Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Schneider, wenn Sie nicht vom Fach wären, würde ich sagen, er weiß es nicht besser, aber nachdem Sie vom Fach sind, kann ich nur sagen, Sie glauben doch selbst nicht, was Sie soeben von sich gegeben haben.
Herr Stahl ist da schon ehrlicher, wenn er sagt – ich zitiere sinngemäß –: Die Schule bleibt dann im Dorf, wenn die Grundschule da ist. Das ist wenigstens ehrlich. Sie haben die Teilhauptschule bereits abgeschrieben.
Aber überall in Bayern kämpfen die Gemeinden für den Erhalt ihrer Teilhauptschulen. Sie wollen, dass ihre Schule erhalten bleibt. Sie wollen, dass die Buben und Mädchen der fünften und sechsten Klassen möglichst noch keinen weiten Schulweg auf sich nehmen müssen. Bürgermeister in ganz Bayern, auch solche aus den Reihen der CSU, machen mobil gegen das Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung, die noch bestehenden Teilhauptschulen dem Erdboden gleich zu machen. CSU-Ortsvereine – –
Ortsverbände, danke. CSU-Ortsverbände verfassen Resolutionen für den Erhalt ihrer Teilhauptschulen. CSULandtagsabgeordnete beschwichtigen aufgebrachte Eltern, aufgebrachte Parteikollegen und aufgebrachte Bürgermeister mit Aussagen der Art, es sei noch nichts entschieden oder man wisse schon einen Weg. Dabei vergessen diese Kollegen, dass sie im Juli letzten Jahres für die Aufl ösung der Teilhauptschulen gestimmt haben, und sie vergessen auch, dass dann, wenn es nach dem Willen des Kultusministeriums geht – Herr Kollege Stahl hat es gerade wieder bestätigt –, selbstverständlich alles entschieden ist und dass es nur noch um das „Wie“ der Umsetzung des Landtagsbeschlusses geht.
Sie haben sich, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion, aufs Glatteis führen lassen mit Beschwichtigungen, die auch soeben wieder angebracht wurden, dass die Kinder besser gefördert und die Hauptschulen dadurch gestärkt werden könnten. Dass Sie dann vor Ort gar keine Hauptschule mehr haben werden, war Ihnen offensichtlich nicht ganz bewusst; ganz zu schweigen davon, was Sie den betroffenen Kindern antun.
Ich hatte als Hauptschullehrerin Kinder, die erst in der siebten Klasse, zusammengekarrt aus den umliegenden Gemeinden, an meine Schule kamen. Es gab nicht wenige darunter, die sich vor dem Gerangel im Bus fürchteten oder dort regelmäßig ausgefl ippt sind. Es gab nicht wenige, die Probleme mit der neuen Umgebung, den neuen Lehrkräften und den neuen Mitschülern hatten. Das wollen Sie noch jüngeren, noch unreiferen Kindern, die noch dazu die schwächsten sind, antun. Das ist in hohem Maße unpädagogisch, ja unverantwortlich.
Kolleginnen und Kollegen, für die Bürgermeister und für die Gemeindebürger ist ihre Schule mehr als ein Ort des Lernens. Er ist ein Teil der gemeindlichen Identität. Man kennt sich. Der Bürgermeister, die Schulleitung, die Lehrkräfte haben oft sehr guten Kontakt zueinander. Die Schule ist Teil des sozialen Gefüges der Gemeinde. Soziale Kontrolle und das Miteinander werden hier gelebt. Das sind gute Gründe, die Schule im Ort zu belassen und diese Schule zu stärken.
Kolleginnen und Kollegen, dass Bayern ein Flächenland ist, wissen wir alle. Dass die Schließung von Schulstandorten einen regelrechten Beförderungstourismus auslösen wird, ist den Kolleginnen und Kollegen der CSU sehr wohl bekannt. Nicht nur immer mehr Kinder werden in den frühen Morgenstunden zur Schule und erst in den späten Nachmittagsstunden nach Hause kommen, sondern auch der Finanzbedarf für die Schülerbeförderung wird enorm steigen. Wir wissen, dass die Kommunen diese Kosten tragen müssen. Das ist selbstverständlich. Hauptsache, der Staatshaushalt wird entlastet. Hauptsache, Sie können mit stolzgeschwellter Brust einen ausgeglichenen Haushalt vermelden. Der Haushalt der Kommunen ist Ihnen dabei egal.
Meine Damen und Herren, mir liegt ein Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Gemeindetags, Herrn Dr. Uwe Brandl – Ihnen nicht unbekannt –, vom 28. Dezember letzten Jahres vor, das an Frau Staatsministerin Hohlmeier gerichtet ist und das Thema Teilhauptschulen behandelt. In diesem Schreiben wendet er sich gegen die Aufl ösung der Teilhauptschulen. Er schreibt – ich zitiere:
Es ist für uns unverständlich, in der zurzeit doch sehr bewegten bayerischen Schulpolitik ohne Not ein weiteres Minenfeld zu betreten, das in der Kommunalpolitik erheblichen Sprengstoff beinhaltet und großen Unmut hervorruft.
Ich empfehle Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nehmen Sie den gut gemeinten Rat Ihres Parteikollegen an. Stärken Sie die Hauptschule vor Ort. Lassen Sie die Schule im Dorf.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben als Politiker vornehmlich die Aufgabe, in einer Gesellschaft zu agieren und nicht zu reagieren. Uns allen ist bekannt, dass sich die Zahl der heute ein Jahr alten Kinder gegenüber denen, die sich in den Schulen befi nden, deutlich verändert hat. Unsere Pfl icht ist es, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie künftig die Schulstruktur in Bayern aussehen soll. Wir haben die Pfl icht, den Sachaufwandsträgern langfristige Planungssicherheit zu geben, bevor sie Investitionen tätigen. Aus diesem Grund hat der Bayerische Landtag mit der Mehrheit der CSU-Stimmen im Juli 2004, als es noch nicht um Haushaltsdebatten ging, einen Beschluss zur
Schulstruktur der Hauptschulen gefasst, der beinhaltet, dass wir rechtzeitig regionale Konzepte erstellen und nicht nur reagieren, wie das von der Opposition gefordert wurde, die meinte, dass man bei Minderklassen etwas tun müsse. Das ist Reagieren und nicht Agieren.
