Trotzdem dürfen Geldleistungen nicht völlig fehlen. Deshalb kommen für die Studierenden Leistungen für ein Auslandssemester und für eine eigenständige bildungsbezogene Aktivität hinzu. Für Graduierte und Postgraduierte ist zusätzlich zur programmatischen Förderung ein Stipendium vorgesehen, das den heutigen Bedürfnissen entspricht. So können sie sich voll auf ihre wissenschaftlichen Vorhaben konzentrieren. Für Postgraduierte ist es um 20 % höher angesetzt als ein Doktorandenstipendium. Ferner können Sachkosten und Reisekosten erstattet werden.
Eine Anrechnung bestehender Unterhaltsverpfl ichtungen ist nicht vorgesehen. Moderne Eliteförderung kann nur eine Bestenförderung sein. Leistung entscheidet. Deshalb erfolgt die Förderung unabhängig von der Finanzkraft der Eltern oder des Ehegatten. Dieser Punkt hat uns in den zurückliegenden Wochen besonders beschäftigt. Beim Übergang von der alten zur neuen Förderung mussten wir das beim bisherigen Begabtenförderungsgesetz aufgetretene Problem der Anrechnung des Einkommens Unterhaltsverpfl ichteter lösen. Wir haben bei den Altstipendiaten die entsprechende Verordnung geändert. Die Freibeträge für Eltern und Ehegatteneinkommen sind auf den dreifachen BAföG-Satz angehoben worden. Die Verordnung ist inzwischen in Kraft getreten. Außerdem haben wir in der Übergangsvorschrift die Möglichkeit vorgesehen,
Die Koordinierung der Exzellenzprogramme liegt bei einer Geschäftsstelle, die dem Wissenschaftsministerium angegliedert ist. Dafür ist die im Aufbau befi ndliche Geschäftsstelle des Elitenetzwerks Bayern vorgesehen. Wir brauchen keine weiteren neuen Einheiten. Wir gehen effi zient mit unseren Ressourcen um. Das erreichen wir auch dadurch, dass wir die Durchführung der Programme ganz oder teilweise auf Dritte übertragen. Dafür haben wir im Bereich der Studierendenförderung Verhandlungen mit der Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen. Noch vor der Sommerpause werden sie in einen umfangreichen Kooperationsvertrag münden. Damit werden wir den kompetentesten und renommiertesten Projektpartner an unserer Seite haben, den es in Deutschland bei der Studienförderung gibt.
Bei der Graduierten- und Postgraduiertenförderung wollen wir den Universitäten über die Universität Bayern e.V. das zentrale Auswahlverfahren in eigener Sachkompetenz übertragen und uns von Staatswegen nicht mehr einmischen.
Mit dem neuen bayerischen Eliteförderungsgesetz schaffen wir eine zeitgemäße, fl exible und zielorientierte Förderung. Wir stärken die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Hochbegabten und unterstützen unsere jungen Spitzenakademiker in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie sollen zu einer echten Verantwortungselite werden können. Die Modernisierung der bayerischen Hochbegabtenförderung ist neben den Elitestudiengängen und den internationalen Doktorandenkollegs die dritte tragende Säule des Elitenetzwerks Bayern. Mit Ihrer Zustimmung heute wird sie ab dem 1. Mai 2005 stehen. In Ihrer Übergangszeit der ersten vier bis fünf Jahre wird sie einerseits die Altgeförderten zu Ende fördern, andererseits aber Jahr für Jahr mehr zusätzliche junge Damen und Herren in eine Persönlichkeitsförderung hineinnehmen, die es bisher nur bei den Förderwerken der verschiedenen Parteien und bei anderen Institutionen gibt, die in der Zukunft in Bayern zusätzlich rund zwölfhundert jungen Damen und Herren die Möglichkeit zum Zugang zu den Förderwerken eröffnen.
