Maria Scharfenberg

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Last Statements

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bayern ist ein integrationspolitisches Entwicklungsland. Wir müssen uns immer klarmachen, dass es deshalb ein integrationspolitisches Entwicklungsland ist, weil die CSU jahrzehntelang ignoriert und abgestritten hat, dass dauerhafte Zuwanderung nach Bayern stattfindet. Die CSU hat nicht wahrhaben wollen, dass die Menschen, die kamen und die noch kommen, Teil unserer Gesellschaft sind. Da hätte man schon viel früher anfangen können, meine Damen und Herren von der CSU, aber das haben Sie nicht gesehen.
Wir GRÜNEN nehmen Integration sehr ernst und begnügen uns nicht damit, festzustellen, dass Integration ein "Megathema" ist, wie das beispielsweise Herr Kollege Seidenath kürzlich bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs gesagt hat. Wer uns GRÜNE kritisiert, wie Herr Seidenath in seiner Rede, der ver
kennt, dass wir GRÜNE Strukturen aufbauen wollen, um Integration vor Ort zu organisieren, weil solche Strukturen notwendig sind. Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf gemacht, denn wir wissen: Strukturen sind notwendig, und sie müssen im Gesetz festgeschrieben sein. Es stimmt auch nicht, was Herr Seidenath damals sagte, dass nämlich der gesamtgesellschaftliche Dialog wichtiger wäre als Institutionen wie ein Landesbeirat oder Integrationsbeiräte. Beide sind notwendig. Wir haben diesen Gesetzentwurf formuliert; denn wir brauchen Handlungsstrukturen für Flüchtlinge.
Das fängt schon im Kindergarten und in der Schule an. Wenn die Zahlen des Sozialberichts von Frau Ministerin Haderthauer richtig sind, dass zwei Drittel der Kinder mit Migrationshintergrund die Mittelschule besuchen und nur ein Drittel eine andere weiterführende Schule besucht, dann kann man doch nicht behaupten, dass schon alles passt. Das hängt schließlich nicht damit zusammen, dass diese Kinder weniger leisten könnten, sondern damit, dass sie weniger oder nicht richtig gefördert werden. Wenn es richtig ist, dass die Zahl der Schulabbrecher hier deutlich höher ist als im Durchschnitt, dann läuft etwas falsch. Da hilft uns dann der gesamtgesellschaftliche Dialog allein nicht weiter. Da muss "Butter bei die Fische", wie man so schön sagt. Wir brauchen mehr Kompetenzen für den Integrationsbeauftragten. Wir brauchen einen Integrationsbeauftragten, der ein eigenes Budget hat. Das hat er jetzt nicht. Und er soll auch nicht beim Sozialministerium angesiedelt sein so wie jetzt. Wenn die CSU schon zu der Erkenntnis gekommen ist, dass Integration ein Megathema ist, ein Querschnittsthema, dann muss man diese Erkenntnis auch in der Organisation umsetzen. Wir brauchen einen richtigen Integrationsbeirat, meine Damen und Herren, der dem Integrationsbeauftragten zur Seite gestellt wird, da es sich um eine Aufgabe handelt, die quer durch alle Ministerien bearbeitet werden muss und nicht nur in einem einzigen Ministerium.
Ganz besonders wichtig sind in unserem Gesetzentwurf die kommunalen Integrationszentren, die in der Fläche angesiedelt werden müssen. Hier müssen wir die Kommunen unterstützen, indem Integrationspläne aufgestellt und solche Zentren eingerichtet werden. Damit die Schulen vor Ort beraten werden können, brauchen wir diese Integrationspläne. Damit der Übergang von der Schule in den Beruf besser gelingen kann, brauchen wir diese Integrationspläne. Damit Ämter, die mit Integration befasst sind, fachkundig beraten werden, brauchen wir sie.
Integration muss überall ankommen, meine Damen und Herren. Wir brauchen eine interkulturelle Öffnung der Verwaltung, um zu gewährleisten, dass Migrantinnen und Migranten ihre Fähigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen können. Diese Menschen haben oft viel mehr zu bieten, als so mancher CSU-Abgeordneter oder auch so mancher FDP-Abgeordneter glauben mag. Auch unter den Flüchtlingen, die Sie nicht integrieren wollen, sind nicht wenige, die zwar schon seit Jahrzehnten unter uns leben, aber noch immer nicht dazugehören, weil ihnen die Integration verwehrt wird. Wir GRÜNE wollen, dass Flüchtlinge nicht länger als zwölf Monate in Gemeinschaftsunterkünften leben sollen. Dem wird bis heute nicht entsprochen. Das wollen wir ändern, meine Damen und Herren!
Wir wollen ihnen auch nicht mit Essenspakten vorschreiben, wie sie sich zu ernähren haben. Nebenbei bemerkt, das wäre auch kostengünstiger als das System, das die CSU noch immer für unabdingbar hält. Das ist in Leverkusen und anderen Städten längst bewiesen worden. Wir haben uns das vor Ort angesehen. Dort finden wir das schön und richtig, selber machen wir es aber nicht.
Dabei müssen wir doch sehen, welche Ressourcen die Menschen haben, die zu uns kommen, und wie sie unsere Gesellschaft damit auch bereichern können. Wenn Kinder gut ausgebildet werden, können sie später Berufe ergreifen, die beispielsweise den sich abzeichnenden Facharbeitermangel abmildern können. Wenn wir bei der Handelskammer sind oder bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, dann weist man uns immer wieder darauf hin, beispielsweise an den parlamentarischen Abenden, dass diese Menschen gebraucht werden. Ein Schritt dazu wäre, dass die Politik etwas dazu tut. Ein Schritt dazu wäre, dass Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen diese Menschen, wir können sie nicht verloren gehen lassen. Sie dürfen nicht länger durchs Raster fallen. Wir dürfen nicht erwarten, dass es Integration zum Nulltarif gibt. Hier ist das Geld aber gut angelegt. Wenn wir Integration auch monetär absichern, dann ist das Geld gut investiert. Mangelhafte Integration kostet nämlich noch mehr Geld.
Meine Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hauses, Sie wissen, dass die Kommunen in den Haushaltssitzungen darüber jammern, dass die Kos
ten der Jugendhilfe in den letzten Jahren immens gestiegen sind. Wir müssen dafür sorgen, dass das so nicht weitergeht. Integration hilft von Anfang an. Wir müssen diese Kinder von Anfang an auffangen, damit sie die gleichen Chancen haben wie unsere Kinder aus Deutschland, aus Bayern. Dafür müssen wir sorgen, das ist dann gelebte Integration, und das hilft dann auch, dass die Jugendhilfekosten in den Kommunen nicht mehr steigen.
Wir dürfen nicht zum Reparaturbetrieb werden. Das ist im Grunde falsch. Sie könnten jetzt einen ersten Schritt dazu tun und unserem Gesetzentwurf zustimmen. Insofern bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Frau Meyer, Sie reden viel von Ehrenamtlichkeit. Ich finde, dem Problem der mangelnden Integration von Flüchtlingen ist mit Ehrenamtlichkeit nicht beizukommen. Wir müssen auf diesem Gebiet viel mehr tun. Meinen Sie nicht auch, dass es Landesaufgabe ist, für Sprachförderung zu sorgen, damit die Menschen integriert werden können? Landkreise und kreisfreie Städte dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden; denn sie bezahlen entsprechende Programme inzwischen aus ihrer eigenen Tasche, weil der Freistaat nicht dazu in der Lage ist, vor Ort unterstützend tätig zu werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Unterländer sagte soeben ganz richtig, dass es unsere erste Verpflichtung
ist, die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern. Ich frage Sie: Warum machen Sie dann so ein mangelhaftes Gesetz? Herr Unterländer, das könnte man wirklich besser machen, nicht nur Sie, sondern auch Frau Ministerin.
Das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz muss ganz klare und einheitliche Standards festschreiben − so hat es das Bayerische Verwaltungsgericht in Regensburg gesagt −, und zwar deswegen, weil es da Irritationen gab. Die Träger von Pflegeheimen müssen eine Vergleichbarkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen können. Darum geht es in diesem Gesetz. Im Interesse einer Vergleichbarkeit müssen die Informationen transparenter und besser sein, als das bisher der Fall war. Deshalb unterstützen wir auch die gesetzliche Verpflichtung der Pflegeheimträger − das sind zum Beispiel die Städte und Landkreise −, die Prüfberichte zu veröffentlichen.
In einigen Punkten geht dieser Gesetzentwurf nicht weit genug, und die will ich Ihnen nennen. Der Gesetzentwurf gilt nur für Einrichtungen der Pflege. Das ist unserer Meinung nach nicht tragbar. Warum wollen Sie eine Ungleichbehandlung von stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Altenpflege? Dafür gibt es unserer Meinung nach keine Begründung. Warum sollen Behinderten im Vergleich zu pflegebedürftigen Menschen weniger Rechte gewährt werden? Warum sollen nicht auch Behinderte oder ihre Angehörigen oder Betreuerinnen und Betreuer eine Transparenz bei der Pflege- und Wohnqualität haben? Gerade in der heutigen Zeit unter dem Aspekt der Inklusion und der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen als Querschnittsaufgabe ist ihre Ausklammerung aus diesem Gesetz überhaupt nicht zu verstehen.
Der zweite Punkt unseres Mängelkataloges ist, dass die Prüfberichte nur mit Zustimmung der Betreiber veröffentlicht werden sollen. Ja geht’s noch, meine Damen und Herren? Das muss durch eine zentrale Veröffentlichung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden wohnortnah geregelt werden. Da sind wir uns einig mit dem Städtetag und dem Landkreistag, die das auch fordern. Wenn der Verbraucher oder zuständige Stellen keine gute Pflege nachweisen, dann kann es nicht sein, dass der Betreiber zustimmen muss, ob der Prüfbericht veröffentlicht werden soll. Wir sagen dazu: Nein, das müssen unabhängige Aufsichtsbehörden machen, wie es auch auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit ist. Da ist die Gewerbeaufsicht zuständig, und das sind auch staatliche Stellen.
Dritter Punkt. In Ihrem Gesetz ist nur von der pflegerischen Versorgung die Rede. Es braucht aber wesentlich mehr Feststellungen in dem Kriterienkatalog, zum
Beispiel auch Hygieneschutz, zum Beispiel sozialund heilpädagogische Betreuung etc. All das, meine Damen und Herren, werden wir benennen. Diese Mängel werden wir in der Diskussion in den entsprechenden Ausschüssen benennen und hoffentlich mehrheitlich in Ihrem mangelhaften Gesetzentwurf verankern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Gottstein hat völlig recht. Man fragt sich wirklich, welche Nebelkerzen hier geworfen werden. Dem Betrachter − es sind nicht viele hier − erschließt sich nicht, was eigentlich gewollt ist. Wenn er die Anträge durchliest, meint er, dass wir alle dasselbe vorhaben. Die Position der CSU ist allerdings auf Bundesebene nicht einmal innerhalb der Unionsfraktion einheitlich. Wie Kesselflicker streiten sich CDU und CSU vor der Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin am kommenden Donnerstag. So kündigt Horst Seehofer wieder einmal den harten Kurs gegenüber der CDU an. Sie können ruhig gelangweilt sein. Wir ersparen es Ihnen nicht. Wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie hier Wirres sagen und sich als der große Zampano aufführen, während Sie im Bund immer die Hosen voll haben. Sie setzen doch gar nichts durch. Sie machen bloß Publicity. Mein Gott, das haben wir schon lange durchschaut.
Ich gebe Ihnen Folgendes mit auf den Weg: Schaffen Sie es einfach einmal, mit einer Stimme zu sprechen, meine Damen und Herren von der CSU.
