Danke, Herr Staatssekretär. - Eine Bemerkung kann ich mir als Fränkin nicht verkneifen: Fränkische Kultur und Tradition sind einfach schon sehr viel älter, weshalb die Bayern gar keine Burgen haben können.
(Heiterkeit - Beifall bei den GRÜNEN - Volkmar Halbleib (SPD): Der Präsidentin soll man niemals widersprechen!)
Ich komme, nachdem die Aussprache geschlossen ist, zur Abstimmung. Wir können die Anträge hierzu wieder trennen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/12576, das ist der Antrag der Fraktionen von FDP und CSU, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von CSU, FDP, FREIEN WÄHLERN, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli (fraktions- los). Pro forma: Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Gibt es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/12592, das ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, FREIE WÄHLER, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli (frakti- onslos). Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wir können jetzt wieder zum Tagesordnungspunkt 7, Nummer 4, dem letzten Dringlichkeitsantrag auf unserer Tagesordnung zurückkehren.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Missstände an der Ergänzungsschule "Zwölf Stämme": Kindeswohl gewährleisten (Drs. 16/12575)
Den Fraktionen bleiben nach meiner Liste folgende Redezeiten: der CSU 5:52 Minuten, der SPD 9:49, den FREIEN WÄHLERN 11:20, den GRÜNEN 7:28, der FDP 12:13. Die Regierung hat natürlich länger, aber ganz offiziell sind es 2:18.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wir müssen die Redezeit nicht ausschöpfen, aber ein paar Worte sollten schon zu den Vorfällen und zum Antrag erlaubt sein, derweil die Damen und Herren, die vor sechs Jahren bereits Mitglieder dieses Parlaments gewesen sind, wissen, dass wir damals eine heftige Auseinandersetzung über das Ob dieser Ergänzungsschule hatten. Es ist kein Geheimnis dass die GRÜNE-Fraktion dabei erhebliche Bauchschmerzen hatte; das ist vielleicht noch stark untertrieben. Wir wollten sie nicht. Ich möchte Sie gern auf das Protokoll der damaligen Debatte verweisen.
Unser Antrag hat zwei Bestandteile, die wohl unstrittig sind - davon gehe ich aus, Herr Kollege König.
Erstens. Wir wollen einen Bericht, der Stellung bezieht zu den aktuellen, vom "Focus" erhobenen Vorwürfen, die durch Sektenaussteiger belegt sind. Ich bitte, für diesen Bericht auch diese Sektenaussteiger zu befragen, sofern der "Focus" bereit ist, ihre Namen preiszugeben.
Zweitens. Der Landtag fordert die Staatsregierung auf, sicherzustellen, dass das Kindeswohl in dieser Ergänzungsschule gewährleistet wird.
Darüber hinaus möchte ich noch um folgende Fragen ergänzen: Gibt es ein Schulfach, das "Drei ewige Schicksale" heißt? Welche Abweichungen vom Lehrplan gibt es, und wie wurde überprüft, dass die restlichen Inhalte eingehalten wurden?
Weiterhin will ich wissen, welche Ausbildung die Lehrer haben. Die Lehrerinnen und Lehrer hatten sich damals verpflichtet, an Weiterbildungen teilzunehmen. Ich möchte wissen: An welchen haben sie wann teilgenommen?
Um ein neutrales Ergebnis zu bekommen, rege ich auch an, dass das zuständige Schulamt bei der Untersuchung außen vor bleibt, weil es sich schließlich nicht selbst überprüfen kann.
Und schließlich: Herr Kollege Freller, Sie waren damals noch als Staatssekretär maßgeblich an der Debatte für Ihre Fraktion beteiligt. Ich möchte meine damalige Meinung wiederholen, dass diese Ergänzungsschule gegen das verfassungsmäßige Recht aus einem Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006, nämlich das Recht der Kinder auf den Schulbesuch in einer Gemeinschaft mit anderen Schulen und Kindern, verstößt.
Ich fordere weiter, genauso wie 2006, die allgemeine Schulpflicht für diese Kinder ein; denn die "ZwölfStämme-Schule" schottet ab von den grundlegendsten Erkenntnissen der Naturwissenschaften, die bisher unstrittig gewesen sind und die in ihrer Art und Weise schon an Dinge erinnern, die die amerikanischen Kreationisten mittlerweile in die Welt setzen.
