Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Wenn Sie sich die Gegebenheiten in Hamburg ansehen, dann bitte ich Sie, den aktuellen Bericht anzusehen, denn der beweist genau das Gegenteil von dem, was Sie behaupten.

In einem Punkt unterscheiden wir uns: Ich bin nicht für die lebenslange Förderung des Individuums, sondern für eine einmalige Förderung über den Grundstückspreis. Dann müssen nämlich nicht die Städte zulasten ihres Budgets permanent die Mietbeihilfe bezahlen. Es sollte aber auch Ihnen als Kommunalpolitiker einleuchten: Wir entlasten die kommunalen Haushalte durch eine einmalige Bezahlung für Grund und Boden. Das ist besser als eine Dauersubventionierung der Menschen.

Wenn Sie davon reden, es würden Grundstücke verscherbelt, dann bitte ich Sie, sich einmal anzusehen, was die BayernImmo jährlich zu welchen Preisen verscherbelt. Schauen Sie sich an, welche dubiosen Geschichten das sind. Wenn Sie das Thema schon anschneiden, dann wäre es viel spannender, diesen Aspekt zu beleuchten, anstatt von einem Verscherbeln von Grundstücken zu reden, wenn die Preise dem preiswerten Wohnraum für Menschen dienen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Bertermann, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Lieber Herr Kollege Wörner, ich möchte noch einmal ganz klar sagen: Eine reiche Stadt wie München bekommt 52 Millionen Euro Wohnraumförderung. Das muss man so stehen lassen. Das heißt, wir vernachlässigen die Mieter auch in der Metropolregion München nicht.

Ich gehe von meiner Argumentation in keiner Weise ab, dass in Hamburg die Mietpreise trotz des Umwandlungsverbotes gestiegen sind.

Im Sinne der bestehenden Gesetze - Sperrfristen und Mieterschutz - ist unsere Justizministerin derzeit mit einer Änderung des Mietrechts im Sinne des Verbraucherschutzes und der Mieter beschäftigt. Das heißt, wir haben ein Instrumentarium, das weitgehend vor

Missbrauch schützt. Auch wir halten es nicht für richtig, dass Menschen, die 60 Jahre in ihrem Viertel gelebt haben, vertrieben werden. Wir wollen den Mieterschutz, er liegt aber letztlich in der Verantwortung der Kommunen, die selbst bestimmen können, wie sie diese Verantwortung praktizieren wollen. Das liegt nicht in der Verantwortung des Freistaats.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Jetzt hat Herr Staatsminister Joachim Herrmann das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute steht ein überaus wichtiges Thema auf der Tagesordnung. Die konkreten Lösungsvorschläge zur Bewältigung dieser Herausforderung sind aber zum Teil leider äußerst unzureichend. Wir sind uns hingegen einig, dass insbesondere im Großraum München ein erheblicher Bedarf an Wohnungsneubau besteht. Das Problem werden wir nicht allein durch Umverteilung oder dergleichen lösen können, sondern es müssen tatsächlich neue Wohnungen gebaut werden. Wir brauchen deshalb die gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, um den Wohnungsbau zu beleben und zu mehr Wohnungsbau in der Landeshauptstadt München und in den umliegenden Kommunen zu kommen. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, keine gegenseitigen Schuldvorwürfe, Herr Kollege Wörner. Sie haben hier wieder einmal völlig daneben gelegen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Ludwig Wörner (SPD))

Mein Anliegen ist es, diese Themen im Interesse der betroffenen Mieterinnen und Mieter, die Wohnungen in dieser Stadt suchen, sehr sachlich anzugehen. Mit Ihrer Art, Herr Kollege Wörner, werden wir aber überhaupt nicht weiterkommen. Ich stelle nur fest, ich übe keine Kritik, dass der Stadtrat der Landeshauptstadt München schon vor einiger Zeit beschlossen hat, dass München mindestens 7.000 neue Wohnungen pro Jahr braucht. Ich stelle fest: Seit der Stadtrat der Landeshauptstadt München diesen Beschluss gefasst hat, hat es noch kein einziges Jahr gegeben, in dem diese Zahl auch nur annähernd erreicht worden ist. Doch Sie stellen sich hier mit großer Chuzpe hin und verweisen auf andere. Dabei ist die Landeshauptstadt München offensichtlich nicht in der Lage, die Ziele zu erreichen, die sie sich selbst gesetzt hat. Das ist schon eine gewisse Zumutung, Herr Kollege Wörner. So kommen wir nicht weiter.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich mache der Landeshauptstadt deswegen keine Vorwürfe, aber wir werden die Probleme nicht lösen können, wenn Sie Ihrerseits dauernd meinen, Vorwürfe in den Raum stellen zu müssen. Wie unsinnig diese Art von Auseinandersetzung ist, zeigt sich in der vorliegenden Petition. Auch das, was Sie, Frau Kollegin Kamm, gerade gesagt haben, hilft hier nicht weiter. In Nummer zwei der Petition steht:

Wir fordern den Bayerischen Landtag auf: Erhöhen Sie, um soziale Verwerfungen zu vermeiden, die Wohnraumförderung von derzeit 10 auf 20 Millionen Euro.

