Frau Präsidentin, Frau Ackermann, meinen Damen und Herren Kollegen, es gibt bekanntlich drei Möglichkeiten, nach denen Gemeinden – je nach Situation vor Ort – Gastkindverhältnisse von Kindern aus ihren Gemeinden fördern können:
Erstens. Werden bestimmte auswärtige Plätze mittel- oder langfristig in Anspruch genommen, weil die Gemeinde in dieser Zeit über kein ausreichendes Platzangebot verfügt, so sind diese Plätze als bedarfsnotwendig nach Art. 7 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes – BayKiBiG - anzuerkennen. Ein nicht ausreichendes Platzangebot liegt sowohl dann vor, wenn die von der Gemeinde angebotenen Plätze quantitativ nicht ausreichen, als auch, wenn keine ausreichende Pluralität besteht. Ein Anspruch der Eltern auf einen ganz bestimmten Kindergarten, den, Frau Kollegin, gibt es allerdings nicht.
Zweitens. Werden bestimmte auswärtige Plätze infolge eines nicht ausreichenden Platzangebots kurzfristig, das heißt bis maximal die nächsten drei Jahre, in Anspruch genommen, ist eine Förderung nach der Gastkindregelung nach Art. 23 Abs. 1 BayKiBiG die adäquate Lösung.
Drittens. Ist hingegen das Angebot der Gemeinde – sei es vor Ort oder sei es auch mit einigen auswärtig anerkannten Plätzen - sowohl quantitativ als auch im Hinblick auf die Trägervielfalt ausreichend, so kommt eine kommunale Förderung eines auswärtigen Platzes nur in Betracht, wenn ein Härtefall im Sinne von Art. 23 Abs. 4 BayKiBiG vorliegt, wenn die Eltern also aus zwingenden persönlichen Gründen gerade diesen auswärtigen Platz benötigen.
Ob im Hinblick auf einen bestimmten Träger oder im Hinblick auf einen ganz konkreten Bedarf einer Familie ein solcher Fall vorliegt, ist stets der konkreten Prüfung vor
Ort unterworfen. Diese erfolgt zum einen im Rahmen der Bedarfsplanung und zum anderen auch als Einzelfallprüfung, was Art. 23 Abs. 4 BayKiBiG berücksichtigt.
Diese Planungen und Prüfungen sind derzeit im Gange. Im Rahmen einer Umfrage des Staatsministeriums bei den Landkreisen und kreisfreien Städten haben – wie Frau Staatsministerin bereits auf einer Pressekonferenz am 28.06.2006 dargelegt hat – bereits jetzt, ein dreiviertel Jahr nach Inkrafttreten des BayKiBiG, 480 Gemeinden mitgeteilt, dass sie positiv über Anträge auf Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit oder auf Gastkindfi nanzierung entschieden haben. Nachdem keine Rückmeldeverpfl ichtung besteht und die Rücklaufquote bisher bei circa 75 % liegt, gehe ich davon aus, dass es tatsächlich noch wesentlich mehr sind. Noch kein Gesamtüberblick liegt mir hingegen derzeit dazu vor, welche und wie viele Gemeinden Gastkindbeiträge abgelehnt haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Gastkindverhältnisse aufgrund der gesetzlichen Übergangsregelung und insbesondere der Bedarfsfi ktion derzeit noch gar nicht zur Entscheidung anstehen. Wir haben die berühmte Regelung bis 2008. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass noch nicht über alle Anträge entschieden worden ist. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass in letzter Zeit, auch und gerade in München, deutlich mehr Anträge anerkannt wurden. Es ist also eine Entwicklung zu erkennen, dass die Gemeinden die Wünsche der Eltern berücksichtigen. Ich führe dies auch darauf zurück, dass sich die Gemeinden zunehmend bei den Ansprechpartnern fachlichen Rat holen, und insofern vertraue ich auf die Überzeugungsarbeit der Jugendämter, die sicher vor Ort in dem einen oder anderen Fall noch erforderlich sein wird.
