Ich möchte Ergebnisse haben, auf deren Grundlagen zu entscheiden ist, die nicht von interessierten Großkonzernen geschrieben werden. Wenn richtig ist, was ich sage, müssen wir Versuche durchführen.
Wir haben vor wenigen Tagen im Umweltausschuss einen Bericht über die ersten Forschungsergebnisse zu Sicherheitsabständen und all diese Dinge bekommen. Ich habe im Ausschuss gesagt, es wäre ganz gut, wenn man den Zwischenbericht – das ist noch kein endgültiger – sofort Herrn Seehofer zuschicken würde, weil er dann merken würde, dass er mit seiner Abstandsfläche von 150 Metern völlig daneben liegt.
Ich weiß zwar noch nicht, was richtig ist, aber eines weiß ich: Wir brauchen eine öffentlich kontrollierte Forschung, um feststellen zu können, was wir in der Zukunft machen können, wenn wir es mit der Koexistenz ernst nehmen.
Koexistenz bedeutet: Es muss geprüft werden, ob beides nebeneinander möglich ist. Ich kann noch nicht beurteilen, ob das richtig ist. Um das beurteilen zu können, brauchen wir staatliche Versuche. Ich finde es in höchstem Maße absurd, dass die GRÜNEN das nicht wollen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle fest, dass sich sowohl die Regierungsfraktion als auch die SPD-Fraktion für die Durchführung von Versuchsanbau aussprechen.
Ich darf Ihnen die Zahlen vortragen, damit Sie sehen, wie es in Bayern und in Deutschland aussieht. Wir haben in Bayern einen Versuchsanbau auf 4 Hektar; angemel
dete Flächen von Privaten sind 1,15 Hektar; das sind also 5,15 Hektar. In der Bundesrepublik Deutschland hat sich die Anmeldung von 970 Hektar im letzten Jahr auf 2600 Hektar in diesem Jahr erhöht; davon sind allein 1500 Hektar in Brandenburg. Einen kommerziellen Anbau vom Staat gibt es bei uns nicht. Herr Kollege Müller hat darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wir Erkenntnisse haben. Man kann nicht behaupten, die Pollenflugweite beträgt 600 Meter, wenn man vorher keine Versuche gemacht hat. Wie will man denn das wissen? – Man kann auch nicht wissen, ob es Einflüsse auf Nützlinge gibt oder nicht. Wer könnte das besser überprüfen als staatliche Stellen, und wie könnte das besser festgestellt werden als mit wissenschaftlichen Methoden?
Wer wissenschaftliche Methoden ablehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren, begibt sich zurück ins Mittelalter.
Wir führen einen Versuch mit Kartoffeln durch; da geht es um Amylose und Amylopektin. Wir können heute Kartoffeln mit Amylopektin züchten; da fällt die Amylose weg, viele Umwandlungsprozesse fallen weg, und es wird viel eingespart; der Trennungsprozess wird überflüssig.
Es gibt Langzeituntersuchungen über die Auswirkungen von GVO-Mais auf Boden und Bodenorganismen. Dann gibt es Langzeitfütterungsversuche; da haben wir einen Auftrag vom Landtag betreffend gentechnisch veränderten Mais. Die Versuche zu Auswirkungen von Bt-Mais auf Bienenvölker werden fortgesetzt.
Wir können und wollen nicht zu einem Land der Nichtwissenden werden. Wir brauchen Erkenntnisse, die unter regionalen und praktischen Bedingungen gewonnen werden. Ergebnisse aus anderen Ländern helfen uns nicht weiter.
Hier geht es um einen legislativen Rahmen für gentechnikfreie Regionen. Der Einsatz der grünen Gentechnik auf europäischer Ebene ist durch die Freisetzungsrichtlinien, durch die Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel und durch die Verordnung über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO
geregelt. Diese Richtlinien sind vom Rat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament erlassen worden. Damit hat die EU entschieden, den Anbau von nach EU-Recht zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen innerhalb ihrer Grenzen zu ermöglichen. Artikel 22 der Richtlinie 2001/18/EG besagt:
Unbeschadet des Artikels 23 dürfen die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von GVO als Produkte oder in Produkten, die den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen, nicht verbieten, einschränken oder behindern.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Argumentation hat die Kommission im vergangenen Jahr im Rat ein Papier zur Entscheidung vorgelegt, das gegen das bestehende österreichische Einfuhrverbot für Mais der Linien MON 810 und T 25 gerichtet war. Da sich der Rat der Auffassung der Kommission nicht mit qualifizierter Mehrheit anschließen und die Auffassung der Kommission auch nicht mit qualifizierter Mehrheit ablehnen konnte, bleibt dieses Verfahren weiterhin in der Schwebe. Die Staatsregierung kann sich aber nicht über geltendes Recht hinwegsetzen und einen legislativen Rahmen für gentechnikfreie Regionen setzen.
