Ihre Krokodilstränen können Sie sich sparen. Ich sage ganz deutlich: Ich habe manchmal das Gefühl, Sie laben sich daran, die Menschen aufzuhetzen.
(Beifall bei der CSU – Margarete Bause (GRÜNE): Da haben Sie aber einen Spezialisten in Ihren eigenen Reihen! – Simone Tolle (GRÜNE): Der Söder hetzt, nicht wir! – Margarete Bause (GRÜNE): Da können wir Sie gar nicht toppen! – Hans Joachim Werner (SPD): Ihr Niveau ist so was von mies! – Weitere Zurufe)
Hören Sie doch erst einmal zu! „Aufhetzen“ habe ich gesagt, und ich begründe das auch: Herr Kollege Werner, da schreibt jemand entgegen der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister: Bitte schaut auf meine Homepage, da habe ich – und das ist gegen die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags – alle Protokolle der Ausschusssitzungen veröffentlicht. Wir wissen doch alle, dass das verboten ist und dass das nicht unserer Geschäftsordnung entspricht. Sie, Frau Schieder, verbreiten diese Protokolle über das Internet im ganzen Land entgegen der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags!
(Beifall bei der CSU – Susann Biedefeld (SPD): Das sind doch öffentliche Sitzungen! – Hans Joachim Werner (SPD): Das sagen Sie bloß, weil es den Leuten stinkt, dass Sie draußen was anderes erzählen als hier herinnen! Das lassen wir aber nicht zu! – Weitere Zurufe)
Kolleginnen und Kollegen! Den letzten Satz sollte vielleicht der Landtagspräsident klären. Aber wir haben hier doch öffentliche Sitzungen, auch Zuhörer können die Diskussionen mitverfolgen. Auch die
heutige Diskussion verfolgen Gott sei Dank einige Zuhörer mit; sie können sich dann selber ihr Bild machen.
Aber jetzt zum Inhalt: Kollege Schneider, Sie sprechen über Schulstrukturen. Ein Gespräch über Schulstrukturen mit dem Ziel, einen besseren Lernerfolg in Bayern für unsere Kinder zu erreichen, führen wir mit Ihnen sehr gerne; damit rennen Sie bei uns offene Türen ein.
Aber das, worum es heute geht, das Thema der heutigen Sitzung, nämlich die Aufl ösung der Teilhauptschulen, geschieht nicht unter der Überschrift „Wir wollen bessere Lernerfolge für unsere Schüler“, sondern das geschieht unter der Überschrift: Wir wollen keine Ausweitung der Schulden des bayerischen Staatshaushalts. Das ist die einzige Maxime, die für Sie bei diesem Punkt gilt. Sie schließen Standorte, führen die Standorte zusammen, führen eine organisatorische – in Anführungsstrichen –: „Bereinigung“ durch, ziehen Lehrer von den Schulen ab und hinterlassen nur leere Klassenzimmer.
Wenn es Ihnen darum ginge, die Hauptschule wirklich zu stärken – ich spreche insbesondere Sie an, Herr Kollege Schneider –, und wenn Sie das, was Sie gerade zum Schulausbau und zum Wahlunterricht, zur individuellen Förderung gesagt haben, wirklich ernst nehmen würden, müssten Sie viel, viel mehr in dieses Schulsystem investieren. Kollegin Schieder hat von unserer Seite darauf hingewiesen, und ich will es noch einmal verstärken: Dann müssten Sie zusätzliche pädagogische Angebote an den Schulen machen, zum Beispiel müssten Sie Schulsozialarbeit anbieten, die jede größere Hauptschule hier in Bayern seit vielen Jahren von Ihnen ernsthaft fordert. Dazu gibt es Konzepte und massenhaft Begründungen. Es war angekündigt, die Schulsozialarbeit in Bayern auszubauen; das ist aber schon wieder weg durch Ihre Sparvorgaben zum Haushalt.
