In anderen Bundesländern klappt so etwas. Warum nicht bei uns in Bayern? Bayern steht an der Spitze im Hinausschieben, im Aussitzen von Problemen. Für Leute, die Ihre Hilfe brauchen, tun Sie gar nichts.
Meine Damen und Herren, die Staatsregierung und die CSU haben jetzt genügend Zeit gehabt, die Erfahrungen der anderen Bundesländer auszuwerten und mit allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen in einen Dialog zu treten. Wir haben das getan. Wir haben uns mit allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzt und haben sie gefragt, was sie davon halten. Sie waren alle dafür. Lediglich die katholische Kirche hat gesagt, sie müsse ihre Entscheidung noch in ihren Gremien besprechen. Alle anderen haben sofort gesagt – wir haben das schriftlich –, dass sie dafür sind, in einer Härtefallkommission den Härtefall zu beleuchten. Sie würden sich gern einbringen.
Für uns GRÜNEN ist klar, dass das Petitionsrecht auf keinen Fall beschnitten werden darf. Der Petitionsausschuss kann im Einzelfall entscheiden, diesen an die Härtefallkommission weiterzugeben. Es besteht kein Konkurrenzverhältnis. Vielmehr ergänzen sich beide. Allen Skeptikerinnen und Skeptikern sei gesagt, um zu verhindern, dass die Härtefallkommission in aussichtslosen Fällen instrumentalisiert wird, um eine aufschiebende Wirkung zu erzielen, kann ein Vorprüfungsausschuss oder etwas Ähnliches eingerichtet werden.
In der Kommission sollen Vertreterinnen und Vertreter des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden, der landesweit tätigen Organisationen in der Immigrations- und Flüchtlingsarbeit und der Kirche vertreten sein.
So werden seit langem, zum Beispiel seit zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen, positive Erfahrungen mit einer Härtefallkommission gemacht. In Schleswig-Holstein werden seit acht Jahren positive Erfahrungen gemacht und im Saarland, in Brandenburg, Berlin usw. gilt Ähnliches. In Bayern ist die Errichtung einer Härtefallkommission schon deshalb notwendig, um eine ungleiche Behandlung in den verschiedenen Ländern zu verhindern.
Stellen Sie sich doch einmal vor, welchen Zustand wir im Augenblick haben, wenn es in einigen Bundesländern eine Härtefallkommission gibt, aber in Bayern nicht. Gegenüber denen, die unsere Hilfe brauchen, ist das richtig ungerecht.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die Einrichtung einer Härtefallkommission nicht mehr auf die lange Bank schieben, sondern endlich Nägel mit Köpfen machen. Gerade für die Migranten, die seit Jahren in Deutschland leben, deren Duldung immer wieder verlängert worden ist, deren Kinder hier geboren werden und aufgewachsen sind, die sich in unsere Gesellschaft und in unsere Arbeitswelt integriert haben, muss in Härtefällen über das vorhandene Recht hinaus eine Möglichkeit eröffnet werden, die diesen Menschen die Sicherheit verschafft, hier in Bayern bleiben zu können.
Der Abgeordnete König hat im Juli 2005 gesagt, die CSUFraktion lehne unseren Gesetzentwurf deshalb ab, weil sie sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet habe, ob sie von der Ermächtigungsnorm im Aufenthaltsrecht Gebrauch machen und eine Härtefallkommission einrichten wolle. Siehe da, heute wurde von der CSUFraktion auch ein Dringlichkeitsantrag eingereicht. Guten Morgen, meine Damen und Herren von der CSU, sind Sie auch schon so weit, sich gedankenmäßig in die richtige Richtung zu bewegen? Wir sagen es Ihnen doch schon ständig. Welch revolutionärer Dringlichkeitsantrag mit der Überschrift „Einrichtung einer Härtefallkommission“, in dem die Staatsregierung – man höre und staune – aufgefordert wird, alsbald über die Erfahrungen in anderen Bundesländern zu berichten, um daraus für Bayern Konsequenzen zu ziehen. Die Konsequenzen kann ich Ihnen schon aufzählen. Auch die Erfahrungen sind vorhanden.
