Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

- Lieber Herr Kollege Rinderspacher, ich würde Sie bitten, mir nachher Fragen zu stellen. Lassen Sie mich jetzt einfach einmal ausreden.

(Harald Güller (SPD): Zwischenrufe sind nach der Geschäftsordnung auch erlaubt!)

- Die dürfen Sie gerne machen. Wenn Sie meinen, dass Sie die machen müssen, dann dürfen Sie sie gerne machen.

Wir haben also heute andere Zeiten als 2008. Wir haben eine Weltwirtschaftskrise mit Einbruch der Fi

nanzmärkte. Es wäre äußerst fahrlässig, wenn wir auf diese Situation nicht reagieren würden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, selbstverständlich wäre ein einfaches Abschaffen irgendwelcher Versorgungsrücklagen nicht in unserem Sinne. Auch wir in unserer Fraktion haben dieses Thema noch in diesem Winter zusammen mit den Kollegen von der FDP sehr ausführlich diskutiert. Wir setzen auf eine zweigestaltete Absicherung: zum einen auf eine Schuldentilgung, auf einen soliden Staatshaushalt, der in der Lage ist, aus dem laufenden Haushalt die Versorgungsleistungen zu schultern, und daneben auf eine finanzielle Vorsorgeleistung, die nicht mehr den Hauptteil abdecken soll. Ganz nebenbei bemerkt: Auch bei dem alten Weg, den wir 1999 und 2008 beschritten haben, ging es nur um das Abfangen der Spitze. Auch das war kein vollkommenes Absicherungssystem, damit unsere Pensionen zukunftsfest geworden wären.

Es ist auch vom Herrn Staatssekretär schon gesagt worden: Andere Länder, die diesen Versorgungsfonds noch jetzt teilweise weiterführen, machen dies auf der Basis von Staatsschulden. Wenn wir nach wie vor 4,5 % bekämen, könnten wir eventuell auch Schulden rechtfertigen. Aber bei den heutigen Renditen wäre das ein absolut unbegehbarer Weg.

Im Gesetz haben wir des Weiteren festgehalten, dass die Verwendung zweckgebunden sein muss. Das ist damals wie heute im Gesetz festgeschrieben, damit dieses Geld nicht irgendwann einmal einfach in den Staatshaushalt übergeführt werden kann, wie es andere Bundesländer schon gemacht haben. Auch der Beirat bleibt bestehen, der die Handhabung des bayerischen Pensionsfonds mitgestaltet und kontrolliert.

Ich bin auch froh darüber, dass wir endlich begriffliche Klarheit haben. Wir haben einen bayerischen Pensionsfonds. In der Vergangenheit hat es öfter einmal Irritationen gegeben: Was ist die Versorgungsrücklage, die von den Beschäftigten selbst mitfinanziert war? Was ist der Versorgungsfonds? Wir haben jetzt einen klaren Weg und werden alles daransetzen, dass wir bis 2030 einen Haushalt ohne Schulden erreichen. Dann werden wir auch unsere Beamten anständig in den Ruhestand entsenden können.

(Beifall bei der CSU)

Als nächstem Redner darf ich für die FREIEN WÄHLER dem Kollegen Peter Meyer das Wort geben.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schuldenabbau ist wichtig, das

haben wir auch immer gesagt. Es ist nur die Frage, ob man damit alles erklären kann oder ob man vor einem solch großen Schuldenabbau, wie er immer verkündet wird, nicht noch irgendwelche anderen Hausaufgaben erledigen und den Schuldenabbau dafür ein bisschen strecken sollte.