Herr Staatssekretär, nachdem Ihnen negative Auswirkungen nicht bekannt sind – mir aber wohl – frage ich Sie: Sind Ihnen Einrichtungen bekannt, die unter Umständen Auswirkungen zu spüren bekommen, die durch diese Ablehnung entstanden sind, zum Beispiel Waldorfkindergärten?
Frau Ackermann, wir haben hier natürlich ein breites Feld an Beschwerden, auch von Eltern. Ich muss Ihnen dazu sagen: Zunächst einmal kommt es darauf an, dass eine Gemeinde einen konkreten Antrag ablehnt. Das heißt nicht, dass sie generell jede Gastkindfi nanzierung ablehnt. Oft kommt es allerdings auch vor – das wird auch bei Ihnen wahrscheinlich der Fall sein –, dass sich Träger melden und Anträge stellen, die gar nicht betroffen sind. So haben Träger von Gemeinden eine Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit verlangt, obwohl überhaupt kein Kind aus dieser Gemeinde die Einrichtung besucht.
Wenn Träger begründet einen Antrag stellen, ist davon auszugehen – bzw. auch rechtlich durchzusetzen, das sieht das BayKiBiG vor –, dass die Gemeinden positiv
entscheiden. Eine direkte Entwicklung müssen wir aber erst noch abwarten; denn die Scharfschaltung – sozusagen – beginnt am 1. September, sprich: Ab 01.09. sind die Kindergärten über die Finanzierung der jetzigen Form alle in einem Boot. Bisher gibt es die Möglichkeit, erst einmal zu testen. Den Testfall haben wir in der Diskussion draußen immer wieder angeregt. Wir werden auf diesem Wege versuchen, weiterhin im Interesse des Kindeswohls dem Elternwillen und dem Bedarf den die Gemeinden anzuerkennen bzw. zu prüfen haben, Rechnung zu tragen.
Wenn aufgrund einer Verweigerung des Besuchsrechts in einem anderen Kindergarten Kindergärten in Gefahr geraten und in ihrem Bestand gefährdet werden, beabsichtigt das Staatsministerium dann, regulierend einzugreifen?
Wir haben mit Sicherheit dieses Gesetz nicht geschaffen, um es über den Umweg von Einzelfallregelungen wieder aufzuheben. Klar ist: Kindergärten, für die kein Bedarf vorhanden ist, werden sich anstrengen müssen, den Bedarf zu wecken bzw. mit den anderen Trägern gemeinsam einen Weg zu gehen. Wir werden es aber auf keinen Fall so machen, dass wir den Gemeinden, die die Zahlungen leisten müssen, vorschreiben, dass noch ein weiterer, nicht bedarfsnotwendiger Kindergarten zusätzlich bezuschusst werden muss. Das wäre eine Konterkarierung des Gesetzes.
„Kein Bedarf vorhanden“ ist etwas anderes, als „keine Bedarfsanerkennung“. Meine letzte Zusatzfrage: Wenn sich diese Regelung im Laufe dieses oder des nächsten Jahres nicht bewährt, wenn die Finanzierung auch noch dazukommt, ist dann beabsichtigt, dass diese Regelung im Gesetz geändert wird?
Frau Kollegin Ackermann, ich kann Sie beruhigen. Wir waren bisher immer bereit, wenn irgendwelche gesetzliche Regelungen sich als undurchführbar oder als kontraproduktiv erwiesen haben, eine Änderung mitzutragen. Ich bin mir sicher, dass Sie uns sehr viele Beispiele geben werden. Ich bin mir auch sicher, dass Sie manchmal dabei auch in einer Art und Weise instrumentalisiert werden, wo
ich persönlich sage: Das ist nicht der Weg, den wir brauchen. Wir werden dafür sorgen, dass die Kinder in Bayern ein adäquates Angebot von der Kinderkrippe über den Kindergarten über den Kinderhort bis zu den Netzen für Kinder und den Tagesmüttern bekommen, das weit reichend ist. Ich stehe Ihnen aber natürlich gerne zur Verfügung, wenn Sie mir konkrete Beispiele nennen können. Das Sozialministerium hat ein Interesse daran, dass das Kinderbildungsgesetz, das wir für richtig erachten – im Grunde sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt – erfolgreich umgesetzt wird. Wie gesagt: Ich habe ein offenes Ohr für Ihre Belange, wenn Sie mir diese mitteilen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Keine weiteren Fragen stehen heute für Ihren Geschäftsbereich zur Beantwortung an.
