Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 10. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Rundfunk und Fernsehen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese Genehmigung wurde im Vorfeld wie immer erteilt.
Erklärung der Landtagspräsidentin zum Gedenktag für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Völkermords
Heute vor 64 Jahren befreiten sowjetische Soldaten die Überlebenden des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Die dort gefundenen Spuren und Dokumente einer unvorstellbaren, planmäßigen Tötungsmaschinerie sind ein unauslöschliches Zeugnis für die von Deutschen begangenen barbarischen Verbrechen an Juden, an Angehörigen anderer Volksgruppen und an Personen, die dem Nationalsozialismus Widerstand leisteten und deswegen verfolgt wurden.
Auf Initiative des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog wurde vor 13 Jahren aus dem Befreiungstag der offizielle deutsche Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Zehn Jahre später erklärten die Vereinten Nationen diesen Tag zum Internationalen Gedenktag und setzten damit ein unmissverständliches Zeichen für eine grenzüberschreitende Erinnerungsarbeit. Denn uns alle verbindet und leitet in unserem Handeln die gemeinsame Überzeugung mit dem Ziel "Nie wieder Auschwitz, nie wieder Krieg".
Nach wie vor sind wir fassungslos ob der bitteren Erkenntnis aus der Geschichte, wozu Menschen fähig sind, wie es zum Holocaust kommen konnte und warum jeder Maßstab für Recht und Unrecht verloren ging. Deshalb ist es besonders bestürzend, wenn Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Mitte unserer Gesellschaft wieder um sich greifen und auf dem gefährlichen Nährboden von Ignoranz und Gleichgültigkeit gedeihen können. Wir sollten doch längst begriffen haben, dass es notwendig ist, für die Werte der Zivilisation einzustehen und sie zu verteidigen, und das immerwährend.
Roman Herzog fragte sich in seiner Rede anlässlich des ersten Gedenktages, ob Erinnerung Zukunft haben kann, vor allem, ob die Auseinandersetzung gerade der jungen Generation mit der Vergangenheit und den notwendigen Konsequenzen möglich sein wird. Ich bin zuversichtlich - das können wir alle sein -, dass trotz des zunehmenden zeitlichen Abstands jede Generation ihren Weg und ihre Art und Weise des Erinnerns findet und finden wird. Wichtig ist, dass wir die Rahmenbedingungen dafür setzen. Mit "wir" meine ich alle, die in
der Verantwortung stehen: im Elternhaus, in den Schulen, in den Bildungsinstitutionen des politischen und vorpolitischen Raums, in den politischen Funktionen.
Gedenktage alleine reichen nicht aus. Genauso vielfältig wie die Formen des Erinnerns sein können, sollte die Auseinandersetzung mit den damaligen Geschehnissen sein. Die Weitergabe von authentischen Erfahrungen in Lesungen und Gesprächen sind ebenso wichtig wie die Besuche der Gedenkstätten. Von den über 180 Gedenkstätten in Deutschland sind über die Hälfte nicht nur ständig geöffnet, sondern bieten auch eine Vielfalt an pädagogischen Programmen an. Auch in den Schulen werden bemerkenswerte Projekte durchgeführt. Beispielhaft nenne ich an dieser Stelle eine Initiative des Ostendorf-Gymnasiums in Neumarkt in der Oberpfalz, bei dem Schülerinnen und Schüler nach einer langen und sehr sorgfältigen Spurensuche vieles über das jüdische Leben damals in ihrer Heimat herausgefunden und zu einem beeindruckenden Musical verarbeitet haben.
Unverzichtbar und in besonderer Weise bereichernd ist für die jüngere Generation die lebendige Erfahrung der jüdischen Gemeinden in unserem Land. Über sechs Jahrzehnte nach der Shoa sind sie ein selbstverständlicher Teil unserer Gemeinschaft und gestalten aktiv unser gesellschaftliches, religiöses und kulturelles Leben mit. Das ist ein großer Vertrauensbeweis der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in das demokratische und freiheitliche Wertesystem dieses Landes. Darüber hinaus ist es eine greifbare Chance für uns alle und besonders für die Jüngeren, mehr über die Kultur und Geschichte des Judentums zu erfahren. Denn das Wissen um das Eigene und um das Fremde ist die wirkungsvollste Prävention gegen Beliebigkeit und dumpfe Ausgrenzungsmechanismen. Zugleich ist es eine Antriebsfeder dafür, nicht nur den Wert von Freiheit und Demokratie zu begreifen, sondern auch für ihn einzutreten, damit jeder Ansatz von Rassenwahn und Unmenschlichkeit im Keim erstickt wird.
In diesem Sinne, verehrte Kolleginnen und Kollegen, gedenken wir heute der Opfer, die der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg gefordert haben, aber auch derjenigen, die sich mit Zivilcourage gegen die Barbarei gewandt haben. Ich bitte Sie, sich zu einer Gedenkminute von Ihren Plätzen zu erheben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Sitzung für einige Minuten unterbrechen, bevor wir mit der Tagesordnung fortfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit. Wir nehmen die Sitzung wieder auf.