Und: Diese Schule schottet ab von der Auseinandersetzung mit einer vielfältigen Gesellschaft in ihren unterschiedlichen Ansichten. Diese Kinder sind immer nur in ihrer Glaubensgemeinschaft - ich will es einmal neutral formulieren -, und damit nehmen wir den Kindern die Chance, zu sehen, wie die Welt außerhalb der Klostermauern ist; wir nehmen ihnen die Chance, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Wir nehmen ihnen aber auch die Chance, zum Beispiel auf ein Gymnasium zu gehen, weil sie nur eine Hauptschule ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dem eben erwähnten Urteil - darauf lege ich auch großen Wert die besondere Bedeutung der Schulpflicht herausgestellt, weil Schule mehr sei als bloße Wissensvermittlung.
Zum Schluss - weil man es hätte wissen können, Herr Freller - möchte ich noch zwei Auszüge aus der Homepage von damals vorlesen. Wir hatten es damals auf der Homepage gefunden, jetzt haben wir nichts gefunden, das muss ich dazusagen, aber es wäre auch sehr unklug in der jetzigen Situation. Damals stand auf der Homepage: "Körperliche Züchtigung gehört zu den pädagogischen Mitteln der Gemeinschaft." Auf der Homepage war auch zu lesen: "Auf dem Schulweg und in der Schule verbringen die Kinder den ganzen Tag unter dem sozialen Druck ihrer Klassenkameraden." Die Kinder seien starken Einflüssen ausgesetzt, die die Werte der Sekte zerstörten. Ich will gar nicht davon reden, dass diese Sekte damals auch geschrieben hat, dass Martin Luther King verantwortlich sei für den Holocaust - und andere komische Geschichten.
Wen es interessiert, der möge sich von mir das Protokoll der damaligen Debatte besorgen. - Und: "Die Kinder werden einem strengen Disziplin-Code unterworfen", der - das möchte ich noch einmal betonen - nach einem Bericht von zwei Religionswissenschaftlern auch körperliche Züchtigung vorsieht.
Ich bitte Sie also um Zustimmung zum Antrag und um Klärung dieser Fragen. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass es zu diesem Antrag nie gekommen wäre - im Sinne der Kinder, die das Recht haben, Pluralität vor allem in der Schule kennenzulernen. Viel
leicht ist dann der Bericht der Staatsregierung auch ein Anlass dafür, noch einmal darüber nachzudenken, wie wir mit dieser Angelegenheit weiter umgehen wollen.
Bleiben Sie am Redepult, Frau Kollegin. Danke, Frau Kollegin Tolle. Es wurde uns von Herrn Freller eine Zwischenbemerkung angemeldet. Bitte.
Frau Kollegin Tolle, ich hatte zeitlich leider noch nicht die Gelegenheit, die Presseunterlagen von damals nachzulesen. Aber aus der Erinnerung weiß ich, dass wir damals in aller Härte durchgegriffen haben, als die Eltern der Schulpflicht ihrer Kinder nicht nachkamen. Das hat dazu geführt, dass die Väter in Erzwingungshaft gekommen sind. Härter ging es nicht. Die Bilder im Fernsehen seinerzeit gaben Veranlassung - ich glaube mich da richtig zu erinnern - zu massiver Kritik aus den Reihen der Opposition über die Weise, wie wir hier eingegriffen haben.
Immerhin war damals das Homeschooling ein heißes Thema. Wir mussten Kritik über ein viel zu restriktives und hartes Handeln gegenüber den Eltern einstecken. Ich bitte, das in dieser Diskussion zu berücksichtigen. Wir haben dann im Laufe der Jahre nachgegeben, weil die Bilder von weggezerrten Kindern und ähnlichem im Fernsehen etwas auslösten, was auf Dauer letztlich keine Regierung durchhält. Die damalige Rolle der Opposition wäre zu hinterfragen.
