Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zu vorgerückter Stunde, kurz vor Schluss, greifen wir in einem gemeinsamen Antrag von GRÜNEN, FREIEN WÄHLERN und SPD die Situation von Asylbewerbern in Bayern auf. Was wollen wir mit dem Antrag erreichen? - In dem Antrag geht es um eine bedarfsgerechte und menschenwürdige Ausstattung von Asylaufnahmeeinrichtungen in Bayern.

Kolleginnen und Kollegen, ich will nur kurz ein paar Zahlen zum Hintergrund sagen. Die Zahl der Anträge auf Asyl entwickelt sich immer vor dem Hintergrund von Krisenherden in der Welt. Seit 2010 haben wir in Bayern wieder einen Anstieg der Zugangszahlen zu verzeichnen. Kolleginnen und Kollegen, wohlgemerkt, die Asylsuchenden kommen nicht nur nach Bayern, sondern sie kommen in die gesamte Bundesrepublik. Sie kommen vor allem nach Europa. Bayern hat aufgrund des sogenannten Königsteiner Schlüssels rund 15 %, der Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, zu versorgen. Kolleginnen und Kollegen, das ist keine freiwillige Leistung, sondern eine Verpflichtung des Freistaates Bayern aufgrund internationaler Ver

pflichtungen, aber auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland.

Im Jahr 2009 waren es noch 4.200 Erstanträge auf Asyl. Im Jahr 2011 kamen bereits circa 6.000 bis 7.000 Menschen nach Bayern. Nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird sich die Zahl auch in den nächsten Jahren beziehungsweise im überschaubaren Zeitraum 2012 wieder auf diesem Niveau einpendeln. Es ist logisch, dass vor dem Hintergrund dieser Steigerung die Kapazität der bayerischen Einrichtungen erhöht werden muss. Das geschieht nicht in angemessener Form; deshalb unser Antrag.

Bevor die Redner von CSU und FDP darstellen, was sie alles getan haben, lassen Sie mich einfach Folgendes feststellen: Die Verantwortlichen im Freistaat haben erst nach großem öffentlichem Protest überhaupt reagiert. Wo und wie reagiert wurde, reicht aber bei Weitem nicht aus. Die Erstaufnahmeeinrichtungen in Nürnberg und München, die feste Kapazitätsgrenzen haben, waren und sind häufig überbelegt. Nur dem wirklich tollen Einsatz der vielen haupt- und ehrenamtlichen Helfer ist es zu verdanken, dass die Situation vor Ort einigermaßen gemeistert werden konnte. An dieser Stelle gilt mein herzliches Dankeschön allen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen in Bayern, die sich um Flüchtlinge und um Asylbewerber kümmern.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Noch eine Bitte an die Kolleginnen und Kollegen in der ersten Reihe: Es stört, wenn es hier so viele Nebengespräche gibt. Ich bitte, das etwas einzustellen. Vielen Dank den Herren in der ersten Reihe.

Was wollen wir mit unserem Antrag erreichen? - Wir wollen drei Dinge. Der erste Punkt ist eigentlich ganz einfach. Als die Asylbewerberzahl zurückging, brauchten wir weniger Kapazität und deshalb hat der Ministerrat im Jahr 2004 eine Einschränkung des Personals in den Verwaltungen und in den Einrichtungen beschlossen. Wenn die Zahlen jetzt steigen, dann ist es bedarfsgerecht, wenn das Personal wieder aufgebaut wird, wenn dieser Ministerratsbeschluss verändert und der aktuellen Lage angepasst wird.

Im zweiten Punkt unseres Antrags geht es um die Asylsozialberatung und um die Wohlfahrtsverbände. Frau Kollegin Meyer, ich schaue Sie an und stelle fest: Hier ist etwas passiert. Das erkennen wir sehr wohl an. Aber ich bitte Sie, genauer hinzusehen. Denn gerade bei mehr dezentraler Unterkunft werden wir mehr Beratung und mehr Kapazitäten vor Ort brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Unsere dritte Forderung bezieht sich auf die beiden Erstaufnahmeeinrichtungen in Nürnberg und München. Ich bitte Sie hier noch einmal eindringlich, ich habe das im Ausschuss schon mehrmals getan: Lassen Sie von den Planungen für eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung in Bayern nicht ab. Das geben die Zahlen her. Das ist aber auch gerecht gegenüber den Regionen Nürnberg und München. Es kann nicht sein, dass sich in Bayern alles, was mit Asyl und Flüchtlingen zu tun hat, auf diese beiden Regionen konzentriert. Da ist ein bisschen mehr Gerechtigkeit im Land gefragt. Bitte, geben Sie die Planungen nicht auf.

