Protokoll der Sitzung vom 28.09.2006

Für Menschen mit Dauerbelastungen im Sinne des Sozialgesetzbuches V, sprich für chronisch Kranke, müssen die Belastungen von 1 % auf 0,5 % reduziert werden, weil diese Menschen in ihrer Lebensweise sowieso besonderen Belastungen ausgesetzt sind.

Außerdem sollten wir bei den so genannten Beihilfeleistungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit der Salamitaktik des Weghörens aufhören.

Ich kann mich sehr gut an den Anfang in den Achtzigerjahren erinnern. Damals begann der Abbau der Beihilfen

für Arbeiter und Angestellte und setzte sich kontinuierlich fort. Der Hinweis war stets, die Beihilfe sei mit der Kassenleistung abgedeckt. Sie wissen so gut wie ich, dass das nicht stimmt. Im Gegenteil. Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssen viele Medikamente selbst bezahlen. Brillen sind nicht billiger geworden, Zahnersatz ebenfalls nicht. Wir halten es für verfehlt, noch weiter zurückzugehen. Sie betreiben eine „Salamitaktik des Herausstehlens“ aus den sozialen Leistungen. Der Staat, der bereits genug bei den Beschäftigten gespart hat, soll diese sozialen Leistungen beibehalten. Deshalb werben wir für unseren Änderungsentwurf und bitten Sie, den Vorschlag bei den Beratungen zu berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Dr. Marcel Huber. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Wörner, ich habe die Worte am Ende wohl vernommen. Mit diesem Thema befasst man sich nicht nur in München. Wir müssen uns klar darüber sein, dass wir das Problem der steigenden Gesundheitskosten in allen sozialen Sicherungssystemen lösen müssen. Die erhöhten Ausgaben führen dazu, dass die Menschen, die das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung genießen, stärker belastet werden müssen. Dies gilt für die privaten Krankenversicherungen, die gesetzlichen Krankenversicherungen und die Beamtenversorgung.

Staatssekretär Meyer hat ausgeführt, wie er sich die künftige Gestaltung des bayerischen Rechts vorstellt. Ich glaube, dass diese Neuregelung nicht nur wegen des Urteils möglich sondern auch notwendig ist; denn die Regelungen, die der Bund vorgibt, sind so kompliziert und veraltet, dass eine Revision dringend notwendig ist.

Die Neuregelung sollte als Chance verstanden werden, Teile des Beamtenrechts neu, modern und besser zu gestalten. Wenn man an eine solche Aufgabe herangeht, ist es gut, sich Ziele zu setzen, die erreicht werden müssen. Was müssen die neuen Regelungen erfüllen? – Sie müssen zum einen die Verkomplizierung zurückbauen, die sich über die Jahre ergeben hat. Das Gesetz muss einfacher, überschaubarer, transparenter und für jeden nachvollziehbar sein. Des Weiteren sollte der Verwaltungsaufwand, der in der derzeitigen Regelung enthalten ist, wesentlich geringer gestaltet werden. Dies dient nicht nur dem Personalkostenabbau. Sie sollte auch dazu dienen, dass die Beamten schneller ihr Geld erhalten und damit einen Vorteil haben. Die Neuregelung sollte modern und flexibel sein, das heißt, es muss – wie wir vernommen haben – die Möglichkeit geben, die EDV einzusetzen für die Belegerfassung wie auch für die Verwaltung der Gesundheitskarte. Dass die Neuregelung flexibel sein soll, haben wir bei der Vorstellung des Konstrukts gehört. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Landtag dem Finanzministerium eine Ermächtigung erteilt, damit die Behörden die Angelegenheit auf Verordnungsbasis regeln können. Damit sind sie schneller in der Lage, auf eventuelle Veränderungen in der politischen Landschaft zu reagieren.

Eine ganz wichtige Forderung – der Vorredner hat sie bereits geäußert – ist, dass die Neuregelung gerecht sein muss. Sie sollte aber auch die Eigenverantwortung der Beamten stärken. Das heißt, wir brauchen eine Regelung, die von der tatsächlichen Inanspruchnahme abhängig ist – die Stärkung der Eigenverantwortung –, aber auch zur Abpufferung der individuellen Härten. Deshalb gibt es die Ein- und Zwei-Prozent-Regelung.

Wir müssen – das ist ein wesentlicher Punkt – darauf achten, dass wegen der Neuregelung die Präventionsanreize nicht reduziert werden. Die Beamten sollen weiterhin alle Präventivmaßnahmen kostenlos wahrnehmen und nicht durch etwaige Verteuerung daran gehindert werden.

Schließlich – das ist der wichtigste Satz – dürfen keine Mehrbelastungen auf die Beamten zukommen. Die Neuregelung muss aufkommensneutral gestaltet werden. Meine Wahrnehmung ist, dass diese Punkte, bezogen auf den Gesetzentwurf, erfüllt sind. Über die Details wird im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes geredet werden. Ich freue mich auf diese Diskussion.

