Ich glaube, das Thema, zu dem er gesprochen hat, stand vor 14 Tagen auf der Tagesordnung, aber das kann schon einmal passieren.
„Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann gründ’ ich einen Arbeitskreis.“ Sie kennen dieses sattsam bekannte Sprichwort. Sie wandeln es nur leicht ab: Wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann schimpfe ich über Ausländer und setze das Thema auf die Tagesordnung.
Eben, deswegen. Da sehen Sie einmal, wie verfehlt die ganze Sache ist. Meine Damen und Herren von der CSU, ich kann schon verstehen, dass Sie in den letzten Monaten etwas abgelenkt waren und deswegen vielleicht nicht so ganz mitbekommen haben, was – übrigens unter Mitwirkung der CSU-Abgeordneten – im Bundestag verabschiedet worden ist. Jetzt stellen Sie das alles infrage. Mich wundert das insofern nicht, als Ihnen das Thema „Ausländer“ schön langsam abhanden zu gehen droht. Wir hatten in Deutschland gerade noch etwas über 20 000 Asylbewerber. Zu Ihren Glanzzeiten, als Sie gegen Ausländer polemisiert haben, waren es über 300 000; da hat man mit dem Thema noch punkten können, aber jetzt gibt es gerade noch 20 000 Asylbewerber.
(Ernst Weidenbusch (CSU): Wir haben nie gegen Ausländer polemisiert, das ist eine Lüge und Unterstellung! – Gegenrufe von der SPD)
(Markus Sackmann (CSU): Nimm’ das zurück! – Zuruf von der CSU: Das muss man sich hier nicht gefallen lassen! – Fortgesetzte Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Ich habe zum Beispiel Reden von Ihnen in Ingolstadt gehört, für welche die Bewertung, die ich jetzt vorgenommen habe, noch viel zu milde wäre; da hätten Sie sich noch etwas ganz anderes anhören müssen.
Herr Innenminister, die Sache ist in Berlin doch schon entschieden. Vielleicht verstehen Sie es, wenn ich es Ihnen so sage: Sie kommen zu einem Spiel des 1. FC Nürnberg erst zur zweiten Halbzeit, in der ersten Halbzeit hat der Gegner 1 : 0 geschossen, dann können Sie auch nicht sagen, die sollen noch einmal von vorne anfangen, weil ich das erst jetzt mitbekommen habe.
Er hat gesagt, er stehe zu dem Kompromiss, und zeigte sich überrascht von der Behauptung, die Regelung sei hinter dem Rücken der Länder verabschiedet worden. Dann sagt er wörtlich: Die Länder, also auch Bayern, waren in jeder Etappe beteiligt. Herr Innenminister, wenn Sie den Menschen am Hasenbergl sagen, die SPD wolle eine neue Zuwanderung in unsere Sozialsysteme, dann werde ich den Menschen am Hasenbergl sagen, dass die CSU diese Regelung mit verabschiedet hat und diese Regelung jetzt umgesetzt wird, um nichts anderes geht es.
Das ist eine vernünftige Regelung, meine Damen und Herren. Die Menschen wollen nicht in unsere Sozialsysteme einwandern, sie sind nämlich schon seit vielen Jahren da; darauf wurde schon hingewiesen.
Ich bin gebürtiger Münchner, ich weiß das ganz gut, Herr Kollege Weidenbusch, vielleicht sogar besser als Sie. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie dort schon einmal waren.
Diese Menschen wollen nicht mehr auf unser Sozialsystem angewiesen sein, sondern sie wollen sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Was passiert dann? – Sie zwingen sie jetzt dazu, Nettoempfänger unseres Sozialsystems zu sein.
Sie werden dann, wenn diese Regelung greift, von Nettoempfängern zu Nettozahlern. Ich glaube, dagegen können doch gerade Sie von der CSU überhaupt nichts haben. Das ist eine supervernünftige Regelung.
Es geht jetzt nur um eines: Es geht darum, für diese Menschen, die in ständiger Angst und in ständiger Gefahr leben, Rechtssicherheit zu schaffen. Wenn Sie sich die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ansehen – Gott sei Dank ist sie so, wie sie ist –, dann erkennen Sie, dass die Chancen dieser Menschen, Arbeit zu fi nden, immer besser werden. Bald wird der Vorrang deutscher Arbeitnehmer überhaupt keine Rolle mehr spielen. Es ist allerhöchste Zeit, diese Regelung durchzusetzen.
