Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche uns allen einen guten Morgen und vor allen Dingen einen guten parlamentarischen Tag. Ich eröffne die 46. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wird wie immer erteilt.
Dieser Tagesordnungspunkt dauert heute 90 Minuten. Ich darf zunächst Herrn Staatsminister Miller um die Beantwortung der ersten Frage bitten. Er ist heute sehr ernst.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, was unternimmt die Bayerische Landwirtschaftsverwaltung, um den Einsatz von Pfl anzenschutzmitteln auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken?
Ich bitte Sie, gleich einzubeziehen, wie sich der vorgesehene Behandlungsindex der Bundesregierung mit diesen Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung vereinbaren lässt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu der Feststellung, dass ich so ernst schaue: Eigentlich müsste ich freudig schauen, weil es heute regnet. Dass ich ernst schaue, liegt daran, dass es mir im Allgemeinen zu wenig regnet, weil wir in Franken große Probleme mit der Trockenheit haben.
Ich darf nun zur Beantwortung der Frage kommen: Wir legen in Bayern seit vielen Jahren und Jahrzehnten großen Wert darauf, den Einsatz des Pfl anzenschutzes auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. Wir haben ein Konzept des integrierten Pfl anzenschutzes entworfen. Jeder muss wissen, dass es bei den heutigen Erlösen – im Getreidebau zum Beispiel nicht einmal 10 Euro für eine Dezitonne – auf jeden Cent ankommt, und der Einsatz an Pfl anzenschutzmitteln bedeutet für den Landwirt Kosten, Arbeitskosten und Ausbringungskosten. Zudem wollen wir die Umweltbeeinträchtigung so gering wie möglich halten.
Deshalb haben wir in unserem integrierten Pfl anzenbau ein umfassendes Maßnahmenpaket, eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Das beginnt mit der Sortenwahl, mit der Züchtung resistenter Sorten. Sie wissen, dass manche Sorten vielleicht ertragreicher sind, aber sehr anfällig gegen Pilzbefall. Deshalb geht es bei der Züchtung darum, die Resistenzeigenschaften besonders herauszubilden.
Die Sorten werden dann auf ihre regionale Eignung getestet. Im Feldversuchswesen werden derzeit 52 Fragestellungen zum Pfl anzenschutz bearbeitet. Das ist das Erste.
Das Zweite sind konkrete Prognosemodelle. Dabei wird durch die Aufzeichnung von Witterungsdaten – wir haben 123 Stationen in unserem Land –, durch computergestützte Rechnungsmodelle festgestellt, ob es notwendig ist zu spritzen oder ob man die Beeinträchtigungen in Kauf nehmen kann, weil das günstiger ist als der mit dem Pfl anzenschutz verbundene Aufwand.
Wenn Pfl anzenschutz vorgenommen werden muss, stellt sich die Frage: Wann ist der optimale Zeitpunkt? Ab wann beginnt die Schadschwelle? Diese Fragen müssen gestellt werden, damit man mit möglichst wenigen Behandlungen auskommt und damit man die Pfl anzenschutzmittel zum optimalen Zeitpunkt ausbringen kann.
Durch die erwähnten Modelle ist viel erreicht worden. Ich nenne nur das Weizen- und Gerstenmodell Bayern. Hierbei konnte man die Zahl der Anwendungen von 2,5 auf 1,5 vermindern. Ich nenne weiterhin das Beratungssystem zur Bekämpfung der Krautfäule der Kartoffel mit einer Verminderung der Zahl der Anwendungen um circa 25 % sowie die Peronospora-Prognose im Hopfen mit einer Reduzierung des Pfl anzenschutzmitteleinsatzes seit 1980 um mehr als 50 %.
Entscheidend ist, wie die Daten zum Landwirt kommen. Diese Daten ändern sich nämlich aufgrund der regionalen Prognosemodelle täglich. Hierbei sind wir ganz stark im Internet. Nur ein Beispiel: Im letzten Jahr gab es in den Monaten März und April 43 000 Abrufe, heuer waren es 164 000. Die Bauern, die keinen Internetzugang haben, können den Warndienst am Amt oder den Telefaxdienst in Anspruch nehmen.
Hinzu kommt dann noch die Gerätetechnik. In den Jahren 2002 und 2003 wurden rund 55 000 Pfl anzenschutzgeräte dem TÜV vorgeführt. Man versucht heute auch, Düsen zu verwenden, bei denen die Abdrift sehr gering ist.
Ich möchte damit deutlich machen, dass ein Bündel von Maßnahmen greifen muss, um den Pfl anzenschutzeinsatz auf das unbedingt notwendige Maß zurückzuführen.
Frau Präsidentin, ich darf gleich zu der Zusatzfrage kommen. Was hier angesprochen wurde, ist das Netzwerk zur Ermittlung des Pfl anzenschutzmitteleinsatzes in unterschiedlichen Naturräumen. Dieses Programm trägt den Namen „Neptun“. Es wurde von der Bundesregierung in einem so genannten Reduktionsprogramm eingeführt. Hier werden Aufzeichnungen geführt über Aufwandsmenge, Tankmischung und mehrere andere Indizes, die regional zusammengezählt werden. Der Betrieb kann seinen eigenen Wert errechnen und somit sehen, ob er darüber oder darunter liegt.