(Beifall der Abgeordneten Claudia Stamm (GRÜ- NE))

Warum gibt es den Versorgungsfonds und die Versorgungsrücklage? Das ist schon zum Ausdruck gekommen. Es war die Sorge um die zukünftig hohen Ausgaben für Pensionen für Beamtinnen und Beamte, die ihre Arbeit gut und treu erledigt und ihre Altersversorgung natürlich auch verdient haben. Liebe Frau Heckner, Ihr Hinweis auf die Alterssicherungssysteme der Nichtbeamten ist schön und gut. Aber die Rentenversicherungen bekommen schon einen nicht unerheblichen direkten Staatszuschuss. Das kann also nicht der Grund sein, warum wir unsere staatlichen Rücklagen zurückfahren sollten. Unsere Sorge ist einfach die, dass Sie jetzt die beiden Systeme zusammenfassen wollen. Das Zusammenfassen an sich ist nicht das Problem, aber Sie wollen jährlich nur noch 100 Millionen Euro zuführen. Und wenn ich Frau Heckner jetzt richtig verstanden habe, wollen Sie deshalb weniger in die Rücklagen nehmen, weil man keine Zinsen mehr dafür bekommt.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Heckner (CSU))

Das haben Sie gesagt. Der Fonds und die Rücklage hätten nicht mehr die Renditen und deshalb solle das zurückgefahren werden.

Aber, meine Damen und Herren, 100 Millionen Euro jährlich sind nicht einmal die Hälfte dessen, was im Versorgungsfonds nach gesetzlicher Regelung notwendig wäre. Und selbst das, was nach der gesetzlichen Regelung notwendig wäre, wäre auch schon zu wenig, weil bisher schon mehr Beamte eingestellt wurden, als damals kalkuliert worden war. Das bedaure ich im Grunde nicht. Aber die 100 Millionen reichen deswegen nicht, weil der Versorgungsfonds völlig unterbedient sein wird, von der Rücklage gar nicht zu reden.

Insofern kann ich mir gar nicht vorstellen, wie Sie die Pensionszahlungen in den Jahren 2020 bis 2030 abfedern wollen, so wie es die Absicht dieser beiden Systeme war. Wenn Sie nun so handeln, wie es mit dem vorliegenden Gesetzentwurf beabsichtigt wird, möchte ich keine weiteren Klagen mehr über die hohen Pensionszahlungen für die Beamten in der Zukunft hören. Wir hatten auch in diesem Jahr schon wieder recht große Diskussionen und die Presse stellte die Frage, ob wir uns die Beamten überhaupt noch

leisten können. Das Thema ist doch heuer wieder hochgekocht. Also, ich möchte dann keine Hetze mehr über eine mögliche Nichtverbeamtung bestimmter Berufsgruppen haben, da man sich deren Pension nicht mehr leisten könne.

Auch die schon vielfach zitierte schwäbische Hausfrau weiß: Nur das, was wirklich zurückgelegt wird, ist als Reserve da. Einen angeblich bestehenden Spielraum sehe ich nicht. Einen solchen werden Sie auch nicht beweisen können. Selbst wenn man sich heute für 2030 einen entlastenden Schuldendienst vorstellt, haben Sie trotzdem keine Garantie, dass das so kommt, und Sie müssen dann diese Pensionen aus dem laufenden Haushalt leisten, denn die Beamten, um deren Pension es dann geht, werden nicht weniger, nur weil Sie sagen, Sie wollten den Versorgungsfonds zurückfahren.

Ich möchte auf das verweisen, was Kollege Pointner bei der Ersten Lesung zum Haushaltsgesetz gesagt hat. Es handelt sich hier, fürchten wir zumindest, um eine kurzfristige Planung, die dann in der Zukunft, wenn es schlecht läuft, was ich Ihnen nicht wünsche, von den Beamten wieder Sonderopfer fordert, da man im Jahre 2012 eben das Instrument der Absicherung abgeschafft oder zumindest erheblich geschwächt hatte.

Wir halten das nicht für zielführend, auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass Schuldenabbau per se nichts Falsches ist.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun das Wort die Kollegin Claudia Stamm.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich dem Staatssekretär, der gerade den Gesetzentwurf in Erster Lesung eingebracht hat, mitgeben, dass ich nicht glaube, dass er nur einen Deut selbst an das glaubt, was er gesagt hat. - Er ist nicht im Raum, aber Sie können es ihm gerne ausrichten.