Noch schöner wäre es, wenn Sie eine Position finden würden, mit der Sie nicht nur an der Oberfläche kratzen, sondern endlich einmal die vielfältigen Ursachen von Altersarmut bei Frauen wirksam bekämpfen würden. Armut im Alter ist weiblich. Sie wollen dem mit der Anerkennung von Erziehungszeiten für Kinder begegnen. Damit bin ich d'accord. Das ist völlig klar.
Das schaffen Sie sowieso nicht. Aber wir werden es schon machen, denn wir übernehmen dann die Verantwortung. Es reicht nicht, meine Damen und Herren von CSU und FDP, wenn Sie nur mit dem kleinen Finger diese kleinen Schräubchen drehen. Nicht einmal die können Sie drehen. Bei der Anrechnung von Pflege- und Kindererziehungszeiten für Frauen − es geht wirklich nur um Frauen − geht es momentan nur um ein paar Cent mehr. Die müssen Sie den Frauen zugestehen. Auf dieser Baustelle müssen Sie arbeiten, sodass Sie endlich einmal ins Schwitzen kommen. Warum ist denn die Rente für Frauen so viel geringer als die Rente für Männer? Warum denn? Die Frauen verdienen schon vorher weniger, meine Damen und Herren. Deswegen brauchen wir endlich den allgemeinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Der ist seit Jahren überfällig.
Sie werden es nicht begreifen, deswegen brauchen wir den Mindestlohn. Wissen Sie, warum die Rente bei Frauen so gering ist? Sie können eine Stelle nicht zu hundert Prozent ausfüllen und sie arbeiten in Minijobs teilweise nur für den Mindestlohn. Die Frauen machen das zum größten Teil. Deswegen können sie nicht in die Rente einzahlen. Deswegen ist die Altersarmut weiblich. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
Wenn Sie von einer Untergrenze beim Mindestlohn schwafeln, sage ich Ihnen: Setzen Sie sich bitte einmal damit auseinander, dass es einen gesetzlichen Mindestlohn geben muss, wie es zum Beispiel in Großbritannien der Fall ist. Dort wurde gesagt: Wir, der Gesetzgeber, wollen einen Mindestlohn und geben die Festsetzung dieses Mindestlohnes einer Kommission in Auftrag. An dieser Kommission können auch Gewerkschaften beteiligt sein. Die Entscheidung geht aber wieder zurück an den Gesetzgeber. Warum soll sich der Gesetzgeber hier nicht einbringen, meine Damen und Herren? Er muss schließlich auch zahlen, wenn es nachher darum geht, Aufstocker über die Runden zu bringen. Da darf dann der Gesetzgeber zahlen. Vorher darf er sich aber nicht einbringen. Diese Logik müssen Sie mir einmal erklären.
- Die Tarifautonomie ist völlig in Ordnung. Warum aber soll der Staat dafür zahlen, wenn sich die Tarifpartner nicht einigen? Wenn ein Arbeitgeber keine Untergrenzen für einen Mindestlohn will, gibt es keinen Mindestlohn. Da haben wir jetzt lange zugeschaut. Deswegen müssen wir uns einbringen.
Wieso machen es andere EU-Staaten und nur wir in Deutschland nicht? Das müssen Sie mir erklären.
In der Tat müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie die Lebensphasen besser abgesichert werden, in denen Frauen und Männer keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, weil sie Angehörige pflegen oder Kinder erziehen. Weder die Erziehung der eigenen Kinder noch das Pflegen von Angehörigen darf zur Armutsfalle werden. Vor allem darf Armut im Alltag nicht weiblich sein. Für uns ist es eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Anrechnungszeiten für die Erziehung von Kindern, die vor 1992 geboren sind, ausgeweitet werden. Wir müssen das endlich tun. Sie sind am Ruder. Sie haben auf Bundesebene die Macht. Sie könnten das hinkriegen, wenn Sie es wollten. Sie wollen das aber nicht. Sie wollen die Bevölkerung täuschen. Meine Damen und Herren, das nehme ich Ihnen übel.
Frau Brendel-Fischer, ist Ihnen bekannt, dass es deutschlandweit 1,5 Millionen Frauen gibt, die unter 960 Euro pro Monat verdienen, und wie stehen Sie dazu? Sie sagen, man soll sie nicht mit irgendwelchen Rentnerinnen vergleichen. Das sind genau die Frauen, die nicht in die Rentenversicherung einzahlen können. Sie sind heute berufstätig und verdienen unter 1.000 Euro im Monat. Wie soll denn da noch etwas für die Rente übrig bleiben? Diese Frauen sind in Minijobs tätig und können von ihrem Einkommen im Grunde genommen nicht leben; die Miete muss schließlich auch noch bezahlt werden. Wie stehen Sie dazu, und warum stimmen Sie immer gegen unsere Anträge auf Einführung eines Mindestlohns? Wir wollen einen Mindestlohn, damit diese Frauen ein gesichertes Einkommen haben und später genügend Rente bekommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ministerratsbeschluss aus dem Jahre 2004 hatte zur Folge, dass die Asylsozialberatung deutlich unter 50 % vom Freistaat Bayern gefördert worden ist. Bis zum heutigen Tag hätte es diesen Antrag nicht gegeben und hätten wir uns nicht darüber aufgeregt. Selbstverständlich haben das die Träger bei uns moniert und sich immer mehr aus den Gemeinschaftsunterkünften zurückgezogen, weil die Asylberatung einfach nicht mehr finanziert worden ist. Sie haben sich verabschiedet. 2004 sind die Flüchtlingszahlen gesunken. Seit 2010 steigen die Zahlen jedoch deutschlandweit wieder an. Der Personalabbau, der 2004 beschlossen worden ist, findet aber nach wie vor sukzessive statt. Zwar sind die Mittel um weitere 800.000 Euro auf 2,6 Millionen Euro erhöht
worden. Das reicht jedoch nicht. Selbstverständlich müssen Asylbewerberheime nach demselben Schlüssel wie andere gemeinnützige Einrichtungen finanziert werden, nämlich zu 90 %. Die Zwei-Drittel-Förderung der CSU und der FDP ist abzulehnen.
Jedes Frauenhaus erfährt eine Unterstützung von 90 %. Die Eigenbeteiligung beläuft sich auf 10 %. So wird ein Schuh daraus.
Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen einen interfraktionellen Antrag von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN vorgelegt, weil die Eindrücke beim Besuch der Einrichtung in Zirndorf jedes Mal beklemmend sind.
Der Zustand dort ist untragbar. Dort gibt es keine adäquate Unterbringung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Fachräume werden zu Wohnräumen deklariert. Wer als Asylbewerber nach dem neuen Gesetz eine Wohnung beziehen möchte, schafft dies ebenfalls nicht, weil für diese Menschen außerhalb keine Wohnung zu finden ist. Deshalb muss die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtungen um 50 % erhöht werden. Ziel muss es sein, die ankommenden Flüchtlinge möglichst kurz in den Aufnahmeeinrichtungen zu belassen und möglichst schnell in Anschlussunterkünfte unterzubringen. Zur Verwirklichung dieses Ziels wird die Asylsozialberatung benötigt. Wir brauchen Beratung, Beratung, Beratung. Dafür braucht man Personal. Dafür braucht man Planungssicherheit im monetären Sektor. Deshalb müssen wir genügend Geld in den Haushalt einstellen, um die Lage in den überfüllten und überlasteten Erstaufnahmeeinrichtungen und den Anschlusseinrichtungen zu verbessern.
Herr Seidenath, Sie lobten gerade die Aufstockung der Zweidrittelfinanzierung für die Asylsozialberatung. Nach der Aufstockung der Haushaltsgelder gibt es bereits Berechnungen über die Bezuschussung der Wohlfahrtsverbände. Die Wohlfahrtsverbände haben errechnet, künftig mit 43 bis 46 % bezuschusst zu werden. Sie können nicht erwarten, dass soziale Einrichtungen mehr als die Hälf
te für eine Aufgabe des Freistaates bezahlen. Was Sie sich wieder ausgedacht haben, ist also schlimm unterfinanziert. Bitte erläutern Sie das anhand von Zahlen.
Sehr geehrte Frau Meyer, das Thema ist viel zu wichtig, als es jetzt innerhalb von Minuten abzutun. So geht es nicht.
Ich möchte Sie zum einen fragen: Wie stehen Sie zur dritten Erstaufnahmeeinrichtung? Die anderen zwei Erstaufnahmeeinrichtungen sind überfüllt. Wie erklären Sie uns, dass Sie nur die beiden bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen beibehalten wollen, ohne einen Zuwachs von 50 % zu registrieren? Zum anderen möchte ich Sie fragen: Wie werden Sie den getrennten Familien und den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in München und Zirndorf gerecht?
Frau Sem, können Sie mir eine vergleichbare Struktur nennen, in welcher eine Belohnung für etwas ausgezahlt wird, das nicht in Anspruch genommen wird? Sie haben gesagt, man erhalte das Betreuungsgeld, wenn man die Krippe nicht nutze. Gibt es etwas Vergleichbares?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vordringliche Konsequenz aus diesem Sozial
bericht ist, dass die Staatsregierung Trends und Problemlagen daraus erkennen muss. Das erwarten wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Auch wir im Sozialausschuss erwarten das. Frau Haderthauer, es reicht eben nicht, so denke ich, wenn Sie als Ministerin regelmäßig sagen, Bayern sei spitze. Nein, Frau Haderthauer, die Folgerung, Bayern sei spitze, ist falsch, wenn man diesen Sozialbericht liest. Sie müssen nämlich die Probleme erkennen. Sie müssen sie angehen und Konzepte dafür vorlegen, wie Sie als zuständige Ministerin der auch im Freistaat zunehmenden Spaltung zwischen Arm und Reich in der Gesellschaft entgegensteuern wollen. Das ist nämlich in diesem Sozialbericht herausgekommen. Aber davon haben Sie gar nichts gesagt.
Das wäre wichtig gewesen. Das erfordert auch Handlungsstrategien, die man in diesem Sozialbericht vergeblich sucht.
Meine Vorrednerinnen und Vorredner von der Opposition haben das ebenfalls gesagt; sie haben den Fehler im Sozialbericht gesehen: Es fehlen die Handlungsstrategien. Wir brauchen keine Beweihräucherung. Vielmehr müssen wir dort, wo es nicht läuft, wissen: Wie läuft das denn in Zukunft? Wohin wollen wir überhaupt?
Es reicht nämlich nicht, wenn Ministerpräsident Seehofer, wie im letzten Herbst, in der Öffentlichkeit laut darüber nachdenkt, dass die CSU ihre Schwesterpartei CDU jetzt auf ihrem Weg zu einem flächendeckenden Mindestlohn unterstützen werde. Gut gedacht, Herr Seehofer. Dazu haben wir schon jede Menge Anträge gestellt. Aber sie wurden von der Mehrheit im Sozialausschuss ständig abgelehnt, meine Damen und Herren. Das wäre im Grunde der richtige Weg, um überhaupt einmal Handlungsstrategien aufzuzeigen und zu fragen: Wohin wollen wir denn? Wollen wir jetzt eine gerechte Entlohnung? Sind wir damit einverstanden, dass wir ständig diese Aufstocker haben? - Nein, sind wir nicht, meine Damen und Herren.
Bayern ist ein reiches Land. Ja, dank der Arbeit vieler fleißiger Menschen. Es hat eine florierende Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Trotzdem gibt es auch bei uns Armut. Dabei sind unfaire Löhne eine der größten Bedrohungen des sozialen Friedens, auch bei uns in Bayern, Frau Haderthauer. Aber davon haben Sie nicht geredet.
Wenn wir den sozialen Frieden nicht erhalten, erhalten wir auch nicht den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und das kann üble Folgen haben.
