Protokoll der Sitzung vom 29.09.2005

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Die eine Anmerkung betrifft die statistischen Zahlen. Es mag sein, dass im letzten Verfassungsbericht eine

Abnahme der Zahlen verzeichnet ist. Viele von Ihnen sind ja vor Ort in den Kommunen oft unterwegs und kommen in Jugendzentren mit Sozialarbeitern zusammen. Ein Teil der Gründe dafür, dass es weniger angezeigte Verbrechen oder dergleichen gibt, ist die Akzeptanz gegenüber entsprechenden Ausschreitungen, oder es ist so, dass bestimmte Gruppierungen die Vorgehensweise unter sich ausmachen. Das senkt zwar die Zahl der angezeigten Fälle, aber macht die Arbeit vor Ort eher schwerer. Dies sollten wir mit aufnehmen. Was geschieht, ist jetzt mehr unterschwelliger Natur.

Frau Kollegin Stahl hat auch etwas Weiteres angedeutet. Das Männerbild hat wieder eine verstärkte Akzeptanz bekommen. Es ist ein Männerbild, das auf Gewalt beruht. Wir sollten es deshalb bekämpfen, weil wir in unserer Gesellschaft ein solches nicht wollen.

Auf der anderen Seite zeigen statistische Zahlen natürlich einen Erfolg. Da stimme ich Ihnen zu. Aber dieser Erfolg stellt sich erst nach einer gewissen Zeit der Arbeit ein. Wenn Sie im Nachtragshaushalt 2004 oder im Doppelhaushalt Gelder kürzen, dann werden wir in den nächsten Statistiken eben wieder eine Zunahme zu verzeichnen haben. Solches wollen wir rechtzeitig verhindern. Wir wollen nicht immer reaktiv arbeiten, sondern vorausblickend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Eisenreich, wenn Sie uns versprechen, dass Sie jetzt für unsere Anträge stimmen werden, werden wir dem „rechts“ das „links“ hinzufügen. Denn Sie haben Recht: Wir sollten als Demokraten jede Form von gefährlichem Radikalismus bekämpfen, egal, ob von rechts oder links. Wenn Sie sagen, dass Sie dann mit uns stimmen werden, werden wir den Text sofort entsprechend umformulieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Ich lasse zunächst über den Antrag auf Drucksache 15/ 2076 – Tagesordnungspunkt 8 – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfi ehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun lasse ich über den Antrag auf Drucksache 15/3008 – Tagesordnungspunkt 9 – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfi ehlt Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Dasselbe Ergebnis wie zuvor.

Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7 zurück. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt.

Da wir gleich die Fragestunde durchführen und jetzt alle Kolleginnen und Kollegen noch anwesend sind, gebe ich bekannt, dass wir die Mittagspause, die wir nach der Fragestunde einlegen, nicht um 14.00 Uhr, sondern um 14.15 Uhr beenden.

Jetzt kommen wir zu der namentlichen Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 7. Es betrifft den CSU-Antrag 15/ 2988 wegen Kürzung der Zuschüsse für den Bund Naturschutz. Der Ablauf ist allen bekannt. Ich muss dazu nichts mehr sagen. Die Urnen sind aufgestellt. Ich verkürze die Zeit der Stimmabgabe auf vier Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 12.55 bis 12.59 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmung ist geschlossen. Wir fahren in der Sitzung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Mündliche Anfragen

Für die Mündlichen Anfragen sind 45 Minuten vorgesehen.

Frau Staatsminister Stewens hat gerade von der Autobahn aus angerufen. Sie steckt in dem berühmt-berüchtigten München-Nord-Stau. Deswegen rufe ich jetzt erst die Fragen betreffend das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz auf. Der Fragesteller Herr Kobler ist anwesend, ebenfalls Frau Staatssekretärin Müller.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wann komme ich an die Reihe?)

Sie kommen gleich danach dran. Wir rechnen damit, dass die Frau Staatsministerin nach der Beantwortung des Fragenkatalogs an das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz hier ist; sie steckt im Augenblick im „Umweltstau“.

Erster Fragesteller: Herr Kollege Kobler.

Herr Präsident, verehrte Frau Staatssekretärin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sieht die Staatsregierung eine Möglichkeit, dem Bau und der Förderung der rund 5 Millionen Euro teuren Abwasseranlage von enormer grenzüberschreitender Bedeutung – Neubau der Rannasee-Kläranlage in der Marktgemeinde Wegscheid im Kreis Passau – Priorität einzuräumen, damit Bayern auf diesem sensiblen Gebiet einer „Vorbildfunktion“ bei der grenzüberschreitenden Abwasserentsorgung entspricht und darüber nicht noch öfter gerade im Raum Wegscheid als Urlaubsregion einschlägige Schlagzeilen erhält bzw. negativ berichtet wird?

