Protokoll der Sitzung vom 21.07.2005

Ich wiederhole: Die gesamte bayerische Bevölkerung hat das Anrecht auf eine angemessene und kompetente Repräsentanz in der EU, nicht nur weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten, die eine bestimmte Partei gewählt haben.

Da die Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion hier im Hause offenbar glauben, dass sie aus ihrer Fraktionsstärke einen Alleinvertretungsanspruch für die bayerische Europapolitik als solche ableiten können, möchte ich den Satz, der meiner Meinung nach diese Geisteshaltung, nämlich die Arroganz der Macht, an dieser Stelle treffend zum Ausdruck gebracht hat, nochmals unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Herrmann, Sie halten uns vor, wir seien nur neidisch. Ich gebe an dieser Stelle zu: ja, neidisch auf die Macht, aber nicht auf die Arroganz.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich traue mir zu, dass wir in diesem Fall diese Macht besser verwendet hätten. Herr Herrmann, wenn ich zudem lesen muss, dass Sie in Ihrer Pressemitteilung am 7. Juli gesagt haben,

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Eykmann (CSU))

CSU-Fraktion und Staatsregierung seien die legitimen Vertreter Bayerns in der Europäischen Union, dann drängt sich mir der Eindruck auf: Zu dieser Arroganz gesellt sich noch ein wenig Ignoranz.

(Zurufe von der CSU)

Das hat auch Herr Kollege Dürr schon kritisiert. Vielleicht sind Sie sich als Demokratieexperte nicht ganz im Klaren darüber gewesen, dass bei der letzten Landtagswahl von 9 108 516 Wahlberechtigten nur 3 050 456 Wahlberechtigte für Ihre Partei gestimmt haben. Das sind nur 33,3 %.

(Unruhe bei der CSU)

Das leugne ich nicht.

(Zurufe von der CSU: 64 Prozent! – Glocke des Präsidenten)

Das sind die Umfragen. Ich beantrage für die SPD nicht beide Sitze, über die wir heute abstimmen, sondern Sitze entsprechend unserem Stimmenanteil.

Wenn also die CSU-Fraktion glaubt, ihre Zweidrittelmehrheit in diesem Hause berechtigte sie dazu, vier Viertel aller Ausschusssitze zu beanspruchen, sodass Sie praktisch ganz Bayern repräsentiere, klammert sie in ihrem Denken bewusst zwei Drittel der Menschen in Bayern aus.

(Beifall bei der SPD)

Herr Herrmann, merken Sie sich: Sie repräsentieren zwar die Zweidrittelmehrheit in diesem Haus, aber nur ein Drittel des Wahlvolkes in Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind deswegen auch der Überzeugung, dass die Opposition im Ausschuss der Regionen vertreten sein sollte. Sie haben schon einige Argumente vom Kollegen Dürr gehört, die Sie, vielleicht etwas sachlicher vorgetragen, auch nicht überzeugen konnten, weil Sie es nicht hören wollten.

Sie haben Martin Runge als Ausschussvorsitzendem gewissermaßen zum VIP Nummer 1 in diesem Parlament gemacht. Deswegen sollten Sie dem vielleicht gerecht werden. Es entspricht der Bedeutung seines Amtes, dass er hier die Legislative vertreten will.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben drei Varianten: Sie können die Sitze einfach nach Ihrer Macht vergeben, aber das würde ich schade fi nden; denn der gute Ton in den verschiedenen Gremien hat bisher eigentlich immer dazu geführt, dass die Opposition entsprechende Sitze und angemessenes Gewicht hat. Sie können der Bedeutung des Amtes von Martin Runge gerecht werden, eine Repräsentation entsprechend der Stimmenanteile befürworten und deswegen unserem Vertreter Wolfgang Hoderlein zustimmen. Aber es geht dabei nicht nur um die Frage der Repräsentation. Wir sind uns parteiübergreifend einig, dass es in einem Gremium wie dem Ausschuss der Regionen in einer regionalen Delegation zwischen den Angehörigen verschiedener Parteien keinen Zwist geben sollte, sondern es sollte um eine möglichst überzeugende und sachkompetente Arbeit im Interesse Bayerns gehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn es darum geht, kompetent und sachlich für Bayern einzutreten, kann es in meinen Augen keinen Besseren als Wolfgang Hoderlein, der seit vielen Jahren seine Kompetenz im entsprechenden Ausschuss unter Beweis gestellt hat, geben.

