Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Lieber Herr Dürr, Sie sollten wirklich zuerst nachdenken, zuerst zuhören und dann vielleicht reden, und zwar dann, wenn es angebracht ist, anstatt sinnlos dazwischenzuquatschen und es anschließend aus dem Protokoll zu streichen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Ich darf zunächst auf den letzten Beitrag eingehen, in dem Frau Ackermann das schöne Bild der Tiefgarage verwendet hat. Liebe Frau Ackermann, ich habe den Eindruck, dass das Niveau der Diskussion über dieses Thema in der Tiefgarage ist und nichts mit der Realität in Bayern zu tun hat.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Das will ich gerne mit Daten und Fakten belegen. Zuerst gehe ich auf Ihre Vorwürfe in Bezug auf Kinder und Jugendliche ein. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie die Realität in den Ländern, in denen Sie regieren, überhaupt nicht wahrnehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Das beginnt bei Pisa-Studien, geht über die Versorgung mit Kindergartenplätzen und setzt sich fort beim Thema Landeserziehungsgeld, das es in den von Ihnen regierten Ländern überhaupt nicht gibt.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Hallo!)

Jetzt gehen wir schlicht und einfach auf die Fakten in Bayern ein.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Hallo!)

Herr Dürr, es nützt überhaupt nichts, wenn Sie hier immer „Hallo“ schreien.

(Lachen bei der CSU)

Allein bei den Kindertagesstätten gibt es im Jahr 2007 eine Steigerung um 15 Millionen Euro und eine zusätzliche Steigerung um über 20 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2008. Herr Dürr, Herr Wahnschaffe, das sind keine Selbstverständlichkeiten. Das ist eine Menge Geld, das zusätzlich in die Hand genommen wird, um Familien und Eltern zu helfen.

(Christa Steiger (SPD): Das ist wirklich falsch!)

Lieber Herr Wahnschaffe, Sie würden gerne ebenso wie die GRÜNEN, die das in ihren Anträgen fordern, das Landeserziehungsgeld kürzen. Das heißt, Sie wollen den Familien Geld wegnehmen, um damit eine zusätzliche Kinderbetreuung zu bezahlen.

(Beifall bei der CSU – Lebhafte Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Das ist die Realität. Die Fakten passen einfach nicht zusammen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Abschaffen!)

Ja, abschaffen, schreit der Herr Dürr. Man soll also das Geld, das Familien erhalten, wenn sie Kinder bekommen und dafür Aufwendungen haben, in Bayern abschaffen. Herr Dürr, das nennen Sie Sozialstaat.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wahnschaffe?

Frau Kollegin Hohlmeier, Sie waren Berichterstatterin im Haushaltsausschuss. Ist Ihnen ein Haushaltsantrag der SPD-Landtagsfraktion bekannt, wonach das letzte, beitragsfreie Kindergartenjahr mit den Mitteln des Landeserziehungsgeldes fi nanziert werden soll, ist Ihnen also bekannt, dass dieses Geld nicht verbraten, sondern den Kindern zugeführt werden soll?

Das ist eine Katastrophe, wie so schön formuliert wurde. Ich möchte die Worte meines Kollegen gleich aufnehmen, weil sie völlig richtig sind. Er spricht aus Erfahrung, weil er diese Fragestellungen aus dem Nürnberger Raum sehr, sehr gut kennt.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Zurück zum Thema Kindertagesstätten: In diesem Haushalt haben wir hierfür eine deutliche Steigerung zu verzeichnen. Die Geburtenrate sinkt nicht so stark, wie ursprünglich prognostiziert wurde; sie ist sogar höher. Das Landeserziehungsgeld mit einem Beitrag von insgesamt 41 Millionen Euro zusätzlich im Freistaat Bayern ist im Rahmen dieses Haushalts keine Selbstverständlichkeit.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Zur Umsetzung des Erziehungs- und Bildungsplanes gibt es aufgrund eines Antrags der CSU-Landtagsfraktion zusätzliche Mittel, damit Fortbildung stattfi nden bzw. ausgeweitet werden kann. Ich fi nde es etwas seltsam, dass Sie sagen, das Ausmaß an Kinderbildung und die Anzahl der Arbeitsplätze würden in Bayern nicht übereinstimmen. Im Vergleich mit Ländern, in denen Sie immer regieren, haben wir relativ wenig Arbeitslose. Ich weiß nicht, welche Realität Sie wahrnehmen. Bei uns haben Kinder Chancen, da ausgebildet zu werden, wo es notwendig ist.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Sie erhalten eine zusätzliche Förderung auch über Jugendsozialarbeit, über Jugendfreizeitstätten, über ein eigenes Jugendprogramm und über eine eigene Hilfe im Bereich des Sozialministeriums, auch über eine Koordination. Die GRÜNEN wollten die Jugendsozialarbeit ursprünglich nicht beim Sozialministerium angesiedelt wissen. Wir aber wollen eine gezielte soziale Unterstützung und eine Vernetzung von Schulen und Jugendhilfeinstitutionen. Das wollten die GRÜNEN in dieser Form ursprünglich nicht.