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bestehende Kläranlage Rannasee mit einer Ausbaugröße von 1000 Einwohnerwerten kann die wasserrechtlichen Anforderungen derzeit nicht mehr zuverlässig einhalten und muss deshalb bekanntlich saniert werden. Das Landratsamt Passau hat hierfür eine Frist bis 31.12.2006 festgelegt. Die Gemeinde Wegscheid hat sich anstelle der Sanierung für den Bau einer entsprechend größeren, neuen Kläranlage entschieden, weil sie auch weiß, dass sieben weitere Ortsteile an diese Kläranlage angeschlossen werden müssen. Nach den maßgeblichen Förderrichtlinien – RZWas 2005 – ist von den insgesamt rund 2,2 Millionen Euro Baukosten allerdings nur der Erweiterungsanteil von 550 000 Euro förderfähig.

Der Kläranlagenneubau ist mittlerweile in die Dringlichkeitsliste 2005 aufgenommen worden, konnte aber noch nicht in ein Förderprogramm aufgenommen werden. Angesichts der besonderen grenzüberschreitenden Bedeutung des Vorhabens kann davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme in das nächste aufgelegte Förderprogramm aufgenommen wird. Eine Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn ist derzeit noch nicht möglich, weil die Gemeinde Wegscheid bisher leider immer noch keinen Bauentwurf für den Kläranlagenneubau vorgelegt hat. Der Bericht in der Zeitschrift „Am Sonntag“ vom 25.09.2005 über die angebliche Ableitung ungeklärter Abwässer, ja von „brauner Brühe“ aus Wegscheid in die Ranna entspricht in keinster Weise der tatsächlichen Situation. Seit dem Einbau zusätzlicher Belüftungsaggregate auf der Rannasee-Kläranlage vor einigen Jahren wurden bei der amtlichen Überwachung nur noch wenige, geringfügige Überschreitungen der BSB5-Konzentration im Abwasser und auch bei der Eigenüberwachung nur einige ebenfalls geringfügige BSB5-Überschreitungen vor allem in den Wintermonaten festgestellt.

Frau Staatssekretärin, ich möchte die „braune Brühe“ grundsätzlich nicht weiter kommentieren, konnte mich aber davon überzeugen, dass es in der Tat so ist. Wir können natürlich jetzt diese Diskussion nicht führen. Aber wie soll die Gemeinde diesen Spagat schaffen, wenn einerseits eine Frist bis Ende des Jahres 2006 gesetzt ist, aber andererseits die Gemeinde von den staatlichen Rechnungsprüfern die Aufl age erhält, keinerlei weitere Verpfl ichtungen und Schulden einzugehen. Das heißt, einerseits gibt es den Termin 31.12.2006 – –

Herr Kollege Kobler, Sie haben mit Ihrer Feststellung schon angefangen und Gott sei Dank die Kurve zur Frage bekommen. Aber die sollen Sie dann auch stellen.

Wie soll dieser Spagat geschafft werden?

Ich kann nur sagen, von der österreichischen Seite wird derzeit kein Druck ausgeübt, weil die gegenwärtige Beschaffenheit der Gewässer der Ranna Sofortmaßnahmen nicht erforderlich macht. Die Werte sprechen für sich. Wir können daher nichts anderes sagen.

Die Gemeinde muss sich bemühen, einen Bauantrag einzureichen. Wir werden dann die gegebenen Maßnahmen, diese 550 000 Euro, anteilig fördern.

Ich darf dazu folgende Nachfrage stellen: Sie sagen, dass die Maßnahme gegebenenfalls in das nächste Förderprogramm aufgenommen werden kann. Die Gemeinde habe bereits signalisiert, dass das Projekt noch im Laufe dieses Oktobers fertig gestellt und vorgelegt werden könne. Wäre es dann möglich, für die Maßnahme zugleich einen vorzeitigen Baubeginn einzuräumen?

Wenn das Projekt geprüft ist, kann natürlich ein vorzeitiger Baubeginn in Aussicht gestellt werden. „Vorzeitiger Baubeginn“ bedeutet aber nicht, dass wir, wie es die Gemeinde wünscht, gleichzeitig die Gelder mit ausbezahlen.

Frau Staatssekretärin, ich frage Sie insbesondere als Europaexpertin ein weiteres Mal: Wäre es denkbar, für das Projekt, da es eine besondere grenzüberschreitende Bedeutung hat, eventuell auch aus europäischen Programmen Fördermittel zu bekommen oder wäre Ihr Haus möglicherweise bereit, die Fühler dahingehend auszustrecken, um ein grenzüberschreitendes Modell- oder Pilotprojekt zu starten?

