Protokoll der Sitzung vom 15.02.2007

Wo liegen die Reduktionspotenziale? – Diese liegen zum Beispiel in den Biogasanlagen zur Methanminderung. Diese Anlagen gibt es bereits. Darüber hinaus müssten weniger Mineraldünger und Pestizide ausgebracht werden, weniger Futtermittel importiert und Humus auf den Böden aufgebaut werden. Wir bräuchten geschlossene Kreisläufe und eine Regionalvermarktung. Wir müssten auch die Tierbestandsdichte reduzieren. Umweltminister Dr. Schnappauf spricht dies durchaus an. Notwendig wäre auch eine Emissionsminderung bei der Lagerung und der Ausbringung von Gülle. Wir haben eine Menge Handlungsfelder. Wenn wir uns nun die landwirtschaftliche Produktionsweise anschauen, stellen wir fest, dass eine Reihe dieser Maßnahmen zur Reduktion der Klimagase in der ökologischen Landwirtschaft, im Bioanbau, ergriffen werden. Wir fordern deshalb heute mit unserem Antrag: Diese Bewirtschaftungsform ist zu stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir fordern mit unserem Antrag ein Aktionsprogramm für den Ausbau des ökologischen Anbaus. Als ersten Schritt fordern wir, die KULAP-Prämie (Anm.: KULAP: Kulturlandschaftsprogramm) im Ökoanbau von 190 Euro wieder auf mindestens 255 Euro pro Hektar heraufzusetzen. Sie kennen die Debatte über die zweite Säule. In den letzten Wochen gab es hier ein stetiges Hin und Her. Wir brauchen eine angemessene Förderung, sonst wird der Ausbau des ökologischen Landbaus nicht klappen. Das ist aus Klimaschutzgründen wichtig. Es ist aber auch wichtig, weil das ein Wirtschaftsfaktor ist. Wir haben in diesem Sektor große Wirtschaftschancen. Die bayerische Landwirtschaft muss diese Chancen nutzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich werde mich morgen mit Herrn Landwirtschaftsminister Miller auf der „BioFach“ in Nürnberg treffen. Dort boomt der Markt. Auf dieser Messe werden 2500 Aussteller aus 80 Ländern vertreten sein. Die drängen auf den bayerischen und europäischen Markt. Herr Miller, unsere Land

tagsfraktion hat auf dieser Messe auch einen Stand. Ich lade Sie herzlich ein, dort vorbeizukommen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Da kann er was lernen!)

Lassen Sie uns noch einmal auf die Marktsituation schauen: Der Verkauf von Bioprodukten ist ein boomender Markt. Das ist ein Wachstumsmarkt. Die Umsatzzahlen haben sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Die Wachstumsraten liegen im zweistelligen Bereich. Andere Sektoren können solche Zahlen nicht aufweisen. Wir müssen also in diesen Markt einsteigen, um eine Stärkung der Landwirtschaft zu erreichen.

Wenn wir uns die Zahlen in Bayern ansehen, stellen wir fest, dass es dort ziemlich duster aussieht. Wir liegen sowohl hinsichtlich der Ökoanbaufl äche in Bayern als auch hinsichtlich der Anzahl der Ökobetriebe prozentual unter dem Durchschnitt aller Bundesländer. Die Wachstumsraten sind erbärmlich. Unsere Nachbarn BadenWürttemberg und Hessen haben uns überholt. In Italien ist die Zahl der Betriebe gestiegen und liegt inzwischen bei 50 000, das sind fünfmal so viel wie in Deutschland, die Anbaufl äche ist doppelt so groß wie in Deutschland. Dort boomt der Markt. Auch in Österreich boomt der Markt. Die dortigen Betriebe drängen auf den Wachstumsmarkt „Bio-Lebensmittel“. Herr Miller, leider muss ich sagen: Diesen Trend hat die Bayerische Staatsregierung dummerweise total verschlafen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gegenteil: Sie haben die Bio-Landwirtschaft ständig schlechtgemacht. Auch Herr Dr. Schnappauf schreibt zum Beispiel unter „Tipps für den Einkauf“: Die Verbraucher sollten auf frisches Gemüse und regionale Produkte achten und nachhaltig erzeugte Lebensmittel einbeziehen. Er sollte deutlich sagen: Öko-Lebensmittel. Diese Lebensmittel erfüllen in der Regel die Kriterien, um Klimagase zu reduzieren. Diese Lebensmittel sind gesund, schmackhaft, erhöhen den Genuss, und sie sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Er traut sich aber noch nicht so richtig.

