Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir bekennen uns deshalb dazu, dass Menschen, die heute vor dem Bürgerkrieg in Syrien flüchten, bei uns aufgenommen werden. Solange dieser Bürgerkrieg tobt, werden wir sie auch nicht zurückschicken. Wir müssen aber gerade im Interesse der Menschen, die hier wirklich unsere Hilfe brauchen, die hier wirklich Unterkunft brauchen und sonst keine Möglichkeit haben, zu überleben, diejenigen, die nur zum Missbrauch in unser Land kommen, möglichst schnell wieder zurückschicken.

(Zurufe von der CSU: Bravo, Bravo! - Beifall bei der CSU)

An dieser Stelle sage ich auch: Wir werden das in den nächsten Monaten noch ausführlich diskutieren. Dazu ist heute nicht genügend Zeit. Einige SPD-regierte Bundesländer fordern jetzt aber ernsthaft die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem Ziel, dass die gesamten deutschen Sozialgesetze 1 : 1 vom ersten Tag an für jeden Asylbewerber gelten sollen, der nach Deutschland kommt. Das halte ich in der Tat für eine abwegige Forderung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Es muss schon ein Unterschied sein zwischen denen, die hier jahrelang in Sozialversicherungen einzahlen, die hier Steuern bezahlen, wenn sie eine Arbeit haben, und dergleichen und solchen, die hier, wenn auch aus den verschiedensten Gründen, eine Fluchtmöglichkeit suchen, zumal dies viele missbräuchlich tun. Ich sage deshalb: Der Bund muss die Verfahren beschleunigen. Wir werden dann bei denen, die abgelehnt worden sind, die Rückführung beschleunigen. Diejenigen, die nur missbräuchlich unterwegs sind, müssen schnell in ihre Heimat zurückkehren, damit in unseren Unterkünften wieder Platz ist für diejenigen, die unserer Unterstützung tatsächlich bedürfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Leitlinie der Staatsregierung in der Asylpolitik ist nach wie vor klar, alle Flüchtlinge in Bayern menschenfreundlich aufzunehmen, offenkundigen Asyl- und Sozialmissbrauch aber so schnell wie möglich beenden. Ich bitte das Hohe Haus, dabei auch weiterhin um seine Unterstützung.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, bitte bleiben Sie noch am Redepult. Frau Kollegin Ackermann, bitte.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass in Zirndorf die Zelte bereits belegt sind? Wie ich bereits vorhin ausgeführt habe, werden nach Aussagen des Nürnberger Bauamts die Wohncontainer, die Sie gerade als Lösung gepriesen haben, erst in vier Monaten kommen. Ist Ihnen bekannt, dass zwischendurch der Winter kommen wird und die Menschen dann ohne Tisch, Stuhl und Schrank in beheizten Zelten leben müssen? Was wollen Sie dagegen tun? Wo werden Sie Wohnraum für diese Menschen schaffen? - Sie können es unmöglich verantworten, dass die Menschen den Winter über in Zelten leben!

Herr Minister, ich finde es äußerst interessant, wie Sie, wenn Sie Menschen abschieben wollen, ganz schnell 60 Beamte rekrutieren können. Für 800 Menschen in Zirndorf sind nur drei Sozialarbeiter da. Da schaffen Sie es aber nicht, aufzustocken!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie reden von sicheren Drittstaaten. Ist Ihnen bekannt, dass die Menschen, die aus Serbien und Mazedonien zu uns kommen, in ihrem Land als Roma massiv diskriminiert und rassistisch verfolgt werden? Ist Ihnen bekannt, dass diese Menschen nicht dieselben Rechte haben wie die einheimische Bevölkerung? Wie können Sie sagen, dass dies sichere Drittstaaten sind, wenn die Menschen bei ihrer Rückkehr mit Sanktionen rechnen müssen? Im Übrigen ist die Zahl der Menschen, von denen Sie sprechen, wirklich nur marginal im Verhältnis zu den Flüchtlingen, die nach dem Kosovokrieg zu uns gekommen sind. Und auch dies musste damals bewältigt werden. Tun Sie also nicht so, als würde dieses Land von Roma geradezu überschwemmt.

Zum Schluss, Herr Minister, ich finde es unsäglich, dass Sie schon jetzt wissen, dass diese Menschen, die in unser Land kommen, nur zum Missbrauch kommen. Sie vorverurteilen sie. Sie kennen kein Asylverfahren von ihnen, aber jetzt wissen Sie schon, dass sie nur zum Missbrauch hierher kommen. Herr Minister, ich wünsche Ihnen, dass Sie niemals fliehen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Ackermann, zunächst weise ich nachdrücklich zurück, dass Sie mir Worte in den

Mund legen, von denen ich mit keiner Silbe gesprochen habe.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

- Von einer Überschwemmung Deutschlands mit Roma. Das Wort Roma habe ich heute kein einziges Mal in den Mund genommen. Sie führen eine Kampagne zu diesem Thema!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie unterstellen uns hier irgendeine Diskriminierung. Davon kann überhaupt keine Rede sein. Ich habe über diese Asylanträge in Deutschland nicht zu entscheiden. Über die entscheidet allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in der Konstellation, die von einer rot-grünen Bundesregierung geschaffen worden ist.

