Auch bei der starren Haltung der Gewerkschaften ist zu befürchten, dass die Kommunen vielleicht noch mehr als nötig privatisieren und dass dann diese Arbeitsplätze eben nicht mehr zur Verfügung stehen.
Herr Kollege Wörner, ich weiß, Sie sind ein Gewerkschaftler. Auch ich saß 30 Jahre auf der anderen Seite. Aber mir hat es nichts ausgemacht, ob es eine oder zwei Stunden mehr waren, wenn ich eine Arbeit hatte, die mir Spaß machte; das ist egal. Für mich war der Arbeitsplatz wichtig. Geld allein macht auch nicht glücklich. Wenn ich morgens aufstehe und gern in meine Arbeit gehe, ist es mir wurscht, wenn ich eine Stunde länger dort bin.
Frau Kollegin, auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes muss eine Rolle spielen, es kommt nicht immer auf die Gehaltsstufe an. Mir ist als königlich-bayerischer Oberinspektor schon Geld übrig geblieben, da können Sie sich ausrechnen, was mir heute übrig bleibt – noch ein bisserl mehr. Man kommt immer mit dem aus, was man hat. Das kann man immer wieder machen.
Noch eines kommt dazu: Im letzten Jahr haben circa 27 000 Menschen neu angefangen und einen neuen Vertrag bekommen; ich glaube, bei den Angestellten ohne Anspruch auf Urlaubsgeld sind es knapp 24 000.
Herr Kollege Wörner, ich glaube, Sie haben daheim nichts zu sagen, weil Sie da immer so hereinschreien.
Sie müssen sich irgendwo austoben, das ist ganz logisch. Ich habe volles Verständnis, aber lassen Sie mich halt ausreden, weil ich sonst nächstes Mal derjenige bin, der auch bei Ihnen immer so reinplärrt.
Diese Menschen haben die neuen Verträge mit 42 Stunden ohne Anspruch auf Urlaubsgeld nicht aus Jux und Tollerei abgeschlossen, sondern weil sie auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes sehen, weil sie im öffentlichen Dienst sind und es der Arbeitsmarkt in der freien Wirtschaft diese Sicherheit nicht hergibt.
Bei diesen Diskussionen, die wir heute führen, müssen die Menschen draußen auch wissen, dass der Arbeitsplatz wichtig ist, und das sollte auch ein paar Stunden kosten.
Ich gehe davon aus, dass sich die nun laufenden Verhandlungen hin zu einem guten Abschluss bewegen. Ich bitte aber in dieser mit Blick auf die Arbeitsmarktlage schwierigen Zeit um Verständnis dafür, dass bei der Anzahl der Wochenstunden eine Vier davorstehen muss. Benachteiligungen, wie sie in Ihrem Antrag stehen, also dass Menschen, die zum Streik gingen, mit befristeten
Aber wenn Ihr Antrag den befristeten Arbeitsvertrag enthält, handelt es sich um befristete Verträge, die etwa im Oktober auslaufen.
Das sind befristete Verträge, und man muss die Leute nicht mehr weiterbeschäftigen. Darum heißen sie ja „befristete Verträge“. Wenn einer nicht weiterbeschäftigt wird, dann wird das nicht gerade am Streik hängen. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es nicht gerade – –
Liebe Christa Naaß, ich glaube, wir sind nahe genug am Menschen. Aber ich kann mir in dieser Situation auch vorstellen, wenn heute ein Betrieb einem Mitarbeiter einen befristeten Vertrag über ein halbes Jahr gibt und der gleich nach einem Monat zum Streiken geht, obwohl er vorher unterschrieben hat, was er tun muss, dass man den dann nicht unbedingt weiterbeschäftigt, wenn es nicht sein muss. Das leuchtet mir auch ein bisschen ein.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen, was ich bisher gesagt habe. Das Mäntelchen im öffentlichen Dienst wird zwar etwas enger, aber warm ist es immer noch.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine zweimonatige Denkpause hatte die Verhandlungsführung der Arbeitgeber den Tarifverhandlungen verordnet – zwei Monate, das ist einzigartig in der deutschen Tarifgeschichte. Meine Lieben, wem zum Stichwort „denken“ als erstes das Wort „Pause“ einfällt und wer das zwei Monate durchhält, anstatt an „Weiterdenken“ zu denken,
eine Pause vom Denken über zwei Monate hin –, der ist an ernsthaften Verhandlungen und einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis von Tarifverhandlungen vollständig desinteressiert.
Der führt allenfalls einen privaten Kreuzzug gegen alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst und vor allen Dingen gegen ihre Vertreterinnen und Vertreter.
Es geht nicht nur darum, dass man sich bei Verhandlungen stur gezeigt hat, sondern für die Weigerung, überhaupt zu verhandeln, können nur die Gewerkschaften das Ziel sein. Das Ziel ist eine Aushöhlung der in unserer Verfassung eigentlich garantierten Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie.
Um den Schaden, den die Tarifverhandlungsführer der Länder für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst angerichtet haben, nicht noch weiter wachsen zu lassen, wäre es das Beste, die jetzigen Verhandlungsführer würden durch andere – und die gibt es – verhandlungswillige und ergebnisorientierte Arbeitgebervertreter abgelöst werden.
Es wäre schön, wenn Sie im Rahmen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder die Kraft fänden, das durchzusetzen. Das wäre gut für unser Land.