Meine Redezeit ist gleich zu Ende. Was ich immer zu dieser Diskussion sage ist Folgendes, und hier will ich Ihre Sensibilität etwas schärfen: Bitte bedenken Sie die Tatsache, dass sich 80 % aller Flüchtlingsbewegungen in der Welt sich in Entwicklungsländern abspielen. Kolleginnen und Kollegen, die Flüchtlingsströme fließen in Länder, wo die Menschen selbst nichts haben. Doch das Wenige, was sie haben, teilen sie mit den Menschen, die zu ihnen kommen. Es kann doch nicht sein, dass ein Land wie der Freistaat Bayern mit großer Wirtschaftskraft, wie immer wieder betont wird, mit der Zahl von 6.000 bis 7.000 Asylbewerbern pro Jahr nicht klar kommt. Die Zahl ist auf niedrigem Niveau gestiegen. Es muss doch möglich sein, dass wir uns um diese Menschen anständig kümmern. Ich bitte Sie deshalb, noch einmal nachzudenken und unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Als Nächste hat Frau Kollegin Maria Scharfenberg das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ministerratsbeschluss aus dem Jahre 2004 hatte zur Folge, dass die Asylsozialberatung deutlich unter 50 % vom Freistaat Bayern gefördert worden ist. Bis zum heutigen Tag hätte es diesen Antrag nicht gegeben und hätten wir uns nicht darüber aufgeregt. Selbstverständlich haben das die Träger bei uns moniert und sich immer mehr aus den Gemeinschaftsunterkünften zurückgezogen, weil die Asylberatung einfach nicht mehr finanziert worden ist. Sie haben sich verabschiedet. 2004 sind die Flüchtlingszahlen gesunken. Seit 2010 steigen die Zahlen jedoch deutschlandweit wieder an. Der Personalabbau, der 2004 beschlossen worden ist, findet aber nach wie vor sukzessive statt. Zwar sind die Mittel um weitere 800.000 Euro auf 2,6 Millionen Euro erhöht

worden. Das reicht jedoch nicht. Selbstverständlich müssen Asylbewerberheime nach demselben Schlüssel wie andere gemeinnützige Einrichtungen finanziert werden, nämlich zu 90 %. Die Zwei-Drittel-Förderung der CSU und der FDP ist abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Jedes Frauenhaus erfährt eine Unterstützung von 90 %. Die Eigenbeteiligung beläuft sich auf 10 %. So wird ein Schuh daraus.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen einen interfraktionellen Antrag von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN vorgelegt, weil die Eindrücke beim Besuch der Einrichtung in Zirndorf jedes Mal beklemmend sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Zustand dort ist untragbar. Dort gibt es keine adäquate Unterbringung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Fachräume werden zu Wohnräumen deklariert. Wer als Asylbewerber nach dem neuen Gesetz eine Wohnung beziehen möchte, schafft dies ebenfalls nicht, weil für diese Menschen außerhalb keine Wohnung zu finden ist. Deshalb muss die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtungen um 50 % erhöht werden. Ziel muss es sein, die ankommenden Flüchtlinge möglichst kurz in den Aufnahmeeinrichtungen zu belassen und möglichst schnell in Anschlussunterkünfte unterzubringen. Zur Verwirklichung dieses Ziels wird die Asylsozialberatung benötigt. Wir brauchen Beratung, Beratung, Beratung. Dafür braucht man Personal. Dafür braucht man Planungssicherheit im monetären Sektor. Deshalb müssen wir genügend Geld in den Haushalt einstellen, um die Lage in den überfüllten und überlasteten Erstaufnahmeeinrichtungen und den Anschlusseinrichtungen zu verbessern.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Ich möchte Sie davon unterrichten, dass von der CSU-Fraktion namentliche Abstimmung zu diesem Antrag beantragt worden ist. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Dr. Fahn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Sitzung des Sozialausschusses am 1. März 2012 hat ein Vertreter des Ministeriums lapidar gesagt, Zirndorf verfüge über eine Kapazität von 550 Plätzen. Im Moment seien 450 Plätze belegt. Somit bestehe kein Bedarf. Ich gebe zu, dass die Zahl der belegten Plätze noch weiter gesunken ist. Zirndorf betreut im Moment 340 Personen. Es wird gesagt, Zirndorf befinde sich im grü

nen Bereich. Können wir mit dieser Antwort zufrieden sein? Wir sagen: Nein.