Das hatten wir bisher so nicht. Wir haben durch die Ablösung, die im BAföG vorgesehen ist, keine soziale Komponente im Vordergrund, sondern vornehmlich die der entsprechenden Begabung und Qualität. Ich meine, das ist richtig und zeitgemäß. Es entspricht unseren Vorgaben aus der Diskussion der letzten Monate, die wir im Hause geführt haben. Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu diesem Gesetz.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir keine Ministerin in unseren Reihen haben, gibt es auch keine Schwierigkeit, wer als Nächster spricht. Unser heu
tiger Beratungsgegenstand ist in unseren Augen symptomatisch für den aktuellen Baustellenwust der bayerischen Hochschulpolitik. Meine Bemerkungen betreffen einmal das hochschulpolitische Diskussionsumfeld für dieses Thema wie für viele andere Themen der Wissenschaftspolitik. Meine Bemerkungen beziehen sich aber auch auf Teile der inhaltlichen Ausgestaltung des Konzepts.
Zunächst einmal zum Diskussionsumfeld. An zu vielen Stellen wird zurzeit konzeptionslos, aber eifrig herumgewurstelt. Von Innovationsbündnis und Bachelor/MasterKonfusion – –
Herr Kollege Kiesel und Herr Kollege Ströbel, ich habe die Bitte, ruhig zu sein. Es hallt sehr im Saal. Man kann die Gespräche auch vor der Türe führen und dabei sogar einen Kaffee trinken.
An vielen Stellen wird konzeptionslos, aber eifrig herumgearbeitet und herumgewurstelt, von Innovationsbündnissen über Bachelor/Master-Konfusion, über den untauglichen Versuch, mit Studiengebühren die drastische Unterfi nanzierung der bayerischen Hochschulen den Studierenden anzulasten bis hin zu fehlenden Bewertungsmaßstäben, an denen man die Ergebnisse der MittelstraßKommission messen könnte. Der Ministerpräsident schwebt in hochschulpolitischen Überfl iegerträumen. Manchmal ist er mehr Global-dreamer als Global-player. Der Finanzminister räkelt sich wohlig in seiner Kürzungseuphorie. Der Wissenschaftsminister versucht mit wohlgesetzten lyrischen Worten das konzeptionslose Durcheinander schönzureimen. Die CSU-Hochschulpolitiker garnieren das alles mit untertänigen Beifallsrufen.
Die CSU-Hochschulpolitik eröffnet eine Baustelle nach der anderen, ohne Bauplan für das bayerische Wissenschaftshaus; sie lässt sich dabei aber schon die ersten Möbel für die Innenausstattung anliefern.
In der Zwischenzeit mühen sich Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, der akademische Mittelbau, das nichtwissenschaftliche Personal und die Studierenden ab, mit viel zu wenig Geld bei wachsenden Anforderungen an Forschung und Lehre und angesichts wachsender Studierendenzahlen den Alltagsbetrieb so gut wie es geht aufrechtzuerhalten. Damit natürlich dieses Tohuwabohu in der Öffentlichkeit nicht zu sehr auffällt, muss man vermeintlich positive Reizwörter in die Diskussion werfen, um
vom tatsächlichen Dilemma abzulenken. Elite- und Exzellenzförderung sind solche Schlagwörter, die schönfärberisch die Botschaft vermitteln sollen: Was kümmern die CSU die überfüllten Lehrsäle, was kümmern die CSU die hohen Studienabbrecherzahlen, was stört der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg, die CSU – –
Schön wär’s. Sie müssten anstelle der Wirtschaftwoche manchmal die einschlägigen Veröffentlichungen lesen.
Die CSU beschäftigt sich mit Elite und Exzellenz. Die Alltagsnöte an den Hochschulen, die grundlegenden Aufgaben, angesichts von Struktur- und Wachstumsschwäche den Standortfaktor Bildung in der Breite auszubauen, der verfassungsgemäße Auftrag, für eine demokratische Bildung zu sorgen, alles das ist nicht das Anliegen der Mehrheitsfraktion.
Meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU, im Ausschuss haben wir es mehrmals angesprochen. Ihre permanente Verweigerung einer kritischen Auseinandersetzung mit den von Ihnen so gern verwendeten Begriffen Exzellenz und Elite, Hochbegabung und Leistung und die gleichzeitig offensive Einbringung von Gesetzentwürfen wie dem heutigen, der in einem inhaltlichen Kontext mit den Studiengebührenplan, der angedachten BAföG-Abschaffung und mit vielem anderen mehr zu sehen ist, all dies offenbart zweierlei:
Erstens. Ihr Verständnis von Bildung und Wissenschaft orientiert sich an einer naiven Marktgläubigkeit und am fatalen Ideal einer typisch neoliberal deregulierten Gesellschaft, einer Gesellschaft, in der die soziale und politische Verantwortung dieses Staates auf Gewährleistungsaufgaben für den Wettbewerbsstarken reduziert ist.
