Protokoll der Sitzung vom 29.11.2006

Am Montag wurde in einer Krisensitzung, anders als von mir erwartet und erhofft, aber noch einmal eine Verlängerungsrunde in diesem langen, langen Ringen eingeleitet. In Kreisen der Hofer Flughafenausbaubefürworter greift die Überzeugung um sich, ganz Bayern habe sich gegen Hochfranken, wie Sie es selber nennen, verschworen. Es laufe sozusagen eine Verschwörung gegen die Region, gesteuert von Behörden, die parteilich sind, natürlich von den Bayern, natürlich auch von den Nürnbergern, die einen gut funktionierenden Flughafen haben, sozusagen von allen, die es eben mit Oberfranken nicht wohl meinen.

Ich muss schon sagen, langsam glaube ich auch daran. Langsam glaube ich wirklich daran. Die haben recht! Herr Fichtner, der neue Oberbürgermeister, hat recht. Da ist eine Verschwörung gegen Hof im Gange. Seit Jahren nämlich verweigern Sie der Region eine klare Ansage in Sachen Flughafenausbau. Sie halten den Hofern die versprochenen knapp 32 Millionen Euro Staatszuschuss wie eine fette Wurst vor die Nase, wohl wissend, dass die nie werden zuschnappen können. Durch die Genehmigung immer neuer Bürgschaften der beteiligten Kommunen für die stetig wachsenden Defizite der Flughafengesellschaft nehmen Sie eine ganze Region und die dort lebenden Menschen in Geiselhaft für ein wirtschaftlich und ökologisch unsinniges Großprojekt, das niemals Gewinn für die Region abwerfen wird,

(Beifall bei den GRÜNEN)

sondern im Gegenteil die Finanzkraft der beteiligten Städte und Landkreise dauerhaft schwächen wird, auch schon geschwächt hat. Das ist die eigentliche Verschwörung, die da im Gange ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nordost-Oberfranken ist die Region in Bayern, die am stärksten vom demografischen Wandel betroffen ist. Hier nehmen die Bevölkerungszahlen in dramatischer Weise ab. Es ist die Region, in der die jungen Menschen die schlechtesten Bildungschancen erhalten. Schulabgänger ohne Abschluss und Übertrittsquoten am Gymnasium belegen dies in trauriger Weise. Es ist die Region, in der die meisten jungen Menschen keinen Ausbildungsplatz finden. Es ist die Region, in der die Menschen häufiger krank sind und früher sterben müssen als im Rest von Bayern.

Was kann daran ein größerer Flughafen ändern? Wollen Sie damit dafür sorgen, dass die Menschen ihre Heimat noch leichter verlassen können, als sie das eh schon tun? Wollen Sie die Hofer mit dem Flieger in Urlaub schicken, damit sie das Elend zu Hause nicht mehr sehen?

(Zurufe von der SPD)

Ja. Sie merken an meinen Worten – hoffentlich auch Sie, Herr Wolfrum, damit Sie nicht wieder irgendwelche Unwahrheiten auf Ihre Homepage stellen, wie Sie das so gerne tun, wenn wir über den Flughafen diskutieren –, Sie merken an meinen Worten, wie absurd gerade hier das Ausbauprojekt Flughafen ist.

(Karin Radermacher (SPD): Das müssen Sie gerade sagen!)

Kein Reiseveranstalter wird Linienflüge ab Hof in sein Programm aufnehmen. Die Lufthansa hat erklärt, dass es keinen Bedarf für einen Flughafen Hof-Plauen gibt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es gibt niemanden in der Branche, der daran glaubt, dass dieser Flughafen irgendeinen wirtschaftlichen Nutzen erfüllt.

Sie, die Sie hier sitzen, und auch Sie, die Sie auf der Regierungsbank sitzen, wissen das auch. Sie wissen es seit Langem. Dennoch lassen Sie es zu, dass dort Jahr für Jahr Millionen verschwendet werden. Jeden Tag 4000 Euro Defizit, jeden Tag jetzt schon!

(Fortgesetzte Unruhe)

Meine Damen und Herren! Einen kleinen Moment, Frau Kollegin Gote. – Danke schön, jetzt ist es ruhiger.

