Protokoll der Sitzung vom 26.04.2006

Die sich auf den Nachtragshaushaltsplan 2006 beziehenden, vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung vorgeschlagenen Änderungsanträge, über die wir nicht einzeln abgestimmt haben, sind gemäß § 126 Absatz 6 der Geschäftsordnung als erledigt zu betrachten. Insoweit verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(siehe Anlage 5)

Zum Nachtragshaushaltsplan 2006 soll außerdem noch folgender Beschluss gefasst werden:

Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, – den Ansatz bei Kapitel 13 03, Titel 546 49 – Vermischte Ausgaben und zum Ausgleich der Schlusssumme des Haushaltsplans – entsprechend anzupassen, – die aufgrund der beschlossenen Änderungen erforderlichen Berichtigungen, insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpfl ichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Nachtragshaushaltsplans 2006 vorzunehmen.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen – Gegenstimmen! – Enthaltungen! – Mit den Stimmen der CSU und der SPD bei gemischtem Abstimmungsverhalten – nämlich Enthaltungen und Gegenstimmen – bei den GRÜNEN ist so beschlossen.

Mit der Annahme des Nachtragshaushaltsplans 2006 in der Fassung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen ist der Änderungsantrag auf der Drucksache 15/5113 erledigt. Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über das Nachtragshaushaltsgesetz 2006 selbst. Der Abstimmung zu Grunde liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 15/4775, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/5094 und 15/5095 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf der Drucksache 15/5245.

Vorweg lasse ich über die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/5094 und 15/5095, die vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zur Ablehnung empfohlen werden, in einfacher Form abstimmen.

Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Änderungsantrag auf der Drucksache 15/5094 – aufgelegte Liste Teil II Nummer 1 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Änderungsantrag ist damit mit den Stimmen der CSU-Fraktion bei Enthaltung der beiden anderen Fraktionen abgelehnt.

Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Änderungsantrag auf der Drucksache 15/5095 – Liste Teil II Nummer 2 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltung? – Keine. Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.

Zum Gesetzentwurf selbst empfi ehlt der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen Zustimmung mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/5245.

Wer dem Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der beiden anderen Fraktionen so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie einfacher Form durchzuführen. – Dagegen gibt es keine Einwände.

Wer dem Gesetzentwurf mit den vom federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderungen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der beiden anderen Fraktionen in der Fassung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen angenommen. Das Gesetz hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2005/2006 (Nachtragshaushalts- gesetz 2006)“.

Damit sind die Beratungen über den Nachtragshaushalt 2006 abgeschlossen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 10 und 11 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verlässliche Rahmenbedingungen für Bio-Kraftstoffe sichern (Drs. 15/4459)

Antrag der Abgeordneten Helmut Brunner, Henning Kaul, Franz Josef Pschierer u.a. (CSU) Biokraftstoffe weiter voranbringen (Drs. 15/4593)

Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung beantragt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können in der Tagesordnung fortfahren.

Ich eröffne jetzt die gemeinsame Aussprache und weise darauf hin, dass pro Fraktion eine Redezeit von 20 Minuten zur Verfügung steht. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin Paulig.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Antrag geht es darum, verlässliche Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe sicherzustellen. Wie Ihnen allen bekannt ist – viele der Klientel der CSU haben davon profi tiert –, sind bis 2009 alle Biokraftstoffe von der Steuer befreit. Dies hatte erhebliche positive Auswirkungen. Beispielsweise ist der Absatz von Biokraftstoffen von 2004 bis 2005 um das Doppelte gestiegen, und zwar von 1,1 Millionen Tonnen auf über 2 Millionen Tonnen. Davon haben diejenigen profi tiert, die ihre Autos umgerüstet haben, die Autos gekauft haben, welche mit Biodiesel oder Pfl anzenöl betrieben werden, die als Tankstellenbesitzer in Biodiesel-Zapfsäulen investiert haben sowie ferner die über 120 Ölmühlenbesitzer. All diejenigen haben mit deutlichen fi nanziellen Verschlechterungen zu rechnen.

Vertrauen und Verlässlichkeit in politische Systeme, in Gesetzgebungsverfahren und in Gesetze, die auf den Weg gebracht wurden, ist das, was die Bevölkerung von der Politik erwartet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die große Koalition – kaum mit Hilfe der CSU im Amt – ändert die Gesetze, auf die die Bevölkerung vertraut. Eine Aufhebung dieser Steuerfreiheit bedroht Existenzen; sie bedroht bundesweit nach Schätzungen derzeit 60.000 Arbeitsplätze und wird gerade für Bayern – für die bayerischen Landwirte und für diejenigen, die investiert haben – zu erheblichen, gravierenden Nachteilen führen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich wundere mich immer: Der Beifall des Bauernverbandes, als Renate Künast sich zusammen mit der grünen Bundesregierung für dieses Thema stark gemacht hat und die Steuerfreiheit zugunsten der Landwirtschaft und der mittelständischen Investoren durchgesetzt hat, war relativ leise und zurückhaltend. Ich habe verstanden: Sie können nicht eine grüne Ministerin und eine grüne Bundesregierung loben. Jetzt sind Sie vonseiten des Bauernverbandes völlig auf Tauchstation gegangen. Jetzt, wo es um die Existenz vieler bäuerlicher und mittelständischer Betriebe geht, höre ich überhaupt nichts mehr von ihrer Seite.

