Protokoll der Sitzung vom 10.05.2005

Man höre und staune: Die Europäische Union ist sogar bereit, bis zu fünf Jahren Anlaufbeihilfen für die Finanzierung von regionalen Verkehrsfl ughäfen zu gewähren und auch die Förderung der Verkehrsinfrastruktur im regionalen Flughafenbereich mitzutragen.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Noch mehr Geld für Klein-klein!)

Herr Dr. Magerl, es ist doch verrückt. Wenn es um Europapolitik und entsprechende Verordnungen geht – siehe zum Beispiel Antidiskriminierungsgesetz –, dann kann es Ihnen gar nicht streng genug zugehen im Freistaat Bayern und in Deutschland. Da satteln Sie auf europäisches Recht immer noch drauf. Wenn es aber darum geht, in Deutschland und in Bayern Mittel in Anspruch zu nehmen, die die Europäische Union zur Verfügung stellt, oder für Wettbewerbsgleichheit mit unseren Anrainerstaaten zu sorgen, dann höre ich von Ihnen nur ein Nein. Das ist Doppelmoral, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN. Sie müssen dann schon auf Bundesebene dafür kämpfen, dass die EU-Kommission sämtliche Fördermechanismen für die regionale Verkehrsinfrastruktur im Flugbereich einstellt. Ansonsten betreiben Sie hier Rosstäuscherei und nichts anderes.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Im Übrigen schauen Sie doch einmal in Ihr Flughafenkonzept 2000, das Sie auf Bundesebene verabschiedet haben. Auch hierin taucht regionaler Flugverkehr auf. Da sagen Sie nicht, Sie wollten nur von München, Frankfurt und einigen anderen größeren Flughäfen leben. In Ihrem Flughafenkonzept fi ndet sich nach wie vor das Thema regionaler Luftverkehr. Das ist in Ordnung; das begrüßen wir. Aber es gehört dann auch zur Redlichkeit dazu, sich nicht im Bayerischen Landtag hinzustellen und zu sagen: Wir wollen keine Förderung von regionalen Verkehrsfl ughäfen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Machen wir einmal den Vergleich mit den anderen Bundesländern. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es derzeit 34 internationale und regionale Verkehrsfl ughäfen. Auf dem Gebiet des Freistaates Bayern sind es vier. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl des Freistaates Bayern gibt es in den Ländern, wo Sie, liebe Freunde vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch an der Regierung sind, eine höhere Dichte an Verkehrsfl ughäfen international gesehen, aber auch regional gesehen als im Freistaat Bayern.

Herr Kollege Magerl, Sie haben dann noch die Wirtschaftlichkeit angesprochen. Es gibt die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsfl ughäfen. In dieser Anbietergemeinschaft haben sich 15 deutsche Regionalverkehrsfl ughäfen zusammengeschlossen. Schauen Sie sich einmal deren Passagieraufkommen und insbesondere die Entwicklung in 2004 an. Bei diesen 15 regionalen Verkehrsfl ughäfen fi ndet sich eine Steigerung von rund 25 %, während es bei den internationalen Verkehrsfl ughäfen nur knapp 8 % mehr Passagiere sind. Das heißt, die regionalen Verkehrsfl ughäfen haben nicht nur eine Existenzberechtigung, sondern sie haben auch beachtliche Potenziale.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Und was ist mit Memmingerberg?)

Noch etwas zum Schluss, Herr Kollege Magerl. Es ist nicht so, dass wir uns hier herstellen und sagen, wir beglücken den Freistaat Bayern mit einem Netz von regi

onalen Verkehrsfl ughäfen. Alle Standorte, die in den letzten Jahren für einen regionalen Verkehrsfl ughafen diskutiert worden sind, sind nicht allein Projekte der Bayerischen Staatsregierung, sondern auch ureigene Projekte und Konzepte der jeweiligen Region. Und ich sehe es als meine Aufgabe an, Projekte, die eine Region formuliert hat, mit voranzutreiben.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Was wollen denn die Schwaben?)