(Beifall bei der CSU)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Sprinkart das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Staatssekretär Franz Meyer und ich sind die Einzigen, die zu diesem Thema im Dauereinsatz sind. Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um einen „Zuständigkeitsgewinn“ für den Freistaat Bayern bzw. für den Bayerischen Landtag. Im Gesetzentwurf gibt es zwei Bereiche, die abgehandelt und diskutiert werden müssen. Der erste Punkt ist die Eigenbeteiligung. Ob die im Gesetz vorgesehene Eigenbeteiligung systemkonform ist, ist eine Sache. Dass sie angesichts der Eigenbeteiligung bei den gesetzlichen Krankenversicherungen vermutlich politisch unumgänglich sein wird, ist eine andere Sache. Wir müssen darüber diskutieren, in welchen Fällen von einer Eigenbeteiligung abgesehen werden muss.

Der zweite Bereich ist die Ermächtigung zum Verordnungserlass. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung durch das Finanzministerium geht uns deutlich zu weit. Das ist ein Freifahrtsschein für das Finanzministerium. Die Verlagerung der Kompetenzen auf die Länder soll die Landesparlamente und nicht die Landesregierungen stärken.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Herr Kollege Dr. Huber hat darauf verwiesen, dass dies nötig sei, um schneller reagieren zu können. Wenn das so wäre, bräuchte man gar keine Gesetze; man könnte alles per Verordnung erledigen – das ginge schneller.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Für den Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes nehme ich in Anspruch, dass dieser sehr wohl in der Lage ist, schnell zu reagieren.

Schließlich würde mich der ursprüngliche Gesetzentwurf interessieren, der ganz offensichtlich ein echter Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung gewesen wäre. In gleichem Maße interessiert mich, warum dieser erste Entwurf verworfen wurde und durch den nun vorliegenden Gesetzentwurf ersetzt wurde, obwohl dieser keinerlei Hinweise auf Verwaltungsvereinfachung enthält.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. So beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 h auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des kommunalen Haushaltsrechts (Drs. 15/6303) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung nicht begründet. Eine Aussprache hierzu findet nicht statt. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. So beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 i auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung melderechtlicher Vorschriften (Drs. 15/6304) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung nicht begründet. Eine Aussprache hierzu findet ebenfalls nicht statt. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. So beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 j auf:

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Helga SchmittBussinger, Florian Ritter u. a. u. Frakt. (SPD) Gesetz zur Erprobung von Zweckverbänden zur Wahrnehmung der Aufgaben des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes (Feuer- wehrzweckverbandserprobungsgesetz – FwZVEG) (Drs. 15/6293) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Erste Wortmeldung: Frau Kollegin SchmittBussinger. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Modellversuche sind in Bayern üblicherweise eine Spezialität des Kabinetts – insbesondere des Herrn Innenministers Dr. Beckstein.

Zahlreiche Modellversuche wurden uns bisher – im wahrsten Sinn des Wortes – beschert, die zugegebenermaßen nicht immer auf unsere ungeteilte Zustimmung gestoßen sind, wie zum Beispiel die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens in Mittelfranken, natürlich die Polizeireform oder auch der Modellversuch Fahndungskontrollgruppe Ansbach.

Trotzdem bringen wir heute einen Gesetzentwurf ein, der ebenfalls einen Modellversuch zum Inhalt hat, nämlich die Erprobung von Zweckverbänden im Bereich der Feuerwehr bei kreisangehörigen Gemeinden. Dieses Erprobungsgesetz selbst soll auf fünf Jahre befristet sein. Die Wirkungen, meine Damen und Herren, könnten allerdings auf Jahrzehnte hinaus neue, zukunftsweisende Entwicklungen bei den freiwilligen Feuerwehren befördern.

Meine Damen und Herren, freiwillige Feuerwehren erfüllen nicht nur eine lebenswichtige Aufgabe für die Bürgerinnen und Bürger, nämlich den abwehrenden Brandschutz und die technischen Hilfeleistungen, sondern sie sind auch in ganz besonderem Maße Identifikationspunkt in einer Gemeinde, der Inbegriff gemeinschaftlichen Engagements im Ehrenamt. Insofern wird jede – ich betone: jede – Maßnahme im Bereich der Feuerwehren ganz genau von den Menschen im Land beobachtet, und ich sage: zu Recht.

Strukturveränderungen, wie wir sie heute vorschlagen, sind deshalb behutsam anzugehen, aber Strukturveränderungen müssen auch möglich sein. In dem Maße, wie sich Arbeits- und Lebensbedingungen ändern, müssen Strukturen überdacht werden, die die Handlungsfähigkeit unserer Feuerwehren auch für die Zukunft bewahren.

Wie ist die aktuelle Situation? Jede Gemeinde in Bayern muss eine Feuerwehr betreiben, in der die Bürger auch Dienst tun. Das Feuerwehrgesetz betont: „Es sind stets Feuerwehren der Gemeinde, in der nur ihre Bürger Dienst tun.“ Das Gesetz geht traditionell letztlich von der örtlichen Schicksalsgemeinschaft aus, die Gefahren gemeinsam abwehren soll.

