Protokoll der Sitzung vom 09.06.2005

Für den Einsatz der Grabenfräse gab es schon naturfreundlichere Regelungen. Jetzt wird zurückgerudert nach dem Motto: Was interessiert uns das Getier; es geht nur noch um die Wirtschaftlichkeit.

(Henning Kaul (CSU): Das stimmt nicht!)

Selbstverständlich. Ich verstehe, dass ein Ingenieur und Technokrat, wie Sie es sind, nur die maschinelle Leistung sieht und nicht das geschundene Vieh. Dass man aber einwilligt, verstehe ich überhaupt nicht.

Auch die Schneekanonen sind hierfür ein typisches Beispiel. Zu dem Thema wurde uns vom Wirtschaftsministerium doch etwas untergejubelt. Sie, Herr Kaul, als Ausschussvorsitzender des Umweltausschusses wissen doch ganz genau, dass die Untersuchungen zum Thema „Pisten“ aus der Schweiz etwas ganz anderes widerspiegeln als das, was uns im Umweltausschuss vom Ministerium vorgelegt wurde.

(Thomas Kreuzer (CSU): Sie haben das Gesetz doch gar nicht gelesen!)

Ach, Herr Kreuzer, wissen Sie überhaupt, was Naturschutz ist?

(Thomas Kreuzer (CSU): Ich habe den Eindruck, dass Sie das Gesetz gar nicht gelesen haben. – Henning Kaul (CSU): Bei der Aussprache werden wir es Ihnen zeigen!)

Meine Damen und Herren, zusammenfassend kann man sagen: Die EU-Richtlinie und das Bundesnaturschutzgesetz kommen zugunsten eines weichgespülten Bayerischen Naturschutzgesetzes zu kurz. Dieses Gesetz fällt in Teilen hinter das zurück, was wir bereits erreicht hatten.

Das ist gravierend. Anstatt das Gesetz zu verbessern, wird es verschlechtert. Es kann doch nicht Ziel eines Naturschutzgesetzes sein, die Ziele des Naturschutzes auf dem Altar der Wirtschaft zu opfern.

(Henning Kaul (CSU): Was gibt der Bund denn vor?)

Das Gesetz wird – das möchte ich noch einmal betonen – an wesentlichen Stellen zugunsten der Wirtschaft verschlechtert anstatt verbessert. Wer das tut, der macht sich in Fragen des Naturschutzes unglaubwürdig.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Hier stellt sich die Frage, ob Sie, Herr Kaul, im Umweltausschuss an der richtigen Stelle arbeiten. In dieser Frage haben wir ein Problem. Der Umweltausschuss soll nämlich für die Umwelt da sein und nicht für etwas anderes. Deshalb ist es wichtig, dass wir bei dem Gesetz im Hinblick auf die vorhin beschriebenen Dinge wieder nachdenken und nicht der Deregulierung das Wort reden. Wir müssen die Regulierungen dort aufrechterhalten, wo sie den Schutz der Natur stärken, nicht die Wirtschaftsfähigkeit eines Landes. Wir wollen die Wirtschaft zwar nicht behindern, aber wir wollen auch nicht, dass die Natur zugunsten der Wirtschaft unter die Räder kommt, wie wir das schon zu Beginn dieser Legislaturperiode befürchtet haben.

Auch etwas anderes muss man noch sagen: Dieses Land lebt in großen Teilen

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

von der Schönheit dieser Landschaft. Die Schönheiten dieser unserer Heimat aber gefährden Sie, wenn Sie das Naturschutzgesetz so umsetzen, wie Sie das vorhaben.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Hünnerkopf.

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Nachdem unser Umweltminister Dr. Werner Schnappauf die wesentlichen Regelungen des Gesetzes detailliert erläutert hat, möchte ich nicht zu sehr ins Detail gehen. Herr Wörner hat mir jedoch einige Stichpunkte gegeben, auf die ich gerne eingehe.

Wir von der CSU-Fraktion sind der Überzeugung, dass wir das Bundesgesetz im Maßstab 1 : 1 umgesetzt haben. Sehr geehrter Herr Kollege Wörner, wenn Sie jetzt Defi zite erkennen, dann müssen Sie auch zugeben, dass das Bundesgesetz Defi zite hat.