Das bayerische Beschäftigungswunder basiert vor allem auf einer starken Ausdehnung des Niedriglohnsektors und auf den atypischen Beschäftigungen. Zwischen 2000 und 2010 stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigten von 20 % auf 27 %. Auch die Zahl der Leiharbeitnehmerinnen und der Leiharbeitnehmer ist im Jahr 2010 auf ein Rekordniveau gestiegen. Der Anteil der vollzeitbeschäftigten Niedriglohnbezieher in Bayern ist von 14,5 % im Jahr 2000 auf 17,7 % in 2010 kontinuierlich gestiegen. Genau wie im Teilzeitbereich sind hier überwiegend Frauen, nämlich zu drei Vierteln, betroffen. Schon vor der Wirtschaftskrise war in Bayern insgesamt ein Trend zu sinkenden Durchschnittslöhnen festzustellen. Das Realeinkommen der abhängig Beschäftigten ist in Bayern zwischen 2003 und 2006 um 4,2 % gesunken.
Frau Haderthauer sagte in der Pressemitteilung "Bericht aus der Kabinettsitzung" vom 7. März, die Beschäftigtenzahlen seien auf einem historischen Höchststand. Wissen Sie, Frau Haderthauer, was ich der Wahrheit zuliebe an Ihrer Stelle noch hinzugefügt hätte? Beschäftigtenzahlen auf historischem Höchststand, aber mit sinkendem Niveau in der Entlohnung. - Das ist der Knackpunkt, meine Damen und Herren. Aber dazu wird nichts gesagt. Das ist das, was uns in Zukunft bedroht.
Gewerkschaften prangern diesen Missstand ständig an. Die Beschäftigten und wir warten schon auf den Bericht der Kommission, damit die Experten endlich politische Handlungsempfehlungen aus dem bayerischen Sozialbericht ableiten können. Nichts dergleichen passierte eineinhalb Jahre lang.
Ministerpräsident Seehofer sagte hier im Plenum zu, er wolle das alles erledigen. Aber bisher wurde dieser Abschlussbericht weder vorgestellt noch debattiert. Warum, um alles in der Welt, bekommen wir eigentlich den Sozialbericht, wenn daraus resultierende Handlungen nicht stattfinden?
Der ganze Bericht ist eine Beschreibung des Status quo. Aber was kommt dann? Wie kann man etwas besser machen? Was fehlt? - Drei Arbeitsgruppen haben sich mit den Fragen beschäftigt: Wie können wir etwas besser machen? Was können wir verändern? - Eine Expertenkommission hat sich zwar an die Arbeit gemacht, aber alles verschwindet in der Schublade. Das ist Regierungsarbeit hier in Bayern.
Auch die Zahl derjenigen, die mehreren Jobs nachgehen müssen, um finanziell über die Runden zu kommen, wächst beständig. Herr Pfaffmann hat auf das Problem hingewiesen, dass manchmal die Heizkostenrechnung nicht bezahlt werden kann. - Ja, es stimmt, man kann sie nicht mehr bezahlen. Für immer mehr Menschen reicht der Lohn zum Leben nicht. Fast jeder Zweite, der aus dem Hartz-IV-System in Beschäftigung wechselt, verdient weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Ein allgemeiner flächendeckender Mindestlohn würde diese Entwicklung endlich stoppen. Unsere Anträge dazu sind abgelehnt worden. Die Höhe des Mindestlohns soll eine Mindestlohnkommission, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften, der Arbeitgeberverbände und der Wissenschaft besteht, unabhängig von politischem Einfluss ermitteln. Damit hat man in Europa gute Erfahrungen gemacht. Das könnten auch wir so machen. Dann wäre dies nämlich von der Politik weg.
Menschen mit Migrationshintergrund - das Schwerpunktthema des letzten Sozialberichts - sind doppelt so häufig arbeitslos und von Armut bedroht wie Menschen ohne Migrationshintergrund. Ihr Einkommen liegt um 20 % unter dem Durchschnitt der bayerischen Bevölkerung. Damit werden rund 20 % der bayerischen Bevölkerung oder insgesamt 2,5 Millionen Menschen sozial ausgegrenzt und benachteiligt. Von einer gelungenen oder gar vorbildlichen Integration kann keine Rede sein.
Einwanderer mit Fachhochschul- und Hochschulabschluss werden in der Regel nicht gemäß ihrer Qualifikation beschäftigt. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen und -qualifikationen ist noch immer viel zu langwierig und kompliziert. Es muss sich also niemand wundern, wenn gerade die hoch qualifizierten jungen Menschen wieder in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Die Frau Ministerin hat das zwar sehr gut erkannt, aber ihre Handlungsstrategien fehlen.
Ja, es stimmt: Die Leute gehen in ihre Herkunftsländer zurück, weil sie sich das hier nicht mehr antun wollen. Angesichts des schon jetzt vorhandenen Fachkräftemangels insbesondere in vielen sozialen Berufsfeldern wie der Pflege oder der Kinderbetreuung kann sich Bayern eine solche Ausgrenzungspolitik nicht länger leisten.
Jetzt hoffen wir einmal, dass das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen auch in Bayern per Verordnung umgesetzt wird. - Frau Meyer, das trennt uns. Sie haben gesagt, dass das Gesetz ab dem 1. April in Kraft tritt. Aber, meine Damen und
Herren, hätten wir nicht schon früher darangehen können, uns in Bayern Gedanken über eine Verordnung und darüber zu machen, wie wir das für Bayern ausformulieren wollen, welche Handlungsstrategien wir umsetzen wollen? Das hätten wir schon lange tun können - Sie geben mir recht -; aber mein letzter Antrag ist damals abgelehnt worden. Ich habe es gewollt. Ich habe gesagt: Lasst uns doch, bitte schön, überlegen, wie wir das umsetzen können, was auf Bundesebene schon gesetzt ist.
Denn wir müssen natürlich dringend etwas verändern. Sie, Frau Haderthauer, sagen im Sozialbericht, dass die Erwerbsquote von Migrantinnen und Migranten mit 75 % um knapp 5 % unter dem Durchschnitt liegt. Die niedrigere Erwerbsquote resultiert fast ausschließlich aus dem extrem niedrigen Beschäftigungsquotenanteil der Frauen mit 67 %. Deshalb müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir das anerkennen, was Frauen in ihrem Herkunftsland gelernt haben, wie wir sie in die Arbeitswelt integrieren können.
Auch bei Personen mit Hochschulabschluss liegt übrigens die Beschäftigungsquote deutlich unter dem Durchschnitt. Insoweit wären eben auch gezielte Förderprogramme für Frauen und Maßnahmen für eine bessere Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüsse und Berufsqualifikationen sinnvoll. Das wäre alles schon einmal dran gewesen, wenn wir erkannt hätten, dass wir schnell handeln müssen; denn unsere Fachkräfte gehen von unserem Arbeitsmarkt weg. Dies gilt gerade für Migrantinnen und Migranten.
Einwandererfamilien leben trotz einer Vollzeitbeschäftigung des Haupteinkommensbeziehers in Armut. 3,9 % sind es im Durchschnitt. Bei einer Teilzeitbeschäftigung des Haupteinkommensbeziehers liegt das Armutsrisiko sogar bei 45 %. Ohne Migrationshintergrund liegt es übrigens bei 25 %, was eigentlich auch zu hoch ist.
Eine Strategie der Staatsregierung zur Bekämpfung des rasch wachsenden Niedriglohnsektors ist nicht erkennbar. Noch ist den Bayerischen Industrie- und Handelskammern zufolge das Fachkräfteangebot im Freistaat größer als die Nachfrage. Das wird sich bald ändern, und der Engpass wird insbesondere bei den beruflich Qualifizierten erwartet. Der Fachkräftemangel wird also, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird, vor allem die in Bayern stark vertretenen kleinen und mittelständischen Unternehmen treffen. Was tun wir dagegen? Was könnten wir machen? - Keine Antwort vom Ministerium.
Auch im Bildungsbereich und in den medizinischen und technischen Berufssparten wird sich der Fachkräftemangel auswirken. Zudem fehlt es der Wissen
schaft an Nachwuchs, während qualifizierte Migrantinnen und Migranten ihr tägliches Brot mit Gelegenheitsjobs wie Taxifahren oder Putzen verdienen müssen. Für Bayern ist daher unabdingbar, die vorhandenen Qualifikationspotenziale zu aktivieren und zu nutzen. Neben einer menschenrechtsorientierten Bejahung der Integration sollen auch die im Ausland erworbenen Abschlüsse problemloser anerkannt und soll unser Bundesland für qualifizierte Zuwanderung attraktiver gemacht werden. Das ist das, was wir leisten könnten.
In Bayern gibt es auch circa 65.000 Langzeitarbeitslose, die bisher vom wirtschaftlichen Aufschwung und den rückläufigen Arbeitslosenzahlen nicht profitieren konnten. Da die bisherigen Angebote öffentlich geförderter Beschäftigung nicht gegriffen haben, sehen wir die Notwendigkeit eines dauerhaft geförderten sozialen Arbeitsmarktes. Auch dazu haben wir Anträge gestellt, die unisono abgelehnt wurden. Dieser soziale oder dritte Arbeitsmarkt soll Teil des allgemeinen Arbeitsmarktes sein, um Durchlässigkeit zum zweiten und dann zum ersten Arbeitsmarkt zu gewähren. Für den Wiedereinstieg in Arbeit brauchen gerade die Langzeitarbeitslosen dringend Qualifizierung und Unterstützung. Stattdessen plant die schwarz-gelbe Bundesregierung radikale Kürzungen bei der Arbeitsförderung und hängt damit viele Arbeitslose auf Dauer ab. Man belässt sie da, wo sie sind, und kümmert sich einfach nicht mehr weiter. Anstatt die Älteren intensiv zu fördern, werden sie in der Arbeitslosenstatistik versteckt. So schafft man in der Gesellschaft keine Akzeptanz für die schon beschlossene Erhöhung des Renteneintrittsalters.
Die Wirtschaft zahlt übrigens bei arbeitslosen Schwerbehinderten gern Strafgeld, um Behinderte nicht einstellen zu müssen. Innerhalb der gesellschaftlichen Wertung kann es einfach nicht mehr hinnehmbar sein, dass sich Betriebe herauskaufen können. Dafür, sehr geehrte Frau Haderthauer, müssen auch Sie sorgen. Es ist Ihre Aufgabe als Sozialministerin, in dieser unserer bayerischen Gesellschaft für etwas Positives zu sorgen. - Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Einrichtung eines Rettungsschirms für die Beschäftigten von Schlecker durch Transfergesellschaften werden wir unterstützen. Es ist wichtig, dass die Verkäuferinnen der bundesweit wegfallenden 2.400 Filialen für ein halbes bzw. ein Jahr in eine Transfergesellschaft aufgenommen werden, allerdings schon ab 1. April. Das muss sicher sein. Dafür werden wir auch kämpfen. In Bayern werden 278 Standorte geschlossen. Für die Zwischenfinanzierung brauchen wir einen KfW-Kredit. Den will Minister Rösler jetzt nicht geben. Er beruft sich auf die Regeln der Förderbank. Dieses Plazet könnte auch die Bundesregierung geben, sagte dagegen Arbeitsministerin Frau von der Leyen. Daran kann man einmal sehen, mit welch gespaltener Zunge die Bundesregierung wieder redet. Es geht um Frauenarbeitsplätze, und die müssen unbedingt gesichert werden. Wir können es uns überhaupt nicht leisten, sie nicht zu sichern. Wir können sie sichern, indem wir einen Zwischenkredit geben. Nur den brauchen wir. Das andere übernimmt die Bundesagentur für Arbeit.
Die Zeit eilt, Herr Muthmann. Sie sagten gerade, der Antrag wäre verfrüht. Insolvenzgeld für die Beschäftigten kann nur bis Ende März gezahlt werden. Danach könnten sie in eine Transfergesellschaft aufgenommen werden, um die Kündigung abzufedern und sie für andere Berufe zu qualifizieren. Natürlich sind diese Maßnahmen in der Region angesagt, Herr Muthmann; denn dort leben die Frauen. Dort leben oft alleinerziehende Frauen, die zwei Kinder haben. Sie müssen dort wohnen bleiben, weil dort die Mieten niedriger sind. Deswegen dürfen wir die Regionalpolitik nicht vernachlässigen.