Am 15. Januar verstarb im Alter von 88 Jahren Herr Josef Heiler. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1974 bis 1990 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Rosenheim-West.
Bevor er in die Landespolitik eintrat, war Josef Heiler als Gemeinderat, zweiter Bürgermeister, Kreisrat und Bezirksrat auf der kommunalpolitischen Ebene fest verankert. Im Landtag machte er die täglichen Sorge und Nöte der Bürgerinnen und Bürger zu seinem besonderen Anliegen. Für sie war er auch über seine Mandatszeit als Landtagsabgeordneter hinaus ein beharrlicher, verlässlicher und integrer Ansprechpartner.
Als Landwirt mit langjähriger Erfahrung im eigenen Bauernhof waren ihm auch die Probleme der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes bestens vertraut. Die Bauern hatten in ihm stets einen sachkundigen und beherzten Fürsprecher.
Während seiner Jahre im Bayerischen Landtag war Josef Heiler Mitglied in mehreren Ausschüssen, durchgehend im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft. Im Jahre 1986 war er der Alterspräsident, der die konstitutierende Sitzung der 11. Legislaturperiode eröffnete. Wegen seiner bescheidenen, unaufdringlichen und nachdenklichen Art wurde er allseits sehr geschätzt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch einige nachträgliche Geburtstagswünsche aussprechen. Am 19. Januar feierte die Vorsitzende der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Frau Kollegin Margarete Bause, einen runden Geburtstag.
Jeweils einen halbrunden Geburtstag feierten am 26. Dezember Herr Kollege Dr. Sepp Dürr und am 27. Dezember Herr Kollege Johannes Hintersberger.
Ebenso einen halbrunden Geburtstag hatten am 7. Januar Frau Kollegin Professor Ursula Männle und am 23. Januar Herr Kollege Dr. Manfred Weiß.
Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch ein weiteres Jubiläum, an das ich heute erinnern möchte. Vor 135 Jahren wurde das Maximilianeum, das König Maximilian II. gegründet hatte, unter König Ludwig II. fertiggestellt. Am 11. Januar 1949, also vor 60 Jahren, fand darin die erste festliche Sitzung des Bayerischen Landtags statt. Bayerns Parlamentsgebäude ist nicht nur kulturhistorisch und städtebaulich ein markantes Monument im Weichbild der Stadt und im wahrsten Sinn des Wortes ein "Hohes Haus" mit sehenswerten Aus- und Einblicken; es ist in diesen sechs Jahrzehnten auch zu einem unverkennbaren Symbol für die Volksvertretung des Freistaats Bayern und für die Arbeit des Parlaments in unserem Land geworden. Die "Biografie" des Maximilianeums hat einer seiner besten Kenner, der Journalist und Historiker Dr. Peter Jakob Kock, in seinem gerade erst erschienenen Buch eindrucksvoll nachgezeichnet. Dieses geschichtsträchtige Zuhause, funktional ausgestattet mit modernster Technik, bietet uns gute Voraussetzungen, um die nicht immer einfachen politischen Aufgaben zu bewältigen und erfolgreich für das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. So ist das Maximilianeum über die Jahre zur Heimstatt eines lebendigen bayerischen Parlamentarismus auf solidem demokratischem Fundament geworden.
Deshalb danke ich anlässlich des runden Jubiläums im Namen des gesamten Bayerischen Landtags der Hausherrin, der Stiftung Maximilianeum, für die außerordentlich angenehme und zuvorkommende Gastfreundschaft, für eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlt, und für das stets konstruktive Miteinander, verbunden mit dem Wunsch, darauf eine ebenso erfolgreiche Zukunft zu bauen.
Ministerbefragung gem. § 73 GeschO auf Antrag der SPD-Fraktion "Rekordmilliarden-Verluste der Bayerischen Landesbank - Gleichzeitig goldener Handschlag für
den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Hanisch - Wie nimmt die Staatsregierung ihre Verantwortung wahr?"
Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister der Finanzen. Ich bitte nun die erste Fragestellerin, Frau Aures.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Staatsminister, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem die Bayerische Landesbank am vergangenen Freitag einen neuen Rekordverlust bekanntgegeben hat, möchte ich namens der SPD-Fraktion folgende Fragen stellen, bei denen ich um Aufklärung bitte.
Bisher war die Landesbank davon ausgegangen, dass 3 Milliarden Euro Verlust vorhanden seien. Nach der neuesten Mitteilung hat sich dieser Verlust nun wohl auf 5 Milliarden Euro erhöht. Wenn man den Ausführungen des Herrn Kemmer Glauben schenken darf - er hat etwas nebulös gesprochen -, scheint das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht zu sein. Deshalb die Frage: Wie und wodurch ist dieser zusätzliche wirtschaftliche Verlust entstanden, und wie stellen Sie sicher, dass der Verlust nun auch begrenzt ist? Wie sollen die zusätzlichen Milliardenverluste abgefangen werden und wie sollen sie vor allem finanziert werden? Wie nimmt die Bayerische Staatsregierung ihre Verantwortung dafür wahr?