Sie haben vorhin den Eindruck erweckt, als hätten wir die Gefahr nicht gesehen. Monika Hohlmeier und ich haben die Gefahr in aller Schärfe gesehen und damals wirklich hart durchgegriffen. Christa, Du warst damals im Kabinett. Ich erinnere nur an die Kritik der Medien: Wie kann man so mit den Vätern umgehen, sie einzusperren, wenn sie ihre Kinder nicht in die Schule schicken?
Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, war der Beginn der ganzen Angelegenheit. Dass wir dann im Jahr 2006 nachgegeben haben, als vom Schulamt vor Ort die Meldungen kamen, es laufe gut, war eine Zwangsläufigkeit. Dass Sie jetzt erneut nachfragen,
ist in Ordnung. Wenn es tatsächlich so war, wie es jetzt wieder gesagt wird, heißt das allerdings auch, dass wir von Anfang an recht hatten, hart durchzugreifen.
Lieber Kollege Freller, aus meiner Erinnerung heraus war es so, dass Sie von den GRÜNEN keine Kritik für diese Maßnahmen bekommen haben.
- Herr Kollege Steiner, mein Gedächtnis bezüglich dieser Dinge ist sehr gut. Wir haben das, was Sie getan haben, um die Schulpflicht einzufordern, nicht kritisiert und wir haben uns im Ausschuss nie für Homeschooling stark gemacht. Im Gegenteil. Wir vertraten immer die Meinung, dass Homeschooling abzulehnen ist, weil wir eine Schule der Vielfalt wollen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an zwei oder drei sektenähnliche Gebilde, die es in Mittelfranken gab. Da hatten Sie die volle Unterstützung der GRÜNEN, und, wenn ich mich richtig entsinne, auch die Unterstützung der SPD.
Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Ich habe Sie mit Absicht nicht zu scharf angegriffen. Aber man muss betonen dürfen, dass das, was diese Sekte auf ihrer Homepage hatte, alles vorgetragen worden ist. Ich habe darüber mit dem Sektenbeauftragten gesprochen. Meiner Meinung nach - ich habe die Protokolle gelesen - sind noch nicht alle Mittel ausgeschöpft. Für mich gilt nach wie vor das Wohl des Kindes; es steht über allem. Wenn Sie Kinder dermaßen abschotten, tun Sie diesen Kindern in ihrer Seele richtig weh. Sie verbauen ihnen den Weg nach draußen, weil sie die Welt draußen gar nicht kennenlernen. Daran kann uns nicht gelegen sein.
Wie gesagt: Wir wissen noch nichts Genaues. Aber ich erwarte mir von der Debatte, wie der Kollege König vorhin richtig dazwischengerufen hat, eine Auseinandersetzung darüber, wie es in der Zukunft weitergehen soll. Deshalb lautet auch der letzte Satz in dem Antrag: "Der Landtag fordert die Staatsregierung auf, sicherzustellen, dass das Kindeswohl in der Einrichtung gewährleistet wird." Diese Gewährleistung muss vielleicht nicht in dieser Einrichtung geschehen; das wünsche ich mir.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sind uns einig, dass wir volle Aufklärung der Vorwürfe gegen die Glaubensgemeinschaft der "Zwölf Stämme" fordern müssen. Die Anschuldigungen wiegen sehr, sehr schwer. Sollten sie sich bestätigen, müsste das zu umfangreichen Konsequenzen führen.
Vorerst sind es Anschuldigungen einiger ehemaliger Schüler, die dazu geführt haben, dass die Staatsanwaltschaft jetzt ermittelt und die Vorwürfe prüft. Die private Ergänzungsschule unterliegt der staatlichen Schulaufsicht. Diese wird ausgeübt durch das Schulamt Donau-Ries. Dort hat man diese Überprüfung sehr ernst genommen. Im letzten Halbjahr sind zwölf Unterrichtsbesuche durchgeführt worden. Dabei gab es keine Auffälligkeiten. Außerdem wurde dem Schulamt auch nicht mitgeteilt, dass es zu bestimmten Vorfällen gekommen wäre. Ebenso wenig wurde es dem Landratsamt, vertreten durch das Jugendamt, mitgeteilt.
Abschließend möchte ich feststellen: Wir tolerieren körperliche Misshandlungen genauso wenig wie wir die Vermittlung eines rassistisch verzerrten Weltbildes akzeptieren.