Wir als SPD-Landtagsfraktion halten die Einsetzung eines zusätzlichen Amtschefs – in diesem Fall die Einsetzung einer zusätzlichen Amtschefin – im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz weder für sinnvoll noch für notwendig, sondern ganz im Gegenteil sogar für schädlich.
Es heißt zwar jetzt, es wäre kein zusätzlicher Amtschef, sondern nach den Presseverlautbarungen soll Amtschef allein Herr Lazik bleiben. Aber es geht um die Neuschaffung einer B-9-Stelle – mit rund 110 000 Euro dotiert. Somit sind doch ganz erhebliche Ausgaben damit verbunden, und zwar ohne dass zwingend Vorteil und Nutzen erkennbar sind. Vielleicht können Sie aufzeigen, welche Vorteile und Nutzen wir davon haben sollen. Wir stimmen dieser Einsetzung im Haushaltsausschuss nicht zu. Wir fordern den Bayerischen Landtag mit unserem Dringlichkeitsantrag heute auf, hier und heute möge der Bayeri
sche Landtag den Plänen von Herrn Schnappauf, bzw. den Plänen von Herrn Stoiber oder den Plänen beider eine klare Absage erteilen.
Wir fordern Sie auf: Geben Sie diesen Plänen keine Zustimmung, verweigern Sie Ihre Zustimmung! Nach der Vielzahl von Gammelfleischskandalen brauchen wir eine grundlegende Neuordnung an Haupt und Gliedern – so haben wir es in unserem Antrag deutlich aufgezeigt – bei der Lebensmittelsicherheit. Es handelt sich um eine grundlegende Neuordnung mit einem Gesamtkonzept. Wir vermissen nach wie vor ein Gesamtkonzept. Mit der absoluten Konzeptionslosigkeit und immer neuen PRMaßnahmen sowie mit wirkungslosem Aktionismus kann es nicht weitergehen.
Bayerns Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Anrecht auf eine andere, eine wirklich verantwortungsbewusste und wirkungsvolle Politik, wenn es um ihren Schutz geht. Sie haben aufgrund der Ereignisse in den vergangenen Monaten und Jahren einen Anspruch auf ein Gesamtkonzept für eine Neuordnung der Lebensmittelüberwachung. Auch Bundesminister Seehofer drängt darauf. Er sagt aber, er könne nichts ausrichten, weil das in der Zuständigkeit der Länder liege. Also ist hier das Umweltministerium, das Verbraucherschutzministerium, und damit Sie, Herr Minister Schnappauf gefordert. Wir haben nach wie vor kein Gesamtkonzept für eine Neuordnung der Lebensmittelüberwachung.
Sie können auch nicht sagen, wir, die SPD-Landtagsfraktion, hätten kein Konzept und wüssten nicht, was wir wollen. Ich verweise – ich kann aufgrund der Zeit nicht näher darauf eingehen – ganz klar auf unseren Dringlichkeitsantrag vom September, mit dem wir in vielen Punkten aufgezeigt haben, wie wir uns diese Neuordnung bei der Lebensmittelüberwachung vorstellen und was wir hinsichtlich eines wirkungsvollen Schutzes der bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher wollen.
Sie, Herr Minister Schnappauf, haben in den letzten Wochen und Monaten als oberster Überwacher der Lebensmittelsicherheit so agiert, als hätten Sie die drei berühmten Affen verinnerlicht: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Dass Ihnen dieses Verhalten noch nicht den Job gekostet hat, verdanken Sie – dieser Überzeugung sind zumindest wir – einzig und allein dem angeschlagenen bayerischen Ministerpräsidenten, der aufkommende Skandale am liebsten unter den Teppich kehrt und am besten alles vertuscht und übertüncht.
Sie profitieren von der Schwäche Stoibers – nichts anderes ist es –, denn Stoiber weiß ganz genau, wenn er Sie entlässt und Sie den Hut nehmen, dann ist das wie ein Dominoeffekt bezüglich einer Kabinettsumbildung und das will er verhindern. Insofern profitieren Sie von der Schwäche Stoibers.
Wir erleben in diesen Tagen wieder ein Schauspiel. Dass die CSU-Fraktion nicht über die Pläne informiert war und sogar die Mitglieder des Haushaltsausschusses, die am morgigen Donnerstag über die Stelle der zusätzlichen Amtschefin – ich erinnere daran: Amtschefin, B-9-Stelle – entscheiden sollen, nicht informiert waren, glauben wir Ihnen. Angeblich hatte auch Herr Stoiber zunächst nichts davon gewusst; zumindest war es gestern so. Heute heißt es, Minister Schnappauf wäre auf ihn zugekommen und hätte ihn um diese zusätzliche Stelle gebeten. Angeblich hat Herr Stoiber aber – zumindest bis gestern – von Ihren Plänen nichts gewusst, die Stelle mit Frau Karolina Gernbauer zu besetzen. Wie in der heutigen „SZ“ nachzulesen ist:
Wegen mangelnder Kommunikation hat Ministerpräsident Edmund Stoiber seinen Verbraucher- und Umweltminister Werner Schnappauf am Dienstag in der Fraktionssitzung der CSU scharf gerügt…. Selten habe sich Stoiber vor der Fraktion derart verärgert gezeigt.