Wir erinnern uns sehr wohl an die Situation im Sommer und Herbst 2011. Jede Woche kamen neue Hiobsbotschaften aus Zirndorf. Damals sind dort 667 Asylbewerber untergekommen. Die Einrichtung in Zirndorf konnte jedoch nur 500 Betten zur Verfügung stellen. Dort herrschten menschenunwürdige Zustände. Es gab sozialen Stress und keine Privatsphäre. Es gab Hautkrankheiten. Zwei Kinder mussten sich ein Bett teilen. In Sechs-Bett-Zimmern wurden acht Personen untergebracht. Für 127 Männer gab es einen Waschraum. Es gab keine Privatsphäre. Schlimm ist, dass in großen Gemeinschaftsunterkünften oder Erstaufnahmeeinrichtungen sozialer Stress entsteht, wenn sehr viele Leute auf engem Raum mit unterschiedlichen Kulturen und Sprachen zusammenwohnen müssen.

Damals im Sommer und Herbst 2011, als die unhaltbaren Zustände in Zirndorf herrschten, wurde über eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung diskutiert. Damals - das habe ich mitverfolgt - ging die Ministerin auf Tauchstation. Sie schwieg zu diesem Thema. Ein Reporter der "Main-Post" rief im Sozialministerium an und bekam die lapidare Antwort: Die Ergebnisse der Suche nach einer dritten Erstaufnahmeeinrichtung werden gerade ausgewertet. Mit einer Entscheidung ist nicht vor Herbst zu rechnen. Damals ging es um die Frage: Wird es in Würzburg eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung geben, ja oder nein?

Obwohl Zirndorf im Moment nicht so viele Asylbewerber aufgenommen hat, wissen wir, dass die Anzahl der Asylbewerber in der Regel einmal steigt und einmal fällt. Deswegen ist auch heute Handlungsbedarf angesagt. In den nächsten Wochen und Monaten könnten wie im Sommer und Herbst 2011 wieder unerwünschte Zustände herrschen. Deswegen ist das Thema auch heute noch aktuell. Wir sagen ganz klar: Eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung würde sich im Falle eines Anstiegs der Asylbewerberzahlen positiv auswirken. Deswegen haben wir dies in unseren Antrag aufgenommen.

Uns ist es wichtig, dass der Ministerratsbeschluss aus dem Jahre 2004 - die Kollegin hat es bereits angesprochen -, infolgedessen es zu einem Personalabbau kam, wieder den aktuellen Bedürfnissen angepasst wird. Die Gemeinschaftsunterkunft in Aschaffenburg hatte beispielsweise in den 90er-Jahren drei Sozialarbeiter. Heute ist nur noch ein Sozialarbeiter in der Gemeinschaftsunterkunft tätig. Es werden aber mindestens drei Sozialarbeiter benötigt. Das geht anderen Einrichtungen auch so. Auf 150 Personen sollte mindestens ein Sozialarbeiter kommen.

Die aktuelle personelle Unterbesetzung beim Bundesamt für Migration sollte ebenfalls erwähnt werden. Flüchtlinge, die in Zirndorf neu ankommen, müssen auf ihre Asylanhörung bis Oktober warten. Das ist zwar die Angelegenheit des Bundes, jedoch trotzdem ein großes Problem.

Der letzte Punkt, der uns sehr am Herzen liegt, ist die Sozialberatung über die Wohlfahrtsverbände. Die Förderung durch den Freistaat ist mit knapp 30 % einfach zu gering. Die übrigen Kosten müssen die Sozialverbände schultern. Das können sich die Sozialverbände heute einfach nicht mehr leisten. Deshalb fordern wir, dass der Zuschuss des Freistaats Bayern auf 90 % erhöht wird.