Es geht der Bayerischen Staatsregierung in diesen Tarifverhandlungen natürlich darum, den Angestellten im öffentlichen Dienst das Urlaubsgeld zu streichen, das Weihnachtsgeld zu kürzen. Das ist bekannt. Vor allem aber will sie eines erreichen: Sie will eine drastische Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst. Das fi nden wir in allen Papieren, das fi nden wir in den Reden, das werden Sie vermutlich – Herr Kollege Pachner hat es schon betont – gleich wieder bestätigt bekommen.
In einer Debatte zum Tarifvertrag im öffentlichen Dienst stellte ein jetzt nicht anwesendes CSU-Mitglied im sozialpolitischen Ausschuss kürzlich fest, es sei halt der Zeitgeist, der längere Arbeitszeiten verlange. Ich denke aber, die Beschäftigten im Freistaat Bayern haben es in keiner Weise verdient, dass man sich von Geistern lenken lässt, sondern sie haben es verdient, dass sich die Staatsregierung von der Vernunft leiten lässt.
Wenn fünf Millionen Menschen auf der Straße stehen und von den Entgelten jener, die noch Arbeit haben, alimentiert werden müssen, dann macht es volkswirtschaftlich – das werde ich Ihnen gleich kurz skizzieren – überhaupt keinen Sinn, die Arbeitszeit der noch Beschäftigten immer mehr zu verlängern. Deshalb ist es falsch, wenn sich die Staatsregierung an die Spitze der Zeitgeister und Geisterfahrerbewegung setzt.
Lassen Sie mich an dieser Stelle ein paar Takte zu der Wirkung von Arbeitszeitverlängerungen sagen. Wenn wir die Arbeitszeit um fünf Prozent erhöhen, haben wir gleichzeitig einen Personalabbau von fünf Prozent, im öffentlichen Dienst allerdings nicht sofort. Dort wird dieser Personalabbau – welch schönes Unwort – durch „natürliche Fluktuation“ hergestellt, aber es fi nden Menschen, es fi nden junge Menschen keine Stelle mehr.
Wenn das, was Sie für den öffentlichen Dienst fordern und durchsetzen wollen, alle, öffentlicher Dienst und private Arbeitgeber, nachvollziehen würden, dann hätten wir viel
leicht einen kleinen Nachfrageeffekt aus dem Ausland, weil wir effi zienter produzieren würden – sagen wir: um 0,5 Prozent –; das wäre sehr, sehr viel. Aber wir hätten zugleich einen vielfach höheren Effekt von Leuten, die arbeitslos werden aufgrund der Konsequenzen der Arbeitszeitverlängerung. Selbst bei dieser mutigen Annahme eines Wachstumseffekts von etwa 0,5 Prozent würde es mindestens zehn Jahre dauern, bis wir diese Arbeitsplätze wieder hätten, die wir zum Zeitpunkt null hatten. Deshalb schadet die Forderung nach pauschal längeren Arbeitszeiten dem Arbeitsmarkt,
Zudem haben sich, lieber Kollege Pachner, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst die 38,5 Stunden-Woche mit Lohnzurückhaltung bereits erkauft. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben schon bezahlt, und deshalb ist es so unfair den eigenen Beschäftigten gegenüber und im Übrigen auch mit der Fürsorgepfl icht des Staates kaum zu vereinbaren, wenn man ihnen nach dem Geld, mit dem sie durch Lohnzurückhaltung die 32,5-Stunden-Woche erkauft haben, auch noch die Freizeit nimmt. Wenn es stimmt, was im SPD-Antrag steht – ich kann es nicht beurteilen –, dass Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen wegen des Streiks ernsthaft um ihre Arbeitsplätze bangen müssen, dann zeigt sich, dass Sie sich von dem Gedanken der Fürsorge nicht nur in Bezug auf die Frage verabschiedet haben „Wie gehen wir mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst um, die schon für die 38,5 Stunden Woche bezahlt haben?“, sondern dass Sie dieser Fürsorgepfl icht überhaupt nicht nachkommen.
Unredlich, Kollege Pachner, ist auch die Vorgehensweise, wie das Ganze im Wechselspiel Beamte-Angestellte geschieht. Ich weiß noch ganz genau, wie wir die Debatten geführt haben, als Sie die Arbeitszeit für die Beamtinnen und Beamten verlängert hatten. Da wurde gesagt: Sie sind unkündbar, deswegen sind längere Arbeitszeiten als bei den Angestellten zu rechtfertigen. Sie haben die Arbeitszeit für Beamtinnen und Beamte auf 42 Stunden verlängert.
Jetzt gehen Sie zu den Angestellten, und nicht nur zu den quasi unkündbaren, sondern zu allen. Sie, Kollege Pachner, haben ja selber gesagt, die Befristeten arbeiten 42 Stunden und wissen nicht, ob sie nächstes Jahr den Job noch haben. Sie haben diese Sicherheit nicht und müssen trotzdem 42 Stunden arbeiten. Jetzt argumentieren Sie genau umgekehrt. Da geht es nicht mehr um Arbeitsplatzsicherheit, sondern Sie sagen: Die Beamten arbeiten so lange, dann arbeitet ihr auch so lange. Diese Vorgehensweise ist unredlich, erst so argumentieren, dann genau entgegengesetzt und die beiden Arbeitnehmergruppen gegeneinander auszuspielen.
Im Übrigen geht es nicht um 18 Minuten pro Tag, wie in den Medien regelmäßig kolportiert wurde, sondern es geht um die Differenz zwischen einer 38,5- und einer 42- Stunden-Woche. Kollege Kreuzer hat eben zu mir gesagt: Im Prinzip müssen sich die Gewerkschaften bewegen, denn auf 42 Stunden wollen wir schon bleiben. Wer auf 42 Stunden bleiben will, der fährt die Tarifverhandlungen willentlich an die Wand.