Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier eine Debatte zu den Studienbeiträgen.
- Ich habe wenigstens den Antrag gelesen, und ich bin wenigstens auch der Debatte gefolgt. − Sehr viel Getöse, sehr viel Polemik, wenig Inhalte, vor allem wenig Neues.
Wie soll es denn auch sein? Die Debatte, die wir heute führen, führen wir in dieser Legislaturperiode mindestens zum fünfzehnten oder sechzehnten Mal in diesem Hause.
Daran, dass gerade dieses Thema immer und immer wieder aufgebracht und intensiv diskutiert wurde, zeigt sich vor allem eines: Die Prioritäten in der Bildungspolitik, die Grundlagen für den Bildungserfolg, werden von den Oppositionsparteien zwar immer wieder durch Lippenbekenntnisse bekundet, aber nie in Taten, nie in Haushaltstitel umgesetzt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie in Ihrem Antrag die Studienbeiträge zur sozialsten Frage des Freistaats Bayern erklären
- Sie von der Opposition haben den Antrag gestellt -, dann muss ich schon die Frage stellen, warum ausgerechnet die Sozialdemokratie oder die GRÜNEN mit Unterstützung oder vielleicht auch durch das Vorschicken der FREIEN WÄHLER gerade den Teil unserer Gesellschaft, nämlich die Studenten an den Hochschulen, entlasten, der aufgrund der guten, ja hervorragenden Ausbildung, die er erhält, zukünftig ein Einkommen zu erwarten hat, das im Durchschnitt um 30 oder 40 % über dem liegt, das jene erhalten, die in die berufliche Ausbildung gehen, die Lehrstellen annehmen und bereits im 15. oder 16. Lebensjahr ins Berufsleben einsteigen.
Dass wir durch Studienbeiträge keinen einzigen Schüler, keinen einzigen Abiturienten, niemanden davon abhalten wollen, eine Hochschule zu besuchen, haben wir in dieser Legislaturperiode durch die zahlreichen Befreiungstatbestände wie die Zwei-Kinder
Regelung und die Drei-Kinder-Regelung noch einmal untermauert. 31 bis 33 % der Studierenden − je nachdem − sind heute faktisch von den Studienbeiträgen befreit. Das ist die soziale Komponente der Studienbeträge.
(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU - Margarete Bause (GRÜNE): Erklären Sie das dem Ministerpräsidenten!)
- Ich rede sehr häufig und gern mit unserem Ministerpräsidenten, und ich hoffe, er auch mit mir. Wir tauschen uns auch über diese Fragen aus.
Wir haben unser Wahlprogramm umgesetzt. Sie haben völlig recht: Unser Programm enthält nachgelagerte Studienbeiträge. Faktisch haben wir das erreicht. Das ist das Studienbeitragsdarlehen. In diesen Tagen geht erneut die Nachricht an alle Studenten hinaus, dass Studienbeitragsdarlehen erst dann zurückzuzahlen sind, wenn das Nettoeinkommen − nicht das Bruttoeinkommen; Sozialdemokraten tun sich beim Rechnen gelegentlich schwer − 1.670 Euro übersteigt.
Dieses Darlehen ist erst dann zurückzuzahlen, wenn seit Studienende 18 Monate verstrichen sind, und wenn BAföG und Studienbeitragsdarlehen zusammengerechnet 15.000 Euro übersteigen, wird jeder diese Summe übersteigende Betrag automatisch gestrichen und ist nicht mehr zu leisten.
Deswegen ist unsere Aussage ganz klar: Studienbeiträge, die die Qualität an den Hochschulen verbessern, die zu zusätzlichen Professorenstellen, zu zusätzlichen Tutorienstellen, zu einem zusätzlichen Mittelbau führen, sind gerechtfertigt und notwendig. Auch die Studierenden, die sie abschaffen wollen, sagen, dass diese Dinge für die Qualität der Hochschule existenziell notwendig sind.
Auch sind sie sozial gerechtfertigt, weil sie erst nachgelagert zu bezahlen sind, weil sie erst dann zu bezahlen sind, wenn das eigene Einkommen deutlich höher ist als das der Breite der Gesellschaft.