Nach dem Tod eines Asylbewerbers in Würzburg haben wir gemerkt, dass eine rechtzeitige psychologische Betreuung unbedingt erforderlich ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

In den Asylbewerberunterkünften gibt es immer wieder Suizidversuche. Das Problem müssen wir mit einer verstärkten Asylsozialberatung lösen. Die Verdoppelung der Mittel für die Asylsozialberatung auf 2,6 Millionen Euro vonseiten des Freistaats würdigen wir. Die Koalition muss jetzt tätig werden und auf die Wohlfahrtsverbände zugehen. Sie müssen den Wohlfahrtsverbänden eine konkrete Zusage für die Erhöhung des Fördersatzes geben. Sie sprechen von zwei Dritteln, von 66 %. Das ist uns zu wenig. Eine Erhöhung der Mittel auf zwei Drittel wäre allerdings ein Schritt in die richtige Richtung. Die reinen Personalkosten sollten auch bezuschusst werden. Das wäre zumindest ein kleiner Fortschritt. Wir meinen, unser Antrag ist auch heute noch aktuell, weil die personelle Ausstattung im Hinblick auf die psycho-soziale Beratung noch nicht optimal ist. Deshalb wünschen wir uns, dass Sie unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als nächster Redner hat Herr Kollege Seidenath das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, über den wir heute sprechen, hat den Titel "Lage bei der Erstaufnahme und in den Gemeinschaftsunterkünften verbessern". Es geht um die in der Tat schwierigen Verhältnisse in der Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf sowie um die Sozialbetreuung in allen Gemeinschaftsunterkünften in Bayern. Im Hinblick auf das Ziel, hier Verbesserungen zu erreichen, stimmen wir in diesem Hohen Hause alle überein. Vor vier Wochen haben wir im Rahmen des Nachtragshaushalts

deutliche Verbesserungen beschlossen. Im Übrigen haben wir uns in der letzten Sitzung des Sozialausschusses sehr intensiv mit diesem Antrag befasst. Jetzt befassen wir uns noch einmal mit diesem Antrag. Ich erliege nicht der Versuchung wie die Redner der Opposition, eine Generaldebatte anzustacheln. Stattdessen gehe ich auf die Forderungen ein, die Ihr Antrag enthält.

Die erste Forderung betrifft die Personalaufstockung in den Gemeinschaftsunterkünften. Die Personalsituation in vielen Gemeinschaftsunterkünften ist in der Tat nicht einfach. Sie schlagen vor, Artikel 6 b des Haushaltsgesetzes zu ändern oder gar abzuschaffen, der die Verpflichtung enthält, Stellen abzubauen. Das wäre aber keine Lösung, sondern würde vor allem Folgeprobleme oder Präzedenzfälle für andere Bereiche schaffen. Zudem wäre damit den Gemeinschaftsunterkünften nicht unbedingt geholfen.

Denn das Problem ist letztlich nicht, dass es zu wenig Stellen gibt, sondern dass das Personal dort nicht immer flexibel eingesetzt werden kann, wo es am dringendsten gebraucht wird. Das Problem würde man durch eine Aufweichung von Artikel 6 b des Haushaltsgesetzes nicht lösen. Deshalb ist es geschickter, die Sachmittel für das Innenministerium mit der Erlaubnis zu erhöhen, damit auch Personal zu finanzieren, sei es eigenes oder fremdes Personal. Das kann über die laufende Verwaltung geregelt werden, im Moment stimmen sich die Ressorts darüber ab. Hier sind wir also auf einem guten Weg. Damit möchte ich ein herzliches Dankeschön an all diejenigen verbinden, die sich in den Gemeinschaftsunterkünften, aber auch in den Regierungen und Ministerien um die Asylbewerber kümmern und versuchen, alles zu tun, damit die Asylbewerber in Bayern möglichst human leben.

(Volkmar Halbleib (SPD): Soweit ihr sie lasst!)