Wir fordern in unserem Antrag, die Steuerbefreiung für reine Biokraftstoffe bis 2009 zu erhalten. Wir fordern

zweitens, sie nach 2009 so zu gestalten, dass es deutliche Kaufanreize und Absatzmöglichkeiten gibt. Wir fordern weiterhin, dass die Beimischung – das einzige, das Sie in Ihrem Koalitionsvertrag verankern konnten – kontinuierlich erhöht wird. Wir fordern dies aus verschiedenen Gründen, vor allem jedoch aus ökologischen Gründen, weil wir eine breite Palette – auch erneuerbare Energien im Verkehrssektor – technischer Möglichkeiten und Varianten auf den Weg bringen müssen, um neue technische Pfade zu öffnen und aufzubauen.

Um hier eine Erfolgsbilanz zu benennen: Im Jahre 2000 lag der Anteil der biogenen Kraftstoffe im Straßenverkehr gerade einmal bei 0,3 %.

Im Jahr 2005 lagen wir schon bei 3,4 %, was zeigt, dass diese Bestrebungen wirken. Die Steuerbefreiung, welche seit 2004 gilt, hat bereits zu dem notwendigen positiven Impuls in den letzten zwei Jahren geführt.

(Susann Biedefeld (SPD): Wie bei der FFH-Richtlinie!)

Gehen wir auf diesen Zwischenruf gleich einmal ein. Bei der FFH-Richtlinie benötigten Sie über zehn Jahre mit Strafandrohung von mehreren 100 000 Euro pro Tag, bis Sie diese EU-Richtlinie umgesetzt haben. Jetzt, wo es um die Bio-Kraftstoffe geht – vermutlich zur Sicherung der großen Konzerne, damit diese ihr Öl weiter absetzen können – machen Sie eine Verbeugung, bevor überhaupt die Kritik oder eine tatsächlich festgestellte Überkompensation der Steuerbefreiung auf dem Tisch liegt.

Hier machen Sie doch eine Rolle rückwärts, ohne irgendwie für eine vernünftige Politik auch in der EU zu kämpfen. Die Eckpunkte der EU-Bio-Kraftstoffstrategie sind Folgende: die Nachfrage beleben, Umweltvorteile erzielen, Erzeugung und Vertrieb bei Biokraftstoffen erhöhen, Rohstoffquellen wie zum Beispiel Bio-Äthanol aus Zucker weiter ausbauen, Handelsbedingungen verbessern, Entwicklungsländer unterstützen sowie Forschung und Entwicklung voranbringen. Wenn wir dies wollen, benötigen wir nicht nur eine zaghafte Beimischungspfl icht, sondern wir brauchen dann die Impulse, die Innovationen durch Steuerbefreiung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So sehen das nicht nur die GRÜNEN, sondern so sehen das auch weite Teile der Branche.

Ich darf zitieren: „Koalitionsvertrag verunsichert Biokraftstoffbranche“ – Ergebnis eines internationalen Fachkongresses, der im November 2005 in Berlin durchgeführt wurde; „Bio-Dieselbranche bangt um Existenz“ – Handelsblatt vom 06.02.2006; „Steuer auf Pfl anzenölkraftstoff: Größter Traktorenhersteller plant Rückzug“ – Merkur Online 20.02.2006; John Deere, der größte Traktorenhersteller der Welt, hat für den Fall der geplanten Steuer auf die nachwachsenden Treibstoffe angekündigt, sich aus der Entwicklung der entsprechenden Technik zurückzuziehen. „Das Bio-Dieselwerk in Deggendorf steht auf der Kippe“, „Die Regierung setzt mit der Energiesteuer falsche Signale“ – Meldung aus Berlin. CSU-MdB Göppel:

„Besteuerungsvorschlag für Bio-Kraftstoff nicht akzeptabel“. Ich bitte Sie, wenn Sie schon nicht auf die GRÜNEN hören, dann hören Sie wenigstens auf Ihre Leute.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Landwirtschaftsminister Miller: „Bio-Sprit braucht staatliche Hilfe. Steuer auf Rapstreibstoff wirft Bayerns Ökotechnologie zurück“ – so mit seiner Pressemitteilung vom 03.02.2006. Weiterhin sagte der Landwirtschaftsminister in dieser Erklärung: „Politik muss verlässlich und kalkulierbar bleiben,“ beschlossene Gesetze dürften nicht zurückgenommen oder verschlechtert werden, Fristen seien einzuhalten. Nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis!