Und dieses Geld würde in der Region an ganz anderer Stelle gebraucht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich weiß aus vielen Gesprächen mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der SPD und aus der CSU, dass viele von Ihnen genauso denken, wie ich es gerade geschildert habe. Sie wissen es ganz genau. Im vertraulichen Gespräch sagen Sie: Sie haben recht, das ist nicht wirtschaftlich! – Jetzt sage ich: Stehen Sie wenigstens heute auf! Wenn Sie noch einen Rest politischen, wirtschaftlichen und fachlichen Sachverstand haben, dann stehen Sie heute dazu und stimmen Sie mit uns für diesen Antrag!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Herrmann – er ist jetzt leider nicht da – hat gestern in Interviews gesagt, die Region müsse selbst einschätzen, wie wichtig eine solche Einrichtung für die Entwicklung der heimischen Wirtschaft ist. Wenn er das sagt, kann er sich damit trotzdem nicht von der Verantwortung freikaufen. Er hat gesagt: Wenn eine Region das unabhängig vom öffentlichen Bedarf – das sind die Worte des Fraktionsvorsitzenden der CSU! – will, dann müssen die beteiligten Gebietskörperschaften aber auch über die Finanzkraft verfügen, um das selbst zu stemmen.

Wenn das die Meinung der CSU im Bayerischen Landtag ist, müssen Sie heute konsequent sein und dafür sorgen, dass nicht 32 Millionen Euro öffentliches Geld, Geld aller bayerischen und auch der fränkischen und oberfränkischen Bürgerinnen und Bürger, in dieses Projekt fließen, für das es keinen öffentlichen Bedarf gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie tragen Verantwortung für die sinnvolle Verwendung öffentlicher Gelder; deshalb sorgen Sie bitte heute dafür, dass diese traurige Geschichte endlich ein Ende nimmt.

Um das hier ganz klar zu sagen: Wir wollen, dass sich der Freistaat in der Region Nordostoberfranken stärker engagiert, dass die zugesagten Fördermittel in der Region bleiben. Sie müssen aber sinnvoll eingesetzt werden für eine zukunftsfähige, nachhaltige Regionalent

wicklung. Die Felder habe ich im Prinzip schon genannt: Es sind Bildung, Jugendarbeit, Investitionen in soziale Einrichtungen, Maßnahmen, die die Lebensqualität der Menschen verbessern, ökologische Innovationen in der Region.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich denke da auch an die Fachhochschule Hof. Bauen Sie die Fachhochschule Hof aus; das ist ein Zukunftsfaktor in der Region. Ich nenne zum Beispiel die Ausbildungsplätze. Verbessern Sie die Ausbildungssituation der jungen Menschen in der Region, oder unterstützen Sie ökologische Gebäudesanierung und Maßnahmen zum Klimaschutz. Die Region Oberfranken und speziell ihr nordöstlicher Teil hat das Potenzial für eine zukunftsfähige Entwicklung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kommunen sind in der Lage, entsprechende Regionalentwicklungskonzepte zu erstellen. Unterstützen Sie sie darin. Das endgültige Aus für den Flughafenausbau kann die bestehende Blockade der Regionalentwicklung beenden und eröffnet Chancen. Es kann neue Kreativität, neues Engagement und neue Finanzquellen bei den Kommunen und beim Land für die ganze Region erschließen. Oberfranken könnte mit „Hof ganz oben“, wie Sie so schön sagen, zu einer Modellregion für eine nachhaltige Regionalentwicklung in Bayern werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bitte Sie heute: Werden Sie Ihrer Verantwortung für dieses Land und für diese Region gerecht. Stoppen Sie den Ausbau des Flughafens Hof und sorgen Sie dafür, dass die Förderzusage zurückgezogen wird. Machen Sie sich gemeinsam mit den Oberfranken auf den Weg in eine bessere Zukunft.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Kollege Wolfrum.

(Georg Stahl (CSU): Feuer und Flamme für Hof!)

Das hoffe ich doch, Kollege Stahl! – Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, die wievielte Attacke der Kollegin Gote und der Fraktion der GRÜNEN das inzwischen gegen den Flughafen Hof ist.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich denke, Frau Gote, Sie könnten auf anderem Gebiet mehr für diese Region leisten. Das war heute keine gute Vorstellung.