(Günter Gabsteiger (CSU): Der Dürr hat keine Ahnung von Sozialpolitik!)

Ich halte das für den richtigen Ansatz. Die zusätzlichen 39 bzw. 32 Stellen sind außerordentlich positiv.

Auch die Aussage, dass es bei den Behinderten keinen Fortschritt gäbe, Herr Wahnschaffe, ist schlichtweg falsch. Der Antrag der SPD zum Landesbehindertenplan beinhaltet ein Plus von 2,5 Millionen, jener der CSU ein Plus von 2 Millionen. Ist der Unterschied von 500 000 Euro so riesig, dass Sie das Recht hätten, uns vorzuwerfen, dass wir hier nichts tun würden? Die Finanzen im Bereich der Behinderten steigen deutlich. Ich gratuliere der Sozialministerin dafür, dass der Landesbehindertenplan in Zusammenarbeit mit der CSU-Landtagsfraktion massiv angestiegen ist. Sie haben gerade mal einen Antrag auf ein Plus von 2,5 Millionen gestellt, wir einen Antrag auf ein Plus von 2 Millionen Euro. So schlimm kann das also wohl nicht sein, wenn schon Ihr eigener Antrag nicht mehr umfasst.

(Beifall bei der CSU)

Sie sollten hier schon mehr Verantwortung übernehmen.

Man muss auch auf kleine Posten eingehen, die aber sehr wesentlich sind. Ich denke zum Beispiel an das freiwillige soziale Jahr, das für junge Menschen sehr wichtig ist. Wir können 2007 zusätzlich 650 Plätze schaffen und im Jahr 2008 noch einmal 200 Plätze.

Es sind zwar nur kleine, aber sehr wichtige und wesentliche Posten, die man in diesem Zusammenhang zu sehen hat. Ich halte es auch für etwas seltsam, Herr Kollege Wahnschaffe, entsprechend nachzufragen. Eine Million Menschen sind doch nicht wegen Stoiber gekommen. Sie kommen wegen der Attraktivität Bayerns, wegen eines

guten Sozialstaats, wegen eines guten Wirtschaftsstandorts und wegen der sozialen, menschlichen und berufl ichen Perspektiven. Das ist der Sachzusammenhang.

(Beifall bei der CSU)

Bei uns haben Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik immer zusammengestimmt, die in einem Zusammenhang zu sehen sind. Gleichzeitig betreiben wir eine nachhaltige Finanzpolitik, die dafür sorgt, dass nicht die Kinder unsere Schulden abtragen müssen, und zwar in einem Ausmaß, dass sie als Erwachsene keine Chancen mehr haben, selbst einen Staat zu gestalten. Wenn ich mir Ihre Liste ansehe, dann habe ich manchmal den Eindruck, als ob wir im Paradies wären. Sie äußern ununterbrochen neue Wünsche, die nicht mit Deckungsvorschlägen belegt werden und woraus auch keine fi nanziellen Konsequenzen gezogen werden. Wenn ich zusammenzähle, was Sie sich alles wünschen, dann muss ich sagen: Auch wir hätten gern ein Wunschkonzert, aber man muss die Wünsche in einen sinnvollen Einklang bringen.

