Protokoll der Sitzung vom 19.05.2006

(Henning Kaul (CSU): Herr Kollege, Sie leben in einer Scheinwelt!)

Wir werden für diesen Erfolg kämpfen. Das wird Ihnen wehtun. Sie brauchen nur die Zeitung zu lesen. Ich kann Ihre Aufregung verstehen. Hier sind Sie nämlich ins Mark getroffen worden. Sie haben nicht nur mit Ministerien auf diese Herausforderung reagiert, sondern mit Inkompetenz und Unfähigkeit. Mit der Philosophie von drei asiatischen Affen können Sie in Bayern keine Politik machen.

(Alexander König (CSU): Was hat das alles mit dem Fragenkatalog zu tun? Das ist doch unglaublich! – Weitere Zurufe von der CSU)

Ich mache trotzdem weiter. Die Bürger brauchen wieder Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Behörden und der Ministerien. Dafür werden wir sorgen. Um was geht es eigentlich?

(Alexander König (CSU): Sagen Sie doch endlich etwas zum Fragenkatalog!)

Das ist ein Bestandteil des Fragenkatalogs. Ich werde heute nicht die 180 Fragen aufl isten. Das hätten Sie wohl gerne. Ich gehe vielmehr auf die Grundsätze ein. Entscheidend für diesen Untersuchungsausschuss ist, dass die Grundsätze derjenigen, die geschädigt wurden, nämlich derjenigen, die bisher für eine gute Qualität standen, also unsere Bauern, die Metzger und der Mittelstand, durch Ihre Politik ad absurdum geführt werden. Diesen Leuten müssen wir den Rücken stärken. Unsere Bauern produzieren gute Waren und haben es nicht verdient, dass sie durch schlampige Bürokratie ins Abseits gestellt werden.

(Alexander König (CSU): Das ist eine Regierungserklärung des Herrn Abgeordneten Müller! Herr Müller, hier geht es doch um den Untersuchungsausschuss!)

Qualität aus Bayern wird durch uns auch künftig wieder ein Gütesiegel werden.

(Henning Kaul (CSU): Das ist ja ein völlig neuer Müller!)

Du wirst dich noch wundern. Ich komme zum Schluss. Herr Minister, ich habe etwas gehört, von dem ich nicht weiß, ob es stimmt. Wir werden im Ausschuss dazu Fragen stellen.

(Henning Kaul (CSU): Sie werden sich über die Antworten wundern!)

Ich habe gehört, dass Sie sich nach dem Wildfl eischSkandal Berger im Ministerium bestätigen ließen, dass Sie von all diesen Dingen nichts gewusst haben. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich habe es gehört. Wir werden dazu Fragen stellen. Wenn das so wäre, wäre das in der Tat lustig, wenn ich es einmal höfl ich formulieren darf. Das würde bedeuten, dass sich ein Minister dies bestätigen lässt in der Hoffnung, dass er dann nicht verantwortlich ist. Herr Minister, ich hätte erwartet, dass Sie als Erstes darüber sprechen, wer in Ihrem Haus dafür zuständig ist, dass Sie so lange Zeit – wie der Gammelfl eisch-Skandal gezeigt hat – nichts gewusst haben. Das würde ich mir wünschen. Das wäre vernünftig.

Wie gesagt: Wir werden durch den Untersuchungsausschuss den Verbraucherschutz in Bayern wieder herstellen. Das ist das erste Ziel. Was dann noch kommt, werden wir sehen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Redner folgt nun Kollege Sprinkart.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vielleicht vorweg die Worte des Kollegen Müller aufnehmen: Wenn es so wäre, dass im Jahre 2001 der Verbraucherschutz dadurch an enormer Bedeutung gewonnen hat, dass ein eigenes Verbraucherschutzministerium gegründet worden ist und der Verbraucherschutz aus dem Sozialministerium herausgenommen worden ist, müsste auch der Umkehrschluss gültig sein, wonach durch die Aufl ösung des Ministeriums und die Eingliederung in das Umweltministerium der Verbraucherschutz in Bayern deutlich an Bedeutung verloren hat. Ich glaube, dass die Herauslösung des Verbraucherschutzes aus dem Sozialministerium und die Gründung eines eigenen Ministeriums dem zweiten Punkt Ihres Viererschrittes geschuldet ist, nämlich dem Aktionismus, und keine anderen Hintergründe hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wir im Zusammenhang mit den Skandalen sehen, war der Verbraucherschutz beim Sozialministerium offensichtlich besser aufgehoben als beim Umweltministerium.

Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit dem wichtigen und heiklen Thema Lebensmittelsicherheit, dem Verbraucherschutz und der Frage, wie die bayerischen Behörden damit umgegangen sind bzw. umgehen. Konkret wird das am Ekelfl eischskandal in Deggendorf und am Wildfl eischskandal bei der Firma Berger in Passau zu untersuchen sein. Insider sind sich sicher – das haben wir bei der Anhörung zur Lebensmittelsicherheit im Landtag gehört –, dass es sich bei diesen Fällen nur um die Spitze eines Eisbergs handelt. Es stellt sich für uns die Frage, ob das auch auf das Verhalten bayerischer Behörden, die mit Verbraucherschutz befasst sind, zutrifft. Ich hoffe nicht.

Unserer Meinung nach gibt es in diesen beiden Fällen schwere Versäumnisse, die sich schon allein daran festmachen lassen, dass nicht die zuständigen Veterinärbe

hörden diesen Skandal aufgedeckt haben, sondern das jeweils der Zoll war. Wenn man sieht, dass Staatsanwaltschaft und Zoll im Fall Berger ganz offensichtlich die Zuverlässigkeit der Veterinärbehörden bezweifelten, dann vermute ich: Sie werden ihre Gründe dafür gehabt haben. Dass zumindest im Fall Deggendorf beim K-3-Material eklatante Lücken im Kontrollsystem ans Tageslicht kamen, ist unstrittig. Es gab viele Vorschläge, wie man diese Lücken schließen könnte. Ich nenne als Beispiel nur die Einfärbung von K-3-Material. Bedauerlicherweise wurde bisher – ein gutes halbes Jahr nach Bekanntwerden des Skandals – so gut wie nichts umgesetzt. Dann haben Sie, Herr Minister Schnappauf, als Folge des Berger-Skandals groß angekündigt, in der Veterinärverwaltung werde ein Rotationssystem eingeführt, etwas, was wir sehr begrüßen. Davon hört man jetzt nichts mehr. Offensichtlich haben Sie sich gegen ihre eigenen Veterinäre nicht durchsetzen können. Angeblich soll es nur eine Sparrotation geben.

Es gibt – um es einmal vorsichtig zu formulieren – viele Ungereimtheiten. Lassen Sie mich einige davon anführen:

Erstes Beispiel: Beim Deggendorfer Ekelfl eischskandal behaupteten Sie, Herr Minister Schnappauf, von Anfang an, eine Umdeklaration des K-3-Materials habe ausschließlich auf der Straße stattgefunden und nicht im Betrieb in Deggendorf. Deshalb hätte der zuständige Amtsveterinär davon überhaupt nichts bemerken können. Plötzlich wurde dann auch im Betrieb umdeklariert, aber aufgrund eines angeblich doppelten Rechnungssystems konnte der Veterinär wieder nichts bemerken. Das ist Reinwaschung à la Schnappauf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweites Beispiel, der Umgang mit Betrieben, die rechtswidrig K-3-Material gelagert hatten. In zwei Fällen – in der Regel kleine Betriebe – wurde der Laden sofort dichtgemacht, in einem Fall wurde das Kühlhaus desinfi ziert und dann ganz normal weiterbetrieben, in einem Fall wurde das Kühlhaus gesperrt, während der Betrieb unter besonderer Kontrolle – was das auch immer heißen mag – weiterproduzieren durfte. In dem einzigen Fall, in dem K-3Material nicht nur in einem für Lebensmittel zugelassenen Kühlraum, sondern auch zusammen mit Lebensmitteln gelagert wurde, wurde das K-3-Material aus dem Kühlraum entfernt, und dann wurde ganz normal weitergearbeitet. Dreimal dürfen Sie raten, wer der letztere Betrieb war – die Firma Berger in Passau. Dritter Fall: Bei einem kleinen K-3-Händler wurde ein Durchsuchungsbeschluss innerhalb von 24 Stunden vollzogen, bei der Firma Berger nach einem Dreivierteljahr.