Es ist schon nun schon ein Running Gag, dass sich die Staatsregierung und die CSU sich immer wieder überlegen, was sie auf diesem Feld so machen wollen. Sonst sind Sie doch auch nicht so zögerlich mit dem, was Sie machen wollen. Sie schaffen schon manchmal knallharte Fakten.
Es ist ungerecht, wenn fast alle Bundesländer – insgesamt 11 – eine solche Härtefallkommission bereits haben. Sie sind Spitze im Hinausschieben und Aussitzen. Wie lange wollen Sie das noch überlegen? In Nordrhein-Westfalen gibt es diese Kommission und man hat damit gute Erfahrungen gemacht. Machen Sie von der CSU doch einmal einen Fraktionsausfl ug, und zwar anstatt nach Rom nach Nordrhein-Westfalen, Herr König.
Erkundigen Sie sich nach der mittlerweile zehnjährigen Erfahrung und handeln Sie, aber tun Sie etwas gegen die Ungerechtigkeit, die zwischen den einzelnen Bundesländern besteht.
In Nordrhein-Westfalen werden Härtefälle geprüft, in Bayern dagegen nicht. Bayern ist mal wieder Spitze und das im Nichtstun. Wenn es mit dieser Ungerechtigkeit nur nicht so traurig wäre.
Herr König, Sie können ruhig der Rednerin bescheiden, dass sie leiert, leiert und leiert. Sie wiederholen sich nur in dem, dass Sie sagen, Sie wollten alles erst einmal prüfen, prüfen und prüfen. Herr König, handeln Sie, tun Sie etwas.
Gerade heute Morgen hatten wir bei der Aktuellen Stunde das Thema „Integration von Ausländern erfolgreich fördern und fordern“. Hier bestünde für Sie, Herr König, die Möglichkeit, Ihre Aussage zu unterfüttern und zu sagen, was Sie damit meinen. Wie meinen Sie das? Wie reagieren Sie fl exibel auf eventuelle Härtefälle, die die Ausländerinnen und Ausländer betreffen? Jetzt ist es an Ihnen, eine Härtefallkommission, die Sie selbst im Zuwanderungsgesetz als Länderaufgabe verankert haben wollten, einzurichten.
Meine Damen und Herren und besonders Herr König, wenn Sie und Ihre Partei auf Bundesebene A gesagt haben, müssen Sie auf Länderebene bitte schön ehrlicherweise B sagen. Ich hoffe, dass wir jetzt von Ihnen keine Leier hören.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass der Kollege Alexander König noch da ist. Müssen Sie heute gar nicht zum Zug, Herr König? Ich kann mich noch gut an die eindrucksvolle Debatte vor Jahresfrist erinnern, als Sie zuerst ans Rednerpult und dann zum Zug gestürmt sind und zwischendurch noch den Satz gesagt haben, die CSU habe keine Position und deswegen könnten Sie dem Antrag nicht zustimmen und außerdem müssten Sie jetzt zum Zug. Das war schon eine mehr als angemessene Behandlung dieses schwierigen Themas. Ich hoffe aber, dass wir heute schon einen Schritt weiter sind. Die gesetzlichen Grundlagen – das wissen wir – sind geschaffen und es wird höchste Zeit, dass wir hier in Bayern Vollzug melden.
Ich möchte noch einmal ganz kurz in Erinnerung rufen, um welche Menschen es eigentlich geht. Da ist die Familie mit drei Kindern aus einem Bürgerkriegsgebiet, seit 12 Jahren in Bayern, bestens integriert, die Kinder gehen in die Schule und sind sauber erzogene Schüler, die Eltern arbeiten fl eißig und haben unter Umständen noch nie Sozialhilfe bezogen, sind in ihre örtliche Gemeinschaft integriert. Der CSU-Bürgermeister wendet sich an den Landtag und fordert, die Familie müsse dableiben, die Frauen-Union organisiert Petitionen mit 1200 Unterschriften und fordert, die Familie müsse dableiben. Dann wird die Angelegenheit im Petitionsausschuss behandelt und die lapidare Aussage heißt: Wir haben leider keine gesetzliche Möglichkeit.
