Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Interessen der Region mehr Berücksichtigung verdient haben. Das ist auch erforderlich.
Ein solches Projekt können Sie nicht gegen den Widerstand aller in der Region durchsetzen, sondern Sie müssen den ernsthaften Versuch unternehmen, diese Interessen aufzugreifen und, soweit es geht, zu befriedigen.
Meine Frage kommt mit etwas Zeitverzögerung, was nicht mein Verschulden ist. Herr Kollege Maget, ist Ihnen denn entgangen, dass es wegen der dritten Startbahn zu massiven Streitereien zwischen den Stadtratsfraktionen der GRÜNEN und der SPD im Münchner Rathaus gekommen ist?
Ich habe das verfolgt. Das war bei mehreren weitreichenden Entscheidungen der Stadt so. Ich habe das noch gut beim Bau der Messe München in Erinnerung. Damals war die Fraktion der GRÜNEN auch dagegen. Heute vergeht kaum ein Event auf der Messe München, bei dem sich die GRÜNEN nicht begeistert feiern lassen über diesen Messestandort von großer Qualität.
Konsequenz heißt, nach intensiver Prüfung des Für und Widers Dinge zu vertreten, die man für richtig hält.
Das ist in diesem Falle gegeben. Dazu muss man stehen, wenn es für eine Region von Bedeutung und wichtig ist.
In den verbleibenden 1 Minute 30 Sekunden meiner Redezeit will ich über die Belastung der Region reden. Die Belastung der Region ist gravierend. Dort gibt es unheimlich viel Zuzug, und die Belastung der Region daraus muss in der Regel von den Kommunen alleine geschultert werden – Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, schulische Infrastruktur. Das müssen die Kommunen leisten, und der Flughafen zahlt keine Gewer
besteuer. Das muss man wissen. Hätte sich ein Großbetrieb mit 2000 Arbeitsplätzen angesiedelt, der die Gemeindekassen füllt, könnte man sagen, die Kommunen sollen für Schulen und Kindergärten zahlen. Der Flughafen München II zahlt keine Gewerbesteuer. Das heißt, die Belastungen der sozialen Infrastruktur obliegen den jeweiligen Gemeinden. Das muss man ernst nehmen und ausgleichen.
Als letztes Beispiel will ich die Verkehrsinfrastruktur nennen. Das zusätzliche Verkehrsaufkommen ist enorm. Wenn es zum Beispiel um die Umgehungsstraße für die Stadt Erding geht, die eine Staatsstraße sein müsste, kann man von der Gemeinde nicht fordern, dass die Umgehungsstraße als Kreisstraße gebaut und von den Gemeinden gezahlt wird.
Wenn man so mit den Anliegen der örtlichen Bevölkerung umgeht, darf man sich nicht wundern, dass es Widerstand gibt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte erst vor kurzem das Vergnügen von dieser Stelle aus einem Kollegen der SPD ausdrücklich bei der Debatte um das Ehegattensplitting zuzustimmen. Ich konnte weite Passagen der Rede des Kollegen Schieder nur gut heißen. Auch ich hätte das so ausgeführt.
Zum Teil kann ich das zur Rede von Herrn Maget auch feststellen. Seine generelle Festlegung und sein konsequenter Weg, zu dem Flughafen Ja zu sagen und die Entwicklung nicht abrupt zu begrenzen, ist richtig. Ich stimme dem ausdrücklich zu.
Lassen Sie mich etwas zurückblenden, bevor ich zur Flughafenerweiterung etwas sage. In den 70er Jahren war ich, ehe ich nach Bonn ging, schon einmal Mitglied des Bayerischen Landtags. Damals hatte ich das „Vergnügen“, Berichterstatter zum Bau des Flughafen Münchens zu sein: die Grundlage des Planfeststellungsverfahrens, die Konkretisierung der Planung, vorher die Festlegung auf das Gebiet, die Debatte um das Nachtfl ugverbot, den Achsabstand usw. Ich hatte damals natürlich vergnügliche Unterhaltungen mit meinem Freund Otto Wiesheu.
Wesentlich war aber, dass damals nicht nur die örtlichen Vertreter gegen den Flughafen waren, sondern eine Fülle von ganz klugen Menschen, die alles ganz genau wussten. Sie wussten, wie die Entwicklung des Flugverkehrs sein wird. Sie meinten, alle Prognosen wären falsch; die damals festzustellenden 8 bis 9 Millionen Fluggäste würden sich bestenfalls auf vielleicht 12 oder 13 Millionen erhöhen lassen. Alle Prognosen der Staatsregierung wären falsch. Es gab eine Fülle von technischen Anmerkungen, dass diese Bemerkung oder jenes Gutachten nicht richtig wäre. Ich habe gute Erinnerungen daran. Wenn ich Herrn Dr. Magerl heute zuhöre, höre ich die gleiche Tonlage und Klugheit dessen, der alles weiß, Gutachten von Experten vom Tisch wischt und sagt, das wäre alles Unsinn, und er wisse alles besser.