Die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesarbeitsministerium haben grünes Licht gegeben und gesagt, jetzt brauche es nur noch den Zwischenkredit. Herr Seidenath, Sie haben gesagt, es würden Steuergelder eingesetzt. Es sind keine Steuergelder. Das Arbeitsministerium bzw. die Bundesagentur für Arbeit hat bereits zugesagt, dass sie absichern, und dafür gibt es Transfergesellschaften, wie zum Beispiel bei Quelle. Wir haben es schon mitgemacht. Von denen werden die Mitarbeiterinnen bezahlt. Die Steuergelder müssen nicht für alle Arbeitsplätze verwendet werden.
Aus Sicht des Bundes ist jedoch das Land BadenWürttemberg dafür zuständig, Schlecker einen Kredit zu organisieren, da das Unternehmen dort seinen Hauptsitz hat. Nach Ansicht des Bundes haben die
Länder Förderinstitute, die Kredite bereitstellen können. Ich bin davon überzeugt, dass sich Wirtschaftsminister Schmid aus Baden-Württemberg und Bundeswirtschaftsminister Rösler unbedingt an einen Tisch setzen müssen. Frau von der Leyen sagte noch letzte Woche, dass Transfergesellschaften für die Schlecker-Verkäuferinnen das Beste seien und sie sich dafür einsetzen werde. So zerrüttet kann das Verhältnis zur FDP doch nicht sein, dass sich Herr Rösler schon wieder einmal durchsetzt und die Probleme auf Baden-Württemberg abschiebt. Plan A muss der Bund sein, Plan B muss das Land sein.
Gerade haben wir von Frau Haderthauer den Sozialbericht gehört. Gerade Frauen brauchen jetzt unsere Solidarität.
Die Frauen verdienen oft nicht dazu, nein, ihre Arbeit ist die einzige Einnahmequelle, und das, wie zum Beispiel bei Schlecker, mit zwanzig Wochenstunden. Schlecker ist der Lackmustest für Frauenarbeitsplätze. Die Frauen haben dafür gekämpft, dass mit Verdi neue Tarifverträge abgeschlossen wurden für die alten Märkte und die neuen Schlecker XL GmbHs. Jetzt werden alle nach dem Einzelhandelstarif von Baden-Württemberg bezahlt. Das ist gut so. Man hat sich geändert. Es wäre wirklich wichtig, dass wir uns für die verbleibenden Frauenarbeitsplätze einsetzen.
In der männerdominierten Autoindustrie, meine Herren, hat man sich vor Aktionismus fast überschlagen, um Opel zu retten.
Hier müssen sich Bund und Land an einen Tisch setzen. Das ist die Quintessenz dieses Dringlichkeitsantrags. Darauf haben wir ein Recht, und darauf haben die Beschäftigten ein Recht. Daran darf die Transfergesellschaft nicht scheitern. Deshalb muss der Ministerpräsident dieses Thema in Bayern zur Chefsache machen, und Frau Angela Merkel auf Bundesebene zur Chefinnensache.
Wichtig ist, dass wir etwas eröffnen. Es geht um die 278 Standorte in Bayern, für die wir Politikerinnen und Politiker zuständig sind. Die Rahmengesellschaften müssen für die zwei oder drei Arbeitsplätze in den kleinen Ortschaften gerettet werden. Das können wir, wenn wir eine Transfergesellschaft gründen. Diese regionale Arbeit müssen wir leisten.
Man kann schon sagen, dass die Frauen auch anderswo Stellen finden. Wichtig ist aber, dass die Transfergesellschaft dafür sorgt, dass die Frauen weiter vermittelt werden können. Das ist das Wesen einer Transfergesellschaft.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jörg, abgesehen von Ihren geografischen Kenntnissen, haben Sie zudem von der Materie keine Ahnung.
Den Antrag der FREIEN WÄHLER als Gschmarre hinzustellen, wie Sie das in Ihren Ausführungen getan haben, ist einfach unterste Schublade. Aber das kennen wir von Ihnen im Sozialausschuss.
Wenn die Ehrenamtscard ein Erfolgsmodell ist, warum sind dann nicht alle dabei? Die Kommunen haben mit dem Städtetag ganz klar gesagt, dass die Kriterien für eine längerfristige Lösung noch ganz klar benannt werden müssen. Herr Jörg, längerfristig
muss es sein. Man darf sich nicht einfach nur einmal so hinstellen und dampfplaudern, sondern wir brauchen ein langfristiges Modell.
War da eine Wortmeldung?
Ja. Ich will Ihnen sagen, gerade gestern hatten wir eine Diskussion zur Ehrenamtscard in der Kreistagsagenda "Gruppe 2020". Unser Landkreis ist progressiv und innovativ, mit einem CSU-Landrat, Herrn Mirbeth, der auch einmal unser Kollege war. Und was war? Ich hatte einen Antrag zur Ehrenamtscard an den Kreistag gestellt. Gestern wurde das in dieser Agenda-Gruppe noch einmal ganz klar von der CSU von allen Seiten beleuchtet. Man kam eigentlich darin überein: Das wollen wir nicht! - Allerdings konnte ich sie dann davon überzeugen, dass man einen Arbeitskreis zu diesem Thema bildet, weil Herr Sackmann in Cham damit so gute Erfahrungen gemacht haben soll. Also waren sie der Meinung: Jawohl, das machen wir; wenn wir schon nicht weiter wissen, machen wir wenigstens einen Arbeitskreis.
Aber, meine Damen und Herren, warum ist man in Bayern zu diesem Thema des bürgerschaftlichen Engagements in Habachtstellung? Warum machen viele Kommunen, kreisfreie Städte und Landkreise nicht mit? Ich sage Ihnen, warum: Weil die Finanzierung auf die Kommunen verlagert werden soll. Die riechen das, meine Damen und Herren, die kennen Sie hier im Landtag schon! 5.000 € einmalige Anschubfinanzierung - das sagt Ihnen jeder Oberbürgermeister, jeder Landrat - sind zu wenig.
Deshalb haben sich nur 28 von 71 Kreisen bereit erklärt, dieses Projekt zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, die Idee für ehrenamtliche Tätigkeit, ob im Verein oder als freie Ehrenamtliche, das selbstlose Engagement muss viel mehr Teil unserer Gesellschaft werden. Da sind wir uns bestimmt unisono einig. Das ist klar. Aber wie kriegen wir das in Zukunft hin? Viele Leute wollen sich nicht großartig in Vereinen mit der Satzung usw. auseinandersetzen. Sie wollen projektbezogen arbeiten, vielleicht fünf Stunden in der Woche. Denen kämen wir mit einer Ehrenamtscard entgegen. Aber dafür müssen wir für die Vergünstigungen bei staatlichen, privaten und kommunalen Einrichtungen, die sie erhalten sollen,
für lange Zeit Geld zur Verfügung stellen. Daran hapert das Ganze.
Wir müssen uns dann aber in der Konsequenz fragen: Wie sieht es mit der Finanzierung der bayerischen Ehrenamtscard aus? Für die Akquirierung von Ehrenamtlichen ist Verwaltungsaufwand nötig. Das kann nicht auf Kosten der Kommunen gehen. Das Geld der Anschubfinanzierung ist sehr schnell aufgefressen. Personalkosten usw. erfordern viel Geld. Das wissen wir alle. 5.000 € sind gar nichts.
Dazu haben wir kein längerfristiges Modell, und deswegen sage ich: Wir müssen uns weiter dafür einsetzen, dass es ein Konzept gibt. Dieses Konzept wollen die FREIEN WÄHLER. Wir unterstützen sie darin, und ich frage mich, warum Herr Jörg und Sie von der CSU nicht einmal dieses Konzept wollen. Nur ein Konzept ist gefragt!
Ich stimme mit Herrn Wörner voll überein.
Sogar der Oberbürgermeister von Regensburg sagt dasselbe, nämlich: Wir möchten schon gern die Ehrenamtscard unterstützen, aber es mangelt daran, das auszuführen. Da muss eben etwas vom Freistaat kommen. In der Replik des Städtetages wurde ganz klar gesagt: Wir brauchen im Grunde eine hälftige Finanzierung. - Sie, Herr Weidenbusch, setzen sich in der CSU sicherlich dafür ein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir als GRÜNE teilen ebenfalls die Betroffenheit gegenüber der NSN. In der Begründung des SPD-Antrages steht ein richtiges Wort: Managementfehler bei der NSN, bei den Müttern Siemens und Nokia. Hier in Bayern stehen etwa 2.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, weltweit 17.000 Stellen. Wir brauchen natürlich jede erdenkliche Hilfe in Form von Gesprächen. Ich hoffe, dass schon einiges erfolgt ist, Herr Wirtschaftsminister Zeil. Da sind wir völlig d´accord, Herr Wirtschaftsminister Zeil. Das muss auch in Zukunft so sein. Darauf zielt der Antrag ja ab.
Treiber der geplanten Restrukturierung ist neben Nokia aus Finnland, die im Übrigen den Münchner Standort ganz schließen wollte - Siemens hat das in der vorletzten Woche strikt abgelehnt -, natürlich auch Siemens, Wittelsbacherplatz. Es ist für mich völlig unverständlich, warum bei der sogenannten Neuausrichtung nicht eine Kooperation zwischen dem sich im
Neuaufbau befindlichen Siemenssektor Infrastructure & Cities und NSN zustande gekommen ist. Infrastructure & Cities mit Stammsitz in München baut gerade einen Geschäftsbereich neu auf, der zukünftig für die sogenannten Metronetze, nämlich Stadtwerke etc. auch ein Produktgebiet vorsehen wird, welches Kommunikationsservices über Stromnetze anbieten kann.
Meines Wissens ist Nokia Siemens Networks keine Kooperation eingegangen. Das ist der Knackpunkt. Herr Wirtschaftsminister Zeil, das werden Sie bitte auch in die Gespräche einfließen lassen. Darum möchte ich Sie bitten; denn Siemens ist eine Kooperation mit einem Mitbewerber eingegangen. Das ist für mich ein strategischer Fehler, weil ich darin eine interessante Perspektive gesehen hätte. Damit raubt die eigene Mutter NSN eine Zukunftsperspektive.
Wenn hierbei NSN keine marktreifen Produkte anbieten kann - das könnte man vielleicht so sehen -, so kann man solch ein Manko durch einen gezielten Zukauf ausgleichen. Das ist nicht unüblich. Bitte geben Sie das in Ihren Gesprächen weiter, Herr Zeil. Darum möchte ich Sie bitten.
Herr Ministerpräsident Seehofer und Herr Wirtschaftsminister Zeil sollen sich laut Ihrem Antrag unterstützend in der konzertierten Aktion persönlich einbringen, um den angekündigten Stellenabbau zu verhindern.
Aufgabe der Gewerkschaften und des Betriebsrates ist es, die Umstrukturierungsmaßnahmen mit dem Arbeitgebermanagement und mit den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu entwickeln. Beschäftigungsgesellschaften und Transfergesellschaften sind Stichworte aus der Vergangenheit. Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt. Wir hoffen, dass Marco Schröter, der als krisenerfahrener Manager und Finanzvorstand schon Infineon erfolgreich beriet, auch in diesem Fall NSN bis 2013 - das ist die Frist - die Kurve bei uns in Bayern nimmt; denn diese Branche darf aus Bayern eigentlich nicht abwandern. Dafür setzen wir uns von diesem Parlament aus ein.
In Ihrem Dringlichkeitsantrag fordern Sie, die Firma NSN solle endlich zu dauerhaften Alternativarbeitsplätzen für die Belegschaft kommen. Da haben wir uns geeinigt. Sie haben gesagt, Sie wollen das in Ihrem Antrag ändern. Darum werden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Als Antragsteller sollten Sie eine Umformulierung machen. Das haben wir verabredet; denn Ziel soll sein, dass konkrete und dauerhafte Alternativarbeitsplätze für die Belegschaft geschaffen
werden. Dem Antrag der SPD werden wir zustimmen und ebenfalls dem Antrag der CSU.