Oder: das junge Mädchen, nach zehn Jahren Aufenthalt in Deutschland, in Bayern, inzwischen eine junge Frau, als minderjähriges Kind alleine aus Äthiopien in unser Land eingereist, auch gut integriert. Der Arbeitgeber setzt sich vehement für sie ein, die Nachbarn setzen sich vehement für sie ein. Die Antwort im Petitionsausschuss: Es fehlt leider die gesetzliche Grundlage. Oder der Angehörige – es ist gerade kurz angesprochen worden – der Falun Gong-Sekte für den sich viele in Bayern einsetzen und für den keine gesetzliche Grundlage für eine Abhilfe gesehen wird, befi ndet sich jetzt wieder in China, und zwar in einem Arbeitslager, in das er gesteckt wurde, kaum dass er den Fuß auf chinesischen Boden gesetzt hatte.
Ich vergesse auch nicht Ihre Krokodilstränen in Bezug auf die humanitäre Seite dieses Falles. Sie betonen immer ausdrücklich, Sie sähen die menschliche Tragweite und es wäre Ihnen ein Anliegen, diesen Menschen zu helfen, aber leider könnten Sie das nicht, weil es keine gesetzliche Grundlage – früher im Ausländergesetz jetzt im Aufenthaltsgesetz – gebe. Wenn es mehr ist als Heuchelei, dann müssten Sie doch bitte jetzt, nachdem wir in anderen Bundesländern praktische Erfahrungen mit Härtefallkom
Ich weiß auch, dass Sie, Herr Minister Beckstein in der Diskussion über das Aufenthaltsgesetz gesagt haben, Sie sähen in einem ganz bestimmten Punkt einen Handlungsbedarf, nämlich bei Härtefällen. Auch Sie haben die menschliche Tragweite dieser Fälle erkannt. Dann kann es doch nur diese eine Konsequenz geben, schleunigst diese Härtefallkommission ins Leben zu rufen.
Ich weiß, dass daran im Innenministerium seit Wochen und Monaten gearbeitet wird. Ich möchte nicht behaupten, dass fi eberhaft daran gearbeitet wird, aber es wird daran gearbeitet. Herr Staatsminister Dr. Beckstein, es wäre schön, wenn Sie nachher am Rednerpult sagen würden: Jawohl, wir sind soweit. Wir können diese Härtefallkommission ins Leben rufen. Bei der Ausgestaltung wird es sicher Gesprächsbedarf geben. Sie wissen aber, dass dafür eine einfache Verordnung genügt.
Ich kann Ihre Bedenken bezüglich der Rechte der Bürger, den Petitionsausschuss anzurufen, nicht ganz nachvollziehen. Nach meiner Auffassung bleibt das Petitionsrecht der Bürger unberührt. Dieses Recht kann man ihnen nicht nehmen. Sie können den Petitionsausschuss anrufen, wann immer sie wollen. Deswegen meine ich, dass Sie einen Popanz aufbauen, indem Sie sagen, dass dies nicht vereinbar sei und noch geprüft werden müsste. Sie schieben hier ein Argument vor, um die ganze Sache zu verzögern. Angesichts der menschlichen Tragweite dieser Thematik ist das kein angemessenes Verhalten.
Ich meine, es ist allerhöchste Zeit. Wir werden Ihrem Antrag – obwohl ein Berichtsantrag heute, am 16. Februar 2006, eigentlich nicht mehr angemessen ist – zustimmen. Wir haben nichts dagegen, wenn alsbald über die Erfahrungen der anderen Bundesländer mit Härtefallkommissionen berichtet wird.
