Protokoll der Sitzung vom 23.05.2012

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Worum geht es? Ich möchte darstellen, dass es die zentrale Aufgabe der Bundeswehr ist, die Bundesrepublik Deutschland bestmöglich in verteidigungspolitischer Hinsicht zu schützen. Neue Anforderungen und neue Bedrohungslagen - Sie kennen das, weil wir über diese Aspekte oftmals intensiv diskutiert haben erfordern andere Einsatzprofile und machen eine Neustrukturierung der Bundeswehr notwendig. Von daher war und ist es grundsätzlich richtig, die Bundeswehr entsprechend aufzustellen. Dass wir in Bayern und gerade auch in Schwaben in Bezug auf die Standorte betroffen sind, wird überhaupt nicht verschwiegen. Das ist so. Ich möchte dann aber fragen, warum Sie nicht in Ihre Litanei der Standorte auch Lagerlechfeld oder Grafenwöhr mit aufnehmen, nachdem auch dort wichtige Entscheidungen getroffen worden sind.

Wir haben deshalb einen eigenen Antrag gestellt, um vier Punkte deutlich zu machen:

Wir haben zum Ersten mit großer Mehrheit - wenn ich es richtig im Kopf habe, haben sich nur die GRÜNEN enthalten - am 18. Januar 2011 eine gemeinsame Beschlusslage zugrunde gelegt, an der wir festhalten und kontinuierlich und engagiert arbeiten. Sie besagt, dass strukturelle, wirtschaftliche und städtebauliche Probleme durch Programme und engagierte Fördermaßnahmen, die aufgelegt werden, abgemildert werden. Ich darf insofern auf den schriftlichen Bericht des Staatsministers von Anfang Mai verweisen. Es handelt sich um einen aktuellen Bericht. Tun wir also nicht so, als ob man nicht am Ball wäre.

Ich darf zweitens auf einen wichtigen Aspekt verweisen, nämlich den Beschluss des Bundesrates vom 30. März dieses Jahres - auf Initiative der Staatsregierung, auf Initiative des Freistaats Bayern. Im Bundesrat sind dementsprechend in Bezug auf die Bundeswehrstrukturreform entsprechende Ausgleiche beschlossen worden. Dies betrifft auch den Abzug der ausländischen Streitkräfte. Ich habe die entsprechenden Regionen vorher genannt.

Insbesondere unterstützt der Landtag in dieser Beschlussfassung des Bundesrates die Forderung, bestehende Bund-Länder-Förderprogramme aufzustocken und erforderlichenfalls ein ergänzendes Bundeskonversionsprogramm zugunsten der Standortkommunen aufzulegen. Hierzu sollten insbesondere - ich zitiere entsprechend aus unserem Antrag Bundesmittel für die Städtebauförderungsprogramme sowie die regionalen Wirtschaftsförderungen in den

nächsten Jahren aufgestockt werden. Auch sollen im Zuge der Bundeswehrstrukturreform frei werdende Konversionsliegenschaften in Anlehnung an die früheren Konversionen - Sie haben es angesprochen - auf Wunsch der Kommunen an diese günstiger abgegeben werden.

Ein weiterer Aspekt - drittens -, den ich herausstellen möchte, ist, dass der § 1 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zusätzlich durch eine Öffnungsklausel erweitert werden soll, nachdem die Berücksichtigung strukturpolitischer Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen bei der Verwertung der Liegenschaften in besonderer Weise ermöglicht werden soll.

Wir brauchen nicht immer wieder große Trommelwirbel in Bezug auf die Bundeswehr, sondern wir brauchen einen effizienten und nachhaltigen Einsatz, um diese Punkte anzugehen. Dies wird sehr intensiv - Sie wissen das - vonseiten der Staatsregierung gemacht. Ich denke, es ist wichtig, dass Bayern Bundeswehrland bleibt. Ich möchte mit diesem Antrag deutlich meinen Dank für den sehr persönlichen und engagierten Einsatz unseres Staatsministers aussprechen. Ich bitte Sie auch, den Antrag unserer Fraktion, den wir nachgezogen haben, im Sinne der Bundeswehr in Bayern und im Sinne der betroffenen Kommunen zu verabschieden. Ich bitte Sie auch, die schaufensterartigen Szenarien seitens der FREIEN WÄHLER abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zu einer Zwischenbemerkung hat sich Herr Kollege Pohl gemeldet, zu welcher ich ihm jetzt das Wort erteile.

