von Kosten und strukturpolitischen Überlegungen.
Ich habe eine Aufstellung über die Wirtschaftlichkeitsberechnung bei der Aufl ösung der amtsgerichtlichen Zweigstellen dabei – Zusammenfassung, Stand: 27.09.2004.
Diese Aufstellung umfasst acht Spalten, es wird ausgeführt, zu welchem OLG-Bezirk Hauptgericht und Zweigstelle gehören. Daneben werden die laufenden Einsparun
gen über einen Zeitraum von zehn Jahren beziffert. Es wird jedoch keine Gegenrechnung aufgemacht, Herr Kollege König. Ich will nur ein Beispiel aus meinem Stimmkreis bringen: Wir haben dort das Amtsgericht in Obernburg am Main und die Zweigstelle in Miltenberg. In der Aufstellung werden die Einsparungen bezüglich der Zweigstelle in Miltenberg aufgeführt. Es wird aber nicht gesagt, was es kostet, wenn die Zweigstelle in Miltenberg aufgelöst wird und die 17 oder 18 Beschäftigten in Obernburg untergebracht werden müssen, wo bereits jetzt für teures Geld Räumlichkeiten angemietet werden mussten. Das bedeutet, dass ein Neubau fällig wird.
Herr Kollege Kaiser, weil Sie diese Fragen hier aufwerfen, möchte ich Sie fragen: Warum haben Sie nicht die Möglichkeit wahrgenommen, im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen, in dem alle Fragen beantwortet worden sind, auch diese Fragen zu stellen?
Herr Kollege König, ich gehöre dem Haushaltsausschuss an. Sie haben in der CSU-Fraktion beschlossen, dass vor der Schließung jeder Zweigstelle die Daten und Berechnungen vorgelegt werden müssen. Dann entscheidet der CSU-Arbeitskreis angeblich – ich weiß nicht, ob das stimmt –, ob die Zweigstelle geschlossen wird oder nicht. Es ist daher in diesem Hause heute völlig unklar, wie die Beschlusslage überhaupt ist. Sie haben vor fünf Minuten erklärt, dass außer der Zweigstelle in Sonthofen, die zu einem eigenen Amtsgericht aufgewertet wird, alle anderen 31 Zweigstellen geschlossen werden. Herr Kollege Zeitler hat verkündet, er habe seine schon gerettet, also wären es dann nur noch 30. Dann frage ich mich, was die Vorlage der Daten für den Haushaltsarbeitskreis eigentlich noch soll. Ist das nur eine Beruhigungspille gewesen, um den Menschen zu vermitteln, das sei noch nicht endgültig beschlossen und man werde die Angelegenheit innerhalb der CSU-Fraktion regeln?
Sie sagen heute, die Schließung sei Beschlusslage und die Zweigstellen würden dichtgemacht. Ich hätte erwartet, dass die Frau Ministerin die Sachlage klärt. Was ist denn nun eigentlich Sache? Werden die 31 Zweigstellen geschlossen, die noch übrig bleiben, oder wird jeder Einzelfall geprüft und wird dann innerhalb der CSU-Fraktion bzw. des Arbeitskreises Haushalt ein eigener Beschluss gefasst? - Unsere Antragstellung, Herr Kollege König, ging dahin zu fordern, wenn der Arbeitskreis darüber beschließt, dann solle Transparenz herrschen und die Kollegen von der SPD und den GRÜNEN im Haushaltsausschuss sollten darüber zumindest mitberaten können und die grundlegenden Daten dazu erhalten.
Sie sprechen davon, dass unsere Anträge in die Zukunft gerichtete Berichtsanträge seien. Was denn sonst? Sie haben nach Ihrer Aussage beschlossen, die Zweigstellen zu schließen, obwohl die Gegenrechnung noch gar nicht vorliegt. Ich weiß zum Beispiel, dass das Hochbauamt Aschaffenburg jetzt den Auftrag – erst in diesen Tagen – bekommen hat, eine Berechnung darüber anzustellen, welche Kosten die Errichtung eines Neubaus in Obernburg verursacht. Die Zahlen gehen aus den bisherigen Daten noch gar nicht hervor. Das bedeutet, Sie haben im Rechtsausschuss beschlossen. Angeblich haben Sie ja nachfragen können. Sie haben aber noch keine Zahlen gehabt, weil diese jetzt erst ermittelt werden, Herr Kollege König. Sie haben also im Rechtsausschuss scheinbar hellseherische Fähigkeiten. Sonst könnten Sie nicht sagen, Sie hätten schon alles beschlossen.
Es wäre gut, wenn die CSU-Fraktionsspitze, die Justizministerin oder Herr Huber klären würden, was Sachlage ist. Können wir nach der heutigen Beschlusslage davon ausgehen, dass Sie bei der Aufl ösung der Zweigstellen bleiben, oder wird – wie Sie selbst sagen – jeder Einzelfall geprüft und dann über jeden Einzelfall beschlossen? Das ist die Frage, die sich mir stellt.
Sie haben die Effi zienz nicht geprüft, weil Sie keine Gegenrechnung aufgemacht haben. Sie haben nur gesagt, was man durch die Aufl ösung der Zweigstellen einsparen kann. Sie haben aber nicht die Kosten, die bei einer Zusammenlegung der Ämter entstehen würden, mit einbezogen. Auch eine Zusammenlegung verursacht Kosten.