Wir hätten jedoch die herzliche Bitte, dass Sie Ihrerseits unserem Antrag zustimmen, es sei denn, Herr Staatsminister Dr. Beckstein würde am heutigen Tage erklären, dass er eine Härtefallkommission einsetzen wolle. Darüber würde ich mich sehr freuen. Ich würde auch nicht sagen, dass Sie unter dem Druck der Opposition etwas schneller in die Gänge gekommen seien, als zunächst erhofft. Im Interesse der Sache würde ich eine solche Erklärung sehr begrüßen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Unsere Haltung zu diesem Thema ist Ihnen bekannt. Sie haben sie gerade selbst wiedergegeben. Sie müssen sich einmal fragen lassen, ob es Sinn und Zweck einer parlamentarischen Debatte ist, immer wieder denselben Antrag zu stellen und immer wieder dieselbe Rede wiederzukäuen, wie das Frau Kollegin Scharfenberg getan hat. Wir haben eine Arbeitsgruppe zu dem Thema „Lebendiges Parlament“ eingerichtet, die sich mit der Frage
beschäftigt, wie die Debatten interessanter gestaltet und wie das Parlament interessanter gemacht werden kann. Ihnen fällt nichts anderes dazu ein, als immer wieder dieselben Anträge aus der Kiste zu ziehen und immer wieder dieselben Reden zu halten.
Kolleginnen und Kollegen vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ich bitte Sie in aller Ernsthaftigkeit, sich einmal darüber Gedanken zu machen, ob Sie sich selbst und dem Ansehen des Parlaments dadurch einen Dienst erweisen, dass Sie dieselben Geschichten immer wieder wie ein Leierkasten oder ein Wiederkäuer von vorne anfangen.
Unsere Position ist klar: Wir gehen ergebnisoffen an die Frage heran, ob die Staatsregierung von der Möglichkeit der Einrichtung einer Härtefallkommission Gebrauch machen sollte. Wir haben Ihnen in der Vergangenheit immer erklärt, dass wir diese Sache ernst nehmen.
Uns ist es sehr wichtig – im Gegensatz zu Ihnen –, die Erfahrungen der anderen Bundesländer anzusehen und dann über das Thema zu diskutieren, ob wir das wollen oder nicht.
Frau Kollegin Stahl, ich muss Ihnen das noch einmal „vorleiern“, weil Frau Kollegin Scharfenberg mir immer und immer wieder dieselben Reden vorträgt. Dafür kann ich nichts. Auf dieselbe Frage gibt es immer wieder dieselbe Antwort. Das dürfen Sie nicht mir vorwerfen. Das müssen Sie sich schon selbst vorwerfen.
Wir befi nden uns in diesem Prozess. Wir werden diesen Prozess noch transparenter gestalten, indem wir den unseres Erachtens einzigen zielführenden Dringlichkeitsantrag einbringen, dem Herr Kollege Werner freundlicherweise zustimmen möchte. Mit diesem Dringlichkeitsantrag bitten wir die Staatsregierung, im Parlament über die Erfahrungen der anderen Bundesländer bei der Einrichtung einer Härtefallkommission zu berichten. Wir haben in diesen Dringlichkeitsantrag nicht einmal aufgenommen, in welcher Form dieser Bericht gegeben werden soll, ob mündlich, schriftlich, im Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen oder im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden.
Darüber hinaus soll die Staatsregierung mitteilen, ob sie der Einrichtung einer Härtefallkommission näher treten will oder nicht und, wenn ja, in welcher Form. Das ist ein faires Angebot. Darüber sollten wir uns nicht streiten. Da braucht auch ein Ingolstädter einem Hofer, dessen letzter Zug um 18.46 Uhr nach Kronach fährt, nicht vorzuwerfen, dass er diesen Zug erreichen muss. Herr Kollege Werner, so etwas ist völlig neben der Sache. Sie können im Stundentakt nach Ingolstadt fahren. Deshalb sollten Sie einem Hofer, der ausnahmsweise einmal den letzten Zug erreichen muss, keine Vorhaltungen machen. Sie sollten sich vielmehr einmal überlegen, ob uns so etwas weiterbringt und zielführend ist.