Das Problem, das sich dabei ergibt, ist, dass das Ganze immer rückwärts gerichtet ist. Der Landwirt hat nur die Indizes vom letzten Jahr. Das Problem ist aber, dass es
beim Pfl anzenschutzmitteleinsatz große Schwankungen gibt. In Jahren, die trocken, windreich und nicht schwül sind, ist der Einsatz wesentlich geringer, und man kann fast auf den Pfl anzenschutz verzichten. Wenn es nass, schwül, heiß ist, sind die Anforderungen an den Pfl anzenschutz höher. Nun ist es so, dass dieses „Neptun-Programm“ natürlich nicht jedes Jahr durchgeführt wird, sondern für mehrere Jahre. Das Programm gibt einen Überblick, wie der Betrieb im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Betriebe steht. Aber der Landwirt kann keinen unmittelbaren Nutzen daraus ziehen. Ich habe den Eindruck, dass der Aufwand im Vergleich zu dem, was damit erreicht werden kann, zu groß ist. Deshalb meine ich, dass das Modell, das wir mit Erfolg praktizieren, praxisnäher ist und mehr bringt. Es hat sich bereits bewährt und wird von unserer Seite ständig fortentwickelt.
Herr Staatsminister, trotz dieser Modelle, trotz dieser Aufzeichnungen und trotz – ich sage das bewusst – dieser Bürokratie, die in der Landwirtschaft vorherrscht, gibt es eine ganze Reihe von Pfl anzenschutzkontrollen vor Ort. Welche Kontrollen werden von der Landwirtschaftsverwaltung im Bereich des Pfl anzenschutzes durchgeführt?
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Kontrolle und Überwachung des Pfl anzenschutzgesetzes ist Ländersache. Es gibt ein zwischen dem Bund und den Ländern vereinbartes Kontrollprogramm.
Es beginnt mit der Pfl anzenschutzmittelverkehrskontrolle. Hier wird der Handel überwacht, ob die Pfl anzenschutzmittel, die angeboten werden, auch zugelassen sind, ob sie ordnungsgemäß gekennzeichnet sind, ob sie ordnungsgemäß untergebracht sind, wie sie abgegeben werden, zum Beispiel in den Gartencentern, ob das Selbstbedienungsverbot für verschiedene Mittel, die dieser Kategorie angehören, eingehalten wird und auch der Sachkundenachweis für denjenigen, der die Pfl anzenschutzmittel verkauft.
Bei der Ausbringung können weitere Kontrollen durchgeführt werden. Ich habe vorhin vom TÜV gesprochen, ob die eingesetzten Pfl anzenschutzgeräte die nötige TÜVPlakette haben, ob das, was im Tank ist – das kann untersucht werden – den Vorgaben entspricht. Das geht letzten Endes hin bis zu Bodenuntersuchungen, Untersuchungen von Pfl anzenresten, ob eventuell Pfl anzenschutzmittel eingesetzt werden, die in anderen Ländern der Europäischen Union zugelassen sind, dort im Handel sind, bei uns aber verboten sind. Das ist ein Problem. Ich bin dafür, dass das streng überwacht wird. Ich habe jetzt die Zahlen nicht da – ich bitte um Verständnis –; es gibt jedes Jahr
Herr Minister, nachdem Sie jetzt ausführlich berichtet haben, was alles getan wird, um Boden und Grundwasser zu schützen, können Sie beantworten, warum es Landstriche in Bayern, vor allem auch in Ihrer Heimat, dem Allgäu, gibt, die trotz all dieser Maßnahmen, die Sie beschrieben haben, einen Anstieg bzw. keinen Rückgang an Belastungen im Grundwasser haben?
In meiner Heimat kenne ich das sehr genau. Das war die Ampferbekämpfung, die Einzelbekämpfung. Das Mittel, das eingesetzt wurde – legen Sie mich nicht genau fest – war „Prefi x“. Solche Pfl anzenschutzmittel verbleiben, je nach Art, noch länger im Boden. Man fi ndet diese Abbauprodukte noch stärker im Grundwasser. Wir müssen alles tun – das ist gar keine Frage, ich glaube, da gibt es auch keinen Dissens –, dass das Grundwasser unbelastet ist. Deshalb ist auch dieses Mittel verboten worden.
Zur Frage von Herrn Wörner wäre interessant, in welchem Umfang „Prefi x“, diese Granulate, in Friedhöfen, Straßen, bei der Bundesbahn, also nicht landwirtschaftlichen Flächen, eingesetzt wurde, um nachzuvollziehen, ob diese Belastung wirklich aus der Landwirtschaft kommt.