Andere Presseverlautbarungen: Stoiber soll außer sich gewesen sein. In einer anderen Zeitung liest man, er soll getobt haben. Das glauben wir nicht ganz. Wir glauben nicht, dass Herr Minister Schnappauf mit Frau Gernbauer eine sehr enge Vertraute Stoibers – sie war lange Jahre Stoibers persönliche Referentin und Abteilungsleiterin in der Staatskanzlei – freiwillig in sein Ministerium holt. Daran glauben wir nicht, das nehmen wir Ihnen nicht ab, auch wenn es heißt, Sie hätten persönlich darum gebeten.
Wir nehmen Ihnen nicht ab, dass das so ist. Sie bekommen eine Aufpasserin hingesetzt – nichts anderes. Uns ist klar: Mit der geplanten Einstellung von Frau Gernbauer werden Sie, sehr geehrter Herr Schnappauf, eigentlich wiederum ein Stück entmachtet, und zwar noch mehr entmachtet. Sie kommt als Aufpasserin aus der Staatskanzlei. Sie soll im Auftrag von Herrn Stoiber die Kontrolle über Ihr Titanic-Haus übernehmen. Ziel Stoibers ist es unserer Meinung nach ganz klar, die bereits durch ein Spiegelreferat in der Staatskanzlei erfolgte Kontrolle noch weiter auszubauen. Diese Stelle dient der Überwachung und der Kontrolle der Person des Ministers Werner Schnappauf, der Kontrolle unseres Verbraucher- und Umweltministers. Ganz wesentliche Kompetenzen sollen damit nicht nur dem Minister, sondern auch dem Ministerium entzogen und in die Bayerische Staatskanzlei verlagert werden. Das ist wieder nur ein zusätzliches Mosaiksteinchen für den Aktionismus. Wiederum sollen Aktivitäten zur Beseitigung der Defizite schöngeredet werden. Es sollen die eigentlichen Defizite nicht aufgezeigt werden, sondern durch Aktionismus übertüncht werden, um von der Konzeptionslosigkeit und der Unfähigkeit in dem Ministerium abzulenken.
Der Herr Ministerpräsident traut Ihnen einfach nicht mehr. Er misstraut Ihnen oder vielmehr traut er Ihnen auch nicht mehr inhaltlich die Arbeit zu. Das ist unsere Meinung. Er kann aber wohl leider nicht anders. Wir sehen es als Schutzmaßnahme für den Ministerpräsidenten selber. Es wäre besser – auch das sagen wir ganz klar –, wenn die Staatsregierung dem Landtag endlich ein Konzept zur Neuordnung der Lebensmittelsicherheit in Bayern vorlegen würde. Wir brauchen eine Bündelung aller Kon
trollen, aller Überwachungs- und Ahndungskompetenzen im Verbraucherschutz und beim Lebensmittelrecht.
Diese Kompetenzen müssen auch miteinander verzahnt und aufeinander abgestimmt sein. Das ist ein Punkt von vielen in unserem Antrag, wie wir uns die Neuordnung vorstellen. Wir fordern heute erneut eine Bündelung aller Kontroll-, Überwachungs- und Ahndungskompetenzen.
Frau Kollegin Biedefeld, können Sie sich erklären, warum der Vorsitzende und eine ganze Reihe von Mitgliedern des Umweltausschusses ausgerechnet bei diesem wichtigen Thema nicht anwesend sind?
Ich kann mir das schon erklären. Ich spare mir nur weitere Kommentare. Wir wissen sehr wohl, welche Bedeutung das Thema für die Damen und Herren hat.
Damals wie heute gilt – ich verweise wieder auf unseren Dringlichkeitsantrag vom September –, wir brauchen eine Neuordnung der ministeriellen Zuständigkeit in diesem Bereich. Eine Neuordnung der Lebensmittelüberwachung fordern im Übrigen auch Kollegen von der CSU. Ich lese heute in den Tageszeitungen, dass die Kollegen Kobler und Matschl diese Neuordnung ebenfalls einfordern. Sie fordern genauso wie wir eine Umressortierung. Der Verbraucherschutz soll zurück in das Sozialministerium kommen. Die Ressorts Landwirtschaft und Umwelt sollen wieder zusammengeführt werden. Der Verbraucherschutz und die Gesundheit sollen im Sozialministerium angesiedelt sein. – So war es, und so soll es wieder sein. Damit wäre auch im Interesse der bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Effizienz zu erreichen.