Es ist doch nicht so, dass wir im Verordnungswege festlegen, wo ein regionaler Verkehrsfl ughafen entstehen soll.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Nehmen Sie den Bereich Lagerlechfeld oder Memmingerberg oder Hof, immer sind auch die Regionalpolitiker dabei.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ja, welchen Flughafen wollen Sie denn?)

Und auch das ist sehr wichtig: Die regionale Wirtschaft fordert das. Die regionale Wirtschaft fordert den Zugang zum Geschäftsreiseverkehr, zum privaten Luftverkehr, den touristischen Charterfl ug, den Arbeitsluftverkehr und viele Dinge mehr.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜ- NE))

Machen Sie sich doch einmal die Mühe, sich zu überlegen, was der regionale Luftverkehr bedeutet. Er bedeutet ja nicht nur Charter-, nicht nur Linien- und auch nicht nur Geschäftsreiseverkehr, sondern es geht auch vom privaten Reisefl ug über den Rettungsfl ug bis hin zur Schulung und Ausbildung. Da gibt es vieles, was auf diesen Flugplätzen gemacht wird. Und in der Regel dienen regionale Verkehrsfl ughäfen auch dazu, eine leichtere und effektivere Vermarktung von Gewerbeparks zu ermöglichen. Deshalb werden wir den Ausbau regionaler Verkehrsfl ughäfen im Freistaat Bayern auch weiterhin positiv begleiten.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Auch welche in Schwaben?)

Das geschieht nicht nur vom Freistaat Bayern aus, sondern auch in enger Zusammenarbeit mit den kommunalen Gebietskörperschaften und der regionalen Wirtschaft.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner: Herr Kollege Dr. Beyer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in meinem Arbeitskreis heute Morgen bei der Vorbereitung zu meinem Beitrag gefragt worden, wie ich wohl die Flugbemühungen des Kollegen Magerl heute kommentieren werde, ob ich von

Ikarus spreche oder von Otto Lilienthal. Ich sagte zunächst: Ich weiß es noch nicht. Aber es war Quax der Bruchpilot, was wir heute wieder erlebt haben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Oh, oh! – Heiterkeit)

Ja, das hören Sie nicht gern.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das war eine humoristische Bauchlandung!)

Ja, ja, Sie hören es nicht gern, aber auch wiederholte Startbemühungen müssen nicht immer erfolgreich sein.

(Zurufe und Heiterkeit)

Wir erleben eine große Aufgeregtheit bei den GRÜNEN, stelle ich fest.

(Zuruf von den GRÜNEN: Amüsiertheit! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Wir haben eine eigenartige Diskussion hier im Hohen Hause. Auf der einen Seite haben wir Aussagen der Initiative Luftverkehr in Deutschland im Masterplan, sich zur Stärkung der Flughafeninfrastruktur nur zu beschränken auf die Großfl ughäfen Frankfurt und München und bestenfalls noch sechs andere Flughäfen in Deutschland auszubauen.

Damit wäre die dezentrale Luftverkehrstruktur in Bayern zum Aussterben verurteilt. Sie alle wissen, dass das das Ende für die Zukunft des Flughafens Nürnberg bedeuten würde. Es ist schon interessant zu sehen, wie die Reaktion hierauf aussah. Wenn man sich mit Fachleuten unterhalten hat, dann war etwas zu erwarten, was eigentlich auch angekündigt war: die Stellungnahme des Wirtschaftsministers. Doch diese Stellungnahme ist nicht gekommen. Das hat so weit geführt, dass die CSU-Fraktion im Nürnberger Stadtrat unter anderem auch die Bayerische Staatsregierung in einem Antrag ausdrücklich aufgefordert hat, dass solchen Überlegungen eindeutig entgegen getreten wird. Der Antrag wurde auch so beschlossen. Wir haben nun eine völlig abwegige Diskussion, in der es nur um den Münchner Flughafen geht. Das kann doch auch den GRÜNEN nicht gefallen, wenn sie sich, nach einer Entemotionalisierung, wieder mit den Fachthemen beschäftigen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Was ist mit Nürnberg? – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Was sagt man in Nürnberg zu Hof?)