Ich möchte zunächst die Unterstellung zurückweisen, ich hätte Herrn Kreuzer Untätigkeit vorgeworfen. Das habe ich mitnichten getan; im Gegenteil: Ich habe sogar gesagt, er habe sich erfreulich schnell darum gekümmert, diese Standortkommunen zu besuchen. Meine Kritik betraf die Effizienz. Was hat die Staatsregierung auf Bundesebene bewirkt? Wo sind die Erfolge? In diesem Punkt wird mir Herr Staatsminister Kreuzer zustimmen. Zumindest am letzten Mittwoch hat er sich bei der Allgäu-Initiativkonferenz in ähnlicher Weise geäußert. Ich denke, in diesem Punkt sind wir beide näher zusammen als Sie mit einem von uns beiden, Herr Kollege Hintersberger. Auch Staatsminister Zeil hat beklagt, es gehe mit der zivil-militärischen Kooperation zu langsam. Deshalb meine Sorge, dass dieses Projekt unter Umständen stark gefährdet ist, wenn es bei diesem Zeitplan

bleibt. Er hat mir versprochen, sich auf Bundesebene einzusetzen.

Die Frage ist nur, wie effizient die Staatsregierung auf Bundesebene ist - und das bei einer CDU/CSU/FDPgeführten Bundesregierung. Wenn Sie sagen, es handle sich um einen Schaufensterantrag, dann halte ich Ihnen entgegen, dass Vertreter der Bima sagen, ihr seien die Hände bei Grundstücksverhandlungen gebunden. Das Haushaltsrecht verbiete eine verbilligte Abgabe und man gebe den Kommunen lediglich das Erstzugriffsrecht. Ich möchte Verträge bekommen, wie es zum Beispiel In Leipheim der Fall war. Für 226 Hektar mussten dort die Kommunen 2,8 Millionen Euro bezahlen. Als ich in Manching mit Staatssekretär Schmidt war, haben die Vertreter der Bima nochmals betont, dass sie keinen Weg sähen, verbilligt Land an die Kommunen abzugeben. Das Ganze läuft unflexibel und kommunenunfreundlich. Was der Hohn ist: Mit den Sanierungserlösen aus den aufgegebenen Liegenschaften sollen die Umzüge finanziert werden. Auch das kann Ihnen nicht gefallen.

Herr Kollege Hintersberger, bitte.

Herr Kollege Pohl, ich denke, dass mit der Bundesratsinitiative die Aspekte der Konversionsflächen und der verbilligten, das heißt unter Marktwert anzubietenden Grundstücke, sehr intensiv und mit einem Bundesratsbeschluss als wichtigem Instrument angegangen werden, und zwar auf Initiative der Staatsregierung.

Sie haben vorhin gesagt, Sie wollten nicht nur die vollmundigen Erklärungen hören, die hier vom Ministerpräsidenten, vom Staatsminister und von der Staatsregierung abgegeben worden sind. Es ist nach meinem Dafürhalten sehr wohl eine massive Kritik, wenn Sie sagen, die Staatsregierung kümmere sich nicht und engagiere sich nicht im notwendigen Maß. Diese Kritik weise ich nochmals deutlich zurück.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die FDPFraktion darf ich das Wort nun Herrn Tobias Thalhammer geben. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich zwei Grundsätze betonen, damit wir uns in der Debatte nicht argumentativ verzetteln: Der eine Grundsatz betrifft die Bundeswehr an sich, der zweite Grundsatz die Bundeswehrreform.

Zu dem Grundsatz Nummer 1, der Bundeswehr: Die Bundeswehr ist einzig und allein dafür zuständig, das

Land zu verteidigen, und nicht, Strukturpolitik zu betreiben.

(Beifall der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Zu dem Grundsatz Nummer 2, der Bundeswehrreform: Es war der Wille der Politik - von CDU, CSU und allen voran der FDP, die immer schon die Wehrpflicht ab- bzw. aussetzen wollte -, eine großangelegte Bundeswehrreform anzugehen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wir müssen sie ausbaden!)