Abschließende Frage: Welche Fördermaßnahmen, Herr Staatsminister, bietet die Bayerische Staatsregierung zur Reduzierung von Pfl anzenschutzmitteleinsatz?
Herr Kollege, ich würde noch einmal das nennen wollen, was ich unter Punkt 1 der Frage genannt habe. All das gehört dazu. Dann gibt es natürlich unser Kulturlandschaftsprogramm, ein Agrarumweltprogramm, wonach zum Beispiel die Ökobetriebe besonders gefördert werden. Bayern hat – die Fakten liegen ja auf dem Tisch – die höchste Förderung für Ökobetriebe. Wir haben auch die höchste Anzahl von Ökobetrieben mit oder nach Baden-Württemberg. Dort dürfen chemische Pfl anzenschutzmittel nicht ausgebracht werden.
Beim Kulturlandschaftsprogramm – ich habe das schon angesprochen – ist keine Ausbringung von chemischen Pfl anzenschutzmitteln bei Ökobetrieben gestattet. Aber auch bei der Grünlandprämie ist der Verzicht auf fl ächen
deckende Ausbringung von Pfl anzenschutzmitteln vorgeschrieben. Es gibt bestimmte Indizes, dass entlang von Gewässern keine Pfl anzenschutzmittel ausgebracht werden. Auch das wird gefördert. Wir haben das Agrarumweltprogramm, das sich bewährt hat und dazu beiträgt, dass die Pfl anzenschutzmittel, wenn sie ausgebracht werden, nicht ins Grundwasser bzw. in die Gewässer gelangen. Da gehören sie nicht hin, um das noch einmal zu sagen.
Die Beratung, die Aufklärung, insbesondere auch in den Winterveranstaltungen, ist ein ganz wesentlicher Punkt; sie werden sehr gut besucht. Ich betone noch einmal: Die Bauern selber haben großes Interesse daran, möglichst wenig Pfl anzenschutzmittel zum Einsatz zu bringen – sie sind auch stark zurückgegangen, schwanken in den einzelnen Jahren, je nach Witterung –, um die Kosten zu senken und, wie gesagt, auch die Umweltbeeinträchtigung so gering wie möglich zu halten.
Ich darf die an das Staatsministerium für Unterricht und Kultus gerichteten Fragen aufrufen und darf Herrn Staatssekretär Freller bitten, die Fragen zu beantworten. Frau Kollegin Steiger, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, Herr Staatssekretär! Ich frage die Bayerische Staatsregierung: Welche Maßnahmen gedenkt die Bayerische Staatsregierung zu ergreifen, dass zumindest im neuen Schuljahr an der Grundschule in Weismain ein geregelter Unterricht gesichert werden kann, nachdem im Schuljahr 04/05 krankheitsbedingt ständig Unterricht ausfällt und keine Mobile Reserve zur Verfügung steht?
Verehrte Frau Abgeordnete Steiger, an der Volksschule Weismain konnte der erkrankte Schulleiter in der Zeit vom 14.02.2005 bis zum 24.02.2005 – zehn Tage – nicht durch die Zuweisung einer Lehrkraft aus der Mobilen Reserve vertreten werden. Die Unterrichtsstunden wurden in dieser Zeit durch Lehrkräfte der Schule und durch eine Förderlehrerin abgedeckt. Seit dem 25. Februar 2005 ist eine Vertretung zugewiesen. Für einige Stunden ist auch eine Förderlehrerin eingebunden. Insofern kann von einem ständigen Unterrichtsausfall sicherlich keine Rede sein.
Aufgrund der großen Zahl an Mobilen Reserven werden die Staatlichen Schulämter auch im kommenden Schuljahr in der Lage sein, die Vertretung erkrankter Lehrkräfte weitgehend sicherzustellen.
Herr Staatssekretär, ich darf den Schulamtsdirektor zitieren und darf Sie fragen, wie Sie das bewerten und ob Sie vielleicht auch meinen, dass das kein gutes Licht auf die bayerische Bildungspolitik wirft, wenn der Schulamtsdirektor sagt, dass derzeit – das war jetzt im Juni – keine Mobile Reserve frei sei und man erst im kommenden Schuljahr auf eine Reservelehrkraft „hoffen darf“. „Hoffen darf“, so wird er zitiert.
Frau Abgeordnete, im Schuljahr 2004 – ich habe mir die Zahlen extra geben lassen – wurden genau 2027 Vollzeitplanstellen für Vertretungen im Bereich der Volksschulen, Grundschullehrer und Hauptschullehrer, als Fachkräfte zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden 918 Vollzeitstellen für die Vertretung von Lehrkräften eingeplant, die sich im nicht ganzjährigen Erziehungsurlaub befi nden. Das heißt, der Freistaat Bayern hat weit über 3000 Ersatzlehrkräfte zur Verfügung. Das ist eine außerordentlich hohe Zahl, die sich so in keinem anderen Land Deutschlands fi ndet. Es ist von daher in sehr vielen Fällen gewährleistet, dass Vertretung vorhanden ist.