Wir haben die Pfl icht, uns rechtzeitig Gedanken zu machen, wie wir den ländlichen Raum stärken können.
In diesem Zusammenhang, meine sehr verehrten Damen und Herren, verweise ich auf die berufl ichen Schulen.
Liebe Frau Tolle sollten Sie irgendetwas von Bildung mitbekommen haben, dann ließen Sie die Menschen ausreden. Wer schreit, hat Unrecht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bildung von Kompetenzzentren im Berufsschulwesen ist keine bayerische Erfi ndung, sondern ist ein Konzept des Bundesinstituts für Berufsbildung in Berlin, an dem alle Länder – auch die von Ihnen regierten Länder – mitgewirkt haben. Ziel des Berufsschulkonzepts ist das gleiche, wie wir es für die Hauptschulen vorhaben. Wir wollen nicht darauf warten, bis zu wenige Kinder in den Klassen sind und automatisch die Städte alles aufsaugen. Wir wollen uns rechtzeitig Gedanken machen, welche ländlichen Standorte gestärkt und welche ländlichen Gemeinden in Kenntnis der künftigen Schülerzahlen jetzt zusammengeschlossen werden können. Wir müssen überlegen, in welche ländlichen Gemeinden wir die Kinder schicken. Dazu ist es, ebenso wie bei den Kompetenzzentren der Berufsschulen, nötig, dass sich die kommunalen Entscheidungsträger an einen Tisch setzen, nicht jeder auf seinem Standort beharrt, sondern miteinander ein Konzept entwickeln. Die Schulaufsicht wird beteiligt sein, und die örtlichen Politiker werden mitwirken, damit wir im ländlichen Raum, aber nicht in jedem Dorf, die Schulstandorte sichern können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie fordern, dass jedes Dorf seine eigene Schule haben solle, dann sollten Sie ehrlicherweise auch hinzufügen, dass Sie dort nicht nur eine Teilhauptschule, sondern auch eine Teilrealschule, ein Teilgymnasium, also eine Gesamtschule haben wollen. Das wollen wir nicht.
Erstens. Ich kann mich an eine breite öffentliche Diskussion vor der Landtagswahl erinnern, als es darum ging, die R 6 umzusetzen. Ich habe heute noch die Worte der CSU im Ohr, dass die R 6 keinerlei Gefahren für die Hauptschulen bedeute.
Was machen Sie heute? – Sie schließen einen Teil der Hauptschulen. Sie haben vor der Landtagswahl gelogen, dass sich die Balken bogen. Das wird heute ganz deutlich.
Zweitens. Weil man Ihren Aussagen nicht glauben kann – Beweise haben wir genug –, glaube ich Ihnen auch nicht, dass Sie die einzügigen Hauptschulen erhalten werden, lieber Herr Kollege Schneider. Ich behaupte, irgendwann werden auch die einzügigen Hauptschulen dem Spardiktat Ihres Ministerpräsidenten zum Opfer fallen.
Drittens. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen. Sie machen derzeit eine Bildungspolitik nach dem Spardiktat von Herrn Stoiber. Deswegen ist die Schließung der Hauptschulen ein Sparmodell. Sie wollen Lehrer und Lehrerinnen einsparen, sonst nichts.
Das ist in Ordnung, wenn Sie Manns genug wären, es zuzugeben und sagen würden: Jawohl, wir müssen sparen, deswegen müssen die Teilhauptschulen weg. Dann hätten wir eine andere Diskussionsgrundlage. Sie versuchen hier aber, mit blumigen bildungspolitischen Erklärungen die Realität zu vertuschen, und das ist die bittere Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Schneider, ich möchte etwas zu Ihren Äußerungen sagen, wir würden uns daran laben, die Menschen aufzuhetzen. Nehmen Sie Ihren Kettenhund und Oberdemagogen Söder an die Leine, bevor Sie hier am Mikrofon solche Worte sagen.
Sie haben doch den Oberhetzer in Ihren eigenen Reihen. Seien Sie also vorsichtig, wenn Sie andere beschuldigen, sie würden die Menschen aufhetzen!
(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Sie sind doch fast genauso! – Gegenruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE): Das schafft er nicht, da kann er sich noch so sehr anstrengen!)
Die letzte Welle kam vor vier Jahren angerollt, als es um die Unterstützung des Volksbegehrens ging. Damals haben Sie jegliches Übertrittsverfahren abschaffen wollen. Nur der Elternwille hätte noch gegolten, jede Schulwahl wäre möglich gewesen.
Es liegt doch auf der Hand, dass dies ein erneuter Angriff auf unsere Hauptschulen gewesen wäre. Deshalb bin ich nicht bereit, als Mitglied der Staatsregierung die Kritik hinzunehmen, die Sie an unserer Hauptschulpolitik üben. Bayern hat die beste Hauptschulpolitik Deutschlands.
Das sage ich nicht nur, das beweise ich Ihnen. Ich bin zu sehr in der Materie drin, als dass ich mir von Ihnen, Herr Pfaffmann, oder von jemand anderem etwas vormachen ließe. Ich habe Zahlen, bis aufs Komma genau, und die werde ich Ihnen jetzt auch präsentieren.