Das würde ich mir alleine auch nicht zutrauen. Wir haben aber Gespräche mit verschiedenen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitgebern geführt. Diese Vorschläge wurden uns auch unterbreitet. Ich wollte diese Vorschläge Herrn Zeil mit auf den Weg geben. Das ist unser gutes Recht als Parlamentarierinnen und Parlamentarier.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In unserem Gesetzentwurf über die Rechte von Kinder und Eltern in der frühkindlichen und außerschulischen Bildung stellen wir Ihnen unsere Vorstellungen zum Thema Bildung von Kindern vor. Das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz - BayKiBiG - gibt es schon seit sechs Jahren. Während dieser Zeit hat es viel Kritik an diesem Gesetz gegeben. Diese Kritik ist bei uns eingegangen. Wir haben uns daraufhin gesagt: Wir setzen uns hin und entwerfen ein neues Gesetz, weil es an der Zeit ist, die vorhandenen Erfahrungswerte in das
Gesetz einfließen zu lassen. Im Vorfeld haben wir viele Gespräche mit Verbänden geführt und die Anregungen in unser Gesetz eingearbeitet. Dabei haben uns drei Grundsätze geleitet.
Für uns stehen erstens nach wie vor die Rechte der Kinder und der Eltern an erster Stelle. In dem alten Gesetz sehen wir eher die Rechte der Kommunen im Vordergrund. Die Gastkinderregelung war ein beliebtes Beispiel dafür. Das ist nicht das Wichtigste. Die entsendende Gemeinde muss nach wie vor zahlen auch in unserem Gesetzentwurf. Die Rechte der Kinder und Eltern finden wir jedoch sehr viel wichtiger. Darauf zielt unser gesamtes Gesetz ab.
Zweitens muss das Gesetz inklusionskompatibel sein, für alle Kinder in allen Einrichtungen. Jetzt fällt die Ein-Drittel-Regelung für behinderte Kinder weg.
Der dritte Schwerpunkt unseres Gesetzes ist die frühkindliche Bildung. Wir brauchen mehr als Betreuung. Wir brauchen Qualität in der Bildung. Das erfordert auch das Kinderrecht. Weiter fordern wir, den Personalschlüssel schrittweise zu verbessern. Ziel ist ein Personalschlüssel von 1 : 7,5 - selbstverständlich schrittweise. Der aktuelle Personalschlüssel beläuft sich auf 1 : 12,5. Wir wissen, dass bei Wegfall der Gewichtungsfaktoren mehr Personal auf der anderen Seite vorhanden sein muss. Mit einem anderen Stellenschlüssel wollen wir dem entsprechen.
Diese Gewichtungsfaktoren sind einfach nicht fortschrittlich. Es hat sich gezeigt, dass die Gewichtungsfaktoren beispielsweise bei verhaltensauffälligen Kindern nicht zielgenau sind. Sie stigmatisieren Behinderte. Das haben wir allzu oft in den letzten sechs Jahren hier im Plenum diskutiert. In einer Zeit, wo anders gedacht wird und Inklusion groß geschrieben wird, wollen wir das nicht. Inklusion bedeutet Gleichberechtigung. Alle sollen dieselbe Chance erhalten, ob behindert oder nicht. In Zukunft wird nicht mehr eingeteilt. Das ist rückschrittlich. Das läuft auch dem kürzlich im Bayerischen Landtag beschlossenen interfraktionellen Bildungsweg zuwider. Dieser garantiert die freie Wahl der Bildungseinrichtung. In unserem Gesetzentwurf ist es unwichtig, wie viele Kinder mit Behinderung in einer Gruppe sind. Nur das Kind zählt, nicht die Behinderung und deren Einteilung. Deswegen brauchen wir einen anderen Stellenschlüssel. Das ist klar.
Wir wollen ebenfalls ein garantiertes Wunsch- und Wahlrecht der Eltern. Das ist das Ende der Gastkinderregelung. Diese Regelung war unsäglich. Zwischen Eltern und Kommunen hat es so viel Hickhack gegeben, weil die Kommunen zunächst einmal ihren eigenen Kindergarten besetzen wollten. Die Kinder
gruppe sollte überwiegend aus den Kindern, deren Eltern im Ort wohnen, bestehen. Die Gastkinderregelung ist unsäglich gewesen. Sie hat sich nicht am Kind orientiert. Wenn eine Mutter oder ein Vater im 30 Kilometer entfernten Nachbarort arbeitet, sollten sie ihr Kind mitnehmen und in den örtlichen Kindergarten geben können. Gezahlt wird nach wie vor von der entsendenden Gemeinde. Das ist eine Stärkung des Eltern- und Kinderrechts in unserem Gesetzentwurf.
Wir wollen ebenfalls die Personal- und Verfügungszeiten wie früher vor der Einführung des BayKiBiG gehandhabt wissen. Dafür wollen wir eine gesetzliche Garantie. Es kann nicht angehen, dass die Leiterin eines Kindergartens Verwaltungsaufgaben wahrnehmen muss und dies zulasten der Kindererziehungszeit geht. Das wurde in der Vergangenheit von den Erzieherinnen stark beklagt und fand Eingang in unseren Gesetzentwurf.
Unserem Gesetzentwurf liegt Bildung als Staatsaufgabe zugrunde. Wir wollen Verbesserungen, die zunehmend vom Staat finanziert werden, und langfristig wollen wir, dass die Finanzierung der Kommunen prozentual sinken wird. Das ist unser Ziel. Wir haben in unserem Entwurf schrittweise Vorstellungen dazu entwickelt. Wir freuen uns auf die Diskussionen in den Ausschüssen.
Herr Barfuß, Sie sagten, wir seien jetzt wesentlich weiter als vor eineinhalb Jahren.
Da kann ich Ihnen überhaupt nicht recht geben, weil ich im Sozialausschuss bin und sehe, wie fruchtlos die Diskussion verläuft - inzwischen siebenmal zu diesem Thema. Was sich geändert hat, ist null Komma null null. Bitte, sagen Sie mir, wo sich etwas wesentlich geändert hätte.
Ich fordere Sie auch auf: Stellen Sie mit der Opposition einen Haushaltsantrag zu diesem Thema. Sagen Sie, wie viel Geld Sie einstellen wollen. Wir rechnen aus, wie viel pro Schüler, pro Schülerin eingestellt werden kann, damit sie dieses Schulgeld nicht mehr bezahlen müssen. Ich bitte Sie, machen Sie endlich einmal das, was Sie hier propagieren. Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. Ihre FDP stimmt ganz anders ab, als dem entspricht, was Sie sagen. Tun Sie das, was Sie sagen, und stellen Sie mit uns einen Haushaltsantrag zu diesem Thema.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Meyer, Ihre Rede habe ich wohl gehört. Sie haben gesagt, Inklusion lasse sich nicht verordnen. Ich sage Ihnen aber: Wir brauchen dafür Gesetze. Solche Gesetze haben
wir auch schon, beispielsweise auf europäischer Ebene, aber auch auf Bundesebene. Diese Gesetze wurden auch von der FDP unterschrieben. Diese Gesetze schaffen Rahmenbedingungen, damit sich in unseren Köpfen etwas verändert. Ihre FDP hat das auch unterschrieben, also hätte sich in den Köpfen schon lange etwas verändern müssen. Die notwendigen Ausführungsbestimmungen hätten Sie im Grunde schon bei uns im Sozialausschuss diskutieren können, das haben Sie aber nicht. Sie lassen die Dinge eigentlich treiben.
Wir haben eine Ausschussfahrt nach Schweden zum Thema UN-Behindertenrechtskonvention unternommen. In Norwegen und Schweden entspricht man bereits komplett der UN-Behindertenrechtskonvention. Das haben Sie auch alles gesehen. Schauen wir uns einmal an, was die Schweden schaffen. Das müssen wir für die Behinderten auf dem Arbeitssektor ebenfalls schaffen. Mit Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention sind das einklagbare Recht auf Arbeit und der gleichberechtigte Zugang von Menschen mit Behinderung zum ersten Arbeitsmarkt festgeschrieben. Dort steht, dass Menschen mit Behinderung das Recht haben, den eigenen Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen. Das ist ein Grundrecht. Das finden wir gut. Darüber sind wir uns sicherlich alle einig. Wie sieht es aber in der Realität und in der Praxis aus? Dort sieht es nicht gut aus.
Behinderte Menschen brauchen ein entsprechendes Umfeld, eine dauerhafte Unterstützung und eine personenbezogene Förderung. Behinderte Menschen brauchen ein echtes Wunsch- und Wahlrecht. Behinderte Menschen brauchen echte Anreizprogramme und Maßnahmen zum Ausbau von Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen und privaten Sektor. Ich möchte hören, was die FDP dazu sagt, wenn die "Loskaufprämie" erhöht wird. Die private Wirtschaft sollte endlich mehr Menschen mit Behinderung einstellen.
Wir brauchen eine Infrastruktur zur Qualifizierung behinderter Menschen. Behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt brauchen einen dauerhaften Nachteilsausgleich. Wir wissen, dass die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt das Kernstück der gesellschaftlichen Teilhabe behinderter Menschen darstellt. Die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen ist in Bayern mit rund 15 % mehr als viermal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote von 3,4 %. Von einer gleichberechtigten Teilhabe können wir überhaupt nicht reden, nicht einmal ansatzweise. Insbesondere viele private Arbeitgeber erfüllen nicht die gesetzliche Beschäftigungsquote für behinderte
Menschen von 5 %. Die privaten Arbeitgeber kaufen sich nämlich frei. Je nach Betrieb zahlen sie 105 bis 260 Euro. Das ist schnell gemacht. Dann braucht man sich weiterhin nicht mehr damit zu beschäftigen.
Die Beschäftigungsquote behinderter Menschen im öffentlichen Dienst liegt bei 5 %. Wir brauchen - jetzt sollten CSU und FDP zuhören - im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe eine Bevorzugung der Firmen, die die Beschäftigungsquote für behinderte Menschen erfüllen.
Das pflanzt sich bis in die Landratsämter, in die Bezirksregierungen und in die Gemeinden und Gemeinderäte, die kommunale Entscheidungsträger sind, fort. Darauf wird nicht geachtet. Die Beschäftigung behinderter Menschen muss zu einem wesentlichen Kriterium bei der öffentlichen Auftragsvergabe werden. Nicht nur der Preis ist wichtig, sondern auch die Einhaltung der Beschäftigungsquote behinderter Menschen.
Den geplanten Ausbau von Werkstätten für behinderte Menschen wollen wir nicht, weil er dem primären Ziel der Inklusion behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt widerspricht. Allein aus dem Konjunkturprogramm II wurden in den letzten Jahren zusätzlich 20 Millionen Euro für den weiteren Werkstattausbau zur Verfügung gestellt. Immer noch gibt es einen Automatismus, der für viele behinderte Menschen vom Besuch einer Förderschule in eine Förderstätte oder in eine Behindertenwerkstatt führt. Meine Damen und Herren, das muss der Vergangenheit angehören.
Wir haben bereits bei den Jugendämtern der Landratsämter nachgefragt. Mich hat erstaunt, wie viele Väter und Mütter ihre Kinder im September möglichst in einer Regelschule unterbringen wollten. Da wird übrigens mit den Füßen abgestimmt. Viele behinderte Kinder gehen jetzt in eine Regelschule. Mit der Inklusion erhalten die Eltern ein einklagbares Recht. Das müssen wir begleiten. Hierzu hätten wir bereits früher Vorschläge machen müssen. Da diese Kinder ebenfalls in den ersten Arbeitsmarkt drängen werden, müssen die Arbeitgeber wissen, welche Infrastruktur sie bereitstellen können, wenn sich diese Kinder bewerben. Wir haben keine Vorschläge, weil wir kein Konzept haben. Im Rahmen unserer Interpellation ist herausgekommen, dass es für die Zukunft kein Konzept gibt.