Eine Bemerkung zum Schluss: Sie stellen die Verhältnisse so dar, als existiere ein Zwist zwischen denen, die Geld sparen wollen, indem sie die Ausländer aus Deutschland heraus haben wollen, und denen, die behaupten, wir hätten genug und die Leute könnten bleiben. Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir sind uns hinsichtlich des Zieles einig. Es geht doch bloß noch um eine Frist, über die wir uns streiten. Der Kompromiss sieht ein paar Monate länger vor, als Sie es wollen. Es ist ein Streit um des Kaisers Bart.
Ich komme auf das zurück, was Herr Kollege Volkmann eingangs gesagt hat: Ihnen geht es darum, Ihre Wahlchancen im kommenden Jahr zu verbessern. Das wird Ihnen aber angesichts des Schlamassels, in das Sie sich in den letzten Monaten selbst hineingeritten haben, nicht gelingen.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, haben diese Aktuelle Stunde unter die Überschrift „Für eine humanitäre Bleiberechtsregelung“ gestellt. Ich bin der Meinung, Sie würden gerade bei diesem Thema wesentlich glaubwürdiger dastehen, wenn Sie sich der Problematik der Zwangsheirat in besonderem Maße – so wie wir von der CSU es immer wieder tun – zuwenden würden. Dazu habe ich heute von Ihnen noch nicht viel Konkretes gehört.
Frauen müssen bei derartigen Zwangsheiraten ihr ganzes Leben Schlimmes erleiden. Das sind – auch wenn Sie es nicht gerne hören – die Fakten. Wir und die Gesellschaft haben eine große Verantwortung gegenüber solchen Frauen, die wir schützen und denen wir helfen müssen. Deswegen appelliere ich gerade an Ihre Adresse, im anstehenden Gesetzgebungsverfahren wirksame Regelungen zur Bekämpfung der Zwangsheirat einzuführen.
Eine wirksame Regelung zur Bekämpfung der Zwangsheiraten erfordert – das ist für mich humanitär –, dass das Mindestalter für den Ehegattennachzug auf 21 Jahre festgelegt wird.
Die Union und gerade die CSU fordern immer wieder ein Mindestalter von 21 Jahren für den Ehegattennachzug.
Herr Kollege, darf ich Sie für einen Moment unterbrechen. Es geht nicht auf Ihre Redezeit. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist Sache jedes Redners, seinen eigenen Akzent zu setzen. Ich halte es nicht für angemessen, durch Zwischenrufe zu kritisieren, es handle sich um ein anderes Thema oder Ähnliches.
Zu einem humanitären Bleiberecht zähle ich auch die Forderung ausreichender Deutschkenntnisse für Nachziehende. Eine wesentliche Voraussetzung für Integration ist die Fähigkeit, die Landessprache zu beherrschen. Ohne die Möglichkeit, sich im Land verständlich zu machen, kann Integration nicht gelingen. Ohne die Sprachkompetenz haben die Menschen keine Chance im gesellschaftlichen Leben. Deshalb ist es für uns auch aus Gründen einer humanitären Bleiberechtsregelung unumgänglich, dass Deutschkenntnisse auch beim Nachzug von Ehegatten zur Voraussetzung gemacht werden.
Ich begrüße es auch sehr, dass der Koalitionsausschuss die Entscheidung über das künftige Bleiberecht von Ausländern wegen der Einwendungen Bayerns vertagt hat. Unsere Position war von Anfang an: keine weitere Zuwanderung in die Sozialsysteme. Deswegen werden und müssen wir darauf dringen, dass die bisherige Koalitionsregelung in unserem Sinne verändert wird.
geben darf. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die jahrzehntelang in die Sozialversicherung einbezahlt haben, haben mit Sicherheit kein Verständnis dafür, dass bei den Sozialleistungen andere mit ihnen gleichgestellt werden, die keinerlei Beiträge geleistet haben. Es kann doch nicht angehen, dass betroffene Ausländer gleiche Leistungen beziehen können wie jemand, der 30 Jahre lang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Hierbei sehe ich eine breite Übereinstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes.
Abschließend möchte ich sagen: Wir fordern, dass im Besonderen die menschenunwürdige Zwangsheirat bekämpft und dafür eine Mindestaltersgrenze von 21 Jahren für nachziehende Ehegatten eingeführt wird. Ich denke, das stellt gerade für uns eine humanitäre Bleiberechtsregelung dar.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem nun schon zwei Vorredner das Thema verfehlt haben, verspreche ich Ihnen, dass ich beim Thema bleiben werde. Herr Winter, ich kann Sie trösten: Sie können Ihre Rede zum Thema Kindergarten halten; da passt sie besser.
Was wir hier erleben, ist ein einziges Trauerspiel, dessen trauriger Hauptdarsteller Dr. Beckstein heißt.