Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Genau, heute Morgen wurde auch noch diese Möglichkeit zunichte gemacht. – Wir müssen alle Kinder gleichmäßig fördern. Wir müssen gleiche Bildungschancen für alle bieten, und deshalb brauchen wir Kinderbetreuungsmöglichkeiten für alle. Deshalb brauchen wir Kinderkrippen, und deswegen müssen wir den Ladenhüter „Landeserziehungsgeld“ abschaffen und das Geld stattdessen in Kinderkrippen investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ehe ich den nächsten Beitrag aufrufe, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg und anderer, GRÜNE, betreffend „Stromeinsparung in Bayern“, Drucksache 15/7784, bekannt. Mit Ja haben 39 gestimmt, mit Nein 84. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Das Wort hat Frau Kollegin Stierstorfer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zum Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Aufhebung des Bayerischen Landeserziehungsgeld

gesetzes kann ich nur sagen: Ich bedauere, dass Sie die Wahlfreiheit der Familien in Bayern nicht unterstützen. Das ist traurig.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Unser Ziel ist es, mit dem Landeserziehungsgeld – das habe ich bereits heute Vormittag ausführlich dargelegt – die Familien zu unterstützen, die Frauen und Männer, die im Anschluss an das Bundeserziehungsgeld noch 12 bzw. 14 Monate zu Hause bei ihren Kindern bleiben wollen. Was ist Ihr Problem? – Sie haben keine Antwort auf die Frage, wie Sie die Familien unterstützen, die zu Hause bleiben.

(Widerspruch bei den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Sie haben nicht zugehört!)

Wir wollen mit dem Landeserziehungsgeldgesetz auch die Einkommensgrenzen anheben; das habe ich bereits erwähnt. Das bedeutet, dass nicht nur 50 % der Familien das Landeserziehungsgeld bekommen werden, sondern knapp 63 %. Doch wir werden das Landeserziehungsgeld auch an die Vorsorgeuntersuchungen koppeln, um die elterliche Verantwortung für die Gesundheitsvorsorge zu unterstützen.

Sehr geehrte Frau Ackermann, Sie werfen uns vor, dass wir zu wenige Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren haben. Dazu kann ich nur sagen: Bayern ist da mit an der Spitze.

(Zuruf von der SPD: Was?)

Wir haben jetzt eine Versorgungsquote von knapp neun Prozent. Das Betreuungsangebot wurde also seit dem Jahr 2000 enorm ausgebaut, und wir werden den Ausbau mithilfe des neuen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes noch weiter forcieren. Wir werden auch die altersgerechte Öffnung der Kindergärten weiter vorantreiben. Wir werden das „Netz für Kinder“ weiter vorantreiben. Wir werden die Tagesmütter weiter qualifi zieren. 1200 Tagesmütter sind bei uns im Einsatz. Sie wollen immer nur Kinderkrippen, aber wir wollen ein ganzes Netz von Angeboten für unsere Familien. Das unterscheidet uns.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Wir werden knapp 46 Millionen Euro im Jahr 2007 in den Haushalt dafür einstellen. Das ist fast eine Verzehnfachung der Mittel der letzten vier Jahre. Wir wollen das gesamte Angebot weiter ausbauen. Wir wollen nämlich, dass Frauen und Männer eine Wahlfreiheit haben, die mit dem Landeserziehungsgeld unterstützt werden soll. Die Politik kann doch den Familien nicht die Lebensplanung vorschreiben. Wir müssen die Familien in ihrer Lebensplanung unterstützen und dafür die Rahmenbedingungen vorgeben.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Junge Familien und Alleinerziehende haben mir Briefe mit dem Inhalt geschickt, dass es für sie wichtig ist, dass das

Landeserziehungsgeld in der bisherigen Form weitergeführt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Für das Jahr 2008 haben wir 115 Millionen Euro für die Kinderbetreuung in den Haushalt eingestellt. Im Jahr 2001 gab es 12 750 Plätze, im Jahr 2006 haben wir circa 23 000 Plätze in Kinderkrippen für die Betreuung von Kindern im Alter von ein bis drei Jahren in Bayern geschaffen. Es tut sich viel, auch in den Kommunen und Landkreisen. Hier ist natürlich nicht nur der Staat gefordert, sondern auch die Kommunen sind verstärkt gefordert, die letztendlich die Verantwortung tragen. Ich sage in Gesprächen mit Bürgermeistern immer wieder, dass es ein Wettbewerbsvorteil ist, wenn ein gutes Kinderbetreuungsangebot vorhanden ist. Im Landkreis Regensburg haben wir eine Bedarfsplanung auf den Weg gebracht, die in Bayern einmalig ist.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Das wurde auch bei unserer letzten Kreistagssitzung dargelegt.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Hier tut sich wirklich viel, und wir wollen die positive Entwicklung vorantreiben. Wir wollen aber nicht nur die Kinderbetreuung verstärken, sondern auch die Wahlfreiheit unterstützen und das Landeserziehungsgeld weiter ausbauen.