(Henning Kaul (CSU): Sehr gut! – Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Mir wurde auch deutlich, dass wir das Thema Natur- und Landschaftsschutz von ganz verschiedenen Seiten

betrachten. Wir in Bayern haben die längste Erfahrung mit diesem Gesetz. Wir konnten feststellen, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten unsere Kulturlandschaft sehr wohl erhalten und verbessern konnten. Wir konnten dies, und das vergessen Sie vielleicht manchmal, mit Unterstützung unserer Bauern und der Grundeigentümer.

(Beifall der Abgeordneten Christa Götz (CSU) und Henning Kaul (CSU))

Aus unserer Sicht ist es elementar, deren Interessen aufzugreifen und mit den Interessen des Naturschutzes zu verbinden. Betrachten wir doch einmal die willkürliche Festlegung von 10 % des Flächenanteils für Biotope. Herr Minister Dr. Schnappauf hat es schon gesagt: Wir haben in der Tat 11,3 % „Natura 2000“-Flächen. Seit vielen Jahren haben wir im Rahmen des Verbundsystems große Projekte durchgezogen. Über das KULAP und über den Vertragsnaturschutz haben wir auf freiwilliger Basis die Landwirte dafür gewonnen, diese Flächen zu vergrößern. Das macht die Schönheit unserer Landschaft aus. Solange die Menschen mit den Füßen abstimmen, solange sie hierher kommen, um sich an dieser Landschaft zu erfreuen, ist das doch ein Beweis dafür, dass wir so falsch nicht liegen.

(Beifall der Abgeordneten Henning Kaul (CSU) und Johannes Hintersberger (CSU))

Es geht darum, das Bundesnaturschutzgesetz umzusetzen und europäische Vorgaben einzuarbeiten, beispielsweise die Zoo-Richtlinie. Das ist erfolgt. Vor allen Dingen geht es auch darum, die Erfahrungen und die Vollzugsschwierigkeiten, die wir in den letzten Jahren festgestellt haben, aufzugreifen und zu regulieren. Dazu mag exemplarisch so etwas wie das „Ökokonto“ dienen. Wir konnten es zusammen mir der Eingriffsregelung als positiv erfahren. Es geht darum, dies allgemein aufzugreifen, und das haben wir getan. Verwaltungsvereinfachungen und Deregulierungen müssen umgesetzt werden. Meine Damen und Herren, wir sprechen nicht nur davon, wir handeln auch danach. Hierzu gehört, ein Stück weit Vertrauen in die Menschen zu setzen und nicht noch mehr festzuschreiben und zu regulieren. Herr Wörner, wenn wir überhaupt die Probleme unserer Zeit in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir den Menschen wieder mehr Vertrauen entgegenbringen und wieder mehr Vertrauen erwecken. Das haben wir in diesem Gesetz aufgegriffen.

(Beifall des Abgeordneten Henning Kaul (CSU) – Ludwig Wörner (SPD): Das können Sie aber nicht als Maxime ausgeben!)

Doch, das geben wir als Maxime aus. Meine Damen und Herren, wir werden uns in den Ausschüssen mit der Novellierung unseres Naturschutzgesetzes intensiv auseinander setzen. Ich bin sicher, das wird auf konstruktive Art und Weise geschehen. Es geht darum, unsere Ziele möglichst im Maßstab 1 : 1 umzusetzen. Wir werden die gemachten Erfahrungen einbeziehen und Deregulierungen und Verwaltungsvereinfachungen realisieren. In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion in den Ausschüssen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Umweltminister Schnappauf, Sie sind ein Weltmeister in salbungsvollen Worten. Der Gesetzentwurf, der uns heute vorgelegt wird, wird allerdings dem Auftrag der Sicherung der Artenvielfalt nicht gerecht. Der Schutz von Lebensräumen, von Wasser und Boden, bleibt unzulänglich. Wenn Sie hier scheinheilig auf die knappen Fristen zur Umsetzung des Gesetzes verweisen, dann muss man dem entgegenhalten, dass das Bundesnaturschutzgesetz vor über drei Jahren in Kraft getreten ist. Sie hatten also über drei Jahre Zeit. Spätestens im April dieses Jahres hätte das novellierte Bayerische Naturschutzgesetz in Kraft treten müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben es nicht geschafft, rechtzeitig eine Novelle vorzulegen. Hätten Sie diese Zeit doch wenigstens genutzt, um etwas qualitativ Ordentliches vorzulegen, dann könnte man noch darüber reden. Die Umsetzung ist aber unzureichend, das Gesetz setzt keine neuen Impulse.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Notwendige Anregungen, die wir mit unserem Gesetzentwurf vor einem Jahr eingebracht haben, haben Sie leider nicht aufgegriffen.