Zweitens. Sie vernachlässigen damit elementare inhaltliche und strukturelle Zusammenhänge zwischen fundierter Breitenausbildung und Spitzenförderung. Nicht nur im Sport gilt: ohne Breitensport kein Spitzensport. An dieser Stelle darf ich aus einem Aufsatz von Dieter Rossmeister mit dem Titel „Die Einsamkeit der Elite – eine Metapher“ zitieren, der meines Erachtens deutlich Ihren Trugschluss charakterisiert und karikiert. Dort heißt es:
Welchen Sinn würde die Forderung von Bergsteigern machen, die Gipfel vom Gebirge zu trennen, da sie es doch überragen? Welche kahlen Felsen bleiben übrig, wenn man die Spitzen isoliert betrachtet? Die Gipfel sind Teil des Gebirges und nur zusammen mit Abhängen, Wänden, Almen und Tälern ergibt sich die Landschaft, die zum Erleben verlockt.
Ihr Gesetzentwurf, Herr Goppel, trennt die Gipfel, also die Eliten, vom Gebirge der Hochschullandschaft. Schon aus diesem Grund halten wir den Ansatz der isolierten Spitzenförderung für falsch. Ich stelle diese Bemerkung vorweg, um zu unterstreichen, dass meine Fraktion nichts gegen die Förderung herausragender Leistungen in Studium und Wissenschaft hat, gleichzeitig aber auch die Förderung aller anderen, im Wissenschaftsbetrieb Lernenden in den Fokus stellen will. Ich weiß, dass uns heute und in Zukunft immer wieder von Ihrer Seite unterstellt werden wird, dies wäre eine Art Leistungsfeindlichkeit, weil Sie nichts anderes machen, als die einen gegen die anderen auszuspielen.
Mit Ihrem Gesetz zur punktuellen Eliteförderung machen Sie einen möglichen zweiten oder dritten Förderungsschritt vor dem notwendigen ersten. Sie fragen nicht, woher jemand kommt, den Sie zur Elite zählen. Sie fragen auch nicht, warum so viele auf dem Weg zu Ihrer so defi nierten Elite ausfallen. Sie sprechen nicht von Chancengerechtigkeit im Bildungs- und Wissenschaftsbetrieb. Damit nehmen Sie billigend in Kauf, vielleicht wollen Sie es sogar, dass sich die Eliten Ihres Verständnisses immer wieder selbst reproduzieren. Damit negieren Sie unter anderem auch wesentliche Erkenntnisse der Eliteforschung, wie beispielsweise die Erkenntnis, dass die Chance, Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu erlangen, für Absolventen mit einem entsprechenden sozialen Hintergrund um 50 bis 100 % größer sind als für jene aus der Arbeiterschaft oder aus der Mittelschicht.
Der Preis dafür, meine Kolleginnen und Kollegen, ist hoch, in unseren Augen zu hoch. Das Bildungs- und Wissenschaftspotenzial in unserer Gesellschaft wird durch eine solche Politik in bewusster Absicht verspielt. Es mag Ihnen nicht gefallen, wenn wir immer wieder den Finger auf diese klaffende Wunde Ihrer Politik legen, aber vom Büchergeld über die Studiengebühren – wir haben heute Vormittag darüber diskutiert -, bis hin zur Spitzenförderung nach Ihrem Verständnis tragen Sie dazu bei, dass junge Menschen aus einkommensschwachen, aber auch aus breiten mittelständischen Schichten immer geringere Chancen haben werden, in diese geschlossene „Elitegesellschaft“ hineinzukommen.
