Protokoll der Sitzung vom 14.11.2012

Sie haben vorher gesagt, wir können offen reden. Das tun wir, und deswegen sind wir hier im Parlament. Natürlich kann man irgendwelche Argumente finden und sich damit über Studiengebühren austauschen. Das haben wir lange gemacht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Mehrere Jahre!)

Ich verurteile niemanden, der dazu eine bestimmte Meinung einnimmt. Bei Ihrer Rede hat mir aber ein klares Bekenntnis dazu gefehlt, wo die CSU, die CSU-Abgeordneten und die CSU-Fraktion im Moment stehen. Mir hat ein inhaltliches Bekenntnis gefehlt, ein Bekenntnis dazu, wie Sie abstimmen. In Interviews haben Sie schon gesagt, Sie persönlich, Oliver Jörg, seien für die Abschaffung der Studienbeiträge, weil die breite Bevölkerung das auch so sehe.

Mich stört es nicht, dass Sie jetzt schnell Ihre Meinung ändern. Am meisten stört mich aber, dass wir nicht mehr wissen, wie es weitergeht. Die Koalitionsgespräche wurden unterbrochen. Wenn ich es richtig verstanden habe, setzen Sie sich kurz vor dem Volksbegehren noch einmal zusammen und überlegen dann, ob man die Studienbeiträge vor dem Volksbegehren doch abschafft.

(Markus Rinderspacher (SPD): Pures Chaos!)

Dann wurde gesagt, wenn das Volksbegehren durchgeht, werden Sie die Studienbeiträge vielleicht im Landtag abschaffen. Wenn es nicht durchgeht, ändern Sie Ihr Wahlprogramm. Noch keiner hat etwas dazu gesagt, wie er dann zu dieser Frage steht, wenn der Volksentscheid kommt.

(Markus Rinderspacher (SPD): Da muss erst das Grundsatzprogramm geändert werden!)

Selbst die FDP hat noch nicht gesagt, wie sie zum Volksentscheid steht. Zum Volksentscheid, nicht zum Volksbegehren! Das geht auf Kosten der Rechtssicherheit der Hochschulen und der Studierenden.

(Thomas Hacker (FDP): Und das haben Sie billigend in Kauf genommen, Herr Piazolo!)

Allein in deren Interesse müssen wir jetzt handeln, oder Sie müssen sagen, dass sich in den nächsten Monaten nichts ändern wird. Dazu bitte ich um Klarheit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Es gibt die klare Zusage, dass alle, die Arbeitsverträge haben, sich keine Sorgen machen müssen, egal ob die Arbeitsverträge befristet oder unbefristet, ob sie auf ein oder zwei Jahre befristet sind, egal, wie es weitergeht, egal wie der bayerische Wähler entscheidet, egal, ob eine frühzeitigere Abschaffung ins Auge gefasst wird oder nicht. Das ist die Rechtssicherheit. Das ist das Allerwichtigste. Diese Botschaft ist glasklar formuliert. Es ist offensichtlich, wo die CSU und die CSU-Landtagsfraktion stehen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Dann sprechen Sie es halt aus!)

Ein auf Dialog ausgerichteter Vorsitzender des Hochschulausschusses würde diese Aussage nicht in dem Bewusstsein tätigen, dass er seine Fraktion nicht hinter sich hat.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Kohnen das Wort.

Herr Kollege Jörg, wir hatten das Vergnügen, einige Jahre zusammen im Hochschulausschuss zu sitzen. In Ihrer Rede gab es einen schönen Spruch: "Reden wir doch netto miteinander." Deshalb würde ich vorschlagen, dass Sie jetzt einmal netto reden. Herr Jörg, am 22. April 2008 haben Sie wörtlich gesagt, sie seien davon überzeugt, dass die Studienbeiträge auch für ein gesellschaftliches Umdenken von Bedeutung seien. Die CSU sei vom Leitbild der solidarischen Leistungsgesellschaft geprägt. Sie stehe zur Eigenverantwortung. Deshalb würden Sie an den Studienbeiträgen festhalten. Das war Ihre

Rede im Jahr 2008. Die könnten Sie noch einmal erläutern.

Am 10. November 2012 sagten Sie im "Main-Echo", die Situation habe sich verschärft. Es heißt dort: Oliver Jörg plädiert für die Abschaffung der Studiengebühren. Das, was Sie hier gerade gemacht haben, war keine Erklärung, sondern ein Darumherum. Jetzt erklären Sie uns, was 2008 Ihre Überzeugung war. Wenn wir netto reden sollen, wäre es schön zu wissen, was heute Ihre Meinung ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das weiß er vielleicht gar nicht!)

Das zweite Paradoxon, das wir hier haben, ist Folgendes: Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass die Mehrheit der Abgeordneten hier im Parlament gegen die Studiengebühren ist? Sie haben jetzt davon gesprochen, dass Sie eine funktionierende Koalition haben. Würden Sie aber der Aussage zustimmen, dass Sie als Regierungspartei nicht die Kraft haben, die Studiengebühren abzuschaffen? Wie erklären Sie es uns, dass eine Koalition funktioniert, an der Sie und auch Ihr Ministerpräsident, der hoffentlich nachher noch ans Redepult gehen wird, beteiligt sind? Wie schaffen Sie die soziale Balance, Herr Seehofer? Wie schaffen Sie es, die Studiengebühren abzuschaffen? Wie bringen Sie Ihren Koalitionspartner dazu, den Koalitionsvertrag zu brechen? Am besten soll uns diese Frage der Ministerpräsident selbst beantworten.