(Zurufe von den GRÜNEN - Unruhe)

Seit der jetzige Bundesinnenminister in Berlin amtiert, ist an den Entscheidern überhaupt nichts geändert worden; die Konstellation des Bundesamtes ist immer noch so wie früher. Dieses Bundesamt erkennt nahezu niemanden aus Serbien und Mazedonien an. Das ist nicht meine Entscheidung. Ich nehme das zur Kenntnis. Es sind die von Ihnen angesprochenen Verwaltungsgerichte, Oberverwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht, die anschließend die Klagen der Leute aus diesen Ländern ablehnen. Das ist nicht meine Entscheidung, sondern das ist der von den Gerichten in diesem Land gewiesene Weg.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Ich stelle nur fest, was das Ergebnis der Überprüfungen durch das zuständige Bundesamt und das Ergebnis der dafür zuständigen unabhängigen Gerichte ist. Nur dieses Ergebnis habe ich festgestellt. Ich maße mir überhaupt nicht an, über diese Anträge zu entscheiden.

(Margarete Bause (GRÜNE): Sie reden doch von Missbrauch, das ist Anmaßung!)

- In der Tat erlaube ich mir diese Wertung. Frau Kollegin Bause, wenn über einen langen Zeitraum hinweg aus dem gleichen Land - Sie behaupten, aus einer bestimmten Bevölkerungsgruppe dieser Länder immer wieder Menschen in unser Land kommen und die rechtsstaatlichen Verfahren immer wieder das gleiche Ergebnis haben, muss ich mich doch irgendwann einmal nicht mehr total dumm stellen, sondern

dann kann ich mir irgendwann erlauben, von einem offenkundigen Missbrauch zu reden.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und der FDP)

Es ist geradezu unverschämt, wie Sie mir hier die Worte im Mund herumdrehen. Sie tun so, als ob ich davon gesprochen hätte, dass wir für die Rückführung neue Planstellen bereitstellen. Ich habe vorhin ausdrücklich gesagt, dass aufgrund einer Entscheidung, die ich mit dem Finanzminister abgesprochen habe und die wir gestern im Kabinett gemeinsam besprochen haben, ab sofort 60 bis 90 Stellen - das hängt davon ab, ob es sich um privates oder staatliches Personal handelt - für Hausmeister und Verwaltungskräfte in den Unterkünften und in den zentralen Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung stehen. Die Regierungen sind befugt, diese Stellen ab sofort so schnell wie möglich zu besetzen. Dass wir daneben auch noch fünf oder zehn zusätzliche Leute für die Rückführung einstellen, schmälert diese Leistung überhaupt nicht. Frau Kollegin Ackermann, deshalb zu behaupten, wir würden nur für die Rückführung Leute einstellen, ist wirklich grober Unfug.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es ist ja schön, wenn Sie mit Nürnberger Bauämtern und dergleichen mehr sprechen. Ich garantiere Ihnen, dass die zusätzlichen Unterkunftsmöglichkeiten und die zusätzlichen Container in Zirndorf lange vor dem Weihnachtsfest stehen werden, weil das aus humanitären Gründen notwendig ist. Dazu können nicht EUweite Ausschreibungsverfahren stattfinden. Natürlich werde ich entscheiden, dass aufgrund der humanitären Überlegungen kein monatelanges EU-Ausschreibungsverfahren stattfinden kann, sondern dass die Container und andere Unterkunftsmöglichkeiten so schnell wie nur irgend möglich bereitgestellt werden, um die Lage der Menschen in Zirndorf so schnell wie möglich zu verbessern.

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Ehe wir über den CSU-Antrag namentlich abstimmen, lasse ich erst über die beiden anderen Dringlichkeitsanträge abstimmen.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/14083 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD, der

GRÜNEN und Frau Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Enthaltungen? - Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 16/14093. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Kollegin Dr. Pauli. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Stimmenthaltungen? - Die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag ebenfalls abgelehnt.

Wir stimmen nun namentlich über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 16/14076 ab. Die Urnen stehen bereit. Ich bitte Sie, die Stimmkarten einzuwerfen. Die Abstimmung ist eröffnet. Fünf Minuten, bitte!

(Namentliche Abstimmung von 20.16 bis 20.21 Uhr)

Die Zeit ist um, die Stimmabgabe ist geschlossen. Ich bitte darum, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Wir werden nachher das Ergebnis bekannt geben.

Ich bitte darum, die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können.

(Unruhe)

Ich wiederhole: Ich bitte darum, die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können!

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Auf Euro und Cent - Mehr Transparenz auch im Bayerischen Landtag (Drs. 16/14077)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Transparente Regelung von Abgeordnetennebentätigkeiten (Drs. 16/14094)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf als Erstem Kollegen Rinderspacher das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es waren die CSU-Politiker Alexander Dobrindt und sein Parteivorsitzender Horst Seehofer, die in einem Interview auf Seite 2 der "Bild"-Zeitung auf Bundesebene eine Debatte über die Offenlegung von Nebeneinkünften von Abgeordneten losgetreten haben, in engem zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit der Benennung des SPD-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl im Jahr 2013. Wir waren überrascht: ausgerechnet die CSU; denn CSU, CDU und FDP im Deutschen Bundestag haben dort über Jahre hinweg ein Versteckspiel sondergleichen aufgeführt und immer wieder schärfere Transparenzregeln entschieden abgelehnt und mit aller Kraft verhindert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Angriffe auf Peer Steinbrück sind in diesem Zusammenhang unehrlich und unredlich.

(Beifall bei der SPD)