Auf der anderen Seite führen wir eine Diskussion darüber, ob es zu viele Regionalfl ugkonzepte gibt. Es gibt also zwei Pole in dieser Diskussion, die man kaum zusammenbringen kann. Wir, die SPD, haben deshalb gefordert, dass der zuständige Minister aufzeigt, in welche Richtung die Reise gehen soll. Wir fordern ein Gesamtkonzept zur Flughafen-Infrastruktur. Bis heute haben wir dieses Gesamtkonzept aber nicht bekommen. Ich weiß nicht, warum Sie hierzu schweigen, Herr Minister Wiesheu. Ihr Haus zögert, zaudert und taktiert und ermöglicht damit

erst den Populismus, den sich die GRÜNEN zu Eigen gemacht haben. Das aber schadet Bayern.

Ich habe schon gesagt, die ganze Diskussion ist eigentlich irrational. Sie wird in weiten Teilen ohne Vernunft geführt, ohne Verantwortungsbewusstsein. Das zeigt zum einen die Haltung der Staatsregierung: Der Minister schweigt. Er führt Scheindiskussionen um Standorte, doch in Wirklichkeit sucht er nur nach einem Schwarzen Peter. Er diskutiert über Hof, macht bestenfalls auf Kabinettsdisziplin, doch eigentlich will er am liebsten, dass Sie das Projekt zerreden, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN. Zu Lagerlechfeld hat sich der Minister nur halbherzig ins Zeug gelegt, wahrscheinlich weil Herr Kollege Pschierer schon vom Memmingerberg aus im Landeanfl ug auf das Ministerium ist.

Auf der anderen Seite liegt dazu jetzt eine Stellungnahme vor, die mir fast die Sprache verschlagen hat. Herr Minister, es ist unverantwortlich, wie Sie die berechtigten Sicherheitsinteressen der Beteiligten aufs Spiel setzen und zum Verteidigungsminister sagen: „Dann baut eben billiger.“ – Ich möchte hören, was passieren würde, wenn die Autobahndirektion in Bayern eine bestimmte Trasse vorsehen würde und erklären würde, jede andere Trasse gefährde die Sicherheit. Was wäre, wenn Bundesverkehrsminister Stolpe dann sagen würde: „Dann baut eben billiger!“? Wie würden Sie sich aufregen! In dieser sensiblen Frage haben Sie nichts zu bieten außer vordergründiger Kritik.

Die GRÜNEN zeigen mangelnde Vernunft und mangelndes Verantwortungsbewusstsein in Fragen der regionalen Strukturpolitik, das sehen wir immer wieder. Sie widmen dem Thema Regionalfl ughäfen ausschließlich fi skalische Überlegungen. Prüfen Sie Ihre Politik! Ich frage Sie allen Ernstes: Legen Sie hier etwa den gleichen Maßstab an, mit dem Sie über Bildung sprechen?

Ist das der Maßstab, mit dem Sie über die Markteinführung erneuerbarer Energien reden? Ist es der Maßstab, den Sie anlegen, wenn Sie über Flächenverbrauch sprechen? – Nein!

(Beifall des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Sie tun es nicht, auch zu Recht nicht, denn – –

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wir machen eine Gesamtbilanz, das ist der Punkt!)

Sie machen eine Gesamtbilanz. Danke, Herr Dr. Dürr. Im amerikanischen Prozess heißt es an dieser Stelle: „Keine weiteren Fragen, Herr Dr. Dürr.“

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Was Sie hier aber nicht machen, das ist eine Betrachtung all dessen, was über Ihre vermeintliche Steuergeldverschwendung hinausgeht, nachdem Sie sich einmal auf dieses Schlagwort festgelegt haben. Das ist alles, was Sie zu bieten haben.

(Beifall bei der SPD – Margarete Bause (GRÜNE): Was haben Sie zu bieten außer Herumgeeiere? – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Was sagt man in Nürnberg zu Hof?)

Frau Kollegin Bause, seien Sie doch ein bisschen ruhig und hören Sie zu. Aber das Thema ist irgendwie etwas, was Sie offensichtlich sehr nervös macht.

Einen Moment, Herr Kollege. Ich darf jetzt an die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN die Bitte richten, nach gelegentlichen Zwischenrufen auch den Redner sprechen zu lassen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Sie dürfen!)