Meine Damen und Herren, diejenigen, die damals an dieser Debatte aufgefordert oder unaufgefordert teilgenommen haben – nicht die Betroffenen vor Ort, die vom Lärm unmittelbar beeinträchtigt und geschädigt waren – haben nicht Recht behalten. Die Entwicklung dieses Flughafens ist dynamisch nach oben gegangen. Sämtliche Prognosen, erst recht die Prognosen, die zu der damaligen Entscheidung in den siebziger Jahren führten, sind von der tatsächlichen Entwicklung in geradezu dramatischer Weise übertroffen worden. Der Flugverkehr hat sich in einer Art und Weise entwickelt, die auch wir damals nicht vorhergesehen haben. Auch die technischen Möglichkeiten haben sich entwickelt. Die Chancen für den Flughafen München, draußen in Erding, wurden auch durch die Rahmenbedingungen in Frankfurt, in Berlin oder auf anderen Flughäfen begünstigt. Die Entscheidung in den Siebzigerjahren war von der damaligen Bayerischen Staatsregierung nicht unwesentlich geprägt. Das war noch unter Ministerpräsident Franz Josef Strauß. Die Entscheidung war absolut richtig, und ich glaube, wenn wir diese Entscheidung nicht gegen alle Widerstände getroffen hätten, wobei die Debatte viel emotionaler war, dann stünde Bayern heute nicht an der Spitze der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.
Wenn Herr Magerl damals schon Gegner des Flughafens war, mein Gott, dann muss er heute vertreten, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung, das Arbeitsplatzwachstum, das Wachstum an Steuereinnahmen, dass all diese für Bayern positiven Folgen nicht eingetreten wären. Das hängt immer alles zusammen. Ich glaube, im Rückblick sollte man das schon bedenken, um die gegenwärtigen Einwände richtig einordnen zu können.
Meine Damen und Herren, als wir mit dem Flughafen von Riem nach Erding umgezogen sind, da hatten wir noch ein Passagieraufkommen von etwa 12 Millionen pro Jahr. Im Jahr 2005 hatten wir ein Passagieraufkommen von 28,6 Millionen, und im Jahr 2006 werden wir die 30-Millionen-Grenze überschreiten. Die Flugbewegungen lagen damals bei 192 000 pro Jahr. Heute haben wir fast 400 000 Flugbewegungen im gleichen Zeitraum. Die weiteren Prognosen sind sehr interessant, wobei man bei Prognosen nicht nur an die nächsten Tage, sondern für längere Zeiträume denken sollte. Im Jahr 2015 werden wir nach den gegenwärtigen Entwicklungsprognosen 46 Millionen Passagiere pro Jahr haben und rund
554 000 Flugbewegungen. Wir erwarten also eine weitere dynamische Entwicklung des Flughafens. Diese Entwicklung wird Folgen mit sich bringen, und eine der Folgen sind mehr Arbeitsplätze. Aber auch das weiß Herr Magerl besser, wie wir im Haushaltsausschuss festgestellt haben. Die Fakten aber sprechen gegen ihn. Ich habe die Statistiken vorliegen. Wenn ich nur eine Million zusätzlicher Passagiere habe, dann bedeutet das unmittelbar am Flughafen eine Zunahme der Arbeitsplätze um 800 bis 1000.
Ich weiß, dass Sie alles besser wissen. Sie können nachher herkommen und uns eine Lehrstunde erteilen.
