Wir hätten uns vorstellen können, auch die Ausgabenseite mit der Sicherstellung von Investitionen in Bil
dung, in den sozialen Bereich und in die innere Sicherheit mit aufzunehmen. Ich glaube dennoch, dass der gefundene Kompromiss tragfähig ist. Die anderen Ziele werden wir als Sozialdemokraten im Zusammenhang mit einem Ausführungsgesetz zur bayerischen Haushaltsordnung weiterverfolgen.
Wichtig ist für uns ein sechster Punkt, der nicht enthalten ist. Herr Kollege Schmid hat ihn vorhin angesprochen. Herr Ministerpräsident Seehofer − da wohl eher der Parteivorsitzende − hat geglaubt, in Aschermittwochsreden, zuletzt im Jahr 2011, die Integrationspflicht zum Thema einer verfassungsrechtlichen Diskussion machen zu müssen. Ich glaube, das wird diesem hoch politischen Thema nicht gerecht und hätte nur Streit in unsere Gesellschaft getragen. Deswegen ist es richtig und gut, dass wir uns vom Anfang an einig waren, diesen Unsinn nicht in den Gesetzentwurf für eine Verfassungsänderung aufzunehmen.
Somit liegen uns heute fünf Themen vor, die wir Sozialdemokraten allen Bürgerinnen und Bürgern am 15. September, wenn Landtagswahl ist, zur Annahme empfehlen können. Mit Leben erfüllen können und müssen diese Verfassung dann die Fraktionen im nächsten Parlament. Inhaltlich gibt es sicherlich unter uns vier Fraktionen hierzu verschiedene Auffassungen. Darüber werden wir auch im Hinblick auf den 15. September streiten. Aber einig sind wir uns darüber, dass die genannten fünf Punkte in die Verfassung aufgenommen werden und zukünftig das Leitbild der Arbeit dieses Parlaments sein sollen.
Wir Sozialdemokraten stimmen dieser Verfassungsänderung zu und empfehlen allen Bürgerinnen und Bürgern, bei der kommenden Abstimmung zu allen fünf Fragen mit Ja zu stimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, es ist mir heute auch eine Freude, dass Sie diese Sitzung leiten, in der es auch um eines Ihrer "Kinder" geht.
Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen! Es war eine große Freude, in dieser Kommission mitzuarbeiten, vor allem weil es uns klargemacht hat, was parlamentarische Arbeit über die Grenzen der Fraktionen hinweg bedeutet. Es hat gezeigt, dass da, wo es letztlich um die Leitlinien der Gesellschaft in Bayern geht, wo es um etwas geht, das uns alle betrifft, ein großer Konsens von vier Fraktionen besteht, wo man zusammenfindet, wo man in sehr guten, harmonischen Gesprächen − und dafür möchte ich allen Beteiligten danken − zu einem Ergebnis gekommen ist, das sich meines Erachtens sehen lassen kann.
Das ist ein Ergebnis, das für die Gesellschaft in Bayern wichtig ist. Wir führen in einer behutsamen Art und Weise in die Bayerische Verfassung, die ein verfassungsrechtliches Kleinod ist, wie es das auf dieser Welt sonst kaum gibt, neue Dinge ein, die Antworten auf die jetzigen Fragen unserer Gesellschaft geben. Hier ist es gut zu sehen, dass man zusammenarbeiten und auch zusammenstehen kann. Dir, lieber Georg, recht herzlichen Dank, dass du diese Kommission so tatkräftig geleitet hast, und dass wir durch deinen Einsatz zu einem schnellen und guten Ergebnis gekommen sind.
Dank auch an Markus Rinderspacher, dass wir, nachdem sich die SPD anfänglich nicht darin finden konnte, dennoch Wege gefunden haben, wie wir alle mit diesen Änderungen glücklich sein können, und dass wir im gesellschaftlichen Kontext zusammenstehen können. Auch Ihnen, Herr Hacker, ein herzliches Dankeschön für die gute Mitarbeit.
Zwar hätten wir FREIEN WÄHLER uns noch andere Themen vorstellen können, die man in die Verfassung einführen könnte, zum Beispiel den Datenschutz, das Klima oder die erneuerbaren Energien. Das sind Themen, die zwar auch drängend sind, aber vielleicht an einer anderen Stelle bearbeitet werden müssen. Die Verfassungsänderungen zu den gleichwertigen Lebensverhältnissen, zum Ehrenamt und zur kommunalen Finanzausstattung sind Leib- und Magenthemen der FREIEN WÄHLER, die zum Tragen kommen. Deshalb haben wir auch mit unserem Herzblut um die Formulierungen gerungen, damit sie für uns die besten Formulierungen sind.