(Alexander König (CSU): Milde ausgedrückt!)

Auch wenn wir gestern Kabarett gehabt haben, war es wirklich keine gute Vorstellung.

Kolleginnen und Kollegen, was die GRÜNEN mit ihrem Dringlichkeitsantrag fordern, nämlich mehr Mittel für eine nachhaltige Regionalentwicklung in Oberfranken, fordert die SPD-Fraktion in diesem Hohen Hause unabhängig von der heutigen Flughafendiskussion schon seit Jahren.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Es gibt aber leider nicht zweimal Geld dafür!)

Passiert ist leider nicht viel, Kollegin Gote. Nach wie vor – das ist jetzt an die rechte Seite des Hohen Hauses gerichtet – lässt es die CSU-Staatsregierung zu, dass die strukturpolitischen Unterschiede zwischen der reichsten Region Bayerns – ich denke hier an Freising, Erding und das Münchner Umland – und der schwächsten Region um Hof, Wunsiedel und Kronach so groß sind wie in keinem anderen Bundesland. Alle Appelle hinsichtlich einer besseren Regionalförderung sind wirkungslos verhallt. So scheint es auch in Zukunft zu sein. Das bedauern wir sehr. Das weiß anscheinend jeder, nur nicht die GRÜNEN. In welcher Welt, so frage ich mich, lebt ein Teil der GRÜNEN eigentlich? Diese Frage muss man sich unweigerlich stellen, wenn man den letzten Satz in Ihrer Antragsbegründung liest. Dort heißt es: „Mit Hilfe der zugesagten Fördermittel könnte Oberfranken zur Modellregion für eine nachhaltige Regionalentwicklung in Bayern werden.“ Toll, Frau Gote! Bisher habe ich über Jahre hinweg in diesem Hohen Hause von allen über die Modellregion Oberfranken gehört: Aufsteigerregion Oberfranken, Familienregion Oberfranken, Pilotregion Oberfranken. Ich frage mich: Was ist aus all diesen Versprechungen geworden? Ich kann keine bessere Entwicklung für Oberfranken erkennen.

(Beifall bei der SPD)

Die Aussage in der Antragsbegründung der GRÜNEN, wonach alle angefragten Reiseveranstalter erklärt haben, den Flughafen Hof-Plauen nicht in ihr Programm aufzunehmen, muss stark bezweifelt werden. Ich denke, hier hat man einfach nur diejenigen gefragt, deren Meinung einem gerade in den Kram passte.

Kollege Herrmann ist jetzt leider nicht da. Ich finde es sehr schade, dass er den Vorschlag, dass der Freistaat Bayern in die Flughafengesellschaft einsteigen sollte, nach wie vor ablehnt. Es gibt in Bayern ja bekanntlich Beispiele, wo sich die Staatsregierung bei der Unterstützung von Flughäfen weitaus stärker engagiert, als sie es in Hof momentan tun will. Ich denke an das Darlehen für den Münchner Flughafen. Es gibt auch Beispiele in anderen Bundesländern, wie Hessen, wo sich die Länder verstärkt an ihren Regionalflughäfen beteiligen.

Es hat auch Zeiten gegeben, in denen die GRÜNEN noch regiert haben und wo sie solche Entwicklungen unterstützt haben. Heute argumentieren sie hier in einer Art und Weise, die man nicht mehr verstehen kann.

(Beifall bei der SPD)

Ausdrücklich zustimmen möchte ich Herrn Herrmann aber bei seiner Aussage über die Diskussion um die Wirtschaftlichkeit des Hofer Flughafens. Es hat mich über

rascht – so wird er heute in der „Frankenpost“ zitiert –, dass die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus und Finanzfragen so in den Mittelpunkt des Verfahrens gestellt werden. Es sei eine gefährliche Betrachtungsweise, beim Bau von Infrastrukturmaßnahmen die betriebswirtschaftliche Seite eines Projektes höher zu bewerten als den volkswirtschaftlichen Nutzen. Würde dieser Maßstab überall angelegt, wäre in München keine U-Bahn-Linie genehmigungsfähig. – Wie wahr, Herr Herrmann, kann ich hier nur sagen.

(Beifall bei der SPD)