Wir bringen einen Sozialstaat in vernünftiger Form, eine Finanzpolitik in vernünftiger Form und eine Wirtschaftspolitik in vernünftiger Form in Einklang. In diesem Zusammenhang spielen gerade behinderte und ältere Menschen eine große Rolle. Wir haben in Bayern genügend Pfl egeplätze und wir werden beobachten, ob der Ausbau weiter so funktioniert; das ist von der Sozialministerin auch entsprechend so vorgetragen worden. Ich wünschte mir nur, sie hätten in den Ländern, in denen Ihre Partei regiert, so viele Altenheimplätze und Pfl egeplätze geschaffen, wie das im Freistaat Bayern der Fall gewesen ist.

(Beifall bei der CSU)

Ich halte es für unerträglich, die fi nanzielle Solidität Bayerns, die eindeutig auf die CSU zurückzuführen ist, als Indiz dafür zu nehmen, mehr ausgeben zu können, um dann am Schluss dort zu landen, wo Sie in den von Ihrer Partei regierten Ländern überall gelandet sind.

(Beifall bei der CSU)

Wir betreiben eine vernünftige Sozialpolitik und wir gehen vernünftig mit unseren Familien um. In diesem Zusammenhang gilt es auf ein Thema hinzuweisen, das sicher nicht einfach ist, das aber zusätzliche fi nanzielle Mittel erfordert, nämlich das Thema Forensik. Wir stellen zusätzliche fi nanzielle Mittel zur Verfügung, obwohl es sich um einen schwierigen, aber notwendigen Bereich handelt. Wir tun damit das, was für den Schutz der eigenen Bevölkerung durch die Unterbringung der betroffenen Personen notwendig und wesentlich ist.

Ich muss auch noch einen weiteren Punkt betrachten, den Sie anführen: Ich gehe gerne, Herr Wahnschaffe – Sie haben es vorhin eingeworfen und ich habe noch entsprechende Redezeit –, auf das kostenfreie letzte Kindergartenjahr ein. Sie beantragen ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr. Das ist schön, aber ich muss Ihnen sagen, Frau Stewens hat das nicht in der Form wie Sie gefordert. Wenn wir uns das leisten könnten, wäre das schön, aber unser Augenmerk gilt zunächst dem Ausbau. Des Wei

teren sind im letzten Kindergartenjahr – um das klar zu sagen – bereits alle Kinder im Kindergarten. Wir haben keinen zusätzlichen Bedarf und es macht keinen Sinn, Geld für etwas auszugeben, um populistisch zu handeln, das aber für die Bildung, Erziehung und für die Betreuung unserer Kinder nichts Zusätzliches bewirkt.

(Beifall bei der CSU)

Unser Schwerpunkt liegt beim Ausbau zum Beispiel einer qualifi zierten Tagespfl ege oder eines guten qualifi zierten Kindergartennetzes, beim Ausbau der Betreuung und der Versorgung von Schülerinnen und Schülern, die die Grundschule und die weiterführenden Schulen besuchen sowie beim Ausbau einer Schulsozialarbeit in der Begleitung.

Sie müssen sich einfach mal in den Ländern umsehen, in denen Ihre Partei regiert. Ich sage es noch einmal: Schauen Sie sich die Schulgebäude an, schauen Sie sich die Schwierigkeiten, die sie haben, an und schauen Sie sich an, auf welcher Ebene sie in der sozialen Bilanz bei diesen Themen rangieren. Nicht dem Freistaat Bayern werden bei Pisa im sozialen Bereich Schwierigkeiten bescheinigt, die Schwierigkeiten gibt es in den Ländern, in denen Ihre Partei regiert.

(Beifall bei der CSU)

Nicht wir in München oder Nürnberg haben diese eklatanten sozialen Probleme aufzuweisen, wie Sie es in den langjährig von Ihrer Partei regierten Städten Bremen oder Hamburg, Düsseldorf oder ähnlichen Städten haben. In Bayern sieht es schlicht und einfach völlig anders aus. In diesem Zusammenhang gilt es zu sagen: Unser Schwerpunkt gilt der Familie und unser Schwerpunkt gilt der Familienunterstützung.