Protokoll der Sitzung vom 10.05.2005

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CSU)

Sie sind und bleiben eine reine Großstadtpartei. Die Sorgen und Nöte der Menschen in strukturschwachen Regionen sind Ihnen vollkommen egal. Das haben Sie hier schon oft unter Beweis gestellt, und heute tun Sie das erneut.

Damit meine ich auch meine oberfränkische Kollegin Ulrike Gote, die Herrn Dr. Magerl bei seiner Rede vehement unterstützt hat. Liebe Frau Gote, ich frage Sie: Was sagen Sie eigentlich den Menschen in Oberfranken, wenn Sie ihnen erklären müssen, warum Sie die zugesagten 31,8 Millionen Euro aus München für diese wichtige Infrastrukturmaßnahme in Oberfranken nicht haben wollen?

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich vermisse Sie seit längerem bei wichtigen Gesprächen mit der oberfränkischen Wirtschaft, in denen es um dieses Thema geht. Da sind Sie leider in letzter Zeit nicht anwesend.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Verbreiten Sie keine Lügen!)

Wir alle – da sind wir uns in der Opposition parteiübergreifend einig – verlangen von der Staatsregierung eine

Abkehr von ihrer Ballungsraumpolitik und eine stärkere Unterstützung des ehemaligen Grenzlandes in Nord- und Ostbayern. Kolleginnen und Kollegen, was haben wir reden und kämpfen müssen, bis es endlich so weit war, dass es mit dem Projekt des Flughafens in Hof vorangegangen ist. Wie viele Gespräche mit Herrn Dr. Wiesheu haben wir geführt, bis endlich eine Zusage für eine 90prozentige Förderung des Ausbaus des Flughafens Hof/ Plauen erteilt wurde? Der Herr Minister hat in dieser Sache sehr lange Widerstand geleistet und sogar Vertreter der oberfränkischen Wirtschaft vor die Tür gesetzt. Sehr gut kann ich mich an seinen Satz im alten Plenarsaal erinnern: „Herr Wolfrum, wo soll ich das Geld hernehmen für dieses Projekt?“ – Ich war dankbar, dass drei Wochen später das Geld da war und der Herr Wirtschaftsminister in Hof verkündet hat, dass wir eine 90-prozentige Förderung erhalten.

Sehr gut kann ich mich auch an die oberfränkischen CSUKollegen erinnern, die sich mit einer 70-prozentigen Förderung begnügt hätten und meinten, unsere Forderung nach 90 % wäre etwas unverschämt. So etwas tut man doch nicht mit der Bayerischen Staatsregierung. Jedenfalls: Die Bayerische Staatsregierung war am Schluss zu dieser Förderung bereit. Die Hartnäckigkeit der SPD-Fraktion, die sich zu allen Zeiten uneingeschränkt zu den Ausbauplänen bekannt hat, hat sich eben doch gelohnt. Bereits im Februar 2003 forderten Franz Maget und die gesamte Fraktionsspitze bei einem Besuch in Hof den Ausbau des Hofer Flughafens. Es gibt auch keine Differenzen mit unseren Nachbarn in Nürnberg, wie Sie selbst soeben von meinem Kollegen Dr. Thomas Beyer gehört haben.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Sie sehen, Frau Gote und liebe Kolleginnen und Kollegen: Fränkische Solidarität zeigt sich nicht nur beim Schäufele-Essen, sondern auch in der praktischen Politik.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich geht es nicht einfach nur darum, dass Geld nach Oberfranken kommt, egal wofür. Natürlich muss Geld sinnvoll eingesetzt werden, und in diesem Fall ist es sinnvoll eingesetzt.

Kollege Dr. Magerl, der Ausbau des Flughafens Hof/ Plauen wird nämlich dazu führen, dass die jahrzehntelange Subventionierung der Flughafenlinie Frankfurt/Main, die Sie kritisiert haben, hoffentlich endlich ein Ende hat, und der kostendeckende Betrieb des Hofer Flughafens ermöglicht wird. Hochfranken hat mit dem Ausbau des Flughafens die Chance, seine eigenen Stärken zu nutzen und in eine gute Zukunft zu starten. Die Region erhält nun auch verkehrspolitisch die wichtige Brückenfunktion zwischen Bayern, Thüringen, Sachsen und Böhmen. Ein Flughafen, Kollege Dr. Magerl, das wissen Sie, ist eine Jobmaschine. Hierfür gibt es genügend Beispiele. Sie können in Ihrem Stimmkreis gut mit der Jobmaschine leben. Auch ein ausgebauter Flughafen Hof/Plauen wird neue Perspektiven für den regionalen Arbeitsmarkt in Hof und Hochfranken bringen. Deshalb ist das Vorhaben in

der Region mit der höchsten Arbeitslosenquote Bayerns seit Jahren die richtige Forderung. Er wird auch von der Wirtschaft stark gefordert.