Neben diesem fundamentalen Fehler des Gesetzes wenden wir uns aber auch gegen allzu viele handgreifl iche Mängel, die in der Ausschussberatung offensichtlich waren. Zugegeben, der Gedanke, eine fi nanzielle Gieskannenförderung ohne inhaltliche Begleitung in eine an der Persönlichkeitsentwicklung orientierte individuelle Förderung umzuwandeln, ist unter Einbeziehung meiner vorhin genannten Bedenken, dass dies allen Studierenden zu Gute kommen müsste, sicher reizvoll und sinnvoll,
obgleich Ihre Studiengebühren und BAföG-Pläne mich gleichzeitig schaudern lassen. Es entbehrt auch nicht einer gewissen Logik, die bisher bestehenden zwei Gesetze der Hochbegabtenförderung in ein Gesetzeswerk zusammenzufassen. Ohne die Detaildiskussion in der Ausschussberatung hier noch einmal aufgreifen zu wollen, möchte ich an ein paar Beispielen demonstrieren, warum wir den Gesetzentwurf auch aufgrund seiner immanenten Schwächen und Fehler ablehnen. Die CSU-Mehrheit im Ausschuss war leider kaum bereit, unsere sinnvollen Anregungen aufzugreifen.
In den Artikeln 1 und 3 beschränken Sie die Förderung auf strukturierende bzw. studienbegleitende Exzellenzprogramme und vernachlässigen somit, dass bei Studierenden, bei Post Docs oder hie und da auch bei Promovenden manchmal andere Fördermöglichkeiten sinnvoll sein könnten.
Artikel 2 ignoriert, dass auch die Förderung von Personen aus Drittländern, also von Staaten außerhalb der EU bzw. aus Staaten, bei denen die Gegenseitigkeit gewährleistet ist, für Bayern sinnvoll und nützlich sein könnte. Wir hätten Ihnen auch eine entsprechende Protokollnotiz zugestanden, um den Nutzen für Bayern zu fi xieren.
Artikel 3 schließt bei der Förderung von Graduierten bzw. Postgraduierten absolut alle Vorhaben an außerbayerischen Einrichtungen aus, obwohl auch diese in bayerischem Interesse sein könnten.
Artikel 4 missachtet die sonst doch von Ihnen so oft im Mund geführte wünschenswerte Autonomie der Hochschulen, indem die Konzentration auf die Geschäftsstelle eine Hochschulbeteiligung grundsätzlich erschwert.
Glücklicherweise haben Sie sich wenigstens nicht den Argumenten verschlossen, in Artikel 5 bei Studierenden auch die Eigenbewerbung zuzulassen. Für die Graduierten- und Postgraduiertenförderung in Artikel 7 haben Sie entsprechende Anträge aber abgelehnt.
Nach wie vor fragwürdig bleibt für mich, ob es sinnvoll ist, die Förderwürdigkeit ausschließlich auf bayerische Abiturienten zu begrenzen und sie vor allem an Schulnoten festzumachen. Aus meiner Schulerfahrung könnte ich Ihnen etliche Beispiele von sehr begabten jungen Menschen nennen, die eine Förderung verdient hätten, obwohl sie an festen Notenhürden gescheitert sind. Darüber hinaus verschärfen Sie sogar die Zugangsmöglichkeiten, indem Sie den Notenschlüssel gegenüber der bisherigen Begabtenförderung noch einmal anheben. Der Dissens – wir haben ihn ausführlich im Ausschuss diskutiert – über die Tragweite dieses Schrittes bleibt für mich, auch wenn es an den Punkten, an denen Sie es nachgewiesen haben, vielleicht nicht nachzuvollziehen ist, so doch an einer Ihrer Aussagen, Herr Ministerialrat Dr. Brun, hängen. Es hieß damals, dass durch diese Verschärfung mehrere hundert
Schülerinnen und Schüler von der Fördermöglichkeit ausgeschlossen werden. In meinen Augen haben hier sach- und fachfremde fi nanzpolitische Überlegungen Vorrang vor dem eigentlichen Förderanliegen.
Eine Aufnahme auf Probe für die Dauer von höchstens vier Semestern erscheint uns viel zu lang. Wir haben deshalb den Antrag der GRÜNEN unterstützt, die Probezeit auf zwei Semester zu begrenzen, um dadurch die Unsicherheiten zu minimieren. Sie gehen weiterhin vom Regelfall eines einzigen geförderten Auslandssemesters aus, was durch die Formulierung des Regelfalls in der Praxis oftmals abschreckend wirken dürfte. Durch Ihre fragwürdige, und in meinen Augen falsche Verwendung des Begriffs „familienpolitische Gründe“, die zu einer Ausweitung der Förderdauer führen können, ignorieren Sie eine Reihe von weiteren wichtigen Gründen, wie zum Beispiel die Pfl ege naher Angehöriger, die in unseren Augen ebenso schützenswert ist.