Ich rufe das Staatsministerium für Unterricht und Kultus auf. Hier hält sich Staatssekretär Freller bereit, die Fragen an das Haus zu beantworten. – Frau Kollegin Pranghofer, bitte.
Herr Staatssekretär, ich habe folgende Frage an Sie: Wie viele ausgebildete Förderlehrer sind gegenwärtig auf der Warteliste, und wie viele davon sind zur Anstellung für das neue Schuljahr vorgesehen?
Frau Abgeordnete Pranghofer, für das Schuljahr 2006/2007 haben sich 52 Förderlehrerinnen und Förderlehrer – davon 21 Absolventen der Einstellungsprüfung, 29 Wartelistenbewerber und 2 freie Bewerber – um eine Einstellung beworben. Die Einstellungsvoraussetzungen werden voraussichtlich Mitte dieses Monats bekannt gegeben.
Das heißt also, etwa 80 Bewerbungen sind vorhanden. Sie sagen aber, Sie haben diese Einstellungszahlen noch nicht parat. Können Sie mir sagen, welcher Bedarf vorhanden ist?
Bedarf ist sicher nach oben offen vorhanden, weil unsere Förderlehrer hervorragende Arbeit leisten. Vor allem haben sie in vielen Fällen den individualisierten Unterricht übernommen. Das heißt, logischerweise wären dankbar, wenn sich die Zahl der Förderlehrer wir im Land noch um einiges erhöhen könnte. Das wird jeder bestätigen können, der vor Ort Gespräche mit Schulleitern geführt hat. Ich war selbst erst kürzlich in meiner Heimatstadt unterwegs und habe immer wieder großes Lob bezüglich der Förderlehrer gehört. Die Diskussion um eine zweite Ausbildungsstätte ist bekannt. Wir sind das einzige Land in Deutschland, das über eine solche Form der Beschu
lung verfügt, über Förderlehrer mit einer besonderen Ausbildung auch im individualisierten Unterricht. Ich selbst und einige hier im Raum – Frau Radermacher wird Zeugin sein –, haben über Jahre im Bildungsausschuss des Landtages gerade auch für diese Förderlehrer ein Herz bewiesen, auch was die Einstellungen so kurz vor Schuljahresende wie im Augenblick in diesem Monat angeht, gezeigt.
Wir können natürlich nicht nach oben offen einstellen, sondern wir sind auf Planstellen angewiesen bzw. auf Mittel für Verträge. Wir hatten im letzten Jahr, also im laufenden Schuljahr, 66 Bewerber. Es gab 31 Einstellungen. Wir hoffen, dass wir für das nächste Schuljahr 2006 etliche Bewerber übernehmen können, entweder auf Planstellen oder auf Vertragsbasis. Eine genaue Zahl ist mir noch nicht bekannt. Ich rechne aber damit, dass die Hälfte bis drei Viertel der Bewerber eingestellt werden können.
Herr Freller, Sie können die Zahl nicht genau nennen und sagen, nach oben offen können wir nicht einstellen. Was heißt das konkret? Bedeutet das, dass Sie nicht die Finanzmittel haben, aber doch wissen, wie viele Sie eigentlich einstellen müssten, um den Bedarf zu decken?
Nein. Frau Abgeordnete, das ist folgendermaßen gemeint – Sie wissen es genau -: Jede Schule hätte natürlich gerne einen Förderlehrer. Diesen Wunsch lese ich den Rektoren mitunter von den Augen ab, wenn ich sie besuche: Ein Förderlehrer wäre natürlich etwas Schönes. Das meine ich mit „Bedarf“. Jeden Förderlehrer, den ich habe, kann ich als Zweitlehrer in jeder Klasse einsetzen. Der Beruf des Förderlehrers ist ein sehr wichtiger. Ich bin froh, dass wir in Bayern Förderlehrer haben. Ich möchte das ausdrücklich sagen. Ich wünschte mir, dass es in allen anderen Bundesländern Deutschlands so viele Förderlehrer gäbe wie in Bayern.