Wir erkennen durchaus an, dass die Staatsregierung die Notwendigkeit des Projektes eingesehen hat und nach langem Kampf schließlich der Stadt Hof bei der Genehmigung der Bürgschaften keine Steine mehr in den Weg legt. Dieser Erfolg, der auch durch hartnäckige Oppositionsarbeit zustande kam, ist zu wichtig, als dass er vom alt bekannten GRÜNEN-Ritual aufs Spiel gesetzt werden sollte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Traublinger.

Herr Präsident, Hohes Haus, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Magerl, Ihnen ist wohl nichts zu schade, um Ihre Luftfahrtfeindlichkeit zu dokumentieren – jetzt ist es der Regionalfl ughafen Lagerlechfeld – und alles was den technischen Fortschritt anbelangt abzulehnen.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Dürr, lassen Sie mich das begründen. Ob das der Ausbau der Autobahnen ist, der Ausbau der Donau

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ein Superbeispiel! – Margarete Bause (GRÜNE): Technik des 19. und 20. Jahrhunderts! – Allgemeine Unruhe – Glocke des Präsidenten)

oder die Luftfahrt, für Sie ist ein guter Verkehrsteilnehmer nur der, der zu Fuß geht, mit dem Rad fährt oder sich auf der Schiene fortbewegt. So kann es in Bayern nicht weitergehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es uns und vor allen Dingen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN Ernst ist mit gleichwertigen Lebensbedingungen in Deutschland und Bayern, muss die Erreichbarkeit gewährleistet sein. Sie muss auch über ein Netz von Regionalfl ughäfen gewährleistet sein. Ich rede nicht über Hof, nicht über Augsburg und nicht über Lagerlechfeld, sondern ich bin der Meinung, dass es uns gelingen muss, die Erreichbarkeit der Regionen zu gewährleisten. Ich darf Ihnen das mit einigen wenigen Zahlen unter Beweis stellen: Es gibt eine brandneue Untersuchung aus dem Gebiet Augsburg, die von der Industrie- und Handelskammer Augsburg bei Unternehmen, die dort ansässig sind, durchgeführt wurde. 60 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie regelmäßig Linienfl üge von Regionalfl ughäfen aus nutzen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Diese 60 % stellen 80 % aller erfassten Arbeitsplätze. In absoluten Zahlen sind dies im Augsburger Raum rund

67 000 Arbeitsplätze. Das ist ein sehr deutliches Zeichen, dass die Standortbedingungen für die Wirtschaft von der Erreichbarkeit der Region abhängig sind.

Es darf auch nicht unerwähnt bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Ansiedlungspolitik, die insbesondere vom bayerischen Wirtschaftsminister erfolgreich betrieben wird, erheblich mit der Erreichbarkeit des jeweiligen Standorts zusammenhängt. Wenn es uns nicht gelingt, beispielsweise in Oberfranken die notwendigen Voraussetzungen für die Erreichbarkeit Hofs mit Linienfl ügen zu schaffen, sei es über die Anbindung zu Frankfurt/Main, München oder Nürnberg, wird es dort keine verbesserten Standortbedingungen geben. Nur Gewerbegebiete auszuweisen und zu meinen, damit sei ein Investor gefunden, reicht nicht. Internationale Investoren legen größten Wert auf entsprechende Standorte, die in kurzer Zeit über Flugverbindungen erreichbar sind.

Kollege Zeller hat die Frage, welche Auswirkungen der Regionalfl ugverkehr auf den Tourismus hat, schon beantwortet. All dies ist unter der Überschrift „Standortverbesserung“ zu subsumieren.

Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Sie vergessen stets, dass der Flugverkehr die Straßen entlasten könnte. Das wäre zumindest positiv zu werten.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die Straßen schon, nicht aber die Luft! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, wenn es Ihnen Ernst ist mit der Aufhebung der Zentralisierung auf Ballungsgebiete wie München, die nicht gottgewollt ist, sondern sich durch den Flughafen München und die Messe dort zwangsläufi g ergeben haben – gleiches gilt für Nürnberg – ist Ähnliches auch für Augsburg, Hof und andere Gebiete in Bayern anzustreben, müssen wir an dem Konzept festhalten.

Herr Dr. Magerl, Ihnen sollte zu denken geben, dass Sie mit dieser Forderung alleine stehen. Jedem, dem die gleichwertigen Entwicklungschancen in Bayern wichtig sind, wird Ihre Zielsetzung ablehnen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Wir sind schon oft alleine gestanden mit unseren Forderungen, die sich dann doch als die besten durchgesetzt haben!)

Jeder wird diese Zielsetzung ablehnen. Herr Dr. Beyer, Sie brachten vorhin den Vergleich mit „Quax, der Bruchpilot“. Die Sympathie kann ich gerne zugestehen, auf der einen Seite Heinz Rühmann und auf der anderen Seite Dr. Magerl. Während Ersterer das Fliegen gelernt hat, schaffte das Dr. Magerl bis heute nicht. Ich habe diese Hoffnung auch aufgegeben.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass im Regionalverkehr die Schiene ein geeignetes Mittel ist. Wir bekennen uns aber als SPD zum Regionalfl ugverkehr und sagen das in aller Deutlichkeit. Wir wissen, dass es für den Regionalfl ugverkehr Bedarf gibt. Ich kann die Argumente des Kollegen Traublinger nachvollziehen, die auf Augsburg bezogen waren. Ich kann gut nachvollziehen, was der regionale Luftverkehr im harten Wettbewerb der Tourismusbranche bedeutet. Ich betone, dass die Wirtschaftlichkeit von Regionalfl ughäfen vor Ort nachgewiesen werden muss. Kollege Dr. Beyer hat dies dargestellt. Wir tun uns dabei leicht, denn die EU-Kommission und das Europäische Parlament haben mit den verabschiedeten Leitlinien ein Gerüst gegeben, unter welchen Bedingungen die Förderung beihilfefähig sein wird. Auch dies muss uns beim Thema Regionalfl ugverkehr interessieren.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wie groß ist eine Region?)

Herr Dr. Dürr, Sie können mich nicht ablenken. Wenn Sie wollen, erkläre ich Ihnen nachher mein Regionalverständnis. Lassen Sie mich fünf Minuten Redezeit ausnützen, dann können Sie die Zwischenrufe anderweitig nutzen.

(Christine Stahl (GRÜNE): Er hat Sie schon abgelenkt!)

Wir wissen, dass in den Regionen eine lebhafte aktuelle Diskussion stattfi ndet, nicht zuletzt, weil die Bundeswehr signalisiert hat, dass mehrere Flughäfen in Bayern für die zivile Nutzung zugänglich werden. Ich frage den Herrn Wirtschaftsminister – er ist nicht da, aber er wird es später erfahren –, was es mit Fürstenfeldbruck auf sich hat; denn er hat dort gesagt, der Flugplatz solle für zivile Luftfahrtnutzung zugänglich sein. Rechnet er auch hier, wie beim Lagerlechfeld, dass der Bund die Kosten übernimmt? Dazu kann ich nur sagen: So soll es nicht gehen, das schafft nur Verwirrung. Die Verwirrung in Schwaben in Bezug auf Lagerlechfeld reicht für ganz Bayern hinlänglich.