Zwar hätten wir uns auch bei den kommunalen Finanzen noch mehr erwartet, nämlich dass nicht nur die Finanzen im Rahmen des staatlich Möglichen sichergestellt sind, dass die Kommunen nicht nur auf Pflichtaufgaben reduziert werden, sondern auch noch ein großes finanzielles Polster für die freiwilligen Aufgaben haben, die die Kommunen übernehmen, die für unsere Gesellschaft und letztlich auch für das Ehrenamt so wichtig sind; denn hier sind die Kommunen die Träger der Werte in unserer Gesellschaft, und das muss auch in der Verfassung verankert und richtig gewürdigt werden.
Die Förderung des Ehrenamts für den Einsatz des Gemeinwohls ist etwas, was, glaube ich, der Realität in Bayern und auch der Politik in Bayern entspricht. Politik muss immer das Gemeinwohl im Auge und zum Ziel haben; denn wenn sich die Menschen ehrenamtlich für ihre Kommunen, für ihre Vereine und Verbände einsetzen, damit das Leben in Bayern prägen und sozusagen der Puls in Bayern sind, ist es nur legitim, wenn das auch in der Verfassung entsprechend hervorgehoben und gewürdigt wird. Deshalb sind wir auch besonders dankbar, dass dieser Satz in die Verfassung Eingang finden wird.
Zuletzt möchte ich noch zum Mitwirkungsrecht in Bezug auf Europa ein paar Sätze sagen. Das ist eine ganz neue Herausforderung, die unsere Verfassungsväter und -mütter nicht kannten. Deshalb ist es wichtig, dass in der Verfassung verdeutlicht wird, dass hier letztlich neue Kompetenzen geschaffen werden. Nicht nur der Landtag, sondern auch der Souverän, das Volk, kann sich direkt an die Staatsregierung wenden in Dingen, die Europa betreffen, und der Staatsregierung Vorgaben machen, an die diese sich dann halten muss. Das ist ein ganz neues, zukunftsweisendes Element in unserer Verfassung, damit wir letztlich in den Herausforderungen, die auf europäischer Ebene auf uns in Bayern, einem Staat im Herzen Europas, zukommen, fortschrittlich und souverän voranschreiten können. Unseren Bürgern wird ein Instrument in die Hand gegeben, damit sie mehr Demokratie auf europäischer Ebene einführen und leben können. Darüber bin ich sehr froh und auch Ihnen, Herr Präsident Bocklet, sehr dankbar, dass Sie das vorangetrieben haben.
Ich hoffe, dass die Vorschläge, die wir unterbreiten, auch unserem Souverän, dem Volk, gefallen, dass es
das mitunterzeichnet und damit letztlich sozusagen ratifizieren wird, um es in die Verfassungswirklichkeit überzuführen. Von daher möchte ich auch von dieser Stelle aus dafür werben, dass die Menschen in Bayern mitmachen und sozusagen den Hauch der Geschichte, der uns momentan umweht, verstärken. Die Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der GRÜNEN möchte ich auffordern, doch auch mitzumachen. Denn das ist etwas, was gut ist für Bayern, und daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, bei Abge- ordneten der SPD und des Abgeordneten Georg Schmid (CSU) - Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))
Als Nächster hat Kollege Thomas Hacker von der FDP das Wort. Bitte schön, Herr Fraktionsvorsitzender.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht ist es die vorweihnachtliche Stimmung, die im Gegensatz zu gestern heute den großen Konsens dieses Hohen Hauses zeigt. Vielleicht ist es aber auch das grundlegende Verständnis von fast allen in diesem Parlament, wenn es darum geht, wie wir uns das Miteinander in der Gesellschaft vorstellen, den Staatsaufbau und auch die Gerechtigkeit zwischen den Generationen, was die Zukunft angeht.
Wir machen uns zu etwas nicht Alltäglichem auf. Wir machen uns auf, die Bayerische Verfassung zu ändern, und deswegen sind auch die Hürden hoch, um zu einer Änderung der Bayerischen Verfassung zu kommen. Deswegen ist es gut, dass sich vier Fraktionen dieses Hohen Hauses zusammengefunden haben, diskutiert und ihre Positionen ausgetauscht haben. Deswegen ist es auch gut, dass wir uns bei der sprachlichen Fassung bemüht haben, dass wir uns bemüht haben, nicht zu viele Worte zu machen zu den Themen, die wir haben. Denn die Verfassung ist ein hohes Gut. Sie zu ändern muss wohl bedacht sein.
Die Verfassungsänderungen sind wohlbedacht, und deswegen geht mein Dank an die Kollegen der CSU, der SPD und der FREIEN WÄHLER für die Vorbereitung, die Diskussion und dafür, dass wir das heute so einvernehmlich hier einbringen können.