Schließlich hoffe ich, dass wir auch die Frage klären können, warum Herr Berger völlig unbeirrt mit seinen Machenschaften weitermachte, obwohl er wusste, dass die Staatsanwaltschaft im Frühjahr 2004 mit der Kopie seiner Festplatte belastendes Material gegen ihn in Händen hielt. Nach der Beschlagnahmung seiner Festplatte hat selbst Max Strauß mit seinen fragwürdigen Geschäften aufgehört, aber die Firma Berger offensichtlich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es stellt sich die Frage: War das bei Berger gnadenlose Selbstüberschätzung oder das Wissen um einfl ussreiche Freunde?

Sie sehen, dem Untersuchungsausschuss wird es an Arbeit nicht mangeln. Der Untersuchungsausschuss soll aber – das will ich zum Schluss ausdrücklich betonen – nicht in der Aufklärung des Fehlverhaltens der bayerischen Behörden stecken bleiben. Die entscheidende Bedeutung dieses Ausschusses liegt für uns darin, durch das Abstellen dieses Fehlverhaltens einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern zu leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege König.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach den allgemeinen politischen Ausführungen der Vorredner, insbesondere des Kollegen Müller, darf ich zum eigentlichen Thema zurückkommen, nämlich zu dem Fragenkatalog, den wir heute im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss verabschieden werden, sowie zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses; das ist das, was auf der Tagesordnung steht.

Herr Kollege Müller, wir haben ein gewisses Verständnis dafür und sehen es mit einer gewissen Heiterkeit, dass Sie die Gelegenheit wahrnehmen, um eine Müllersche Regierungserklärung zum Verbraucherschutz abzugeben. Das eigentliche Thema ist aber die Einsetzung des Untersuchungsausschusses und der Fragenkatalog. Es gab in diesem Zusammenhang genügend, worüber es im Vorfeld zu lächeln gab. Bei der Erstellung des Fragenkatalogs haben sich die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einen etwas komisch anmutenden Wettlauf sowohl um die besseren Fragen als auch vor allem um die besseren Medientermine geliefert; das hat bereits zu großer Heiterkeit geführt.

Umso mehr haben wir uns gefreut, dass es dann viel einfacher war, als Sie sich endlich einmal auf gewisse Fragen einigen konnten, und mit uns von der CSU-Fraktion klären wollten, welche dieser Fragen zulässig sind und welchen dieser Fragen wir zustimmen können. Wir waren also zusammengesessen, haben uns den von Ihnen zusammengebastelten Fragenkatalog angeschaut und müssen dann letztlich diesen Fragenkatalog auf seine rechtliche Zulässigkeit prüfen. Ich betone hier: Ausschließlicher Maßstab dieser Überprüfung, die wir miteinander vorgenommen haben, ist die rechtliche Zulässigkeit der Fragen nach dem Untersuchungsausschussgesetz und nach der Rechtsprechung. Kein Maßstab ist, Herr Kollege Dürr, ob die Fragen sinnvoll erscheinen, ob sie zielführend sein können oder ob sie angemessen sind; auch in diesem Zusammenhang gäbe es einige Anmerkungen zu Ihren Fragen zu machen; denn wenn letztere Kriterien der Maßstab für den Fragenkatalog wären, dann gäbe es diesen so nicht, jedenfalls nicht mit uns, weil er aus unserer Sicht überfl üssig ist. Es liegt uns sehr viel an einem wirksamen

Verbraucherschutz, und es liegt uns auch sehr viel an der Aufklärung von Fehlern. Aber die Art und Weise, wie man das tut, sollte auch dem Grunde nach geeignet sein, zu einem Ergebnis zu führen.

Wie Sie wissen, wurden in diesem Hause in einer Vielzahl von Reden und Berichten die mit dem Fleischskandal aufgeworfenen Fragen bereits erörtert. Ich darf Sie daran erinnern, dass im Rahmen von Plenarsitzungen allein 23 Mündliche Anfragen im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Deggendorfer Frost GmbH und um die Berger Wild GmbH gestellt wurden, dass Herr Staatsminister Dr. Schnappauf bereits dreimal – am 19. Oktober 2005, am 30. November 2005 und am 31. Januar 2006 – vor dem Plenum Erklärungen zu dem ganzen Fragenkomplex abgegeben hat, dass im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz Staatssekretär Dr. Bernhard am 8. Dezember einen mündlichen Bericht

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Lauter Ausfl üchte!)

