Alle Anträge, in denen die Weiterentwicklung und die Vermehrung der Biotope gefordert wird, haben Sie abgelehnt. Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie diese Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes übernommen hätten.
Die Regelung zum Grünlandumbruch ist „heftig“; denn im Bundesgesetz heißt es, auf Überschwemmungsfl ächen, erosionsgefährdeten Hängen, auf Flächen mit hohem Grundwasserstand, auf Moorstandorten „ist“ Grünlandumbruch zu unterlassen. Sie sagen „soll“ Grünland erhalten bleiben.
So defi nieren Sie die gute fachliche Praxis und haben wahrscheinlich – wie Dr. Schnappauf dies dargestellt hat – die Zuschüsse des Kulturlandschaftsprogramms im Kopf. Das ist aber keine 1 : 1-Umsetzung.
Sie haben das Naturschutzgesetz eh schon über drei Monate verzögert und es verspätet eingebracht und umgesetzt. Vor einem Jahr haben wir in einem eigenen Gesetzentwurf eine Biotopvernetzung von 15 % gefordert. Diese Größenordnung wäre dem angemessen, was wir in Bayern zu schützen haben. Aber nein, auch hier konnten Sie sich nicht entscheiden, weiterzugehen – und dies angesichts der wachsenden roten Listen in Bayern. Das Landesamt für Umweltschutz, eine Behörde, der Sie nicht so wohlgesonnen gegenüberstehen, wenn sie fachliche Aussagen macht, hat im Jahr 2003 festgestellt, dass wir einen dramatischen Artenrückgang in der Agrarlandschaft haben, nicht sosehr in Feuchtgebieten oder Wäldern – hier gibt es Stabilisierungen –, aber in der Agrarlandschaft. Sie können nicht einfach so tun, als hätten wir in Bayern keine Probleme. Über 50 % der Fauna befi nden sich auf der roten Liste, über ein Drittel der Pfl anzenwelt in Bayern ist auf der roten Liste. Selbst früher weit verbreitete Arten wie Feldlerche, Feldsperling, Rauchschwalbe, Grasfrosch sind nun in dieser Liste zu fi nden. Das heißt: Wir brauchen eine andere fachliche Praxis und Absicherung im Gesetz. Wir brauchen auch einen ganz anderen Umgang mit Biotopen, wir brauchen hier mehr Vernetzung und mit der Weiterentwicklung und Vermehrung. Die Chance, für die Natur und den Artenschutz eine andere gesellschaftliche Stellung einzufordern, haben Sie leider versäumt.
Ich teile, Herr Kaul, Ihre Einschätzung, dass Natur- und Umweltschutz, die Vielfalt der Natur, saubere Luft, sauberes Wasser und sauberer Boden wirtschaftliche Bedeutung haben. Diese Bedeutung nimmt zu, auch im Tourismus, auch in der Landwirtschaft und für die Region insgesamt. Mit diesen weichen Standortfaktoren kann man sich nicht nur schmücken, sondern sie werden zunehmend auch ökonomisch wirklich berechenbar. Aber Sie müssen einsehen, dass wir inzwischen in der Rechtsprechung weiter sind. Natur hat von sich aus, per se, einen Rechtsanspruch auf Schutz. Das haben wir ja mit Natura 2000 auf den Weg gebracht. Insofern verstehe ich überhaupt nicht – das betrifft die Transparenz im Naturschutzgesetz –, dass Sie den Schutz der Natura-2000Gebiete einer gewissen Beliebigkeit unterstellen. Wir haben nicht für alle Natura-2000-Gebiete die Notwendigkeit, Schutzverordnungen zu erlassen. Sie wollen auch keine Beteiligung von Vereinen oder Verbänden, wenn keine Schutzvereinbarung da ist,
obwohl diese Flächen per Gesetz in der EU geschützt sind. Sie setzen auf freiwillige Vereinbarungen und Beliebigkeit. Das heißt, auch den Landwirten, den Bauern vorzugaukeln: Na ja, mit den Natura-2000-Flächen könnt ihr so oder so umgehen. Macht mal einen Vertrag für fünf Jahre, und dann haben wir eine Rückholklausel; dann könnt ihr ja wieder zur intensiven Landwirtschaft zurückkehren. – So verkaufen Sie den Rechtsanspruch der Natura-2000-Gebiete!