Dass unsere Gesellschaft vom ehrenamtlichen Engagement lebt, das haben wir in unseren Sonntagsreden immer wieder auf den Lippen, aber viel zu selten kommt der Dank an. Deswegen meine ich, dass die
ses Bekenntnis in der Bayerischen Verfassung notwendig ist und alle diejenigen stärkt, die sich in Stunden unentgeltlichen ehrenamtlichen Engagements für diese Gesellschaft einbringen. Die wenigen Worte, die wir finden, sind nicht genug für das, was wir eigentlich alle Tag für Tag gegenüber denjenigen ausdrücken sollten, die sich engagieren.
Dass die Kommunen der wichtigste Bestandteil des Staatsaufbaus sind, weil sie sich direkt vor Ort um die Menschen kümmern, und dass für die Bedürfnisse vor Ort auch ausreichende Finanzmittel vorhanden sein müssen, haben wir in den letzten Haushalten der Bayerischen Staatsregierung, auch in dem Haushalt, den wir aktuell diskutieren, immer wieder dokumentiert. Dass dieses Bekenntnis jetzt auch für die Zukunft niedergelegt wird, ist gut. Das ist ein wichtiges, richtiges Zeichen; denn ohne starke Kommunen wäre der Freistaat Bayern nicht so stark, wie er es derzeit ist.
Dass wir im Verhältnis zwischen Staatsregierung und Parlament klarstellen, dass das Parlament selbstbewusst auf Augenhöhe mit der Staatsregierung diskutiert und nicht nur informiert wird, sondern dass ihm auch die notwendigen Entscheidungen vorbehalten bleiben, ist auch wichtig. Lieber Herr Kollege Bocklet, Sie werden jetzt fast in den Rang eines Vaters der Verfassung gehoben. Das ist natürlich eine ganz bemerkenswerte Stunde.
Genauso wie die Kommunen fester Bestandteil unseres Staatswesens sind, sind die Regionen Bayerns fester Bestandteil. Deswegen ist es gut, dass wir in der Verfassung gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern nennen und sie dort beschreiben. Der Zukunftsrat hat empfohlen, sich auf Zentren zu konzentrieren. Ich meine, die Arbeit der Bayerischen Staatsregierung in den letzten Jahren hat gezeigt, dass das nicht das Modell für den Freistaat Bayern ist. Keine Region wird abgehängt; keine Region wird vergessen. Die Angleichung der Arbeitslosenraten in den letzten vier Jahren macht deutlich, dass wir erfolgreich vorankommen. Das auch für die Zukunft sicherzustellen, ist gut, und es ist wert, dass es in der Verfassung verankert wird.
Dann ist es natürlich auch wichtig, die zukünftigen Staatsfinanzen zu sichern. Wir haben gestern ausführlich darüber diskutiert, welchen großen Wert es
hat, dass Schulden nicht nur aufgenommen, sondern auch zurückgezahlt werden, dass die Schuldenbremse nicht nur im Grundgesetz steht, sondern dass die Schuldenbremse gerade auch in der Bayerischen Verfassung steht. Mein stellvertretender Fraktionsvorsitzender Karsten Klein hat heftig daran mitgearbeitet, dass wir vorangekommen sind, zuerst in der Diskussion mit dem Koalitionspartner, dann auch mit den anderen Fraktionen. Es ist eine alte Forderung der Liberalen aus den Wiesbadener Grundsätzen, älter als fünfzehn Jahre, die Schuldenbremse nicht nur im Grundgesetz − dort auch -, sondern auch in den Verfassungen der Länder zu verankern. Es geht um Generationengerechtigkeit, darum, dass jede Generation den nachfolgenden Generationen nicht noch mehr Bürden auflädt und dass wir verantwortungsbewusst handeln, um die Zukunft auch für die nachfolgenden Generationen sicherzustellen.
Es wäre schön gewesen, wenn die Kollegen der GRÜNEN diesen Konsens mitgetragen hätten. Es sollte so nicht sein. Deswegen noch einmal mein Dank an alle, die beteiligt waren. Ich erwarte eine große Zustimmung der bayerischen Bürger zu diesem Verfassungsentwurf.
Als Nächste hat Frau Kollegin Christine Stahl vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! So viel Pathos am frühen Morgen − dazu muss ich sagen: Handfeste Politik ist uns GRÜNEN lieber.
Genau daran hat es in der Vergangenheit auf dieser Seite des Hauses gemangelt. Worüber wir hier in Erster Lesung diskutieren, ist doch nicht der Ausfluss eines gesellschaftlichen Dialogs, wie dies hier gerade dargestellt wurde.