Meinen Damen und Herren, wir haben in Bayern eine Wohnraumförderung in Höhe von 200 Millionen Euro pro Jahr. Die Landeshauptstadt München erhält davon in diesem Jahr 51,8 Millionen Euro. In den letzten drei oder vier Jahren hat die Landeshauptstadt auch nie weniger als 48 Millionen Euro erhalten. Das heißt, die Zahlen waren niemals richtig, Frau Kollegin Kamm, sie waren auch nicht annähernd richtig. Die Zahlen waren von vornherein grundfalsch. Trotzdem beantragen Sie, die Forderung heute mit einem Berücksichtigungsschluss zu versehen. Das ist absurd, denn das würde eine Kürzung der Mittel der Wohnungsbauförderung für München bedeuten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das würde eine Kürzung von 50 auf 20 Millionen Euro bedeuten. Sie verlangen, diese Forderung heute mit Berücksichtigung zu beschließen. Das ist doch aberwitzig, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Gerne.

Bitte schön, Frau Kollegin Kamm.

Meine erste Zwischenfrage lautet: Glauben Sie, Herr Staatsminister, dass dann, wenn das Ziel von 7.000 Neubauwohnungen pro Jahr in München erreicht ist, tatsächlich der spekulative Aufkauf von Altbauwohnungen, die Entmietungen und die Umwandlung der Wohnungen in Eigentumswohnungen aufhören?

(Georg Schmid (CSU): München hat total versagt! Nichts ist da!)

Meine zweite Frage: Die Intention der Petenten ist, mehr Mittel für Wohnbauförderung bereitzustellen. Können Sie diese Intention nachvollziehen?

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Diese Intention kann ich sehr gut nachvollziehen, Frau Kollegin Kamm. Damit setze ich mich auch ernsthaft auseinander. Aus meiner Sicht macht es aber keinen Sinn, den Bayerischen Landtag zu veranlassen, grob falsche Zahlen zu beschließen. Das kann doch nicht Aufgabe dieses Parlaments sein. Darauf weise ich nachdrücklich hin.

Im Übrigen bin ich in der Tat der Meinung, und darauf komme ich jetzt gleich zu sprechen, dass der Neubau von Wohnungen selbstverständlich nicht automatisch das Problem der Spekulationen erledigt. Ich denke aber, unser gemeinsames Anliegen ist, dass mehr gebaut wird. Das Mietpreisniveau entspannt sich logischerweise umso mehr, je mehr angeboten wird. Das ist doch unübersehbar.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nun zu den Punkten, die in dieser Petition angesprochen sind. Ihnen liegt die Frage einer Umwandlungsgenehmigungspflicht besonders am Herzen. Diese Verordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 des Baugesetzbuchs wird in den Medien gerne als Allheilmittel angesehen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

Sie ist aber gerade kein Instrument des Mieterschutzes. Ich sage Ihnen zu, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten darüber ganz ruhig und sachlich diskutieren werden. Ich will Sie aber auch auf Folgendes hinweisen, damit Sie die zwei Seiten der Medaille wahrnehmen: Die Verordnung kann die Kündigung eines Mieters wegen Eigenbedarfs nach der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht verhindern. Hierfür gibt es bereits die Kündigungssperrfrist, die in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie in München von der Staatsregierung von drei auf zehn Jahre verlängert worden ist.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜ- NE))

- Liebe Frau Kollegin Kamm, Sie sollten ebenso wie Herr Kollege Wörner zur Kenntnis nehmen was im Bundesrecht fixiert ist. Wenn eine solche Umwandlungsverordnung erlassen wird, wird die Schutzvorschrift zugunsten des Mieters stark eingeschränkt.