Erst hieß es in Schwaben, die Region solle sich einigen. Dann hat sie sich geeinigt, hat Vorschläge gemacht; plötzlich zog Minister Wiesheu den Standort Lagerlechfeld sozusagen aus dem Hut, wohl wissend, dass bereits etwas früher seitens der SPD geprüft wurde, ob dieser Standort jemals denkbar wäre. Jetzt ist der Regierungsbezirk Schwaben wieder dort, wo er schon längst einmal war und muss noch einmal neu anfangen. Allein dieses Beispiel zeigt, dass wir mit gutem Grund auf unserem Vorschlag insistiert haben – leider sind wir nicht erfolgreich gewesen –, für Bayern ein Konzept für Regionalfl ughäfen zu erstellen. Minister Wiesheu steht in der Pfl icht, dieses Konzept vorzulegen und mit der Bevölkerung in den jeweiligen Regionen zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Konzept ist jetzt notwendig, und da hilft auch die Ausrede nicht, man habe ja bereits beim Landesentwicklungsprogramm Standorte vorgeschlagen. Dies ist längst überholt, weil die Diskussion in den Regionen vehement läuft und der Bedarf vor Ort besprochen und erläutert wird. Die Standorte, die damals genannt wurden, sind zweitens deswegen überholt, weil sich die Bundeswehr zurückzieht. Man sagt, es wären dann Flughäfen auf dem Markt, bei denen die Staatsregierung dann einsteigen könnte oder auch nicht. Auch hier wäre es sinnvoll zu wissen, was man haben möchte und dies entsprechend zu begründen. Ein Konzept für den regionalen Flugverkehr ist ferner notwendig, weil wir natürlich registrieren, dass sich das Verhalten der Fluggäste ändert, aber auch das Verhalten von Fluglinien. Auch das ist selbstverständlich zu berücksichtigen.

Zusammengefasst: Wir müssen die heutige Stunde nutzen, um dieses Konzept noch einmal einzufordern. Ansonsten kann ich nur sagen: Regionalfl ugverkehr stützt letztlich die Regionen; nicht zuletzt kommt aus den Regionen heraus genau die entsprechende Forderung.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Richter, dann Herr Kollege König. Dann ist die Aktuelle Stunde beendet und wir beginnen mit der Ersten Lesung.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Magerl, es ist hochinteressant, die Diskussion hier zu verfolgen. Ich selbst komme aus der Region um den Regionalfl ughafen Salzburg. Ich schätze, dieser Regionalfl ughafen ist ein Riesenvorteil, für die Wirtschaftskraft im Hinblick auf die Geschäftsreisenden, aber auch auf den Tourismus. Wir haben mehrere Millionen zusätzliche Übernachtungen vor allem im südostoberbayerischen Raum. Ich bin froh, dass wir so einen Regionalfl ughafen haben. Deswegen unterstütze ich auch andere Regionalfl ughäfen. Ich fi nde es nicht richtig, von vornherein pauschal Regionalfl ughäfen abzulehnen. Meines Erachtens ist das eine kurzsichtige Schwarz-Weiß-Malerei. Natürlich braucht man für jeden Regionalfl ughafen eine gesonderte Prüfung. Aber solche Flughäfen pauschal abzulehnen ist meines Erachtens falsch. Es ist allerdings populistisch, zurzeit gegen alles zu sein, ohne detailliert nachzufragen.

Für Regionalfl ughäfen entstehen nicht Kosten, sondern Investitionen. Man investiert in die Infrastruktur; ein Regionalfl ughafen ist ein Faktor der Ansiedlungspolitik. Der Staat erzielt zusätzliche Steuereinnahmen; er kann zusätzliche Arbeitsplätze akquirieren, aber auch zusätzliche Ausbildungsplätze. Regionalfl ughäfen sind wichtige Eckpfeiler der Landes- und Regionalplanung. Sie sind vor allem aufgrund der steigenden Mobilität unserer Gesellschaft ein wesentlicher Punkt, um dieser Mobilität Herr zu werden und auf diese Mobilität einzugehen. Deswegen bitte ich Sie, Ihre Blockadepolitik bei der Fortentwicklung des Luftverkehrs zu stoppen. Denn die Schiene allein, wie Sie vorhin gesagt haben, ist nicht die Lösung. Nur ein gesunder, wirtschaftlicher Mix aus Schiene, Luftverkehr und Straße macht unser Land zukunftsfähig. Die Infra

struktur stellt die Adern zur Verfügung, in denen das Blut, also der Verkehr, fl ießen kann. Auf Bundesebene können wir beobachten, was bei dieser Blockadepolitik herauskommt, was sie für den Bürger und vor allen Dingen für die Wirtschaft bedeutet. Deswegen mein Appell: Kehren Sie zurück zu einer vernünftigen Regionalpolitik, zu einer vernünftigen Regionalplanung und beenden Sie endlich Ihre Blockadepolitik.