Deswegen ist es selbstverständlich, dass wir die davon betroffenen Kommunen in ganz Bayern, insbesondere aber auch in Schwaben, nicht im Stich lassen. Bei der sehr ausführlichen Regierungserklärung zur Bundeswehrreform im letzten November haben wir von CSU und FDP eingefordert - das wird jetzt gemacht -, jeden betroffenen Standort ganz genau anzusehen, sodass wir passgenaue und individuelle Lösungen bekommen; denn jeder einzelne Standort hat seine eigenen spezifischen Herausforderungen zu meistern. Anders als es Ihre Wahrnehmung von der Opposition ist, bin ich der festen Überzeugung, dass die Herausforderungen und Probleme von der Staatsregierung unter Federführung der beiden Minister Herrn Kreuzer und Herrn Zeil angegangen werden. Herrn Kreuzer gratuliere ich im Übrigen zu seinem heutigen Geburtstag sehr herzlich.

(Zuruf von der CSU)

- Das muss Ihnen jemand von der FDP sagen: Lieber Herr Kreuzer, alles Gute zum Geburtstag! Aber auch unserem Staatsminister, Herrn Zeil, der heute nicht Geburtstag hat, gebührt angesichts seiner Bemühungen genauso viel Dank; denn die beiden Minister lassen hier insofern Taten sprechen, als wir die Kommunen nicht im Stich lassen. Es wurde angesprochen, wie Staatsminister Kreuzer eilends das Gespräch gesucht hat, sich die Situation vor Ort angeschaut und sie dahingehend analysiert hat, wo die Herausforderungen und Probleme liegen.

Herr Kollege Zeil und Herr Kollege Pohl von den FREIEN WÄHLERN: Vielen Dank dafür, dass Sie vor allem die Situation in Kaufbeuren herausgestellt und Herrn Zeil gelobt haben und Ihnen, Herr Zeil dafür, wie Sie sich ins Zeug legen. Herr Zeil macht sich Gedanken darüber, wie man - etwa über Invest in Bavaria - internationale Investoren nach Bayern bringen kann und an einem wirtschaftlich nicht ohne Weiteres neu zu erfindenden Standort eine neue Wertschöpfung ermöglicht. Ferner geht es darum, wie in Bayern die wehrtechnische Industrie gestärkt werden kann. Eines sollte uns allen im Bayerischen Landtag klar

sein: Ja, der Freistaat Bayern war bei der Bundeswehrreform in Bezug auf die Standorte der Verlierer. Wir müssen dafür Sorge tragen - das Kabinett macht dies -, dass Bayern auf dem Gebiet der wehrtechnischen Industrie bei der Bundeswehrreform nicht zum zweiten Mal Verlierer wird.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Da kann ich jetzt nicht klatschen!)

- Das müssen Sie nicht. Aber Sie müssten es, wenn Sie aus ideologischen Gründen nicht ein Problem mit der wehrtechnischen Industrie hätten. Wir haben dieses Problem nicht. Ich sage Ihnen: Wir können uns über jeden Arbeitsplatz, den wir in Bayern haben, glücklich schätzen. Dazu gehört selbstverständlich die wehrtechnische Industrie. Das darf man frei heraus sagen.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiterer Grund dafür, warum wir den Antrag von den FREIEN WÄHLERN leider ablehnen müssen, ist, dass in gewisser Weise Konsequenzen gefordert werden, die wir heute noch nicht abschätzen können, weil zum Beispiel das Orakel in Bonn und Berlin noch keine genauen Details etwa darüber bekannt gegeben hat, wie man sich den zeitlichen Ablauf bei den einzelnen Standorten vorstellt. Ich sage Ihnen ehrlich: Das befriedigt auch mich nicht. Deswegen müssen wir hier Klarheit und darüber hinaus Geld einfordern. Auch das ist Aufgabe der Staatsregierung. Diese Aufgabe ist vor allem beim Kollegen Kreuzer in den besten Händen.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte noch kurz folgende formale Berichtigung anregen: Der gemeinsame Dringlichkeitsantrag von CSU und FDP ist ein sehr guter Antrag. Er hat jedoch einen kleinen Makel, denn ein Satz ist sprachlich nicht ganz korrekt: Ich bitte deshalb, den letzten Satz in Nummer 1 des Antrags wie folgt zu ändern: "Der Landtag begrüßt daher grundsätzlich, die Bundeswehr zu einer schlanken, leistungsfähigen und schnell einsatzfähigen Truppe zu reformieren." Folgendes wurde auch von meinem sehr geschätzten Kollegen Hintersberger schon gesagt. Als CSU und FDP haben wir natürlich Bayern als Ganzes im Auge. Deswegen können wir einem Antrag wie dem von den FREIEN WÄHLERN, worin einzelne Standorte opportunistisch herausgepickt werden, nicht zustimmen. Wir kümmern uns als CSU und FDP um alle Standorte. Dazu gehören unter anderem, wie Sie, Herr Kollege Hintersberger, schon gesagt haben, auch die Standorte Lagerlechfeld und Grafenwöhr. Ich bitte, den Antrag der FREIEN WÄHLER abzulehnen und dem gemeinsamen Antrag von CSU und FDP zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Für die SPDFraktion darf ich das Wort nun Herrn Professor Dr. Peter Paul Gantzer geben. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion bedankt sich ausdrücklich für die zwei Anträge von den FREIEN WÄHLERN und der CSU. Wir würden das militärisch "flankierende Schützenhilfe" nennen, was Sie uns da geben.