Des Weiteren war der Presse zu entnehmen, dass Herr Rudolf Hanisch als stellvertretender Vorstandsvorsitzender bereits im Alter von 62 Jahren die Bayerische Landesbank, und zwar vor Ablauf seines gültigen Vertrages, verlässt und in Pension geht. Hier wollen wir wissen, was die Gründe für sein kurzfristiges Ausscheiden sind; denn das ist wirklich sehr schnell gekommen. Sind für den ausscheidenden stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Abfindungszahlungen geleistet worden und, wenn ja, in welcher Höhe, oder laufen seine normalen und regulären Bezüge nach seinem Ausscheiden einfach weiter? Wenn Sie dies nicht beantworten, bitte ich Sie, dies zu begründen.
Ich möchte für die Fraktion auch wissen, wie sichergestellt wird, dass Herr Hanisch nach seinem Ausscheiden für die von ihm zu verantwortenden Geschäftsbereiche und vor allem für die von ihm zu verantwortenden Geschäftsergebnisse weiter in der Haftung bleibt.
Frau Abgeordnete, ich bedanke mich für Ihre Fragen. Ich will die Punkte auch gerne einzeln beantworten.
Erstens. Die Gründe für den Anstieg des Fehlbetrags im Vergleich zu den im Oktober kommunizierten Erwartungen von 3 Milliarden Euro liegen nach Aussagen des Vorstandes der BayernLB in der Entwicklung des vierten Quartals begründet. Ich darf in Erinnerung rufen, dass die Zahl von 3 Milliarden Euro im Zusammenhang mit dem Ergebnis des dritten Quartals durch die Bank dargestellt wurde. Dies war vor den auch durch den Bayerischen Landtag eingeleiteten gesetzlichen Stabilisierungsmaßnahmen.
Im Einzelnen ist der Anstieg des Fehlbetrags nach Aussagen des Vorstands der BayernLB vor allem auf folgende Gründe zurückzuführen: negative Entwicklungen in den Tochterunternehmen, Verluste aus einzelnen Engagements, gestiegene Kreditvorsorge aufgrund der weltweiten Finanzkrise und erhöhte Wertpapierabschreibungen, beispielsweise durch die Erhöhung der Kreditrisikoaufschläge.
Das nun vom Vorstand mitgeteilte vorläufige operative Ergebnis muss im Übrigen vor dem Hintergrund der Gesamtsituation der Finanzbranche im letzten Quartal des Jahres 2008 gesehen werden. Ich will mich ebenso wie die Bank nicht hinter anderen verstecken, aber ich darf darauf hinweisen, dass alle deutschen Großbanken durch die Entwicklung im vierten Quartal stark in Bedrängnis geraten sind.
Ich will nur ein ganz besonders interessantes Beispiel nennen, weil es auch im Zusammenhang mit den Ergebnissen des dritten Quartals und der Veränderung im vierten Quartal passend ist: Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank hat bei der Darstellung der Ergebnissituation im dritten Quartal der deutschen Öffentlichkeit noch mitgeteilt, dass er für das Jahr 2008 mit einem, wenn auch kleinen, positiven Jahresabschluss rechnet. Mittlerweile ist davon zu lesen, dass die Deutsche Bank für das Gesamtjahr 2008 gegenwärtig von einem Verlust nach Steuern in der Größenordnung von 3,9 Milliarden Euro ausgeht. Andere Beispiele sind die Commerzbank und leider auch die Hypo Real Estate mit Sitz in München, die erneut auf Stützungsleistungen des Bundes in zweistelliger Milliardenhöhe zurückgreifen muss.
Dies zeigt eindeutig, dass die Zahlen der BayernLB, so schmerzlich und so schlecht sie auch sind, keinen Einzelfall darstellen.
Bezogen auf den zweiten Teil Ihrer Fragen - wie kommt die Staatsregierung ihrer Verantwortung nach und wie hat sie diese wahrgenommen? - möchte ich darauf hinweisen, dass die Staatsregierung und der Bayerische Landtag in seiner Mehrheit ihrer Verantwortung für die BayernLB und deren Mitarbeiter durch die in den letzten Wochen des Jahres 2008 in die Wege geleiteten einseitigen Stabilisierungsmaßnahmen des Freistaats Bayern in umfassender Weise nachgekommen sind. Im Zweiten Nachtragshaushalt 2008 ist die Grundlage für eine Rekapitalisierung der BayernLB durch den Freistaat in Höhe von zehn Milliarden Euro geschaffen worden. In einem ersten Schritt wurde noch im Jahr 2008 eine Kapitalerhöhung in Höhe von drei Milliarden Euro vorgenommen. Zum 30. Januar 2009 wird über eine stille Einlage in Höhe von 3 Milliarden Euro der zweite Schritt erfolgen. Mit den restlichen vier Milliarden Euro soll ganz parallel zu dem Grundkonzept, das dem Landtag im Rahmen des Zweiten Nachtragshaushalts 2008 vorgelegt wurde, eine weitere Kapitalerhöhung noch im ersten Quartal entsprechend durchgeführt werden.