mit Aussprache zum schriftlichen Bericht des Staatsministeriums gegeben hat, dass Staatsminister Dr. Schnappauf am 23. Februar 2006 in diesem Ausschuss einen mündlichen Bericht gegeben hat, dass den Landtagsfraktionen zu diesem Bericht vom 23. Februar eine 15 Seiten umfassende Chronologie zu dem Vorgehen um die Firma Berger Wild GmbH in Passau übermittelt wurde, dass eine Antwort zum Fragenkatalog der SPD-Fraktion mit 31 Seiten Umfang übermittelt wurde und dass es einen Abschlussbericht der Sonderkommission „Wild“ gibt, der ebenfalls an die Fraktionen übermittelt wurde.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Darüber hinaus hat das Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zum Beschluss des Landtags vom 30.11.2005 betreffend die Stärkung und Kontrolle der Fleischindustrie am 07.02.2006 dem Landtag schriftlich berichtet usw. Ich will Sie nur daran erinnern, dass hier bereits in einer Vielzahl von Sitzungen, Anfragen und Berichten der gesamte Themenkomplex erörtert wurde.

Herr Kollege Müller, deshalb kann es nicht verwundern, dass Sie weniger darüber gesprochen haben, was hier vielleicht zu klären ist, sondern dass Sie hier die aus Ihrer Sicht zutreffenden Ergebnisse, die Sie all diesen Berichten, Anfragen usw. entnommen haben, vorgetragen haben. Insofern haben Sie aus meiner Sicht an dem Thema vorbei gesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nach unserer Überzeugung ist nicht zu erwarten, dass der Untersuchungsausschuss weitere neue Kenntnisse zutage fördern wird.

(Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie das?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir daher, dass ich zumindest jenen Kolleginnen und Kol

legen, die in diesem Untersuchungsausschuss – wahrscheinlich in unzähligen Sitzungen – mitwirken dürfen, an der Stelle schon meine Anerkennung und mein Mitgefühl ausspreche. Zumindest aus der Sicht der CSU-Fraktion könnte man diese Zeit, die sie dort verbringen werden, mit Sicherheit sinnvoller nutzen.

(Beifall bei der CSU)

Zum Fragenkatalog im Einzelnen: Wir haben bei der juristischen Nachschau, ob die Fragen zulässig sind, die von Ihnen auch dieses Mal wieder in den ersten Entwürfen eingebrachten Unterstellungen, die vorweg genommenen Urteile und Wertungen eliminiert. Wir haben darüber hinaus natürlich prüfen müssen, ob die Fragen, die zumindest aufgrund vager Anhaltspunkte in den Medien oder irgendwo anders einmal aufgetaucht sind, zulässig sind. Wir haben also die zeitliche Rückwirkung einvernehmlich begrenzt auf Fragen betreffend die Zeit bis zum Jahr 1995, jedoch nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil die Regeln zur Aktenaufbewahrung nicht mehr hergeben werden. Wir haben auch Fragen, die ein Schuss ins Blaue sind nach dem Motto, wer sonst noch ein bisserl etwas wissen könnte, streichen müssen, weil sie nicht zulässig sind.

Ich möchte an der Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Frage bezüglich der Behandlung des Themenkomplexes im Bayerischen Kabinett nur insoweit zulässig ist, als gefragt werden darf, ob das Kabinett einen Beschluss gefasst hat, ja oder nein. Dagegen sind Fragen danach, wer da ein bisserl etwas gesagt hat, was da sonst noch gesprochen wurde und was dazu sonst noch beigebracht wurde, unzulässig, weil diese Fragen den Kernbereich der Exekutive betreffen und das Fragerecht dem nicht zugänglich ist.

Ausdrücklich möchte ich auch darauf hinweisen, dass die Frage im Komplex B.I Nummer 14 aus unserer Sicht erheblichen Bedenken unterliegt, zumal hier mehr oder weniger bösartig der Staatsanwaltschaft allgemein unterstellt wird, sie komme ihren Pfl ichten nicht nach. Ich will hier ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Frage aus unserer Sicht mehr als bedenklich ist. Aber sie ist nun einmal leider zulässig.

Im Ergebnis haben wir jetzt einen aus unserer Sicht zulässigen Fragenkatalog. Wir stimmen diesem Fragenkatalog nur deshalb zu, weil er rechtlich zulässig ist. Im Übrigen gehen wir weiterhin davon aus, dass auch dieser Untersuchungsausschuss leider organisierte Zeitverschwendung sein wird.