Ich möchte klarstellen: Es ist falsch, dass der Bauernverband gegen Forschungsversuche ist. Für die Landwirte in der EU besteht jederzeit das Recht, sich auf freiwilliger Basis zu verpflichten, auf die Anwendung von gentechnisch veränderten Pflanzen zu verzichten. Es gibt Regionen, wo sich die Landwirte freiwillig zusammenschließen. Das ist möglich; legislative Hilfen sind nicht erlaubt.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich Frau Kollegin Paulig das Wort. Frau Kollegin, gehen Sie bitte nicht ans Pult. Nach der Geschäftsordnung müssen Sie eine Zwischenbemerkung von Ihrem Platz aus machen.
Herr Minister, Sie haben gesagt, wir brauchen endlich wissenschaftliche Erkenntnisse. Bayern hat jetzt vier Jahre lang das Umweltmonitoring durchgeführt und mit 2,5 Millionen aus Privatisierungserlösen finanziert. Die Ergebnisse liegen auf dem Tisch, aber Sie nehmen sie nicht zur Kenntnis.
Wir wissen beispielsweise, dass Maispollen flächendeckend im tertiären Hügelland ausgebreitet sind. Wir wissen, dass Maispollen über 600 Meter ausgetragen werden. Die Konsequenz daraus ist doch, dass eine Koexistenz in Bayern nicht möglich ist und dass wir keine Gentechnikpflanzen mehr anbauen dürfen. Außerdem könnte man endlich einmal europäische Ergebnisse zur
Kenntnis nehmen, die aufgezeigt haben, dass es deutliche Einflüsse auf die Insektenwelt gibt. Das haben auch die bayerischen Versuche gezeigt. Wir haben beispielsweise bei Schmetterlingsraupen eine LD 50. Es gibt deutliche Effekte bei Nützlingen, die beim Wachstum und in der Fortpflanzung geschädigt sind. Der Versuch im geschlossenen Labor, nicht im Freiland, hat gezeigt, dass bei 13 Pollen von Bt-Mais die Hälfte der Schmetterlingsraupen des Schwalbenschwanzes gestorben ist. Das zeigt doch, dass wir wissenschaftliche Erkenntnisse haben und endlich Konsequenzen ziehen müssen.
Unser Antrag fordert zudem keineswegs, dass wir uns über geltendes Recht hinwegsetzen sollen, sondern wir fordern, dass das Recht in diesem Sinne geändert wird. Herr Miller, lesen Sie einfach unseren Antrag.
Frau Paulig, es wäre gut, wenn Sie, um hier argumentieren zu können, die Untersuchungsergebnisse studieren würden. Sie wissen sehr wohl, dass der Pollenflug von vielen Einflussfaktoren abhängt. Wir haben bei unseren klein parzellierten Flächen andere Herausforderungen bei der Koexistenz, als das in den neuen Bundesländern der Fall ist. Sie wissen, dass man in der Wissenschaft Ergebnisse von mehreren Jahren braucht, damit sie als gesichert gelten können.
Viele Gruppen in unserem Land, die selbst gegen Gentechnik sind, unterstützen und fordern Versuche. So zum Beispiel die Biolandwirte, die bei mir waren und gesagt haben: Bitte machen Sie die Versuche, damit wir wissen, wie die Koexistenz funktioniert. Sie sind eine der ganz wenigen, die Versuche ablehnen, weil Sie die Wahrheit nicht wissen wollen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich lasse zunächst über den Tagesordnungspunkt 8 abstimmen. Das ist der Antrag auf Drucksache 15/5792. Der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten empfiehlt auf Drucksache 15/6558 die Ablehnung. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das ist die SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 15/5793, Tagesordnungspunkt 9. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat den Antrag gestellt, dass die Abstimmung in namentlicher Form erfolgen soll. Der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten empfiehlt auf Drucksache 15/6559 wiederum die Ablehnung. Die Urnen stehen wie immer bereit. Ich bitte, mit der Stimmabgabe zu beginnen. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass im Laufe des Abends noch einmal eine namentliche Abstimmung folgt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Stimmergebnis wird wie immer außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Ich darf Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass ganz am Schluss der heutigen Sitzung zu Tagesordnungspunkt 13 noch einmal eine namentliche Abstimmung stattfinden wird.