Nichts gegen die Fähigkeiten von Frau Gernbauer – das möchten wir klar herausstellen –, aber ihre Berufung wirkt schon ein wenig wie der letzte Strohhalm der Landesregierung in puncto Lebensmittelsicherheit. Für ein wirklich dringend notwendiges Überwachungssystem mit fachlicher und organisatorischer Kompetenz fehlen aber die Vorarbeiten. Änderungen in einem System müssen in der Gesamtschau aller notwendigen Maßnahmen erfolgen. Außerdem ist eine Neuordnung von der Spitze her ohne Einbeziehung der Beschäftigten vor Ort meistens zum Scheitern verurteilt.
Ich gehe noch einmal auf den Punkt der Ausgaben ein. Es geht hier um eine B-9-Stelle. Es geht um eine zweite
Ministerialdirektorenstelle, nichts anderes. Sie sagen, eine A-14-Stelle und eine A-15-Stelle werden zu einer neuen B-9-Stelle zusammengelegt. Wir sagen, damit wird oben im Wasserkopf des Ministeriums eine zusätzliche Stelle geschaffen und unten werden die Stellen abgezogen. Unten an der Basis brauchen wir aber Veterinäre und staatliche Lebensmittelkontrolleure, um zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher effektiv arbeiten zu können. Das wäre notwendig.
Wir merken es bei den Haushaltsberatungen, wenn wir beantragen, mehr Stellen zur Verfügung zu stellen und Haushaltsmittel einzusetzen, dann heißt es, es ist kein Geld für zusätzliche Stellen vorhanden. Auf einmal ist aber Geld da. Auf einmal kann man eine neue B-9-Stelle für das Umweltministerium schaffen. Auf einmal geht es.
Fazit: Wir wollen die Schaffung dieser Stelle abwenden und lassen es nicht zu, dass Sie damit Ihre Defizite im Krisenmanagement kaschieren und das Ministerium aufblähen. Die Staatskanzlei soll nach Ihrer Auffassung noch mehr Macht über das Verbraucherschutzministerium gewinnen. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen diese Aufpasserin bezahlen. Wir wollen, dass dieses Geld sinnvoll eingesetzt wird. Wir wollen mehr Effizienz für Millionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Bayern. Das wäre der richtige Ansatz. Wir können Sie nur auffordern: Verhindern Sie die Pläne, die heute zur Diskussion stehen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur in aller Kürze auf diesen überflüssigen Dringlichkeitsantrag der SPD eingehen.
(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das kann man nicht sagen! – Susann Biedefeld (SPD): Die B-9Stelle ist überflüssig!)
Ich werde in wenigen Punkten darlegen, wie die Position der CSU-Fraktion zu diesem Themenkomplex ist, wobei es sich nicht lohnt, auf alles, was Sie hier aufgeworfen haben, einzugehen. Vor allem lohnt es sich nicht bei den Punkten, die in den letzten Wochen vier- oder fünfmal immer wieder aufs Neue durchgekaut worden sind.
Erstens. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will darauf hinweisen, dass der Ministerrat am 24. Oktober ein Konzept zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit
beschlossen hat. Dieses Konzept ist in unserer Fraktion beraten worden. Es wird in den nächsten Wochen und Monaten auch noch intensiv den Landtag beschäftigen, weil infolge dieses Konzeptes eine Reihe von Gesetzen zu ändern sein wird und weil Entscheidungen im Parlament zu treffen sein werden.
Da wird das alles in Ruhe beraten. Es geht dabei um die Verbesserung von Strukturen und Zuständigkeiten und um eine stärkere Risikoorientierung bei den Kontrollen. Es geht auch um eine Personalaufstockung, um 65 neue Planstellen, die wohlgemerkt durch eine Umschichtung innerhalb des Geschäftsbereichs des Umweltministeriums geschaffen werden. Es geht um eine Rotation des Personals, damit auf Dauer keine Abhängigkeiten entstehen. Es geht um die Spezialeinheit am Landesamt für Gesundheits- und Lebensmittelsicherheit. Es geht um das neue EDV-System. All das ist in den letzten Wochen schon diskutiert worden und wird jetzt planmäßig umgesetzt.
sage ich Ihnen, natürlich werden auch die Städte und Landkreise ihre Organisation in diesen Fragen überprüfen müssen. Ich wundere mich schon, wie Sie hier immer so selbstgefällig daherreden können. Ich könnte hier durchaus die Organisation der Landeshauptstadt München hinterfragen.
Kann es denn sein, dass die Landeshauptstadt München in ihrem höchsteigenen Schlachthof Räume vermietet, während die stadteigenen Kontrolleure von diesen Räumen nichts wissen? Soll ich da fragen, warum der Oberbürgermeister Ude, der nach Ihrer Logik der höchste Kontrolleur der Landeshauptstadt München ist, das nicht unterbunden hat und warum er nicht frühzeitig diese Räume entdeckt hat? – Was Sie hier erzählen ist doch ein solcher Unsinn, wie er schlimmer nicht sein könnte.