Es wurde gesagt, Sie würden die Schulpsychologie vor Ort stärken, es wurde gesagt, Sie würden die mobilen sonderpädagogischen Dienste vor Ort stärken, um dem entgegenzusteuern, was uns die Lehrer an Bayerns Schulen immer wieder sagen. Sie sagen: Wir haben die Möglichkeit die Schüler zu diagnostizieren; wir stellen fest, welchen Förderbedarf die einzelnen Schülerinnen und Schüler haben. Wir machen uns in den Schulzeugnissen eine Menge Arbeit – auch das geht ja vom Kultusministerium aus –, um den Förderbedarf zu beschreiben und um festzulegen, was nötig wäre. Aber wir haben nichts, null Komma nichts, um diesem Förderbedarf zu entsprechen. Das ist der springende Punkt. Wenn Sie die individuelle Förderung verstärken würden und diesem Bedarf entsprechen würden, müssten Sie zumindest die Lehrer, die Sie dort abziehen, wieder in den Schuldienst zurückführen und zwar in den Schuldienst der Hauptschule. Dann könnten Sie vor Ort die pädagogischen Angebote verstärken.
Sie haben auch angekündigt, alle einzubeziehen. Dazu eine klare Kritik von uns als Abgeordneten: Wir erfahren nur aus den Zeitungen, was los ist. Wenn wir uns an die Regierungen und die zuständigen Ämter wenden, wird uns gesagt: Wir können Ihnen die großräumigen Entwicklungen nicht sagen; diese großräumigen Konzepte haben wir eigentlich gar nicht.
Nein, Kollege Schneider, das tun sie nicht. Sie machen auch nicht, was Sie hier großspurig verkündet haben. In den Zeitungen aus dem Nürnberger Land steht heute zum Beispiel, dass Eltern, Bürgermeister, Schulleiter, ja sogar Schulamtsmitarbeiter sagen, dass man die Lehrer, die abgezogen werden, vor Ort dringend bräuchte. Der Schulamtsleiter im Nürnberger Land sagt, es wäre sehr wünschenswert, wir bräuchten sie auch, aber das ist leider Träumerei. – Was soll man mit dieser Aussage anfangen? Es wird festgestellt, dass man die Lehrer braucht, dass es aber Träumerei ist, weil Sie letztlich die notwendigen Ressourcen nicht zur Verfügung stellen.
Sie stimmen Ihre Aussagen hier nicht mit dem Handeln vor Ort ab. Sie setzen einen Beschluss, der in München gefasst wurde, vor Ort durch. Letztlich müssen die Menschen vor Ort damit klarkommen, weil die Mehrheitsverhältnisse eben sind, wie sie sind. Der Protest allerdings fi ndet statt, das zeigen die Regionalzeitungen, und das wird in den nächsten Tagen und Monaten noch stärker werden, bis Ihr Beschluss umgesetzt ist. Ihre Beschlüsse fi nden dort keinerlei Zustimmung. Wir haben mehrmals angeboten, über die Verbesserung der Schulstrukturen unter dem Gesichtspunkt zu reden: Bessere Lernerfolge für Bayerns Schüler.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Oberpfälzer sind zwar etwas rau, aber herzlich und nicht nur bissig und aggressiv.
Wenn ich mir die Argumente der Opposition anhöre, gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass es Ihnen nicht um die Hauptschule und die Kinder geht, sondern darum, parteipolitische Stimmungsmache im Land durchzuführen. Damit schaden Sie aber der Hauptschule.
Einerseits wollen Sie die Hauptschule retten, andererseits wird die Hauptschule durch Ihre Argumentation dauernd in ein schlechtes Licht gerückt.
(Heiterkeit bei der CSU – Hans Joachim Werner (SPD): Das gibt eine Gegendarstellung; das stimmt nämlich nicht!)
Meine Damen, meine Herren, die Volksschule ist und bleibt dann im Dorf und im ländlichen Raum, wenn die wohnortnahe Grundschule vor Ort ist. Diese Erfahrung habe ich immer wieder in meiner kommunalpolitischen Tätigkeit gemacht. Wenn junge Ehepaare oder Familien mit kleinen Kindern auf der Suche nach einer Wohnung oder auf der Suche nach einem zu erwerbenden Grundstück zum Zweck des Baus eines Eigenheimes im Rathaus vorstellig wurden, war immer eine der ersten Fragen, ob in der Gemeinde eine Grundschule bzw. ein Kindergarten vorhanden ist. Es ist Tatsache, dass diese Einrichtungen nicht nur den Stellenwert einer Kommune bestimmen, sondern auch auf junge Familien anziehend wirken. Grundschule und Kindergarten sind von großer Bedeutung; sie sind wichtige Säulen für das kulturelle Leben im Dorf und im ländlichen Raum. Inhaltlich hat die CSU mit ihrer Bildungspolitik in den letzten Jahrzehnten und Jahren oft gegen den Willen der Opposition für die Grundschule viel auf den Weg gebracht.