Seit Wochen hören wir eine Dauer-PR: 100 Millionen Euro einzuzahlen ist besser als das, was bisher vorgeschrieben ist, nämlich 100 Millionen Euro allein aus der Versorgungsrücklage und dann noch einmal knapp 210 Millionen Euro in diesem Jahr und im nächsten Jahr 250 Millionen Euro. Bereits bei der Debatte zur Ersten Lesung des Haushalts hier im Hohen Hause habe ich gesagt, dass ich sehr gespannt bin, ob irgendjemand von der Staatsregierung oder von der Regierungskoalition im Laufe der Haushaltsbera

tungen erklären kann, dass das, was Sie jetzt tun, besser ist als das, was bislang festgeschrieben ist.

Fakt ist: Sie verwenden für die Tilgung der Schulden einfach nur die Rücklage. Das muss auch noch einmal klar gesagt werden. Das Geld kommt aus der Rücklage bzw. ist ein Wechselschein, und damit tilgen Sie Schulden. Es ist also keine Konsolidierung des Haushalts. Sie versuchen es allerdings immer anders darzustellen. Sie tilgen auf Kosten der kommenden Generationen, denn Sie zahlen nicht anständig in den Versorgungsfonds ein.

Die Debatte heute drehte sich andauernd darum, wie hoch die Pensionen der Beamtinnen und Beamten sind. Das ist doch gar nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass unsere Kinder die Versorgungsleistungen eines Tages stemmen müssen, und das werden jährlich allein sieben Milliarden Euro sein. Wenn nichts in der Rücklage ist, aus der bezahlt werden kann, dann weiß niemand, woher das Geld kommen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Zahl 2030 ist das nächste Stichwort der Dauerpropaganda. Es ist gut, wenn Schulden getilgt werden. Da gebe ich den Kollegen ganz recht. Wir wollen auch Schulden abbauen, aber nicht auf Kosten unserer Kinder haushalten. Deswegen müssen wir anständig in die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten einzahlen. Die Dauer-PR, 100 Millionen Euro für die Versorgung einzuzahlen sei besser als 310 Millionen Euro aufwärts, funktioniert aber nur, wenn wir tatsächlich 2030 schuldenfrei sind.

Diese Schuldenfreiheit 2030 hat aber eine Menge unbekannter XX. Mehrzahl von X ist XX, glaube ich.

(Zuruf von der CSU)

Eines dieser unbekannten XX, das von Ihnen kommt, lautet: Wachstum, Wachstum und nochmals Wachstum. Sie setzen einfach nur auf Wachstum und auf wachsende Steuereinnahmen. Von der Kollegin Heckner mussten wir uns eben anhören, dass wir im Gegensatz zum Jahre 2008 in einer wirtschaftlich ganz schwierigen Lage seien. Im Moment aber sprudeln die Steuereinnahmen nur so.

(Zurufe von der CSU)

Aber Sie können eben nichts, aber auch gar nichts aus diesen Einnahmen tilgen; Sie tilgen nur aus der Rücklage. Glauben Sie im Ernst, dass wir bis zum Jahre 2030 ein durchgehendes Wirtschaftswachstum haben? Alle Institute und Experten sagen etwas anderes. Ich glaube nicht, dass Sie im Ernst glauben kön

nen, dass es bis zum Jahre 2030 wirklich ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum geben kann.

Es gilt allerdings: Dieses Gesetz funktioniert nur, wenn wir bis dahin ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum haben.

Sie sagen gleichzeitig, Sie wollen weiterhin einfach nur 100 Millionen Euro einzahlen. Sie speisen kein bisschen Inflation ein. Das geltende Gesetz ist jetzt so angelegt, dass das, was eingezahlt werden muss, steigt. Sie setzen in Ihrem neuen Gesetzentwurf pauschal 100 Millionen Euro fest. Da frage ich: Was ist das für ein Finanzpolitiker, der keine Inflation bei dem berücksichtigt, was man einzahlt? Ich frage mich wirklich, wo Sie das Rechnen gelernt haben.