Ich weiß, dass Bayern mit der Öko-Prämie im KULAP höher als alle anderen Bundesländer liegt. Wir stellen aber fest, dass die Prämie in Österreich deutlich höher ist. Dort werden circa 460 Euro pro Hektar bezahlt. Auch Litauen, Lettland und die osteuropäischen Länder zahlen höhere Prämien. Diese Länder stellen um und drängen mit ihren Produkten auf den Markt. Das wollen wir doch nicht.

Wir müssen Anreize dafür schaffen, dass Betriebe umstellen. Öko-Landwirte sollten am Jahresende nicht im Minus liegen und dann aufgeben müssen. Dazu müssen wir ihnen jedoch eine Sicherheit geben. Wir dürfen nicht sagen, dass dies von der Haushaltslage abhänge und davon, wie die Verträge ausgestaltet seien. Wir haben fünfjährige Verträge. Die Zahlungen werden jetzt bis

2007 um 20 % gekürzt, obwohl die Verträge bereits geschlossen sind.

Wir brauchen Investitionssicherheit. Wir brauchen Sicherheit für die Betriebe, die Öko-Landbau betreiben oder die darauf umstellen.

Wie gut das funktioniert, sieht man beim EEG. Da haben wir über zwanzig Jahre Sicherheit, und da wird investiert. Das brauchen wir auch im Ökolandbau: höhere Prämien – mindestens das, was bis jetzt gegolten hat –, 255 statt jetzt 190 Euro pro Hektar plus vertragliche Sicherheit, damit der Markt ständig wachsen und sich aufbauen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, wenn Sie zugehört haben, haben Sie es verstanden.

Ich darf noch zwei Aspekte einbringen: Der Klimawandel wird nicht nur unter anderem durch die Landwirtschaft verursacht, er ist auch ein Faktor, der die Landwirtschaft schädigt. Erhebliche Schäden entstehen durch Hitze, Trockenheit, Dürre, Überschwemmungen, Erosion oder zunehmenden Schädlingsbefall. All das trifft die Landwirtschaft, und sie muss Anpassungsstrategien dagegen entwickeln. Sie muss Schadensvorsorge treffen. Genau da sind wir wieder an dem Punkt: Maßnahmen, die helfen, sind im ökologischen Landbau verankert, zum Beispiel Humusaufbau zum Wasserrückhalt, Diversifi zierung der Sorten, kein Mineraldüngereinsatz, Zurückdrängen des Pestizideinsatzes und Ersatz durch Festmist sowie stärkere Bodenbearbeitung. Viele der Maßnahmen, die im ökologischen Landbau verankert sind, helfen wiederum, den Schaden, der die Landwirtschaft treffen kann, zu mindern.

Es besteht also eine doppelte Faktenlage. Die Landwirtschaft verursacht die Treibhausgase, und die Landwirtschaft wird durch den Klimawandel geschädigt. Wir wissen aber: Mit Maßnahmen wie zum Beispiel dem Ökolandbau wirken wir beiden Entwicklungen entgegen.

Ich glaube, auch dieses Argument sollte Sie neben den genannten guten Argumenten für den Markt davon überzeugen, in den ökologischen Landbau einzusteigen. Wir brauchen ein Aktionsprogramm zum Ausbau, und wir brauchen vor allem, Herr Staatsminister Miller, eine breite Wertschätzung durch die bayerische Agrarpolitik, durch die Staatsregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht nicht, die Ökobauern als Schmuddelkinder Bayerns und der Nation anzusehen.

Zwei letzte Argumente zum Klimaschutz: Es hat sich gezeigt – es gibt eine Ausarbeitung von Schleswig-Holstein; einen Agenda- und Klimabericht bezogen auf die Landwirtschaft –: Mit ökologischem Anbau werden im Vergleich zum konventionellen Anbau, bezogen auf die Fläche, Treibhausgase halbiert. Das ist ein vernünftiges

Ergebnis, an dem wir in Bayern arbeiten müssen. Das bedeutet aber auch – ich sage es ganz klar – fl ächendeckenden Ökoanbau. Mein Kollege Adi Sprinkart vertritt heute auf der BioFach genau diese These.