(Thomas Hacker (FDP): Der Koalitionspartner bewegt sich auf der Grundlage des Koalitionsvertrags! Wir werden nichts brechen!)

Herr Hacker, Sie haben nachher noch die Möglichkeit, zu sagen, wann Sie den Koalitionsbruch machen oder wann Sie den Koalitionsvertrag brechen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir halten den Koalitionsvertrag ein!)

Darauf sind wir sehr gespannt. Herr Jörg, ich hätte die Antwort darauf gerne Ende Januar nach dem Volksbegehren, wenn die eine Million Unterschriften zusammen sind. Wie will Ihr Ministerpräsident dann den Koalitionspartner in der funktionierenden Koalition zum Bruch bringen?

(Beifall bei der SPD)

Das waren jetzt keine Zwischenbemerkungen, sondern Zwischenfragen. Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Der größte Teil ist Rhetorik, die nicht wirklich eine Antwort verdient. Auf eines möchte

ich eingehen. Sie müssen sich nur ein bisschen konzentrieren und aufpassen. Der interessante Kern Ihrer Fragestellung steckt in einem Punkt. Darüber haben wir in den letzten Wochen noch nie geredet, und das sollten wir verdichten. Es ist die Frage, was die Studienbeiträge gesellschaftspolitisch und vor allem an unseren Hochschulen bewirkt haben. Die Studierenden wurden einbezogen und für einen nicht geringen Teil in die Mitverantwortung genommen.

(Dr. Karl Vetter (FREIE WÄHLER): Der fällt schon wieder um!)

Die Studierenden wurden in die Verwendung der Mittel zur Verbesserung der Lehre einbezogen. Die Studierenden wurden einbezogen, um ihre Hochschule noch viel intensiver kennenzulernen. Die Studierenden wurden in den Hochschulsenaten und den Hochschulräten einbezogen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Demokratie nur gegen Geld!)

Mit ihnen zu diskutieren macht Spaß, weil sie sich wenigstens konzentrieren, Frau Kohnen. Sie sollten sich alle einmal diese Mühe machen.

Interessant bleibt doch, wie wir alle diese positiven Elemente, die wir in den letzten Jahren an unseren Hochschulen haben beobachten dürfen, für die Zukunft aufrechterhalten können, egal ob wir die Studienbeiträge abschaffen oder nicht. Darauf geben Sie überhaupt keine Antwort. Sie fordern nur, dass wir die Studienbeiträge abschaffen und dann schauen, was passiert. Das ist der interessante Punkt. Wenn Sie heute die positiven Elemente ansprechen, die die Studienbeiträge in den letzten Jahren gesellschaftspolitisch bewirkt haben, dann sage ich: Herzlichen Dank für diese Debatte.

(Beifall bei der CSU - Natascha Kohnen (SPD): Ich habe von hundert Prozent Kompensation gesprochen! Das ist eine glatte Lüge! - Volkmar Halbleib (SPD): Was Sie meinen, haben Sie uns noch immer nicht gesagt!)

Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, können wir weiterfahren. Herr Kollege Jörg, wir haben noch eine weitere Wortmeldung zu einer Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Schopper. Ich bitte um Ruhe, damit die Kollegin die Gelegenheit hat, ihre Zwischenbemerkung zu machen.

Herr Kollege, ich wollte Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie einen kleinen Blick auf

den Antrag werfen sollten. Wir hatten in unserem Antrag Folgendes formuliert:

Der Landtag teilt darüber hinaus die Einschätzung des Ministerpräsidenten, dass die durch eine eventuelle Abschaffung der Studienbeiträge für die Hochschulen wegfallenden finanziellen Mittel aus Haushaltsmitteln kompensiert werden können.

Das tragen wir durchaus mit.

Ich wollte Sie aber fragen, seit wann Sie mit dem überraschenden Faktum konfrontiert sind, dass der Länderfinanzausgleich, den Bayern bezahlt, ungerecht ist, weil die anderen Länder im Wesentlichen die Studiengebühren abgeschafft haben. Seit wann sind Sie denn von dieser Erkenntnis so überrascht? Ist das erst seit dem 22. Oktober der Fall, oder plagt Sie dieser Gedanke schon länger?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Wenn Sie meine Anregung in der Debatte damit beantworten, dass Sie eine hundertprozentige Kompensation wünschen, dann gehen Sie überhaupt nicht auf das ein, was ich meine. Vermutlich habe ich mich nicht klar ausgedrückt. Es geht um etwas anderes. Es geht nicht nur ums Geld. Es geht darum, wie sich Studierende mit ihrer Hochschule identifizieren und wie sie zu ihrer Hochschule stehen, weil sie sich in der Vergangenheit daran selbst monetär beteiligt haben. Darum geht es. Wie können wir diese positiven gesellschaftspolitischen Auswirkungen in die Zukunft retten?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Schauen Sie doch nach Baden-Württemberg!)

Danach haben Sie mich gefragt, und darauf haben Sie eine Antwort bekommen.

(Beifall bei der CSU - Natascha Kohnen (SPD): Ich habe Sie nach mehr gefragt!)

Als Nächster hat der Kollege Thomas Hacker von der FDP das Wort.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Habt ihr keine Frauen mehr?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier eine Debatte zu den Studienbeiträgen.