Sie wissen doch, dass die Landschaftspfl ege und die Pfl ege der Biotope inzwischen ein Standbein der Landwirtschaft geworden sind. Sie können den Bauern doch nicht dieses Standbein nehmen!
Sagen Sie doch ganz klar: Diese Bestandteile der reichen Landschaft Bayerns zu pfl egen, zu schützen und weiterzuentwickeln und zu vermehren ist auch Aufgabe der Landwirtschaft. Dafür stellen wir auch Gelder zur Verfügung. – Stattdessen machten Sie den Schutz der Biotope von der Haushaltslage und der Freiwilligkeit derer, die das Angebot nutzen wollen, abhängig. Das ist kein qualifi zierter Natur- und Artenschutz hier in Bayern.
Zum notwendigen Ausgleich von Eingriffen gab es im alten Gesetz wenigstens eine gewisse Fristsetzung. Da war eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer der Ausgleich erfolgen sollte. Dies ist jetzt gestrichen. Das heißt: Der Ausgleich kann bei erheblichen Eingriffen irgendwann erfolgen. Es wird nicht kontrolliert, es wird keine Festlegung getroffen. Ich höre, dass jetzt circa 100 Hektar Erholungswald für das Sägewerk Klausner aus Österreich geopfert werden soll, während die Ausgleichsfl ächen irgendwo auf Ackerfl ächen eines städtischen Gutes sind. Dazu muss ich sagen: Natürlich will man die Ackerfl ächen weiterhin erhalten. Hier wird kein naturnaher Mischwald aufgeforstet werden. Das ist Augenauswischerei. Wir haben weitere Aufweichungen, was die Eingriffsregelungen und den notwendigen Ausgleich bei erheblichen Eingriffen betrifft. Auch hier sind Sie unseren Änderungsanträgen nicht gefolgt.
Wir vermissen auch sehr, dass Sie einfach nicht über den Tellerrand hinausschauen können, beispielsweise bei der Alpenkonvention. Bayern ist das einzige Bundesland Deutschlands mit einem Alpenanteil, noch dazu einem erheblichen. Ja, hier gibt es sehr schöne Landschaften. Sie fi nden es aber nicht der Mühe wert, in den Zielsetzungen des Naturschutzgesetzes auf den Schutz dieses Alpenraums und eine naturschutzgemäße Weiterentwicklung des Alpenraumes Bezug zu nehmen. Wir haben rechtlich verbindliche Protokolle, und es wäre angemessen gewesen, auf die Alpenkonvention und die verbindlichen Protokolle hierzu zu verweisen. Aber nein, Sie tun so, als wären Sie vielleicht doch im Flachland.
Die Wasserrechtsrahmenrichtlinie schreibt vor, dass Grundwasserbeschädigungen und Eingriffe in den Grundwasserstock nach den Kriterien des Naturschutzes zu bewerten sind. Auch dies haben Sie nicht übernommen. Man muss wirklich sagen: Dieses Gesetz ist sehr nutzerorientiert. Die Fischerei wird bedacht, die Landwirtschaft wird bedacht. Wir haben tatsächlich einen Kniefall vor der Agrarlobby.
Das Tollste ist nun wirklich die Wiedereinführung der Möglichkeit, die Grabenfräse einzusetzen. 1998 war man sich einig, dass man diese Möglichkeit in Wasser führenden Gräben nicht will. Jetzt, ein paar Jahre später, sagt man: Jetzt sollen wieder Ausnahmen möglich sein. Inzwischen gab es ohnehin schon Ausnahmen, davon ganz abgesehen. Aber jetzt will man die Ausnahmeregelungen wieder auf eine breite Basis stellen und zum Gängigen und Üblichen machen. Das ist Bürokratie pur, sage ich Ihnen: Jeder Bauer, der eine Grabenfräse einsetzen will, geht zur unteren Naturschutzbehörde und sagt: Ich möchte die Grabenfräse wieder einsetzen. Dann steht die untere Naturschutzbehörde wieder unter politischem Druck, und schon geht das Shreddern von Kröten, Fröschen und Fischen wieder weiter. Das ist wirklich wieder ein Rückfall in alte Zeiten!
