Protokoll der Sitzung vom 30.01.2007

Da komme ich gleich zu unserem Gesetzentwurf, den Sie hoffentlich alle gelesen haben.

(Manfred Ach (CSU): Immer!)

Ich verkürze jetzt ein bisschen, weil ich nicht wiederholen will, was wir schon alle gehört haben.

(Manfred Ach (CSU): Das ist lobenswert!)

Das Problem: Die von der Regierungskoalition im Bundestag zunächst geplante Gesetzesinitiative für einen Schutz vor Passivrauchen ist aufgrund der Bedenken der Bundesjustiz- und Bundesinnenministerien bezüglich der Verfassungskonformität gescheitert. Seitens der Bundesregierung wurde auf die Bundesländer als zuständige Instanzen für gesetzliche Regelungen beim Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern verwiesen. Nach dem Aus für ein bundeseinheitliches Verbot müssen nun die Länder den Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutz in ihrer Zuständigkeit regeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Lösung: Im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Bayern werden gesetzliche Regelungen getroffen, die konsequent das Rauchen verbieten und somit einen wirksamen Schutz vor Passivrauchen gewährleisten. – Konsequent! – Damit wird der durch die Einführung eines Rauchverbotes in Artikel 80 des Gesetzes über das

Erziehungs- und Unterrichtswesens eingeschlagene Weg weiter beschritten.

Alternativen: keine.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kosten sind eigentlich Null, abgesehen von den Kosten für das Wegräumen der Aschenbecher, was wohl ziemlich günstig sein dürfte.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Laut Artikel 1 des Gesetzentwurfs ist in allen Betrieben des Gaststättengewerbes auf dem gesamten Gelände das Rauchen untersagt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Geldbuße bis zu 200 Euro kann belegt werden, wer gegen dieses Rauchverbot verstößt. Mit Geldbuße bis zu 5000 Euro kann belegt werden, wer als Betreiberin oder Betreiber eines Betriebes des Gaststättengewerbes zulässt, dass in diesem Betrieb das Rauchverbot missachtet wird und nicht auf dessen Einhaltung hinwirkt. Wir fordern im Gesetzentwurf eine Reihe von Änderungen bayerischer Gesetze, so eine Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes. Darin wird ein neuer Absatz mit folgendem Wortlaut eingefügt: „Auf dem gesamten Gelände aller Hochschulen ist das Rauchen untersagt.“

Eine ähnliche Änderung wollen wir im Polizeiorganisationsgesetz: „Auf dem gesamten Gelände aller Einrichtungen und in allen Fahrzeugen der Polizei ist das Rauchen untersagt.“

Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes: „Auf dem gesamten Gelände aller Gerichte ist das Rauchen untersagt.“

Ich kürze noch weiter ab und komme jetzt zu der von uns geforderten Änderung des ÖPNV-Gesetzes: „Auf dem gesamten Gelände aller Einrichtungen und in allen Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs ist das Rauchen untersagt.“

Dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – BayKiBiG – soll in Artikel 4 folgender neuer Absatz 4 angefügt werden: „Auf dem gesamten Gelände aller Einrichtungen ist das Rauchen untersagt.“

Auch das Bayerische Krankenhausgesetz soll geändert werden; denn wir bekommen immer wieder Beschwerden, dass in Krankenhäusern geraucht wird. Folgender neuer Artikel soll eingefügt werden: „Auf dem gesamten Gelände der Krankenhäuser ist das Rauchen untersagt.“

Die Begründung kennen Sie alle: Passivrauch schadet den Menschen. Besonders gefährdet sind Kinder, chronisch Kranke und Ältere. Es ist erwiesen, dass die Belastung der Luft durch Feinstoffpartikel in Innenräumen, in denen geraucht wurde, um ein Vielfaches höher ist als die in der Außenluft zugelassenen Grenzwerte. Das ist

ein Skandal. Tabakrauch enthält über 4800 Substanzen, mehr als 70 davon sind krebserregend oder stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Auch der kalte Tabakrauch gefährdet die Gesundheit. Die im Tabakrauch enthaltenen Schadstoffe sind auch dann vorhanden, wenn aktuell nicht geraucht wird. So lagern sich Feinstaubpartikel an Wänden, Decken, Böden und Gegenständen ab und werden von dort auch wieder abgegeben.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Nach Angabe der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sterben in Deutschland jährlich rund 110 000 bis 140 000 Menschen an den Folgen tabakkonsumbedingter Erkrankungen. Davon sind 3300 Nichtraucher und Nichtraucherinnen.

Frau Kollegin Rütting, enthält Ihr Redebeitrag Begründung und Aussprache in einem? –

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)

Dann haben Sie zehn Minuten Redezeit.

Ich würde lieber die fünf Minuten im Anschluss an die anderen Rednerinnen nutzen.

Dann müssten Sie jetzt mit Ihrer Begründung bitte zum Schluss kommen.

Es gehen mehr Menschen an den Folgen des Rauchens zugrunde als durch Aids und alle Krankheiten zusammengenommen. Ich würde nachher gerne darauf zurückkommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung zur Begründung des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion: Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Präsident, ich nutze die zehn Minuten Redezeit und lasse vielleicht noch etwas übrig.