Und noch eine Anmerkung. Wir hatten bereits einmal eine Aussetzung der Einzahlungen in den Versorgungsfonds. Damals ist das Geld einfach fremd verwendet worden. Es ist in keiner Hinsicht in Richtung Schuldentilgung verwendet worden. Ich beziehe mich da auf den Doppelhaushalt 2011/12. Wir haben jetzt wieder keine Garantie, dass dieses freigewordene Geld tatsächlich zur Schuldentilgung eingesetzt wird. Das ist nicht mal prosaisch festgehalten worden.

Insgesamt muss ich sagen: Die fiskalpolitische Kompetenz, auf die sich die Staatsregierung immer so gerne beruft, ist bei diesem Gesetzentwurf gleich Null. Es wird keine Inflation mit eingespeist. Wie kann man solche Finanzpolitiker tatsächlich ernst nehmen? Dieser Gesetzentwurf passt perfekt in die Öffentlichkeitsarbeit und zur Strategie der Staatsregierung. Das Problem der steigenden Pensionsverpflichtungen, der milliardenstarken versteckten Schulden löst er bestimmt nicht. Im Gegenteil, das Problem wird weiter verschärft. Dieser Gesetzentwurf ist gut für Markus Söder und seine PR-Show, aber er ist schlecht für Bayern.

Wir fordern Sie auf: Nehmen Sie den Gesetzentwurf zurück. Sie haben dazu noch die Chance. Es wird auch dazu einen Änderungsantrag von uns geben. Nehmen Sie den Gesetzentwurf zurück! Haushalten Sie endlich ehrlich. Türmen Sie die versteckten Schulden nicht weiter auf und haushalten Sie nicht vor allem auf Kosten unserer Kinder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächster Redner in der Debatte ist für die FDP-Fraktion der Kollege Karsten Klein.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute über einen Gesetzentwurf, der eine vollständige Neu

konzeptionierung der Beamtenpensionen und Versorgungslasten für den Freistaat Bayern bedeutet. Bisher sind der Versorgungsrücklage 1,2 Milliarden Euro und 210 Millionen Euro dem Fonds zugeführt worden. Wir werden diese Mittel komplett in den neuen Pensionsfonds überführen. Wir werden dort nichts plündern, nichts herausnehmen, sondern die komplette Summe übertragen. Das ist schon einmal eine gute Nachricht; denn das war zu erkämpfen. Wir werden zudem jedes Jahr weitere 100 Millionen Euro zuführen. Das Ziel dieses neuen Pensionsfonds unterscheidet sich fundamental von den zwei aktuellen Instrumenten. Wir wollen damit die Versorgungsausgaben ab 2023 dämpfen, und zwar vor allem im Hinblick auf das Jahr 2030. Zudem wird es hier im Landtag einen Bericht über den Verlauf und die Entwicklung des Fonds geben. Das war uns besonders wichtig. Auch das steht im Gesetz.

Dieses Konzept ist eng mit der Schuldentilgung verzahnt. Ja, das ist absolut richtig. Wir haben uns fest vorgenommen, dass wir die 1,1 Milliarden Euro Zinsen, die wir momentan aus dem Haushalt bezahlen müssen, jetzt in Zins und Tilgung wandeln und ab 2030, wenn die Schulden getilgt sind, diese Milliarde nehmen, um die Pensionslasten zu tragen. Für alle, die skeptisch sind, kann ich nur zwei Dinge sagen: Erstens. Sie sind zu Recht skeptisch, weil das noch nicht sichergestellt ist. In Wahlen muss immer wieder erkämpft werden, dass die FDP mit an der Regierung ist. Sonst wird dieses System nicht funktionieren.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Zweitens kann ich Ihnen nur sagen: Man soll sie an den Taten messen. Wir gehen jetzt den ersten Schritt, den ich beschrieben habe, nämlich die Zinsen in Zinsen und Tilgung zu wandeln, und diesen Schritt tun wir im aktuellen Doppelhaushalt; denn wir haben eine Milliarde weiterer Schuldentilgungen auf den Weg gebracht und die 60 Millionen Euro, die wir jetzt an Zinsen sparen, auch in die Tilgung gegeben. Daran sieht man, dass unser Vorhaben auch in die Tat umgesetzt werden wird.