Meine Damen und Herren, der CSU-Landtagsfraktion liegt aber auch die Hauptschule weiter sehr am Herzen – deshalb der Antrag und die schon erwähnten Beschlussfassungen im Jahr 2004, auf die mein Vorredner Siegfried Schneider von der CSU eingegangen ist. Hier geht es in erster Linie nicht um fi nanzielle Hintergründe, sondern um das Ziel, die Hauptschule im dreigliedrigen Schulsystem im Freistaat Bayern – unser Schulsystem wird von anderen Bundesländern oft gelobt – langfristig zu sichern. Das Wohl der Kinder steht dabei im Vordergrund.
Meine Damen, meine Herren, pädagogisch und fachlich ist es notwendig und richtig, vor allem im Hinblick auf den Geburtenrückgang und den Übertritt nach der vierten Grundschulklasse zur R 6 und zum Gymnasium die Hauptschule in den Jahrgangsstufen 5 bis 9 bzw. 10 als Einheit zusammenzufassen.
Die anzustrebende zwei- oder auch mehrzügige Hauptschule – ich füge hinzu, im ländlichen Raum wird es auch die einzügige stabile Hauptschule geben – ist wegen der Kursangebote, der Unterrichtsversorgung und der enormen Vorteile für die Schüler die richtige Lösung. In diesem Zusammenhang will ich Ihnen eine Bürgermeisterstimme aus der Stadt Ornbau mit 2000 Einwohnern im Landkreis Weißenburg nicht vorenthalten, weil Frau Kollegin Weikert Nürnberg zitiert hat. Bei der Suche nach dem Hauptschul
standort sagte der Bürgermeister: „Wir dürfen hier nicht an die Gemeinde denken, sondern daran, dass unsere Schüler bestmöglich ausgebildet werden.“ Das hat der Bürgermeister gesagt. Das kann ich Ihnen nachweisen.
Er ist jedenfalls nicht von der CSU. „Es darf hier nicht Kirchturmdenken herrschen, sondern das Wohl der Kinder muss absolut im Vordergrund stehen.“ So der Erste Bürgermeister Gerhard Helmsoring, als er der Aufl ösung der Teilhauptschule I in seiner Kommune zustimmte.
Verehrte Frau Kollegin Schieder, auch ein SPD-Bürgermeister aus unserer Heimat ist der Meinung und hat dies dem Staatlichen Schulamt schriftlich mitgeteilt, dass die Mehrhäusigkeit in den Hauptschulen – ich meine die Trennung 5 und 6, 7, 8, 9 und 10 – organisatorisch und pädagogisch nicht mehr zeitgemäß ist.
Das war der Bürgermeister von Weiherhammer. Die Zusammenführung von Teilhauptschule I und II ist für Schüler und Lehrerkollegium von Vorteil. Wenn die Hauptschule als weiterführende Schule weiter konkurrenzfähig bleiben möchte, braucht sie ein geschlossenes Angebot mit dem Einsatz von Förderlehrern, Parallelunterricht, Gruppenbildung, Arbeitsgemeinschaften in Englisch, Textilarbeit usw. sowie Wahlpfl ichtangeboten.
Die pädagogischen Vorteile einer Reform der Schulorganisation liegen auf der Hand. Die CSULandtagsfraktion möchte aus der Hauptschule eine pädagogische Einheit, einen geschlossenen Bildungsgang machen. Die Hauptschule wird in ihrem Profi l gestärkt. Das ist ein Vorteil für Kinder, Eltern und Lehrerschaft. Die Hauptschule im ländlichen Raum wird nicht geschwächt, sondern gestärkt. Machen Sie deswegen mit. Wir sind fortschrittlich. Ich gehe davon aus, dass Sie sich uns anschließen.
Herr Kollege Stahl, ich danke Ihnen für Ihren Beitrag und empfehle Ihnen die Lektüre der Geschäftsordnung.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Schneider, wenn Sie nicht vom Fach wären, würde ich sagen, er weiß es nicht besser, aber nachdem Sie vom Fach sind, kann ich nur sagen, Sie glauben doch selbst nicht, was Sie soeben von sich gegeben haben.