Es geht um Bayern in Europa und nicht um die CSU, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deswegen wäre es nicht dumm, Koalitionen zu schmieden, und für wechselnde Koalitionen braucht Bayern Kontakte zu unterschiedlichen Gruppen und Gruppierungen. Vielleicht brauchen wir für bayerische Anliegen auch den Kontakt zur Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, vielleicht auch einen Draht zur Kommission. Wolfgang Hoderleins gute und langjährige Kontakte zu EUIndustriekommissar Verheugen könnten hier das Ihrige dazu tun.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Zuru- fe von der CSU)

Lassen Sie uns im Interesse Bayerns entscheiden. Rücken Sie von dem Anspruch, Macht zu demonstrieren, ab und wählen Sie auch Vertreter der Opposition, vor allem unseren Kollegen Wolfgang Hoderlein in den Ausschuss der Regionen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Herrmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wenn Herr Kollege Dürr hier von anstandslos, rücksichtslos und Machtmissbrauch spricht, ist es noch harmlos ausgedrückt, wenn ich meine, dass Sie, Herr Kollege Dürr, sich hier im Ton vergreifen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von den GRÜNEN)

Herr Kollege, es ist nicht besser, wenn Sie von Arroganz der Macht sprechen.

(Unruhe bei der SPD)

Ich könnte jetzt zunächst einmal darauf hinweisen, dass alle Ihre Vorwürfe auf Sie selbst zurückfallen;

(Beifall bei der CSU)

denn es gibt und gab in Deutschland kein einziges SPD- oder Rot-Grün-regiertes Bundesland, in dem dem Vertreter der Opposition ein Sitz im Ausschuss der Regionen zugestanden worden wäre – kein einziges in Deutschland!

(Beifall bei der CSU)

Und Sie reden in diesem Zusammenhang von Arroganz der Macht, von rücksichtslos oder anstandslos usw. Ein solcher Vorwurf gilt zunächst einmal für alle Ihre Parteikollegen in den einzelnen Bundesländern.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Überall dort hat die SPD eine wesentlich geringere Zustimmung zu ihrer Politik, als wir zu unserer Politik in Bayern.

(Zuruf von der CSU: Sehr richtig! – Zurufe von der SPD)

Entschuldigen Sie, es fängt an, mich zu ärgern, in welchem Stil Sie hier diese Fragen diskutieren.

(Zurufe der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE) und Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Deshalb spreche ich jetzt nochmals die Gestaltung der Tagesordnung an; denn es wird ständig von der Zweidrittelmehrheit geredet, die damit überhaupt nichts zu tun hat.

(Manfred Ach (CSU): So ist es! – Zurufe von der SPD)

Entschuldigung, ich erinnere an die Diskussion in der vergangenen Woche im Ältestenrat über den heutigen Tag.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ein gutes Beispiel!)

In der Tat. – Da wurde von Ihnen darum gerungen, dass hier mindestens bis 18.00 Uhr diskutiert werden müsse. Am Dienstag wurde auch noch eine Pressemitteilung des Inhalts herausgegeben, die CSU hätte mit ihrer Macht die Redemöglichkeiten der Opposition beschränkt,

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

obwohl wir dann einvernehmlich 18.00 Uhr beschlossen haben, weil Sie es so wünschten. Und jetzt bekomme ich die Agenturmeldung auf den Tisch gelegt, dass die SPD heute schon für 17.30 Uhr zum Elternabend mit Renate Schmidt hier im Hause eingeladen hat.

(Unruhe)