Ich weiß. Ich sage nur. Ich möchte die Anregung geben und predige eigentlich in Ihre Richtung. Dort, wo Sie mit Verantwortung tragen, und natürlich auch dort, wo die CDU Verantwortung hat, sollten die Förderlehrer auch eine Chance bekommen, weil sie wirklich gute Arbeit leisten. Wer sieht, mit welch pädagogischem Feingefühl und mit welcher Hingabe die Förderlehrer ihren Beruf ausüben, der wird davon überzeugt sein, dass man sie in der Tat an jeder Schule und in möglichst jeder Klasse einsetzen könnte. Wir können das logischerweise nicht tun, weil der Haushalt diese fi nanziellen Dimensionen einfach nicht hergibt. Damit wären wir wieder bei der Planstellendebatte, die wir hier schon tausende Male geführt haben.
Wir sind jedenfalls froh, dass wir auch dieses Mal wieder einstellen können. Dort, wo Planstellen oder Stellen für Förderlehrer sind, können diese wieder besetzt werden,
also wenn Förderlehrkräfte ausscheiden, in Mutterschutz gehen oder aus anderen Gründen nicht das volle Stundenmaß übernehmen können. Diese Lehrkräfte können wir ersetzen.
Herr Staatssekretär, ich merke schon, Sie können mir nicht die genaue Zahl, die das Kultusministerium für den Bedarf errechnet hat, nennen. Können Sie mir wenigstens sagen, wie die Förderlehrer, die sie einstellen wollen, auf die Schularten verteilt werden und wie viele Planstellen frei werden?
Ich habe diesbezüglich noch keine abschließenden Zahlen. Sie werden erst in zwei Wochen feststehen. Ich bin aber gerne bereit, sie Ihnen dann mitzuteilen. Das gilt auch für die Antwort auf die Frage, wie die Förderlehrer auf die Schularten verteilt werden und wie viele konkret beschäftigt werden. Ich habe diese Zahlen heute nicht dabei.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Dann darf ich Herrn Kollegen Sprinkart bitten, die nächste Frage zu stellen.
Herr Staatssekretär, wie viele Sonderschullehrerinnen bzw. Sonderschullehrer stehen in Bayern auf der Warteliste im Vergleich zu wie vielen österreichischen Sonderschullehrerinnen bzw. Sonderschullehrern, die an bayerischen Förderschulen arbeiten, und wie viele Förderschullehrerinnen bzw. -lehrer wurden im vergangen Jahr aufgrund der 1,0-Regelung – das heißt eine Note schlechter als die Staatsnote des aktuellen Prüfungsjahrgangs – nicht als Beamte auf Probe übernommen?
Herr Abgeordnete Sprinkart, derzeit befi nden sich auf der Warteliste für das Lehramt an Sonderschulen 550 Personen, von denen allerdings 67 keine Bereitschaftserklärung für den staatlichen Schuldienst im Schuljahr 2006/ 2007 abgegeben haben.
Ich darf das erläutern: Sie wissen, dass jemand, der auf der Warteliste steht, jedes Jahr eine entsprechende Bereitschaftserklärung abgeben muss. Er hat ja vielleicht eine anderweitige Tätigkeit gefunden oder geht ein Jahr ins Ausland. Er fällt dann innerhalb der 5-Jahres-Frist nicht von der Warteliste, sondern bleibt drauf. Er wird aber nur genommen, wenn er seine Bereitschaft erklärt hat, im kommenden Schuljahr anfangen zu wollen. Wenn man die Zahl der Bewerber errechnen will, die im Herbst tatsächlich eine Anstellung haben wollen, muss man diese Bewerber natürlich abziehen. Die Wartelistenbewerber befi nden sich in der Mehrzahl mit befristeten Arbeitsverträgen im staatlichen Schuldienst oder mit