Leider, Herr Wörner, ist es nicht so, dass Baden-Württemberg dies schon beschlossen hätte. Es steht vielmehr im Entwurf einer Novelle des Naturschutzgesetzes. Sie wollen, weil die Praxis sich in Bayern bewährt hat, die Grabenfräse in Wasser führenden Gräben verbieten. Aber man muss erst mal schauen, ob man in Baden-Württemberg dabei bleibt.
Leider, so ist es. Es wäre Ihnen gut angestanden, hier Standfestigkeit zu beweisen und die neuen Diskussionen zu ignorieren. Sie kommen stattdessen mit der modernen Technik; die Drehzahl wird verringert, die scharfen Werkzeuge werden durch stumpfe ausgetauscht, der Einsatz ist nur mehr gelegentlich, also in einer Rotation von vier Jahren, mal in diesem, mal in jenem Graben. Die Genehmigungen werden für acht Jahre ausgesprochen. Ich bitte Sie: Wer kontrolliert denn das künftig? Sollen vielleicht die überlasteten Vertreter der Naturschutzbehörden hinausgehen und schauen, ob der Bauer die Grabenfräse richtig einsetzt? – Das wollen weder Sie noch ich. Wir wollen vielmehr ein Verbot des Einsatzes der Grabenfräse. Dann haben wir weniger Bürokratie, aber mehr Tierschutz und mehr Natur- und Artenschutz!
Erstaunt war ich wirklich bei den Debatten – und wir haben im Umweltausschuss intensiv debattiert, da gebe ich Ihnen gerne Recht –, darüber, dass Sie sich nicht in einem einzigen Fall so geäußert haben, liebe Mitglieder des Umweltausschusses, dass es eine Stärkung des Naturschutzes bedeutet hätte. Warum haben Sie nicht ein einziges Mal den Anträgen der Opposition zugestimmt? Nein, immer ging es darum, den Naturschutz abzuwehren und zu schauen, dass ja kein Nutzer der Natur eingeschränkt wird. Ich habe beispielsweise beantragt, in Artikel 13 e – Schutz der Lebensstätten – künftig landschaftsprägende Einzelbäume oder Baumgruppen zu schützen. Nach Artikel 13 e – ich kann Ihnen die Bestimmung noch einmal vorlesen -:
Es ist verboten, in der freien Natur Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise zu beeinträchtigen,
Nach diesem Artikel 13 e ist auch das Herunterschneiden, das Herabsetzen auf den Stock von März bis September verboten. Ich hoffe, Sie wissen das. Für das Blickfeld, für den Genuss der Landschaft sind doch Einzelbäume so wichtig. Sie hätten einmal Ihrem Herzen einen Stoß geben und sagen können: Jawohl, das ist keine Beeinträchtigung für die Nutzer, das ist ein Mehr an Schönheit, an Natur, an Landschaftsgenuss. Nehmen wir doch in den Artikel 13 e auch die Einzelbäume auf. Aber nicht einmal dazu waren Sie fähig. Ich bedaure das sehr. Die Büsche und die Feldgehölze werden geschützt, was richtig ist, aber die einzelnen großen Bäume, die Jahrzehnte sozusagen auf dem Buckel haben, die manchmal schon halb abgestorben sind, aber gerade dadurch eine hohe Aussagekraft haben, werden nicht geschützt.
Lieber Herr Weichenrieder, ich kenne in der Gegend von Weilheim oder Starnberg genügend Beispiele, wo man genau solche Bäume abgesägt hat, nur weil ein einzelner Ast abgestorben war.
So ist es. Die Bäume stehen im Bayerischen Naturschutzgesetz unter keinem besonderen Schutz. Wenn es Ihnen irgendwie ein Anliegen gewesen wäre, dann hätten Sie wenigstens in diesem einen Punkt zustimmen können.
Noch ein Letztes: Alle unsere Änderungsanträge zu mehr Öffentlichkeit, zur Beteiligung von Vereinen und Verbänden, haben Sie abgelehnt. Das muss hier einmal ganz klar gesagt werden. Sie haben beispielsweise die Beteiligung von Vereinen bei „Natura 2000“-Schutzgebieten, die ohne Schutzverordnung sind, abgelehnt. Sie haben die Bagatell-Regelung eingeführt. Damit kann auf die Beteiligung verzichtet werden, wenn es sich quasi um geringfügige Eingriffe handelt.