Zum Zweiten fordern Sie in Ihrem Antrag, die Mittel für die Asylsozialberatung, die angesichts der gestiegenen Asylbewerberzahlen nicht mehr ausreichen, zu erhöhen. Das war und ist eine vehemente Forderung der Regierungskoalition von CSU und FDP. Wir freuen uns, dass es gelungen ist, die Mittel für die Asylsozialberatung im Nachtragshaushalt fast zu verdoppeln, nämlich von 1,4 auf 2,64 Millionen Euro zu erhöhen. Das hat dazu geführt, dass wir die Refinanzierungsquote für die Wohlfahrtsverbände von einem Drittel auf jetzt zwei Drittel verdoppeln konnten. Eine 90-prozentige Refinanzierung, wie Sie sie im Antrag fordern, ist illusorisch. Das wissen nicht nur die Verbände, sondern auch die Fraktion der FREIEN WÄHLER als Mitantragsteller.

Herr Dr. Fahn, ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie als FREIE WÄHLER eine Woche nach Vorlegen dieses Antrags einen Änderungsantrag zum Nachtragshaushalt gestellt haben, in dem Sie für die Asylsozialberatung einen Haushaltsansatz von zwei Millionen Euro fordern. Wir haben jetzt 2,64 Millionen Euro vorgesehen, also um mehr als 600.000 Euro über Ihren Antrag hinaus erhöht. Sie können also nicht 90 % fordern; denn Sie selber haben eine Woche danach lediglich zwei Millionen Euro gefordert. Das zeigt, dass Sie mit dem Ergebnis durchaus zufrieden sein können.

Drittens fordern Sie in Bayern neben Zirndorf und München eine dritte Erstaufnahmeeinrichtung. Das Problem ist aber nicht die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtungen, sondern das Umziehen der Bewerber aus der Erstaufnahme in die Gemeinschaftsunterkünfte. Auf diesem Gebiet tut sich viel. Wir haben vor einigen Wochen die Änderung des Aufnahmegesetzes beschlossen, die zum 1. April 2012 in Kraft getreten ist. Jetzt können viele Familien und andere Personengruppen früher in dezentrale Einrichtungen umziehen als sonst. Da tut sich also sehr viel. Deswegen können wir den Abfluss aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in Gemeinschaftsunterkünfte verstärken und beschleunigen, zumal der Zugang nach Bayern rückläufig ist. Seit Januar 2012 verzeichnen wir pro Monat 30 Asylbewerber weniger. Deswegen sollten wir nicht leichtfertig eine neue Erstaufnahmeeinrichtung schaffen, die ja auch viel Geld kostet.

Wir werden die Entwicklung sehr genau beobachten. Im Moment ist eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung nicht nötig. Zusammenfassend ist zu sagen: Wir teilen die Analyse dieses Antrags und sehen die Probleme ebenfalls. Aber unser Lösungskonzept ist, wie ich gerade ausgeführt habe, ein anderes. Zudem hat sich auf dem Gebiet der Asylsozialberatung bereits viel getan, seit Sie den Antrag eingereicht haben. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag mit gutem Gewissen ab.

Herr Kollege Seidenath, bleiben Sie bitte noch am Redepult stehen; denn Frau Kollegin Scharfenberg hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Seidenath, Sie lobten gerade die Aufstockung der Zweidrittelfinanzierung für die Asylsozialberatung. Nach der Aufstockung der Haushaltsgelder gibt es bereits Berechnungen über die Bezuschussung der Wohlfahrtsverbände. Die Wohlfahrtsverbände haben errechnet, künftig mit 43 bis 46 % bezuschusst zu werden. Sie können nicht erwarten, dass soziale Einrichtungen mehr als die Hälf

te für eine Aufgabe des Freistaates bezahlen. Was Sie sich wieder ausgedacht haben, ist also schlimm unterfinanziert. Bitte erläutern Sie das anhand von Zahlen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Seidenath, Sie haben das Wort; bitte schön.

Verehrte Frau Scharfenberg, ich kenne diese Rechnung nicht. Aber auch wir haben sehr genau gerechnet und festgestellt: Wir müssen auf 2,6 Millionen Euro erhöhen, um diese zwei Drittel zu erreichen. Das war für uns Voraussetzung, um in der Asylsozialberatung voranzukommen. Eine Eindrittelfinanzierung ist in der Tat viel zu gering. Ich stimme mit Ihnen auch darin überein, dass 50 % zu wenig sind. Mit dem Haushaltsansatz von 2,64 Millionen Euro erreichen wir zwei Drittel. Ich wiederhole: Das ist im Vergleich zum letzten Jahr eine Verdoppelung des Haushaltsansatzes.