Gibt der Eigentümer eine derartige Abwendungserklärung ab, verringert sich nämlich die Kündigungssperrfrist nach dem Bundesgesetz. Für die Landeshauptstadt München würde dies bedeuten, dass aufgrund der vom Freistaat Bayern erlassenen zehnjährigen Kündigungssperrfrist die Eigenbedarfskündigung um sieben Jahre verkürzt wird und somit plötzlich nur noch eine Kündigungssperrfrist von drei Jahren gilt. Die in Eigenbesitz umgewandelte Wohnung kann bereits nach drei Jahren wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Sie darf aufgrund der Abwendungserklärung nicht vorher an jemand anderen veräußert werden. Derjenige, der die Wohnung erworben hat, kann jedoch selber wegen Eigenbedarfs kündigen und den bisherigen Mieter bereits nach drei Jahren rausschmeißen, der nach dem jetzt geltenden Recht einen zehnjährigen Anspruch auf das Mietverhältnis hat, solange die Umwandlungsverordnung nicht in Kraft tritt. Herr Kollege Wörner, darauf weise ich nur hin. Deswegen werbe ich dafür, in Ruhe über diese Fragen zu reden und nicht nur gegenseitig Vorwürfe auszutauschen. Die Rechtslage des Bundes ist leider ein wenig komplizierter, als Sie das in der einen oder anderen Sonntagsrede darstellen.

Herr Staatsminister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Wörner zu?

Gerne.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege Herrmann, Sie wissen genau, dass es einen Unterschied zwischen der Abhandlung von Dingen und einzelnen Personen gibt. - Das nur als Vorwort. Meine Frage lautet: Könnten Sie sich vorstellen, dass die CSU und Ihr Haus bereit wären, die als falsch kritisierten Zahlen aus der Petition zu streichen und im Übrigen dem Petitum zu folgen?

Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Soweit ich richtig informiert bin, hat der zuständige Ausschuss beschlossen, die Eingabe als Material an die Staatsregierung zu überweisen. Das halte ich für ein vernünftiges Votum. Das bedeutet, dass wir uns weiter mit dem Thema beschäftigen werden. Das haben wir ohnehin vor. Wir müssen dabei gleichzeitig die Spreu vom Weizen trennen und sinnvolle Intentionen aufgreifen. Wir müssen ebenso deutlich machen, was Unfug ist und nicht weiter verfolgt wird. Deshalb ist der Beschluss des Ausschusses, die Eingabe als Material an die Staatsregierung zu überweisen, der richtige Weg.

Der Vollständigkeit halber weise ich ferner darauf hin, dass mit dem Bayerischen Zweckentfremdungsgesetz, das am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt und zur Verbesserung der Wohnraumbilanz geleistet worden ist. Wir sind dabei, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Verlängerung des Zweckentfremdungsgesetzes, das in der Tat nächstes Jahr auslaufen würde, vorzulegen. Diesen Gesetzentwurf werden wir zu gegebener Zeit rechtzeitig dem Landtag vorlegen.

Sie haben gerade das Thema Baulückenkataster angesprochen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein ganz bemerkenswertes Thema. Den Sinn Ihrer Vorhaltungen kann ich jedoch wieder nicht verstehen. Nach § 200 Absatz 3 des Baugesetzbuches ist bundesweit geregelt, dass jede Gemeinde in Deutschland bebaubare Flächen in Karten oder Listen auf der Grundlage eines Lageplans, der Flurnummern, Straßennamen und Angaben zur Grundstücksgröße enthält, erfassen und diese entsprechend publizieren kann. Das ist der Sinn eines Baulückenkatasters. Jede Gemeinde in Deutschland kann dies unmittelbar aufgrund der Regelungen im Baugesetzbuch tun. Die Landeshauptstadt München hat bis heute von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Jetzt unterstützen Sie die Forderung der Petition, mit Landesgesetz alle Kommunen in Bayern dazu zu verpflichten, ein solches Baulückenkataster aufzustellen. Sie fordern, dass wir die Landeshauptstadt München per Gesetz zu etwas verpflichten sollen, was der Stadtrat der Landeshauptstadt München bis heute nicht beschließen wollte. Das werfen Sie der Staatsregierung und der Mehrheit des Landtages vor. Das ist doch geradezu aberwitzig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Wörner, wenn das Baulückenkataster so toll ist - über das Für und Wider werden wir noch reden -, warum hat das der Stadtrat der Landeshauptstadt München bis heute nicht beschlossen? Ihn hindert doch keiner daran. Das ist eine unsinnige Art, solche Diskussionen zu führen.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass wir das Engagement des Bundes brauchen. Im Rahmen der steuerlichen Absetzung beim Wohnungsbau brauchen wir bessere steuerliche Anreize.

(Beifall bei der FDP)

Diesen Antrag hat Bayern wiederholt im Bundesrat eingebracht. Aufgrund des Widerstands anderer Länder gibt es jedoch bislang keine Mehrheit dafür. Weiterhin sage ich ganz deutlich: Wir brauchen keine Erhöhung der Grunderwerbsteuern. Das ist jetzt Landesangelegenheit. Ich stelle fest, dass in Baden

Württemberg und Berlin die Grunderwerbsteuerhebesätze auf fünf Prozent angehoben worden sind.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist auch in schwarz regierten Ländern der Fall!)