(Zuruf von der SPD)

Ich werde es versuchen.

Frau Kollegin, Sie sind doch sonst nicht so schüchtern.

Herr Präsident, das hat nichts mit Schüchternheit zu tun, wenn hier das Mikrofon nicht funktioniert. Darum müssen Sie sich kümmern.

Kolleginnen und Kollegen, wir haben diesen Gesetzentwurf ganz bewusst „Bayerisches Gesetz zum Schutz vor

den Folgen des Passivrauchens sowie der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ genannt; denn genau um Gesundheitsschutz geht es hier. Deswegen stehe ich hier.

Warum haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht? – Zur Begründung dienen zunächst einmal Zahlen. 140 000 Menschen in Deutschland, 16 500 davon in Bayern, sterben jedes Jahr an den Folgen von tabakassoziierten Krankheiten. 3300 von diesen 140 000 und über 400 von den 16 500 in Bayern sterben allein an den Folgen des Passivrauchens. Es gibt derzeit keinen angemessenen Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern. Auch Kinder und Jugendliche werden leider nicht erfolgreich vom Einstieg in den Tabakkonsum abgehalten.

Freiwillige Lösungen haben bisher nichts gebracht. Deswegen ist der Gesetzgeber gefordert, jetzt rasch zu handeln. Eines möchte ich noch betonen: Der Gesetzentwurf, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat, hat nicht das Ziel, die Raucher und Raucherinnen zu diskriminieren. Angesichts massiver Gesundheitsgefährdungen Unbeteiligter muss allerdings für den öffentlichen Raum diese Gefahr in Zukunft so weit wie möglich ausgeschlossen bzw. verringert werden, soweit das im Rahmen der Gesetzgebung möglich ist.

Da höre ich oft den Einwand, dass mündige Bürger das selbst regeln könnten. Hitzige Debatten in der Öffentlichkeit zeigen allerdings, dass das nicht der Fall ist. Kolleginnen und Kollegen, die Sie hier munter nicken, weil Sie auch dieser Meinung sind, ich frage Sie: Sind Sie dann auch der Meinung, dass wir Tempo-30-Zonen abschaffen sollen, weil der mündige Bürger selbst bestimmen kann, wie schnell er oder sie fährt? Auch da geht es um die Gefährdung der Gesundheit von Leuten.

Welche Bereiche sehen wir konkret für Rauchverbote vor? – Da sind zunächst einmal öffentliche Gebäude, Behördenteile oder Gerichte sowie sonstige öffentliche Stellen des Freistaats. Ebenso gilt dies für Gemeinden und Gemeindeverbände. Es gilt für Einrichtungen, die aus Landesmitteln finanziert oder finanziell unterstützt wurden. Dort sehen wir regelmäßige Aufforderungen vor, für Rauchverbote zu sorgen. Für den Fall, dass auch weitergehende Forderungen verlangt werden, sind wir sehr offen. Wir könnten beispielsweise unterstützen, dass finanzielle Förderungen an diese Bedingung geknüpft werden.

Der zweite Bereich umfasst die Gebäude mit öffentlichem Zugang. Das gilt vor allem für die Gastronomie. Hierzu muss ich sagen, Rauchverbote in Gaststätten und anderen Bewirtungsbetrieben sind in Bayern und auch in Deutschland längst überfällig.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ziel der Rauchverbote ist vor allem der Schutz der dort Beschäftigten. Diese haben nämlich nicht die Wahl, sich dorthin zu begeben oder nicht. Die Wahl hat lediglich der Gast. Ich brauche mich in keine Kneipe zu setzen, wenn

dort geraucht wird. Als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter muss ich das aber tun, weil ich damit mein Geld verdiene.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Vor diesem Hintergrund kann es auch keine Ausnahmeregelungen für die Gastronomie geben, weil der Gesundheitsschutz nicht nur partiell, sondern überall gelten muss. Ich halte Ausnahmen in der Gastronomie allerdings auch aus zwei anderen Gründen für kontraproduktiv. Zum einen ist jede Ausnahmeregelung schwer zu verstehen und daher schwerer zu verwirklichen als eine generelle Lösung. Zum anderen führt eine Ausnahmeregelung zu Wettbewerbsverzerrungen unter den einzelnen Betrieben.

Weitere Gebäude sind natürlich Kindertagesstätten und alle Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Krankenhäuser, Krankenanstalten, Bildungseinrichtungen, Einrichtungen der Altenpflege. Wobei man im letzten Fall darüber reden muss, wie die Bewohnerinnen und Bewohner in den selbst genutzten Räumen weiter rauchen können, ohne dass das Personal dieser Gefahr ausgesetzt wird. Gleiches wie für die Einrichtungen der Altenpflege gilt für die Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Auch der ÖPNV, das ist klar, gehört hier mit hinein.

Wir sehen in diesem Gesetzentwurf auch Sanktionen vor. Leider zeigt sich in sehr vielen Bereichen, und das zeigen auch die Erfahrungen in anderen Ländern, dass es ohne Sanktionen – in diesem Fall empfindliche Geldbußen – nicht funktioniert.