Außerhalb des Flughafens erwarten wir für die Flughafenregion etwa die gleiche Anzahl. Das bedeutet unmittelbar am Flughafen eine Zunahme von 800 bis 1000 Arbeitsplätzen und im Umfeld eine Zunahme in der gleichen Größenordnung. Wir haben heute schon 23 000 Arbeitsplätze an diesem Flughafen. Das Entscheidende dabei ist aber, dass dieser Flughafen weit über die Region hinaus eine deutschlandweite Ausstrahlung hat. Fragen Sie doch einmal große Unternehmen, wenn diese vor schwierigen Investitionsentscheidungen stehen, ob sie nach Rosenheim, nach München, nach Ingolstadt, nach Regensburg oder nach Passau gehen, wenn sie bereit sind, Millionen zu investieren und damit Arbeitsplätze zu schaffen. Fragen Sie die Unternehmer doch, wie wichtig ihnen der Flughafen ist, fragen Sie, welche der folgenden Überlegungen bei der Entscheidung für sie besonders wichtig sind. Die Unternehmer wägen nämlich sehr genau folgende Faktoren ab: Welches Arbeitskräftepotenzial haben wir? Welche Ausbildungskapazitäten an den Universitäten und an den Fachhochschulen sind gegeben? Welches Potenzial an Arbeitsplätzen ist vorhanden? Zuallererst wird aber die Frage gestellt: Wie sieht es mit den Flugverbindungen aus? – Die Unternehmer schauen zuallererst auf die Leistungskraft eines Flughafens! Wenn die nicht da ist, geht in der wirtschaftlichen Entwicklung gar nichts.
Es gibt interessante Untersuchungen über die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen, die in ihrer unmittelbaren Nähe einen leistungsfähigen Flughafen haben. Das können Sie bei Barcelona, Heathrow, selbst bei Mailand verfolgen, obgleich dieser Flughafen große Engpässe hat. Ein leistungsfähiger Flughafen führt zu einer unmittelbaren Ausstrahlung auf die wirtschaftliche Entwicklung, weil nicht nur die Führungskräfte, sondern auch die Mitarbeiter der mittleren Führungsebene im Rahmen einer globalisierten Wirtschaft fl iegen und Kontakt haben wollen. Ohne eine leistungsfähige Flughafenanbindung haben Sie keine Chance, Arbeitsplätze zu stabilisieren oder anzusiedeln. Genau das wollen wir aber mit dem Ausbau des Flughafens.
Meine Damen und Herren, bei der Weltmeisterschaft hatten wir bereits jetzt in sechs Stunden pro Tag Kapazitätsengpässe. Wir sind heute schon so weit, dass der Flughafen mit seinen zwei Startbahnen nicht ausreicht. Die drei Gesellschafter haben deshalb die Entscheidung getroffen. Jetzt war die Zeit für die Entscheidung reif. Im Jahr 2001 und im Jahr 2003 konnten wir uns diese Frage noch nicht stellen, die Zahlen waren anders. Man sollte sich die Fragen eben dann stellen, wenn sie zu stellen sind. Die Geschäftsführung der FMG hat deshalb die Frage jetzt in der Gesellschafterversammlung und im Aufsichtsrat vorgelegt. Dabei haben wir einstimmig, mit den Arbeitnehmervertretern, beschlossen, dass die dritte Startbahn notwendig ist.
Meine Damen und Herren, wir wollen auf diese Weise sicherstellen, dass mehr Wachstum nach Bayern kommt, mehr wirtschaftlicher Wohlstand, und wir wollen, dass vor Ort eine entsprechende Infrastruktur geschaffen wird. Eines wissen wir, das sage ich unverblümt: Eine wirtschaftspolitische Argumentation, wie ich sie hier vortrage, hilft den Leuten unmittelbar vor Ort nicht. Das ist wohl wahr. Wir haben deshalb gesagt, wir müssen drei Dinge tun: Erstens. Wir müssen, und das ist selbstverständlich, Schutzmaßnahmen gegen die Lärmentwicklung vornehmen. Das wird die Flughafengesellschaft sicherlich einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Zweitens. Wir müssen die Infrastruktur ausbauen. In dieser Frage gebe ich Herrn Maget völlig Recht. Es geht dabei nicht nur um den dreispurigen Ausbau der A 92, sondern es geht auch um den Ausbau der regionalen Straßen, die durch eine Zunahme des Autoverkehrs stark belastet werden. Es geht auch um den Ausbau des Schienenverkehrs. Ministerkollege Huber hat beim Nachbarschaftsbeirat am letzten Samstag hierzu umfangreiche Ausführungen gemacht. Wir müssen aber noch ein Drittes machen, und das ist unser Angebot: Wir werden den Nachbarn im Rahmen eines Infrastrukturfonds – oder wie dieses Instrument auch genannt werden soll – ein zusätzliches Angebot machen, um die Notwendigkeiten der Kommunen voranzutreiben.
(Franz Maget (SPD): Letzte Woche haben Sie in die Sitzung leider gar nichts mitgebracht, überhaupt nichts!)
Herr Maget, wenn man erst am Anfang einer derartigen Debatte steht, dann muss man sagen, wir sind bereit, ein derartiges Instrument einzuleiten. Über Größe und Ausgestaltung müssen wir aber später reden, dafür haben wir noch genug Zeit.