Neben der Öffnung der Werkstätten brauchen wir dringend Beschäftigungsmöglichkeiten mit großer
Nähe zum regulären Arbeitsmarkt. Integrationsbetriebe sowie Integrationsprojekte, die es Menschen erlauben, mit und ohne Behinderung gemeinsam zu arbeiten, müssen in Bayern dringend ausgebaut werden. Im Gegensatz zu 32.000 Werkstattbeschäftigten werden in diesem Bereich gegenwärtig lediglich rund 1.630 schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Derzeit plant die Staatsregierung ein Sonderprogramm "Chancen schaffen". Innerhalb von drei Jahren ist der Ausbau von sage und schreibe 150 zusätzlichen Plätzen angedacht. Meine Damen und Herren, das reicht bei Weitem nicht aus. Wir müssen einem ganz anderen Ansturm auf den Arbeitsmarkt gewachsen sein.
In den Kommunen brauchen wir niedrigschwellige und gemeindenahe Angebote für Erst- und Wiedereinsteiger in den Arbeitsmarkt. Je nachdem, wie der Arbeitsmarkt beschaffen ist, versuchen wir, das zu ermöglichen. Das ist jedoch sehr schwierig. Wir brauchen Anreize für die langfristige Beschäftigung behinderter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Derzeit läuft es so: Von der Agentur für Arbeit gibt es Eingliederungszuschüsse für zwei Jahre. Dann ist Schluss. Dann stehen diese Menschen wieder vor dem Nichts. Im Grunde müssen wir eine dauerhafte Bewilligung von Nachteilsausgleichen, die im Rahmen der Interpellation genannt worden sind, gewährleisten. Das wäre möglich, und das müssen wir schaffen. Auf einer anderen Ebene würden wir damit eventuell Geld einsparen.
Inklusion lässt sich somit nicht verordnen - Recht haben Sie, Frau Meyer. Jedoch müssen wir zusehen, dass wir das ganz schnell in die Köpfe hineinkriegen. Wir sollten nicht nur unsere Unterschrift unter die Konvention setzen, sondern diese möglichst auch mit Leben erfüllen.
Frau Präsidentin, meine Damen und
Herren! Genau zur bisher geplanten Instrumentenreform und der zukünftigen Ausgestaltung der Arbeitsförderung haben wir als GRÜNE schon vor zwei Wochen einen Antrag gestellt, nämlich einen Berichtsantrag. Wir werden ihn nach der Sommerpause im Sozialausschuss behandeln. Das ist hier für uns der Aufschlag im bayerischen Parlament.
Meine Damen und Herren, die geplante Instrumentenreform ist eindeutig von der Vorgabe der Einsparung von Haushaltsmitteln des Bundes bzw. der Agentur für Arbeit geprägt und nicht an inhaltlichen Erfordernissen orientiert. Das ist etwas, was uns umtreibt. Im Bundeshaushalt soll bis 2015 um 25 Milliarden Euro gekürzt werden. Meine Damen und Herren, das ist ein katastrophaler Kahlschlag in der Arbeitsförderung. Das werden alle Arbeitslosen stark spüren, und die jetzige Spaltung des Arbeitsmarktes wird noch größer werden. Wir gehen das Risiko nicht ein - Sie gehen es ein. Wir wollen keine Spaltung der Gesellschaft hervorrufen. Daran können wir zurzeit auch gar nicht interessiert sein.
Das Argument, wir haben doch weniger Arbeitslose, wir brauchen mehr Fachkräfte, das von Ihnen immer genannt wird, hat ein Problem. Das Problem besteht darin, dass auf Bundesebene von der Regierung nicht gesehen wird, dass die Arbeitslosen aufgrund dieser Kürzungen nicht mehr adäquat gefördert werden können, meine Damen und Herren. Das ist der Knackpunkt. Bei sinkender Arbeitslosigkeit geht die Langzeitarbeitslosigkeit nicht von selbst zurück. Sie unterliegen diesem Trugschluss. Das tragen wir nicht mit.
Wenn in den ersten vier Monaten des Jahres 2011 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Weiterbildungen um mehr als ein Drittel zurückgegangen ist, die Selbstständigenförderung um fast die Hälfte und die Jobperspektiven der Arbeitslosen um zwei Drittel zurückgegangen sind, dann rührt das noch von den Kürzungen des Jahres 2010 her. Die Kürzungen in Zukunft werden noch viel drastischer sein. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es schon Auswirkungen auf die Langzeitarbeitslosen. Das müssen Sie sich vergegenwärtigen. Was jetzt noch bis 2015 kommen wird, hat eine ganz große Überschrift, die uns alle betreffen wird, nämlich: Reduzierung statt Qualifizierung. Das dürfen wir nicht zulassen.
Das korrespondiert in keiner Weise mit dem Rückgang der Arbeitslosigkeit, insbesondere nicht im Bereich des ALG II, in dem mittlerweile über 70 % aller Arbeitslosen betreut werden. Geben wir es denn auf,
diese Menschen in den ersten Arbeitsmarkt hineinzubringen?
Wollen wir das aufgeben? Ich dachte, wir haben immer noch ein Ziel.
Wir brauchen nach wie vor die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Wenn wir Geld kürzen, gelingt das nicht mehr, meine Damen und Herren.
Dabei brauchen wir zum Beispiel die lokale bzw. regionale Ebene. Dazu hätte ich mir auch neue Impulse erwartet, zum Beispiel die Umwandlung passiver Leistungen, nämlich ALG II, Unterkunft, Sozialversicherungsbeiträge und Maßnahmekosten in ein Arbeitsentgelt umzuwandeln bzw. an den Arbeitgeber auszuzahlen, damit er dann die Menschen bezahlen kann. Das ist Passiv-Aktiv-Transfer. Das fehlt mir in dem Vorschlag völlig.
Aufgrund unseres Berichtsantrages werden wir nach der Sommerpause Auskunft darüber erhalten, wie es um die Arbeitslosen bestellt sein wird. Der Antrag der SPD sieht die Spaltung des Arbeitsmarktes sehr deutlich und zeigt Wege auf, dieser Spaltung entgegenzutreten. Deswegen unterstützen wir ihn. Beim Antrag der CSU enthalten wir uns, weil eine große Kleinigkeit fehlt, nämlich die Finanzierung der aufgezählten guten Punkte, die Sie wohlweislich anführen.
Vergessen Sie nicht, dass Sie die von Ihnen aufgeführten tollen und wichtigen Verbesserungen niemals erreichen werden, wenn sie diesen Betrag bis 2015 um Milliarden Euro kürzen. Dieses Gesetz der Instrumentenreform ist auf Bundesebene auch von der CSU und der FDP auf den Weg gebracht worden.
Sie können hier wunderschöne Ziele formulieren. Wenn Sie aber in diesem Maße einsparen, dann haben Sie keine Prioritäten gesetzt. Deswegen werden wir uns zu Ihrem Antrag der Stimme enthalten.
Herr Rohde, Sie können zwar werben, aber sie kriegen die Unterstützung nicht. Denken Sie einfach nur an den Begriff der Inklusion. Sie wollen - darauf haben wir uns auf europäischer Ebene geeinigt - Behinderte in den ersten und zweiten Arbeitsmarkt bringen. Was glauben Sie, was das kostet?
Darauf müssen wir uns konzentrieren. Deshalb dürfen wir nicht einfach sparen und einen Kahlschlag machen. Wir müssen einmal die Kosten für die Inklusion benennen. Das tun Sie nicht. Deshalb werden wir Ihren Antrag nicht unterstützen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der SPD zielt darauf ab, noch mehr Öffentlichkeit für Petitionen herzustellen. Herr Bausback, die Antwort auf die Frage nach dem Mehrwert dabei ist ganz einfach: Damit wird für noch mehr Öffentlichkeit gesorgt. Das ist doch toll, oder? Sie sollten doch dafür sein! Das
sind Sie aber nicht, weil Sie bis zum heutigen Tag nicht begriffen haben, wie wichtig es ist, die Öffentlichkeit einzubeziehen. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben.
Herr Bausback, wenn Sie eine solche Frage stellen, lässt mich das vermuten, dass Sie den Gesetzentwurf einfach nicht gelesen haben; so einfach ist das.
Wir GRÜNE unterstützen die SPD bei diesem Vorhaben, noch mehr Öffentlichkeit für den Bayerischen Landtag herzustellen, für mehr Bürgerbeteiligung, für mehr Transparenz, für mehr Verständnis einer Petition, für mehr Diskussionskultur zu sorgen, einfach für Mehrwert in dieser Gesellschaft zu sorgen. Herr Dr. Bausback, das ist ein Mehrwert!
Worum geht es? - Öffentliche Petitionen sollen auf einer Seite des Bayerischen Landtags veröffentlicht werden. Damit sind sie für alle Bürgerinnen und Bürger einsehbar. Natürlich werden die Petenten vorher gefragt; das ist doch klar.
Meine Damen und Herren, im letzten Jahr haben wir uns diese auf Bundesebene bestehende Möglichkeit angeschaut. Dort haben die Unterstützerinnen und Unterstützer einer öffentlichen Petition die Möglichkeit, eine Eingabe zu unterzeichnen. Davon wird rege Gebrauch gemacht. Darüber hinaus kann über die Petition auch im Internet diskutiert werden; Argumente pro und kontra können ausgetauscht werden. Herr Dr. Bausback, wir GRÜNE haben den Bedarf nach mehr Bürgernähe schon lange erkannt. Den Weg der Ausweitung der Transparenz wollen wir ebenso wie die SPD natürlich weiterhin gehen und mehr Bürgernähe durch öffentliche Petitionen eröffnen. Das können wir, indem wir die Bürgerinnen und Bürger am politischen Leben stärker teilhaben lassen. Das wirkt gegen Politikverdrossenheit, die Sie auch immer beklagen, sorgt dafür, dass die Bürger stärker einbezogen und ernst genommen werden, und sorgt für eine gute Diskussionskultur auf der Homepage des Bayerischen Landtags.
Meiner Meinung nach ist auch ganz wichtig, dass die Beratung einer Petition im Petitionsausschuss bis zur Abstimmung für die Leute draußen zu verfolgen ist. Meine Damen und Herren, Politik wird für Außenstehende damit nachvollziehbar. Dazu dienen zwei Ebenen, erstens die Ebene, wie gehabt, des Petitionsaus
schusses, der nach wie vor so bleibt wie bisher, nämlich ein von uns Abgeordneten politisch besetzter Ausschuss. Die zweite Ebene ist das Diskussionsforum im Internet. Im Bundestag ist dafür eine Dauer von sechs Wochen angesetzt.
Herr Dr. Bausback, Ihren steinzeitlichen Ansatz, diese zweite Ebene wäre eine staatlich organisierte Internetplattform, verstehe ich überhaupt nicht. Sehen Sie es doch einfach einmal positiv, und das fehlt Ihrer Partei. Das ist eine Kommunikationsplattform. Das heißt, die Leute reden darüber miteinander, worüber Sie im Petitionsausschuss oder in anderen Ausschüssen entscheiden. Das ist ein Dialog, und Dialog - das müssen Sie, meine Damen und Herren von der CSU und FDP zugeben - ist doch eigentlich immer positiv, wenn man ihn gut führen kann.
Meine Damen und Herren von der CSU und der FDP, wo wird denn heute eine Diskussion geführt? Herr Dr. Bausback, Sie haben schon Twitter in Ihrer Rede angeführt. Lassen wir die Diskussion doch auf unserer eigenen Homepage führen, stellen wir dafür eine Seite zur Verfügung. Dann haben wir auch die Möglichkeit, das einzusehen. Wir verpassen nichts, und es ist neben dem Petitionsausschuss angesiedelt. Das ist doch eigentlich wunderbar, das ist doch wie aus einem Guss! Eigentlich sollte uns doch die Meinung der Bürgerinnen und Bürger interessieren. Hier können wir erfahren, was die Bürgerinnen und Bürger bewegt.