Deswegen befindet sich die Position der FDP, die Position, die sich im Koalitionsvertrag befindet, im Ein
vernehmen mit den katholischen Bischöfen hier in Bayern. Es mag auch viele überraschen, dass die katholische Kirche sagt: Studienbeiträge, sozial abgefedert: Haken dran: das haben wir erledigt. Studienbeiträge, die nachgelagert zu bezahlen sind: Haken dran; haben wir erledigt. Sie sind sozial gerechtfertigt, wenn die Gelder in die tatsächlichen Schwerpunkte der Bildungspolitik eingestellt werden, und das ist die frühkindliche Bildung.
(Beifall bei der FDP - Ulrike Gote (GRÜNE): Sagen Sie doch einmal, was Ihre Synode dazu sagt! - Zuruf des Abgeordneten Professor Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER))
Frau Ackermann, Herr Unterländer, wir sind doch alle der Meinung, dass die Grundlage für den späteren Bildungserfolg in den ersten Jahren der Entwicklung des Kindes gelegt wird.
Alle Zahlen, die Sie, Frau Fraktionsvorsitzende Bause, genannt haben, sind doch richtig. Gerade in Bayern ist der Bildungserfolg der jungen Menschen immer noch zu stark vom Einkommen und vom Bildungshintergrund der Eltern abhängig.
Deswegen ist diese Koalitionsregierung darangegangen, den Krippenausbau zu forcieren, das Betreuungsangebot von 8 % auf heute 35 % zu erhöhen.
Wenn Sie sich den Bericht von Bundesfamilienministerin Schröder anschauen − Fakten könnten Sie ja auch einmal würdigen -, dann sehen Sie, dass Bayern heute von den West-Bundesländern das beste Betreuungsangebot, die kleinste Differenz zwischen Nachfrage und Angebot hat.
Das mag in München nicht so sein. Wir wissen, dass hier Herr Ude regiert. Aber in Bayern insgesamt sind die Zahlen von den West-Bundesländern am besten. Das wurde vorletzte Woche veröffentlicht. Zuerst sollte man sich informieren und erst dann im Plenum dazwischenrufen.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir in die frühkindliche Bildung investieren müssen, dass wir die Fördermöglichkeiten gerade in der Grundschule noch verbessern müssen. Mit unserer flexiblen Grundschule sind wir auf dem richtigen Weg auch zu einer bes
seren individuellen Förderung für die Kinder. Wenn wir es schaffen, dass wir am Anfang niemanden draußen stehen lassen, dass wir den jungen Menschen am Anfang alle Bildungschancen eröffnen, ganz gleich, ob sie aus bildungsfernen Familien oder aus Familien mit Migrationshintergrund kommen, dann erreichen wir Bildungsgerechtigkeit.
All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind inhaltliche Gründe dafür, dass wir eine klare Überzeugung und eine klare Haltung haben.
Theresa Schopper hat dankenswerterweise in ihrer Intervention als Erste darauf hingewiesen, dass es auch einen Antragstext gibt, den wir zu beschließen haben. Daher komme ich nun zu dem Antrag. Darin steht nämlich überhaupt nicht, dass der Bayerische Landtag etwas abschaffen soll, so wie Sie es in Ihren Reden zum Ausdruck gebracht haben. Ich glaube, Sie haben Ihren eigenen Antrag vor dieser Debatte nicht gelesen, diesen Antrag als Minimalkonsens einer Koalition in der Opposition.
(Lachen der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE) - Markus Rinderspacher (SPD): Der ist größer als euer Konsens!)
Es ist schön, dass Sie zum ersten Mal in vier Jahren ein einziges Thema finden, zu dem Sie alle eine ähnliche Auffassung haben.
- Das ist der Maximalkonsens in der Opposition? Frau Gote, mehr hätte ich Ihnen als gemeinsame Grundlage für den Wahlkampf, den Sie schon seit zwölf Monaten führen, schon zugetraut. Wohin hat Sie das geführt?