Am 5. April 2006 beispielsweise verweist er darauf, dass diese Besteuerung gerade einmal für 150 000 Tonnen Pfl anzenöl doch Bürokratie pur sei. Der zu erwartende Verwaltungsaufwand sei angesichts dieser 150 000 Tonnen nicht zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang verweist er auch auf die geplante Bio-Dieselanlage in Ochsenfurt. Hier ist eine Erweiterung von 75 000 Tonnen auf 600 000 Tonnen geplant, die jetzt zur Disposition steht. Am 15. März 2006 betont er nochmals die gravierenden Auswirkungen auf die 120 dezentralen Ölmühlen. Am 16. März 2006, bereits einen Tag nach dieser Presseerklärung des Landwirtschaftsministers Miller mit dem Tenor „Steuer auf Bio-Kraftstoffe sind zu hoch“, traut sich auch Helmut Brunner, Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses, aus der Deckung mit der Aussage: „Steuer auf Bio-Diesel zu hoch“.

Wenn wir uns die Abstimmung zu diesem Dringlichkeitsantrag anschauen, ist auch das parlamentarische Geschichte: Ablehnung im Haushaltsausschuss, Zustimmung einstimmig im Landwirtschaftsausschuss am 08.02.2006 zu unserem Antrag. Die Zustimmung kam vom stellvertretenden Vorsitzenden Adi Sprinkart. Alle anderen haben sich der Stimme enthalten. Einen Tag später jedoch waren wieder alle auf Linie gebracht: Ablehnung im Umweltausschuss. Im Wirtschaftsausschuss gab es dann Zustimmung in geänderter Fassung, ebenso im Europaausschuss und im Haushaltsausschuss wieder eine Ablehnung. Das zeigt doch, dass Sie selbst gar nicht wissen, wie Sie sich entscheiden sollen.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Deswegen haben wir heute die namentliche Abstimmung zu unserem Antrag auf Drucksache 15/4459. Auf Ihrem Antrag vom 18.01.06, Drucksache 15/4593, haben Sie Steuerfreiheit für Rapsölkraftstoffe in Reinform für Land- und Forstwirtschaft gefordert. Inzwischen fordern Sie schon die Steuerfreiheit für alle im Einsatz befi ndlichen Pfl anzenöle und eine Absenkung der Steuersätze um jeweils 5 Cent.

Sind wir doch ehrlich: Diese Mittel werden zum Stopfen von Haushaltslöchern verwendet, und zwar auf Kosten der Landwirtschaft, Regionen- und Klimaschutz, sowie auf Kosten technischer Innovationen. Sie haben heute die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen und damit

Glaubwürdigkeit in der Politik wieder herzustellen sowie Verlässlichkeit bei Gesetzgebungsverfahren, Verlässlichkeit für Investoren, Chancen für die bayerische Landwirtschaft zu schaffen. Letztendlich geht es auch im Ihre Glaubwürdigkeit, die Sie nach außen zu vertreten haben. Ich kann Ihnen versichern, die namentliche Abstimmung wird in vielen Regionen Bayerns, gerade da, wo BioKraftstoffe neue Signale gesetzt haben, zu spannenden Debatten über die Glaubwürdigkeit der CSU führen. Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Kiesel.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Liebe Frau Paulig, Sie haben sich mit Ihrem Antrag verrannt. Denn Sie waren damals mit dabei, als in der Bundesregierung beschlossen wurde, bis 2009 eine Steuerbefreiung einzuführen mit der Maßgabe festzustellen, ob eine Überkompensation stattfi ndet. Wenn dies der Fall sei, solle die Überkompensation entsprechend gesteuert werden. Sie haben das so mitbeschlossen. Jetzt allerdings wollen Sie damit Politik machen. § 2 a des Mineralölsteuergesetzes regelt dies alles ganz klar.

Seit dem 1. Januar 2004 sind sämtliche Bio-Kraftstoffe steuerbegünstigt. Die Begünstigung erstreckt sich auf reine Bio-Kraftstoffe sowie Mischungen mit fossilen Energieträgern auf den biogenen Anteilen. Die Mineralölsteuerbefreiung ist zunächst bis zum 31. Dezember 2009 befristet.

Bereits im letzten Jahr hat eine Überkompensation stattgefunden. Dass sich der Markt täglich verändert, ist klar. Derzeit liegt der Rapsölpreis 200 Euro über dem SojaÖlpreis. Das hat damit zu tun, dass eine enorme Nachfrage aufgrund biogener Treibstoffe entstanden ist. Davon profi tiert die Landwirtschaft derzeit nicht. Die Ölmühlen arbeiten mit derzeit sehr hohen Schlaglöhnen. Aber auch das wird sich ändern, nämlich dann, wenn in den nächsten Jahren weitere Ölmühlen in Deutschland entstehen. Auch das EU-Recht sieht ganz klar vor, Überförderungen nicht stattfi nden zu lassen. Überkompensation müssen kontrolliert bzw. festgestellt werden.

Das ist die Ausgangslage, und deshalb sticht auch der erste Spiegelstrich in Ihrem Antrag nicht. Wenn Sie damit eine Verdummung betreiben wollen, so wird Ihnen das nicht gelingen, denn die Leute draußen im Lande, die sich damit beschäftigen, wissen genau, worum es geht.