Dass jetzt sogar die FDP gegen diesen Gesetzentwurf ist, möge einer verstehen. Aber, meine Damen und Herren von der FDP, die Zeit des liberalen Denkens ist auch bei Ihnen offenkundig schon lange vorbei.
Die CSU in Bayern will nichts aus der Hand geben; das steckt dahinter. Das Element der Bürgerbeteiligung ist für sie nicht einschätzbar; davor hat die CSU Angst.
Deshalb wollen sie die Bürgerbeteiligung verhindern, obwohl die Regierungskoalition auf Bundesebene aus CDU, CSU und FDP sie gerade eingeführt hat. Also, mein Gott! Das verstehe einer. Die GRÜNEN verstehen dieses Verhalten überhaupt nicht.
Herr Thalhammer, vielleicht können Sie einmal ganz ehrlich argumentieren, anstatt die Bewegung in Schwandorf so holzschnittartig abzuqualifizieren. 2009 gab es einen Bürgerentscheid zum Gaskraftwerk in Schwandorf. Herr Schindler hat Sie gerade darauf hingewiesen, das Gaskraftwerk sollte nahe an der Wohnbebauung liegen. Dazu sollten Sie etwas sagen.
Dazu haben Sie übrigens nichts gesagt. Als Alternative wurde ein regeneratives Kraftwerk genannt, was zu erbauen wäre. Auch dazu können Sie etwas sagen, wenn Sie wollen und etwas von der Sache verstehen; das wäre ja möglich. Ich möchte zu diesem Punkt, den Herr Schindler Ihnen genannt hat, und zu meinem Punkt eine Antwort von Ihnen.
Herr Füracker, sind Sie auch mit mir der Meinung, dass wir eine Menge Geld mehr hätten, wenn wir nicht jedes Jahr 380 Millionen an Zinsen für Ihre Verzockerei bei der Landesbank zahlen müssten? Genau Ihre Partei ist daran schuld.
Herr Unterländer, zum Erfolgsmodell Schulsozialarbeit. Richtig ist, dass es erfolgreich ist und war. Das stimmt ganz sicher. Wo endet aber dieses Erfolgsmodell? Die Schulsozialarbeit wurde über viele Jahre reduziert. Die Kommunen werden mit dem Bedarf an Schulsozialarbeitern im Regen stehen gelassen. Als ein Mitglied des Kreistags muss ich bei der Jugendsozialarbeit dem Haushalt zustimmen, weil Sie Ihrer Pflicht und Schuldigkeit auf dem Gebiet der sozialen Bildung nicht nachkommen. Das ist schon seit Jahren bei der Schulsozialarbeit der Fall, und das führt zu monetären Schäden bei den Kommunen. Das ist nicht in Ordnung. Erst wecken Sie den Bedarf, dann erfüllen Sie ihn aber nicht. Das ist Ihre Methode. Sie entwickeln ständig Modelle, lassen die Kommunen dann aber im Regen stehen. Das ist das Erste, was ich überhaupt nicht in Ordnung finde. Wieso müssen die Kommunen die Arbeit erledigen, die Sie monetär zu bewältigen hätten?
Das Zweite. Für die Inklusion soll jetzt ein Aktionsplan aufgelegt werden, wie ich gehört habe. Er liegt aber noch nicht vor. Er müsste schon lange vorliegen, weil die Inklusion schon bald geltendes Recht wird. Auch Bayern muss darauf vorbereitet sein. Haben Sie dabei schon alle Städte und Gemeinden beteiligt? Ich weiß, dass Sie es nicht gemacht haben. Ich habe meinen Landrat gefragt. Ich wollte Sie fragen, wann Sie es endlich tun, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist, denn sonst ist es kein Aktionsplan.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, noch mehr Öffentlichkeit für Petitionen herzustellen. Wir GRÜNEN unterstützen die SPD bei diesem Vorhaben. Das ist selbstverständlich.
Die Petitionen sind im Internet zur öffentlichen Diskussion oder zur Mitunterzeichnung eingestellt. Laut Gesetzentwurf soll dies in einem Modellversuch bis Ende 2011 erprobt werden. Der Gesetzentwurf wurde 2009 formuliert; der Versuch sollte also bis Ende 2012 dauern.
Ich halte das Thema ebenso wie die Probephase für unterstützenswert. Nichtsdestoweniger muss es während dieser Probephase die notwendige Women- und Men-Power für die Betreuung des Internetforums geben. Der Vorsitzende ist gemäß der Geschäftsordnung für die Zulassung der Petitionen zuständig. Das muss er nach wie vor bleiben, damit die Zulassung in unserer Hand bleibt. Die Ausführung kann ein Landtagsmitarbeiter nicht nebenbei erledigen. Wir müssen uns dafür mehr Zuarbeit überlegen.
Lieber Hans Joachim Werner, im letzten Januar haben wir uns auf Bundesebene informiert. Die Motivation der Petenten auf Bundesebene, für die jeweilige Petition zu trommeln, möglichst viele Menschen zur Mitunterzeichnung zu bewegen und an der öffentlichen Diskussion teilhaben zu lassen, ist, dass die Petition ab einer bestimmten Zahl von Unterstützern öffentlich behandelt wird. Auf Bundesebene ist also eine ganz bestimmte Zahl von Unterschriften notwendig. Das, meine Damen und Herren, brauchen wir nicht. Diese Motivation brauchen wir auf bayerischer Ebene nicht, da Petitionen ohnehin regelmäßig öffentlich behandelt werden müssen.
Sie wollen also in dem Gesetzentwurf Einzelpersonen die Möglichkeit einer öffentlich moderierten Petition einräumen. Das ist, wie Hans Joachim Werner schon
sagte, völlig jenseits des Petitionsausschusses zu sehen. Das eine ist der Petitionsausschuss, das andere das Forum, wo diskutiert wird. Das muss natürlich auch moderiert werden, weil bestimmte Regeln des Anstands eingehalten werden müssen. Da hat die Bundesebene eine ganz gute Moderationslösung gefunden.
Allem zugrunde liegt der Wunsch nach mehr Bürgerbeteiligung, mehr Transparenz, mehr öffentlicher Diskussion, um das Petitionsrecht noch bekannter zu machen und den Zugang zu vereinfachen. Wir müssen Menschen dafür gewinnen, sich einzumischen. Das wollen wir immer. Die CSU sagte gerade, wir haben sowie schon ein Höchstmaß an Demokratie, deswegen brauchen wir das erst einmal gar nicht. Herr König, ich erinnere bloß daran, Sie haben vor der Einführung der Härtefallkommission immerzu gesagt, das brauchen wir überhaupt nicht mehr. Bayern war das letzte Land, das die Härtefallkommission jenseits des Petitionsausschusses, aber zu genau denselben Themen eingeführt hat. Man ist heute dieser Härtefallkommission gegenüber sehr positiv eingestellt. Man würde sie auch in Bayern nicht missen wollen.
Deswegen sage ich, gucken wir uns das einfach einmal an, lassen wir diesen Modellversuch zu und unterhalten wir uns dann noch einmal. Wir können ja noch viele Änderungen einbringen. Das ist kein Problem.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Abgeordnete haben im Petitionsausschuss eine Chance, zu erkennen, wo die Menschen
im Lande der Schuh drückt, wo Gesetze greifen, wo sie nicht greifen und welche Probleme die Menschen im Lande damit haben. Dies schlägt sich in den Petitionen nieder, und wir verhalten uns dazu entsprechend.
Für uns GRÜNE hat das Petitionsrecht deshalb einen sehr hohen Stellenwert. In Bayern ist es die Regel, dass Bitten und Beschwerden öffentlich behandelt werden. In allen anderen Landesparlamenten ist das nicht der Fall, auch nicht im Bundestag. Gleichwohl lohnt sich ein Blick über die Landesgrenzen, was andernorts besser gemacht wird und wovon wir in Bayern lernen können. Diese Gelegenheit hatten wir kürzlich bei einem Informationsbesuch in Berlin. Dort konnten wir uns ansehen, wie die neuen Medien noch besser genutzt und die Bürgerinnen und Bürger noch besser einbezogen werden können.
Vielleicht gelingt es uns fraktionsübergreifend, auf diese Neuerungen einzugehen. Wir müssen uns schon deshalb Gedanken darüber machen, wie das Petitionsverfahren besser organisiert werden kann, weil die Zahl der Petitionen rückläufig ist. Das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Umstand nicht damit zusammenhängt, dass Menschen weniger Bitten und Beschwerden haben, sondern dass sich bei vielen Bürgern der Gedanke manifestiert hat, dass eine Petition doch keinen Sinn habe: Die stimmen dann nach § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung, erledigt aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung, ab. Warum sollen wir das Recht, das hohe Gut der Petition, in Anspruch nehmen, wenn wir damit doch nichts erreichen? Die da oben machen doch eh, was sie wollen.
In der letzten Legislaturperiode hatten wir 14.082 Petitionen. Zur Hälfte der 16. Legislaturperiode haben wir nur noch 6.154 Petitionen. Wir sollten uns einmal mit dem Thema des öffentlichen Forums zu Petitionen auseinandersetzen. Im Bundestag wurde ein solches Forum bereits im Jahr 2005 eingerichtet, neben dem allgemeinen Petitionsrecht. Beide Dinge haben zunächst einmal nichts miteinander zu tun. Sie stehen nebeneinander. Das wäre aber eine zusätzliche Möglichkeit, öffentliche Petitionen einzureichen. Diese werden auf der Internetseite des Petitionsausschusses veröffentlicht. Der Initiator dieser Petition wird dort als Hauptpetent geführt. Innerhalb von sechs Wochen können Mitzeichnerinnen und Mitzeichner diese Petition unterschreiben. Das ist eine ganz große Möglichkeit, Menschen zu aktivieren und sie davon zu überzeugen, dass sie sich einbringen können. Sie können etwas in dieses Forum schreiben, dann erfolgt ein Gedankenaustausch über das Anliegen des Hauptpeten
ten. Nach einer gewissen Zeit der Auseinandersetzung werden diese Petitionen dann unterschrieben.
Ab einer gewissen Anzahl von Mitzeichnerinnen und Mitzeichnern wird diese Petition, die im Forum behandelt wurde, dann über den Petitionsausschuss in das Parlament eingebracht. Das ist eine sehr gute Idee, die sich im Bundestag auch bewährt hat. Der Erfolg besteht darin, dass die Bürgerinnen und Bürger die Seite dieses Forums etwa 2,5 Millionen mal aufgerufen haben. Das ist ein positives Ergebnis und sorgt für Öffentlichkeit. Die Menschen haben dann wieder mehr Vertrauen in die Politik. Die Politikverdrossenheit wird abgebaut. Die Begehren von Bürgern werden durch die Mitzeichnerinnen und Mitzeichner unterstützt. Die Bürgerinnen und Bürger merken: Es tut sich etwas. Ich kann etwas machen.
In unserem Ausschuss liegt die Berücksichtigungsquote bei unter 1 %, selbst wenn zwischen dem Zeitpunkt der Einreichung der Petition und der Behandlung im Ausschuss durch die Staatsregierung viele Entscheidungen im Sinne der Petenten getroffen werden. Trotzdem sollte uns dieses Ergebnis nachdenklich machen, insbesondere diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die fast automatisch eine Beschlussfassung nach § 80 Nummer 4 beantragen und kurioserweise alles genau so einschätzen, wie das vom jeweiligen Ministerium in seiner Stellungnahme geschrieben wurde. Meine Damen und Herren, sorry, hier bin ich zu sehr in der Opposition verhaftet. Ich sitze seit 1998 in diesem Bayerischen Landtag und im Petitionsausschuss. Ich sehe dies sehr negativ. Wir müssen uns selbst Gedanken machen. Wenn wir "Berücksichtigung" beschließen, dann müssen wir auch darum kämpfen, dass das Anliegen wirklich berücksichtigt wird. Das wird es nämlich nicht jedesmal.