Lassen Sie mich kurz einige inhaltliche Punkte nennen: Die Alpenkonvention wurde weder genannt noch eingearbeitet. Der Schutz des Bergwaldes bleibt auch künftig auf der Strecke. Die Umsetzung des Bergwaldprotokolls fi ndet nicht statt. Schauen wir uns doch einmal an, welche Bergwaldrodungen beispielsweise im Wettersteingebiet geplant sind! Ich verweise auf den Ausbau der Hausbergbahn. 15 bis 20 Hektar Bergwald sollen wegen der Bewerbung von Garmisch für die Ski-Weltmeisterschaft 2011 gerodet werden. Das wird ein Knack- und Prüfpunkt Ihres Gesetzes sein.

Sie haben das Bundesnaturschutzgesetz nicht 1 : 1 umgesetzt. Dort heißt es beispielsweise zum Grünlandumbruch auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten oder bei hohem Grundwasserstand: „… ist ein Grünlandumbruch zu unterlassen.“ Was aber steht im Bayerischen Naturschutzgesetz? – „… soll Grünland erhalten bleiben“. In der Begründung wird das sogar noch fadenscheiniger formuliert. Das ist keine Umsetzung 1 : 1, das ist eine Anleitung zur Rechtsbeugung.

Zur Eingriffsregelung: Sie sagen, mit dem Ökokonto hätten Sie neue Formen geschaffen. Das Ökokonto ist bekannt, es wird bereits umgesetzt. Sie haben für die Ausgleichsbestimmungen und die Regelungen aber die Frist gestrichen.

Das kann dazu führen, dass ein Eingriff in zehn oder zwanzig Jahren ausgeglichen wird. Dies widerspricht dem Naturschutzgesetz und seiner Zielbestimmung. Eine zeitliche Befristung wäre notwendig gewesen.

Schauen wir uns das einmal an: 100 Hektar im Erholungswald für das Sägewerk Klausner. Der Eingriff wird, wenn überhaupt, irgendwann ausgeglichen. Wir brauchen diesbezüglich klare Regelungen. Sie zu formulieren, haben Sie unterlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Biotopverbund: Ich gebe Ihnen Recht: Hier sind Sie bei der Umsetzung 1 : 1 geblieben: 10 % wie im Bundesnaturschutzgesetz. Nur, in Bayern haben wir bereits ein Netz, das darüber hinausgeht.

(Zuruf des Abgeordneten Christian Meißner (CSU))

Das gilt es aber auch nach dem Naturschutzgesetz zu sichern und zu verbessern. Das unterlassen Sie mit Ihrem Entwurf, indem Sie auf 10 % zurückfallen.

(Christian Meißner (CSU): Zurückfallen? Wir erfüllen die gesetzlichen Grundlagen!)

Die Grabenfräse: Rechtsbeugung Nummer 2, Rechtsbruch im Hinblick auf das Tierschutzgesetz. Sie erleichtern Ausnahmegenehmigungen wieder. Dem Schreddern von Fröschen und Fischen wird wieder Tür und Tor geöffnet.

Rechtsbeugung Nummer 3: Auch beim Umsetzen des Schutzes der FFH- und SPA-Gebiete haben Sie nicht die Umsetzung des Schutzstatus defi niert, sondern Sie verweisen auf die freiwilligen vertraglichen Vereinbarungen. Nur, Sie wissen genau, dass dieser Vertrag – beispielsweise das Vertragsnaturschutzprogramm – nach fünf Jahren abläuft und dass es dann sogar möglich ist, den Anfangszustand innerhalb von 15 Jahren wieder herzustellen, das heißt zum Beispiel, Drainagen wieder zu öffnen, Totholz wieder abzuräumen.

(Zuruf des Abgeordneten Christian Meißner (CSU))

Das heißt: Ein Rückfall in intensive Land- oder Forstwirtschaft ist mit der Rückholklausel von 15 Jahren und der Befristung eines Vertragsnaturschutzprogramms möglich. Das widerspricht den FFH-Bestimmungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)