Deshalb haben wir 75 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt eingestellt. Ich sage der CSU-Fraktion und der Bayerischen Staatsregierung noch einmal ganz, ganz herzlichen Dank für unsere Familien in Bayern. Wir wollen das Vorhaben weiter vorantreiben, die Kinder und die Familien zu unterstützen. Das ist unsere Aufgabe.

Es gibt einen schönen Ausspruch: Ohne Kinder ist kein Staat zu machen. Daher ist es wichtig, die Kinder und die Familien weiterhin zu fördern. Kinderlachen ist Zukunftsmusik, wie unser Fraktionsvorsitzender immerhin wieder betont. Das kann ich nur unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Dr. Strohmayr.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Stierstorfer, Herr Beckstein war unlängst in meinem Stimmkreis Augsburg-Land und hat in meiner Heimatzeitung verkünden lassen, dass er Kinderbetreuungsangebote massiv ausbauen möchte. Frau Stierstorfer, soviel ich weiß, soll Herr Beckstein große neue Aufgaben übernehmen. Ich frage Sie, ob Sie Herrn Beckstein denn nicht zustimmen können, wenn er sagt, dass er die Kinderbetreuung massiv ausbauen möchte. Das ist nämlich der richtige Weg.

Es gibt in Bayern leider noch keine Wahlfreiheit für Eltern. Wir haben heute Vormittag die Zahlen der Kinderbetreuung in Bayern schon ausführlich diskutiert. Ich kann sie gern noch einmal nennen. Derzeit können in Bayern ungefähr 7 % der unter dreijährigen Kinder betreut werden, die Hälfte davon in München. Auf dem Land gibt es kaum Betreuungsangebote für Unter-Dreijährige. In Schwaben beträgt die Betreuungsquote gerade 3,6 %. Das heißt, viele Eltern fi nden für ihre Kinder keine Betreuungsangebote.

Frau Stierstorfer, Sie haben die Bedarfserhebung angesprochen, die in Regensburg so einmalig ist. Ich sage Ihnen: Es reicht nicht, eine Bedarfsplanung zu machen, sondern man muss sie auch umsetzen. Man muss endlich genügend Betreuungsangebote schaffen, sodass die Bedarfserhebungen bei den Eltern letztlich ankommen. Bei mir hat sich aus den Bedarfserhebungen ein Bedarf von circa 30 % ergeben. Ich würde mir dringend wünschen, dass dieser Bedarf schnellstmöglich befriedigt wird.

Noch ein Wort zur Wahlfreiheit der Eltern in Bayern. Viele fi nden keine Betreuungsmöglichkeiten. Frau Stierstorfer, Sie haben gesagt: Wir fi nden keine Antwort für Familien, die ihre Kinder selbst betreuen wollen. Ich frage Sie: Warum kürzen Sie denn das Landeserziehungsgeld, wenn Sie Antworten fi nden wollen und Eltern mehr fördern wollen als bisher?

Sie wollen das Landeserziehungsgeld um 50 Euro kürzen. Sie wollen das Landeserziehungsgeld den Eltern für das erste Kind für sechs Monate gewähren. Das sind 150 Euro. Heute Morgen habe ich schon gesagt: Das erste Kind ist besonders teuer. Man braucht die gesamte Ausstattung. Aber Sie wollen sechs Monate lang eine Unterstützung von 150 Euro gewähren. Das ist keine nachhaltige Familienförderung. Das sind nicht die Antworten, die wir uns vorstellen.

(Beifall bei der SPD)

Die 114 Millionen Euro, mit denen das Landeserziehungsgeld im Haushalt veranschlagt ist, würden beim Ausbau der Kinderbetreuung echte, große Wirkung zeigen. Endlich würden in Bayern der Betreuungsausbau vorangetrieben und das Problem nicht allein demografi sch gelöst; denn dies passiert bisher. Ich stelle in den Pressemitteilungen von Frau Stewens immer wieder fest, dass sich die absolute Zahl der Betreuungsangebote in Bayern in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert hat. Vielmehr ist es so, dass Kindergartenplätze immer wieder in Kinderkrippenplätze umgeschichtet werden, da die Kinderzahlen zurückgehen. Die 100 Millionen Euro wären für den Ausbau dringend notwendig, den auch Herr Beckstein fordert.