Bei den grenzüberschreitenden Maßnahmen haben wir eine Sondersituation. In der Vergangenheit haben wir immer gecheckt, ob EU-Möglichkeiten, z. B. Interegg-III-Programme oder EAGFL-Mittel, bestehen, und das werden wir auch in diesem Fall tun. Wenn es dafür geeignete Programme und Gelder gibt, werden wir uns im Rahmen der Möglichkeiten darum bemühen.

Ich bedanke mich für diese gute Auskunft.

Herr Kobler, keine Zusatzfragen mehr? – Der nächste Fragesteller: Herr Hallitzky, bitte. Vielen Dank für die kurze Frage.

Herr Präsident, das ist lieb.

Liebe Frau Staatssekretärin, Herr Kobler und ich haben uns nicht abgesprochen, auch wenn es fast die gleiche Frage ist. Ist die Staatsregierung bereit, durch eine vorzeitige Zuschussgewährung den Bau einer ausreichend dimensionierten Kläranlage für die Weiler im Umfeld des Naherholungsgebietes Rannasee – Gemeinde Wegscheid – zu ermöglichen, um damit den unhaltbaren Zustand der Ableitung ungenügend gereinigten Abwassers nach Österreich endlich Einhalt zu gebieten?

Ich habe eben die Antwort gehört, Sie brauchen also nur die noch ausstehende Ergänzung zu machen.

Weder die reißerische Berichterstattung in der Zeitschrift

„Am Sonntag“ vom 25.09.2005 über die Abwasserverhältnisse am Ranna-Stausee noch die Bezeichnung „unhaltbarer Zustand“, wie Sie es formuliert haben, entspricht der tatsächlichen Situation.

Tatsache ist, dass die Rannasee-Kläranlage, nachdem vor einigen Jahren zusätzliche Belüftungsaggregate eingebaut wurden, die gesetzlichen Reinigungsanforderungen weitgehend erfüllt; das habe ich vorhin in Teilen ausgeführt. Vor allem im Winter wurden allerdings einige geringfügige Überschreitungen der zulässigen BSB5-Konzentrationen im Kläranlagenablauf festgestellt. Die Gewässergüte der Ranna ist oberhalb und unterhalb der Einleitungsstelle in Güteklasse II – mäßig belastet – eingestuft. Nachteilige Auswirkungen der Einleitung auf das Gewässer sind nicht erkennbar. Nachdem aber die Anlage die Anforderungen nicht mehr zuverlässig einhält und nicht mehr zuverlässig arbeitet, ist eine Sanierung erforderlich. Deshalb hat das Landratsamt Passau hierfür eine Frist bis 31.12.2006 festgesetzt.

Der Bürgermeister von Wegscheid hat die Frage einer vorzeitigen Zuschussgewährung bereits im August an das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz herangetragen. Staatsminister Dr. Schnappauf hat ihm mit Schreiben vom 06.09.2005 mitgeteilt, dass das die haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht zulassen.

Nach den geltenden Förderrichtlinien werden Zuwendungen zu kommunalen Abwasseranlagen nach Aufnahme des Vorhabens in ein Förderprogramm zunächst mit Förderbescheid in Aussicht gestellt und können dann entsprechend dem Baufortschritt und Ausgabenstand der Gemeinde anteilig abgerufen werden. Auch das habe ich vorhin Herrn Kollegen Kobler gesagt. Die vorzeitige Auszahlung noch nicht „erdienter“ Zuwendungen für noch nicht ausgeführte Vorhaben bzw. Vorhabensteile, wie dies gewünscht werde, ist somit nicht möglich.

Der Gemeinde Wegscheid ist zu empfehlen, dem Wasserwirtschaftsamt Passau für die Kläranlage Rannasee möglichst bald eine baureife Planung vorzulegen und damit eine wichtige Voraussetzung für die Aufnahme in ein Förderprogramm zu erfüllen.

Ich habe noch drei Nachfragen. Herr Kobler, das nur als Hinweis. Frau Staatssekretärin, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Frage, ob es eine EU-Finanzierung oder -Mitfi nanzierung geben kann, bisher noch nicht umfassend geprüft wurde. So habe ich eben Ihre Antwort verstanden.

Nachdem uns kein Bauplan vorliegt, ist eine Überprüfung der Fördermöglichkeiten derzeit nicht gegeben.

Meine zweite Nachfrage: Was schlagen Sie der Gemeinde Wegscheid vor? Wie soll sie vorgehen, wenn sie einerseits durch eine unzureichende Finanzzuweisung an die Kommunen – Sie mögen andere Gründe anführen – fi nanziell von der kommunalen Rechtsaufsicht her nicht in der Lage ist, ihre Beteiligung zu leisten, sie andererseits aber rechtlich verpfl ichtet ist, bis