Wir müssen uns dann zunächst einmal mit dem Ministerium auseinandersetzen. Das Ministerium ist nicht unserer Meinung; denn es hat in seiner Stellungnahme einen ganz anderen Vorschlag gemacht. Hier sollten wir uns vielmehr auf die Hinterfüße stellen. Eigentlich sind es doch wir, die anschaffen.
Wenn der Ausschuss einmal einen einvernehmlichen Berücksichtigungsbeschluss fasst, sollte dieser auch umgesetzt werden. Immer wieder gibt es aber Fälle, bei denen sich die Verwaltung stur stellt und an ihrer Position festhält. Dies lassen sich die Regierungsparteien oft genug gefallen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Folgen, die unsere Entscheidungen für die Betroffenen haben, müssen
wir uns immer wieder vor Augen halten. Besonders augenfällig wird dies bei den ausländerrechtlichen Petitionen. Dabei geht es in der Regel um Menschen, die nach langjährigem Aufenthalt längst in unsere Gesellschaft integriert sind, und um Familien, deren Kinder hier geboren sind, die vielfach für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen oder sich in ihrer neuen bayerischen Heimat vor Ort für das Gemeinwohl engagieren. Diese Menschen, denen das Petitionsrecht in der Vergangenheit offenkundig nicht helfen konnte, haben nun seit einigen Jahren mit der Härtefallkommission ein effektiveres Gremium, um etwas zu erreichen. Hier muss ich sagen: Bayern war bundesweit das letzte Bundesland, das eine solche Härtefallkommission eingerichtet hat. Wir GRÜNE haben sehr lange dafür gekämpft. Man hat aber, wie das öfter geschehen ist, nicht auf uns gehört. Wir hätten sonst eine ganze Menge Leute hierlassen können. Die Härtefallkommission beurteilt viele Fälle ganz anders als der Petitionsausschuss. Das waren vertane Chancen in der Vergangenheit.
Zur Schülerbeförderung hat es zahlreiche Petitionen gegeben. Die Bürgerinnen und Bürger empfinden die derzeitige Praxis vielfach als ungerecht und nicht nachvollziehbar.
Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf. Wir GRÜNEN haben schon vor Jahren zu diesem Thema Vorschläge auf den Tisch gelegt, die samt und sonders abgebügelt wurden. Meine Damen und Herren von der Regierung, jetzt müssen Sie in Vorleistung gehen. Vielleicht sehen Sie einmal in den Antrag hinein, den wir damals gestellt haben. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Antrag nach einer bestimmten Inkubationszeit wieder auf den Tisch kommt.
Wir haben uns in der letzten Sitzung des Petitionsausschusses wieder über dieses Thema unterhalten. Ein Vorschlag wäre, dass wenigstens der Teil der Schülerbeförderungskosten erstattet wird, der angefallen wäre, wenn die Schülerin oder der Schüler das nächstgelegene Gymnasium oder die nächstgelegene FOS/BOS gewählt hätte. Viele Schülerinnen und Schüler entscheiden sich jedoch, zum Beispiel, weil eine bestimmte Fachrichtung dort nicht angeboten wird, für ein weiter entfernt gelegenes Gymnasium oder eine entfernt liegendere Realschule, FOS oder BOS. Die Eltern hätten sich bereits mit denjenigen Schülerbeförderungskosten zufrieden gegeben, die für die Fahrt zur nächstgelegenen Schule ohnehin angefallen wären. Nein: Die Kriterien wurden nicht geändert. Die Vorschläge von uns werden liegengelassen. Das darf nicht sein.
Meine Damen und Herren von der Regierung, lassen Sie uns in diesem Ausschuss nicht ständig im Regen stehen. In jeder Sitzung des Petitionsausschusses werden zu diesem Thema mehrere Petitionen behandelt. Im Kultusministerium läuft es mit solchen Anträgen genauso. Es darf nicht sein, dass wir uns alle über Jahre hinweg taub stellen.
Wir vergrätzen ein großes Potenzial an Bürgerinnen und Bürgern, weil wir sagen: Das geht uns nichts an, wir haben unsere Kriterien. Nein: Demokratie muss sich bewegen. Hier wäre Bewegung sinnvoll. Sie würden damit die Eltern unterstützen. Vor allem im ländlichen Bereich ist dieses große Thema immer auf der Tagesordnung.
Bei den zahlreichen Petitionen für den Bereich des öffentlichen Dienstes - das ist auch sehr interessant zeigt sich, dass sich viele junge Menschen, die sich für eine Tätigkeit in der Verwaltung entschieden haben, durch die Absenkung der Einstiegsgehälter demotiviert fühlen. Das wollen Sie doch auch nicht, meine Damen und Herren. Der Staat sollte sich bei der Konkurrenz um kluge und motivierte Köpfe nicht vornehm zurückhalten. Solche Menschen werden Sie nicht wieder einfangen können, sie gehen dann in die Wirtschaft.
Ach so, ja. - Meine Damen und Herren, es sind also Alternativen angesagt. Auch ich danke den Mitarbeitern des Landtagsamtes für die angemessene Behandlung und Bearbeitung der Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger. Dass das alles so gut vorbereitet wird, ist eine große Aufgabe, und dafür vielen Dank. In diesem Sinne wollen wir uns dafür einsetzen, dass der Petitionsausschuss noch besser wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es wird immer offenkundiger, dass die Bundesregierung bei der Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze grobe handwerkliche Fehler gemacht hat. Die Diakonie beispielsweise hat schon vor drei Jahren gesagt, dass der Regelsatz bei vollständiger Anwendung des Statistikmodells bei 433 Euro liegen müsste. Meine Damen und Herren, damit hat sie recht gehabt. Auch wir GRÜNE haben vor drei Jahren gesagt, dass 420 Euro richtig wären; bei Berücksichtigung der Inflation müsste der Regelsatz bei 433 Euro liegen. Die Bundesregierung muss sich überlegen, ob sie in Zukunft wegen eklatanter Verstöße gegen das Statistikmodell mit ihrer Hartz-IVReform wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen und dort eine Niederlage kassieren will. Die Bayerische Staatsregierung sollte jedenfalls bei einem solchen Pfusch nicht mitmachen und am Freitag ihre Zustimmung verweigern. Das Saarland will sich der Stimme enthalten. Wir GRÜNE in der Bundestagsfraktion werden mit Nein stimmen und diese Reform nicht mittragen.
Was heißt denn überhaupt "sozio-kulturelle Teilhabe"? Das ist für uns GRÜNE mehr als das Nötigste zum Überleben. Sind Sie etwa dagegen, dass in Wohnungen zu Weihnachten Christbäume stehen, dass zum Muttertag noch Blumen verschenkt werden und die Eltern im Sommer mit ihren Kindern ein Eis essen gehen können? Dagegen können Sie doch wohl nicht sein.
Gerade die Ableitung der Regelbedarfe von Kindern, die den entsprechenden Bestimmungen im Gesetzentwurf zugrunde gelegt werden, beruht auf einem problembehafteten Vorgehen. Es ist notwendig, für die Regelbedarfsbemessung eine aktuelle Grundlage zu schaffen und nicht plötzlich nur 15 % anstatt der üblichen 20 % der Haushalte zur Berechnung heranzuziehen. Dieser Prozentsatz an Referenzhaushalten wurde damals zugrunde gelegt. Das ist fehlerhaft, stümperhaft und wird ohnehin wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Meine Damen und Herren von der CSU, CDU und FDP, da werden Sie leer ausgehen.
Eine Änderung des Gesetzentwurfs ist auch notwendig, damit das Mittagessen für bedürftige Kinder in Horten, in der öffentlich geförderten Kindertagespflege oder in anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe vom Gesetz umfasst wird. Das ist nämlich bisher nicht der Fall. Meine Damen und Herren, das haben Sie einfach vergessen. Nach einhelliger Auffassung von Sachverständigen würde die Einführung der von Frau Ministerin von der Leyen gewünschten Chipkarte viel zu viel Mehrkosten in der Verwaltung verursachen. Kleine Anbieter können es sich nämlich gar nicht leisten, diese Chipkarten zu lesen. Wieder einmal handelt es sich um ein Instrument, das überhaupt nicht handhabbar ist. Meine Damen und Herren von der CSU, der CDU und der FDP, da liegen Sie wieder falsch. Überdenken Sie doch bitte vorher einmal, was Sie tun.
Die Regelung zur Bestimmung der angemessenen Kosten für Unterhalt, Unterkunft und Heizung durch Satzung führt zu sozialpolitisch unerwünschten Folgen. Sie birgt das Risiko, dass abweichend von der bisherigen Rechtslage Substandards gebildet werden und künftig das unterste Niveau Maßstab für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen sein könnte. Wissen Sie, was das zur Folge hätte? - Eine Gettoisierung. Das wollen wir in den Kommunen wirklich nicht. Wir wollen, dass alle integriert sind, egal welche Einkünfte sie beziehen. Diese Gettoisierung hat es früher schon einmal gegeben. Die wollen wir nicht mehr. Wir waren schon einmal viel weiter als Sie, von der CSU, der CDU und der FDP.
Die Regelung soll die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Vermeidung von mietpreissteigenden Wirkungen berücksichtigen. Das kann dazu führen, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung nur auf dem untersten Niveau anerkannt werden. Die tatsächlichen Kostenentwicklungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt bleiben zulasten der Leistungsberechtigen unberücksichtigt.
Wir brauchen endlich eine Regelung für eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze. Ein Mindestlohn ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union mehrfach vorhanden. Der Mindestlohn ist ein notwendiges und effektives Mittel zur Sicherstellung des Lohnabstandsgebotes gegenüber Regelleistungen, die das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten. Insofern werden wir GRÜNE dem Dringlichkeitsantrag der SPD zustimmen und bitten ebenfalls um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Unterländer, ich war auch in der Sozialausschusssitzung. Sie werden es sicherlich auch gehört haben, dass Herr Mück ganz genau gesagt hat: Die Altenpflegeschulen werden im Regen stehen gelassen, sie haben keine gesi
cherte Finanzierung mehr. Die Verbände, die jetzt diese Schulen anbieten, haben kein Geld mehr. Deswegen darf man sie nicht im Regen stehen lassen. Das Problem muss in diesem Haushaltsjahr gelöst werden. Für die Zukunft würden sich die Altenpflegeschulen gerne an einen runden Tisch setzen. Jetzt muss aber gehandelt werden, sonst könnten die Altenpflegeschulen nicht mehr existieren. Das müssen Sie sehen. Sie können es doch nicht negieren und über etwas ganz anderes reden.
Frau Justizministerin, könnten Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass wir als GRÜNE auf dem Boden der Verfassung stehen? Könnten Sie zur Kenntnis nehmen, dass von uns Gewalt in jeder Form abgelehnt wird? Das ist von den GRÜNEN-Politikerinnen und -Politikern am Sonntag vor Ort auch verbalisiert worden. Könnten Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass Sitzblockaden keine Gewalt sind? Die neuere Rechtsprechung hat hierzu ein eindeutiges Urteil gefällt.
Deswegen stehen Sie nicht auf dem Boden der Verfassung, wenn Sie so etwas behaupten. Wir sehen das anders, und wir wollen, dass Sie das richtigstellen.
Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Ausführungen von Frau Gote zum Thema Heizen in Abrede gestellt. Ist Ihnen bekannt, dass die Uni Regensburg wegen der Heizkosten schon im letzten Jahr zu Weihnachten 14 Tage lang geschlossen war? Das ist also gar nicht so abwegig, was Frau Gote gerade gesagt hat.