(Zurufe von der CSU)

Die da jetzt gerade gejammert haben, wissen gar nicht mehr, was vor zwei Monaten beschlossen wurde; denn wir haben einen Antrag zu all diesen Fragen gestellt, die Sie jetzt in Ihren beiden Anträgen anführen. Der Landtag hat diesen Antrag mit allen Stimmen einstimmig beschlossen. Wir haben die Staatsregierung gebeten, zu all diesen Fragen einen Bericht zu geben, und als Frist den 30.04.2012 gesetzt. Wir haben jetzt schon fast Ende Mai, aber der Bericht ist nicht gekommen.

(Staatsminister Thomas Kreuzer: Der Bericht ist am 4. Mai schriftlich gekommen!)

- Aber nicht zu der Frage; nicht zu all den Fragen, die wir gestellt haben.

(Zuruf des Staatsministers Thomas Kreuzer)

- Nein, wir haben den Bericht auch mündlich beantragt. Wir wollten einen mündlichen Bericht haben. Der mündliche Bericht ist noch nicht gegeben worden. Herr Staatsminister, ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie diesen Bericht in irgendeinem Ausschuss gegeben haben. Dann hätten wir dort nämlich alle diese Fragen, die Sie jetzt wieder unnötigerweise aufführen, besprechen können. Dann wäre es nicht notwendig gewesen, diese Anträge in diesen Einzelheiten zu beraten.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden diesen beiden Anträgen im Endergebnis natürlich zustimmen. Diese Anträge haben zwar ein paar Schönheitsfehler. Die FREIEN WÄHLER führen zum Beispiel nur 16 betroffene Standorte in Bayern auf, tatsächlich sind es aber 23 Standorte. Sie wollen bei all diesen Standorten neue Hochschuleinrichtungen schaffen; tatsächlich bei allen Standorten, so klingt es. Es ist schon angeklungen: Das Wort "Kaufbeuren" kommt sechs Mal vor. Das ist wahrscheinlich ein Undercover-Antrag, der sich in erster Linie auf

Kaufbeuren erstreckt; denn das war auch Ihre Begründung.

Lieber Herr Hintersberger, genauso ist es mit Ihrem Antrag. Das ist im Grunde ein Jubelantrag; denn alles das, was Sie hier fordern, haben wir schon einmal beschlossen. Wenn wir den Bericht im Ausschuss bekommen hätten, wüssten wir genau, ob die Forderungen, die Sie jetzt aufgestellt haben, schon gänzlich oder teilweise erfüllt sind. Denn die Lage ist ernst; das betone ich nochmals. Die Lage ist so - ich wiederhole es nochmals -, dass in Bayern 19.700 Dienstposten wegfallen werden. Das ist fast ein Viertel aller Streichungen in Deutschland. Schwaben ist davon besonders betroffen; denn 60 % davon werden allein in Schwaben stattfinden. Deswegen verstehe ich Kaufbeuren. Herr Staatsminister, berichten Sie uns im Ausschuss, damit wir darüber diskutieren können. Es tut mir leid, dass ich damit Ihren Geburtstag verderbe. Ich war letzte Woche zusammen mit Herrn Kollegen Heike in Afghanistan. Leider ist Herr Kollege Heike nicht da. Ich wollte ihm meinen Respekt dafür aussprechen, dass er in seinem Alter diese Strapazen durchsteht.

(Allgemeine Heiterkeit)