Die Frage ist nur: Muss diese Einschränkung sein und ist diese Einschränkung noch zeitgemäß? Interkommunale Zusammenarbeit gilt als absolut zeitgemäß und wird von Kommunen auf vielfältige Art und Weise praktiziert: gemeinsame Gewerbegebiete, gemeinsame Marketingstrategien und vieles mehr. Für die Feuerwehren gilt dies ausdrücklich nicht. Sie dürfen zwar ein gemeinsames Feuerwehrhaus bauen oder einen gemeinsamen Löschwasserteich anlegen, aber eine gemeinsame Wehr dürfen sie nicht bilden, das verbietet das Feuerwehrgesetz.

Wenn Sie sich die Einsatzbereiche freiwilliger Feuerwehren ansehen, werden Sie feststellen: Ganz selten ist nur eine Feuerwehr am Einsatzort, meist sind freiwillige Feuerwehren benachbarter Ortschaften mit von der Partie. Und mehr noch: Die Einsätze werden komplizierter. Denken Sie allein an die vielen gefährlichen Stoffe, die in unserer hoch technisierten Welt abgelagert, transportiert und verarbeitet werden. Wir brauchen also bei den freiwilligen Wehren zunehmend Spezialisierung, Arbeitsteilung, entsprechende Ausbildung. Wir brauchen in diesem Zusammenhang auch entsprechend spezielles Gerät. Beides kostet Geld, und zwar vor allem das Geld der Kommunen. Der Kostendruck bei den Gemeinden wird erhöht, das wissen wir, trotz steigender Finanznot.

Das Alter der Ausrüstung ist nicht so sehr eine Prestigefrage, sondern eine Frage der Einsatzfähigkeit und der Sicherheit der Feuerwehrleute. Sie können diese Leute nicht mit einem veralteten Atemschutz in ein brennendes Haus schicken. Deswegen sind Wege gefragt, wie man wirtschaftlich effizient gute Feuerwehrarbeit leisten kann.

Aber nicht nur das Geld spielt eine Rolle, es geht auch um die Frage: Können wir auf Dauer rund um die Uhr, 24 Stunden am Tag, einsatzbereit sein, auch wenn die Hälfte der Wehrmitglieder 30 oder 40 Kilometer entfernt als Tagespendler arbeiten? Das sind die konkreten Fragen bei unseren Feuerwehren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, deshalb schlagen wir vor: Geben wir Gemeinden, die daran interessiert sind, die Möglichkeit, gemeinsam eine Feuerwehr zu betreiben. Lassen wir da, wo die Menschen vor Ort es für sinnvoll halten, sowohl die verantwortlichen Politiker als auch die verantwortlichen Personen bei den Feuerwehren, zu, die Kräfte zu bündeln und sich zusammenzuschließen. Das erleichtert zum einen die Zusammenarbeit, das erhöht die Einsatzfähigkeit rund um die Uhr, das erleichtert auch den Gemeinden die Finanzierung.

Unser Vorschlag lautet deshalb: Nutzen wir die bewährten und in den Gemeinden vertrauten Strukturen eines kommunalen Zweckverbandes auch im Feuerwehrwesen.

Natürlich braucht es hierfür gewisse Voraussetzungen. Erstens: Die Hilfsfrist muss auch bei einer gemeinsamen Feuerwehr an allen Einsatzorten eingehalten werden. Zweitens: Die Gemeinden müssen dem gleichen Landkreis angehören, sonst bekommen wir Probleme mit den Zuständigkeiten der Aufsichtsbehörden im Katastrophenfall. Drittens: Wir setzen auf Freiwilligkeit. Gemeinden und Feuerwehren müssen an einem Strang ziehen, damit das Ganze auch gut umgesetzt werden kann.

Meine Damen und Herren, es gibt Gemeinden in Bayern, die bereits ihr konkretes Interesse an einer solchen Zusammenarbeit angemeldet haben, in Unterfranken und in Mittelfranken. Der Bayerische Gemeindetag hat darüber hinaus unseren Vorstoß positiv bewertet. Ich bin sicher, wenn erst einmal die gesetzlichen Möglichkeiten für gemeinsame Feuerwehren geschaffen sind, werden weitere Gemeinden davon Gebrauch machen, auch weil sie alleine dauerhaft nicht überlebensfähig sein werden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir ist bekannt, dass eine Novellierung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes ansteht und auch eine diesbezügliche Regelung in Erwägung gezogen wird. Sie wird zwar in Erwägung gezogen, man weiß aber nicht, ob sie umgesetzt wird. Diese Novellierung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes wird auch erst in ein oder zwei Jahren kommen. Das sind für mich die wesentlichen Gründe, dieses Erprobungsgesetz zum jetzigen Zeitpunkt einzubringen und um Umsetzung und Unterstützung zu bitten. Es ist wichtig, die interkommunale Zusammenarbeit umgehend auf den Bereich gemeinsamer Feuerwehren auszudehnen. Das wäre mit unserem Vorschlag möglich. Jedenfalls sollte uns allen gemeinsam die Frage eines effizienten Feuerwehrdienstes in allen Ortschaften Bayerns eine ernsthafte Diskussion wert sein. Hierzu bitte ich um konstruktive Beratungen und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ettengruber.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Da kann man doch nicht dagegen sein!)

Sind wir nicht.