Wir haben deutliche Bedenken und wollen eine Begründung, ob ein Eingriff geringfügig oder erheblich ist. Wir wissen, unter welchem Druck die Naturschutzbehörden und die Landratsämter bei Planungen stehen. Es ist eine Frage der politischen Willkür, ob Vereine künftig eingeschaltet werden oder nicht.
Wir hätten uns zumindest die Verpfl ichtung erhofft, dass die Naturschutzverbände über das Vorgehen informiert werden. So aber wird wieder alles unter dem Deckmantel der Nutzer-Lobby gemacht. Gerade bei Befreiungen wäre es aber zwingend notwendig, dass es eine Beteiligung der Verbände und Vereine gibt.
Hier haben wir auch explizit das Klagerecht der Verbände, das Verbandsklagerecht, eingebracht. Wir haben es im Bundesnaturschutzgesetz für Bundesvorhaben. Wir haben zum Glück auch eine Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die bei FFH-Gebieten – siehe Geigelstein – die Rechtslage nach dem Bundesnaturschutzgesetz beurteilt. Damit erhalten die Verbände Klagemöglichkeit. Wir haben aber soundso viele Eingriffe in die Natur, bei denen es um Befreiungen geht und Vereine und Verbände nicht beteiligt werden. Beispielsweise im Falle eines Landschaftsschutzgebietes, wenn dort Gewerbegebiete oder Sportanlagen gebaut werden sollen oder Aussiedlerhöfe, die nach zwei Jahren sowieso in ein Gewerbegebiet umgewandelt werden. In Bayern werden in solchen Fällen Vereine nicht beteiligt. Das wäre aber dringend geboten. Sie hätten sich keinen Zacken aus Ihrer Krone gebrochen, wenn Sie einmal gesagt hätten, dass Sie die Arbeit der Verbände schätzen, beispielsweise die des Landesbundes für Vogelschutz, und wenn Sie den Verbänden deshalb Klagerecht bei landesrechtlichen Fragen zuerkannt hätten. Das wäre eine Qualifi zierung des Natur- und Umweltschutzes in Bayern gewesen.
Insgesamt kann nur festgestellt werden, dass Sie die Chance, die Sie bei der Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes gehabt hätten, vertan haben. Es ist genau so, wie es der Landesbund für Vogelschutz gesagt hat. Sie hätten wirklich eine Chance gehabt, ein neues gesellschaftliches Verständnis für Natur- und Artenschutz – für sich selbst, aber auch, weil es wirtschaftlich bedeutsam ist – auf den Weg zu bringen und gemeinsam zu vertreten. Diese Chance wurde hier in Bayern aber nicht genutzt, sie wurde vertan. Ich bedaure das. Aus diesem Grund werden wir die vorliegende Novelle ablehnen müssen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Man könnte meinen, wir würden uns zum ersten Mal ein Naturschutzgesetz geben und müssten ganz von vorn beginnen. Ich kann hier nur wiederholen, was Herr Kollege Henning Kaul bereits gesagt hat: Seit 1973 – –
(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie können das doch gar nicht wissen! – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Hat es da die CSU schon gegeben? – Susann Biedefeld (SPD): Schauen Sie das neue Bundesnaturschutzgesetz an! Bayern bleibt weit dahinter zurück!)
Wie jeder weiß, haben wir also seit 1973 ein Naturschutzgesetz, das selbst für den Bund immer wieder Vorlage war. Dieses Gesetz hat sich bestens bewährt und anderen
immer wieder als Vorbild gedient. Sie haben vorhin selbst darauf hingewiesen: Grabenfräse – Baden-Württemberg. Die Grabenfräse ist noch nicht einmal im Bundesnaturschutzgesetz geregelt. Deshalb muss man die Kirche schon im Dorf lassen.
Meine Damen und Herren, es war von vornherein klar, dass wir das Gesetz an die neuen Rahmenbedingungen des Bundesnaturschutzgesetzes anpassen wollten. Außerdem sind europäische Vorgaben und höchstrichterliche Rechtsprechungen zu berücksichtigen. Außerdem wollten wir die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren in Bayern gesammelt haben, einbringen und berücksichtigen. Ich stehe dazu, wir alle stehen dazu: Wir wollen die Deregulierung konsequent vorantreiben.