Endlich wäre auch ein Qualitätsausbau möglich. Es könnte mehr Personal zur Verfügung gestellt werden. Kleinere Gruppen könnten eingerichtet werden. Wir könnten endlich die dringend notwendigen Nachbesserungen beim BayKiBiG durchführen. Die Qualität könnte verbessert werden.

Hier möchte ich zum Besten geben, was Mitglieder der CSU-Fraktion darüber denken. Der Herr Präsident fordert mehr Qualität in der Kinderbetreuung. Das steht in der „Augsburger Allgemeinen“ von heute, also vom 29. März. Danach sagte Herr Glück:

Mir geht es darum, dass es beim Ausbau der Betreuung, egal, ob Kinderkrippen oder Tagesmütter, nicht zu einer Entwicklung kommt, die auf Kosten der Kinder geht. Experten warnen zum Beispiel vor zu großen Gruppen.

Richtig, Herr Glück! Darum müssen wir hier dringend etwas tun. Hier könnten die Mittel aus dem Landeserziehungsgeld wirksam eingesetzt werden.

Nach dem BayKiBiG ist der Faktor für Unter-Dreijährige, gerade für die Kleinkinder, die Kinder im Alter von einem oder anderthalb Jahren, viel zu gering. Hier sind Nachbesserungen dringend erforderlich, damit Kleinkindergruppen besser gefördert werden können, als es nach dem BayKiBiG möglich ist.

Eines ist klar – da gebe ich Ihnen absolut recht, Herr Glück –: Nur hochwertige Betreuungsangebote bringen den Eltern wirklich Entlastung. Schlechte Angebote schädigen die Kinder und bestätigen alle Vorurteile.

Also machen wir es doch so, wie unser Präsident vorgeschlagen hat: Stecken wir mehr Geld in die Kleinkinderbetreuung, damit sich die Qualität verbessern kann!

Aber auch andere Änderungen des BayKiBiG stehen auf der Tagesordnung. Die integrativen Einrichtungen kommen mit dem Geld nicht aus. Auch hier muss nachgebessert werden.

Die frühkindliche Förderung – meine Kollegin hat es vorhin angesprochen – ist ein wichtiges Thema. Auch hierzu sind die Qualität und die Rahmenbedingungen in den Einrichtungen wichtig. Wir brauchen mehr Personal und kleinere Gruppen, damit wir Sprachförderung für alle durchführen können. Wir brauchen mehr individuelle Förderung für alle Kinder. Wir dürfen uns da nicht an den Faktoren festhalten. Die sind unzureichend, da sie nur für Kinder mit Behinderung und für Kinder nicht deutscher Herkunft gelten. Aber auch viele andere Kinder brauchen individuelle Förderung, zum Beispiel Kinder mit seelischer Behinderung und Kinder mit ADHS. Hierfür müssen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen eine bessere Schulvorbereitung. Auch dazu sind mehr kleinere Gruppen erforderlich. Dies kann nur durch eine Verstärkung der fi nanziellen Mittel umgesetzt werden.

Wir haben im Rahmen der Haushaltsdebatten entsprechende Vorschläge gemacht. Wir haben den Vorschlag gemacht, Mittel aus dem Landeserziehungsgeld hierfür zu verwenden, damit der quantitative und qualitative Ausbau der Betreuungseinrichtungen in Bayern vorangetrieben werden kann.

Zum Schluss bringe ich einen Gedanken an, der nicht von mir stammt, sondern von dem Landesvorsitzenden des Bayerischen Philologenverbandes, von Herrn Schmidt. Gestern war Parlamentarischer Abend. Da hat Herr Schmidt gesagt, er wünsche sich Kinderkrippen, damit junge Lehrerinnen nach ihrer Babypause wieder früher in den Schuldienst zurückkehren können. Uns allen ist das Problem bekannt, dass es zu wenige Lehrer gerade in den Gymnasien gibt.

Wir würden uns wünschen, dass diese Lehrerinnen wieder zurückkommen können, dass sie Krippen haben, in denen sie ihre Kinder vernünftig unterbringen. So könnten wir auch das Problem des Lehrermangels lösen.

(Engelbert Kupka (CSU): Ein wirklich guter familienpolitischer Vorschlag!)