Es gibt aus der Schweiz, die großfl ächig umstellt, indem sie viele kleine Flächen im ökologischen Landbau bewirtschaftet, die Aussage, wonach die Ökologisierung der Landwirtschaft dort bereits jetzt 13 % der Reduktionsaufgabe der Klimagase ausmacht. Diese Auffassung vertritt der Schweizerische Bauernverband. Auch ich würde mir einmal eine faire, ideologie- und scheuklappenfreie Diskussion über Leistungen und Notwendigkeiten in der Landwirtschaft vonseiten der Staatsregierung und des Bauernverbandes wünschen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das bedeutet auch, dass Sie einen Ausbau und eine Stärkung des ökologischen Landbaus mittragen und aktiv voranbringen müssen. Das bedingt eine andere Wertschätzung dieses Sektors, das bedeutet eine breite Umstellung, ein Aktionsprogramm bezüglich der Umstellung und – darüber können Sie und wir heute abstimmen – eine Erhöhung der KULAP-Prämie, um die notwendigen Anreize und die Sicherheit zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Brunner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Paulig, zunächst eine Verständnisfrage: Warum reden Sie zu diesem landwirtschaftlichen Thema?

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Trägt vielleicht Ihr Landwirtschaftskollege die Inhalte Ihres Antrages nicht richtig mit?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Kollege Brunner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Paulig?

Wenn sie mir nicht auf die Redezeit angerechnet wird.

(Zurufe der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Ich habe Ihnen noch gar nicht das Wort gegeben, Frau Kollegin.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Das würde ich gerne, aber wenn mir der Redner antwortet, er wolle keine Anrechnung auf seine Redezeit,

muss ich sagen: leider nein. Ich weiß nicht, ob er die Zwischenfrage zulässt.

Ich denke, Frau Paulig, Sie wollten keine Zwischenfrage stellen, sondern nur logisch erklären, warum Herr Kollege Sprinkart nicht da ist. Ich nehme Ihnen das ab, wenn Sie es so sagen. Mir war es jedoch zunächst unverständlich.

Die GRÜNEN entlarven sich wieder einmal selbst. Anstatt die kleinstrukturierte bayerische Landwirtschaft zu loben, dreschen sie auf die Bäuerinnen und Bauern ein und verurteilen sie in Bausch und Bogen. Ein Vergleich mit der Energiepolitik liegt für mich nahe. Obwohl wir nachweislich die sichersten Kernkraftwerke weltweit in Deutschland haben, provozieren die GRÜNEN mit ihrer Politik Importe von Energie. Ähnlich ist es mit der Landwirtschaft.

Ist es denn besser, wenn die Produktion von Nahrungsmitteln, die in Bayern – so denke ich – rückstandsfrei und beispielhaft abläuft, quasi aufgegeben wird oder Anteile am Selbstversorgungsgrad aufgegeben und dafür Produkte aus anderen Ländern eingeführt werden?

In der Pressekonferenz von gestern stellen Sie die Landwirtschaft als wesentlichen Verursacher des Klimawandels dar. Ich denke, die Politik muss auf vielen Ebenen handeln. Wer bei der weltweiten Entwicklung der CO2Emissionen genau hinsieht, merkt, dass die Ursache nicht zuletzt im raschen Anstieg des CO2-Ausstoßes besteht. Wenn wir uns die weltweite Belastung vergegenwärtigen, fällt leider ein Land wie die Volksrepublik China besonders negativ auf.

Wir sollten aufhören, die Landwirtschaft an den Pranger zu stellen, und uns ganzheitlich mit dem Thema auseinandersetzen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wir müssen doch Zeichen setzen!)

Ich werde später noch darauf zurückkommen.

Der beste Beweis für die Richtigkeit unseres Weges ist die Nachfrage aus dem Ausland. Die bayerischen Exporte haben sich im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent erhöht. Bayerische Agrargüter sind insbesondere in den neuen EU-Staaten anerkannt, geschätzt und beliebt.