Protokoll der Sitzung vom 29.01.2013

Leider vermag ich dem hoch geschätzten Kollegen Dr. Bernhard in seiner Einschätzung nicht zu folgen, dass dieses Thema primär Bundesrecht betreffe, das geändert werden müsse. Ich sehe, dass die Bayerische Bauordnung nicht auf das Bausicherheitsrecht zu reduzieren ist, sondern dass die Sachverhalte, die von der Fraktion der GRÜNEN eingebracht wurden, durchaus in Bayern besser geregelt werden könnten.

Ich verhehle nicht, dass wir von der SPD-Fraktion durchaus Sympathie für das empfinden, was die GRÜNEN hier anstreben, nämlich einen fahrradfreundlichen Freistaat, und dass der Komplex Wohnen davon genauso umfasst werden muss. Tendenziell geht das, was man mit dem Anpassen der Abstandsflächen, mit der umweltgerechten Entsorgung von Bauschutt will, in die richtige Richtung. Dennoch sehen die GRÜNEN den sozialen Anspruch des Fahrradfahrens oder auch den Tausch vom Auto zum Fahrrad zu eng. Liebe Kollegin Kamm, wie wir schon im federführenden Wirtschaftsausschuss dargelegt haben, müsste man das noch erweitern. Es gibt ältere Menschen, die auf Bewegungshilfsmittel wie Rollatoren angewiesen sind, und es gibt Jugendliche, die Skateboards und Ähnliches haben. Es gibt auch die Kleinsten, die auf die Kinderwägen angewiesen sind. Wie wir alle wissen, nimmt in den Städten nicht nur der Trend "SUV" ständig zu, sodass man Parkraumbewirtschaftung ganz anders dimensionieren müsste. Auch die Kinderwägen werden immer größer, nicht nur wenn man Zwillinge oder Drillinge befördert, sondern schon bei den Einzelkindern. Das ist Fakt. Da geht es auch um die Sicherheit, die mittlerweile deutlich größer geschrieben wird als noch zu meiner Zeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn man sehr viel tun könnte, gerade auch bezüglich des Wohnens, wenn man auf Autos generell verzichten würde, bleibt die Frage, wie man das dimensionieren soll. Wir wären gern bereit, dies zu diskutieren. Eine Beschränkung lediglich auf Fahrräder wird dem Anspruch, den wir mittlerweile an ein umfassendes Wohnen haben, nicht gerecht. Unser wohnungspolitischer Sprecher Ludwig Wörner ist in seiner Verantwortung als Vorstand einer Genossenschaft mit diesen Fragen tangiert.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir dem Gesetzentwurf zur Änderung der Bayerischen Bauordnung nicht nähertreten können. Da in dem Entwurf aber viele Dinge enthalten sind, die zu befördern sind, wollen wir nicht ablehnen, sondern enthalten uns.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Der nächste Redner ist Herr Kollege Glauber. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Kamm, es steht dem Landtag immer gut zu Gesicht, kein Gesetz zu erlassen, wenn andere Gesetze bereits eine Regelung der Probleme vorgeben. Ich glaube, man braucht kein neues Gesetz, wenn ein Thema schon anderweitig geregelt ist.

Die Modalitäten des Bodenaushubs für den Abfall sind im Kreislaufwirtschaftsgesetz bereits geregelt. Und auch Boden, Wasser und Energie, die Sie in Bezug auf den Klimaschutz ansprechen, sind bereits durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Wasserhaushaltsgesetz sowie in der Energieeinsparverordnung geregelt. Warum brauchen wir da neue Regelungen?

Sie haben auch die Gestaltung angesprochen. Die Gestaltung können Städte und Gemeinden selbst regeln. Auch die Regelung für Fahrradstellplätze steht ganz in der Eigenverantwortlichkeit der Kommunen. Und immer da, wo eine Kommune etwas selbst regeln kann, ist das nach Ansicht der FREIEN WÄHLER auch den Kommunen zu überlassen und darf nicht durch Gesetze vom Landtag oder gar vom Bund geregelt werden. Die Kommune weiß am Besten, was sie tut.

All diese Überlegungen bringen uns dazu, Ihre Vorschläge nicht mitzutragen. Die einzige Möglichkeit einer Regelung sehe ich in der Frage der Abstandsfläche. Da haben wir in einem Ausführungsgesetz zum BGB die Regelung, dass Abstandsflächen überbaut werden dürfen. Für die Regelung der Abstandsflächen

ist allerdings nicht die Oberste Baubehörde zuständig. Aber ich bin der Meinung, wenn das über das Baugesetzbuch geregelt werden kann bzw. über das Ausführungsgesetz im BGB geregelt ist, wird man letztendlich die Abstandsregelung auch in unserer Bauordnung verankern können. Das wäre möglicherweise noch nötig. Insofern hoffe ich, mich aufgrund meiner kurzen Redezeit und der noch langen Tagesordnung als Parlamentarierfreund erwiesen zu haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke sehr. Nun habe ich auf der Rednerliste den Kollegen Thalhammer. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle sind bestrebt, für mehr Klimaschutz zu sorgen, aber wir wollen einen vernünftigen Klimaschutz bekommen und keine unnötigen Regelungen erlassen, die uns a) im Bereich des Klimaschutzes nicht weiterbringen und b) handwerklich so falsch sind wie der vorliegende Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, schaffen da Regelungen, wo es keiner Regelungen bedarf. Sie schaffen neue Bürokratie, wo wir lieber auf Bürokratie verzichten sollten. Sie schaffen Probleme, wo es keine Probleme gibt. Deshalb werden wir als CSU- und FDP-Fraktionen diesen Gesetzentwurf ablehnen.

Ich möchte kurz zwei Highlights aus ihrem Sammelsurium der Ideen aufgreifen: Das eine ist Ihr Eingriff in die Freiheit des Bauherrn. Nach Ihren Vorstellungen soll zukünftig jedes Haus zwangsläufig nach Süden ausgerichtet sein. Ich vermute, dass das in Richtung der Regelung "Schlafzimmer in Richtung Norden" angesiedelt ist. Ich glaube, das ist schon längst Praxis, und wenn es nicht geht, gibt es dafür sicherlich gute Gründe. Und dann brauchen wir keine Regelung nach dem Gusto der GRÜNEN.

Ferner wollen Sie vorschreiben, ein Haus rundherum zu dämmen. Sie schlagen sogar eine Außendämmung auf dem Dach vor. Das ist ein bemerkenswerter Vorschlag. Ich kenne bisher nur eine Innendämmung am Dachstuhl.

Summa summarum: Alle diese Vorschläge, die Sie unterbreiten, machen den Bau einer neuen Immobilie ohne Nutzen unverhältnismäßig viel teurer. Ich gebe Ihnen aus meinem persönlichen Umfeld zu bedenken: Gerade für junge Familien ist es schon heute fast nicht mehr möglich, ein Haus zu bauen. Sie wollen

das mit Ihren Regelungen noch erschweren. Wir lehnen Ihre Vorschläge deshalb ab.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kamm?

Nein; ich werde sie beim nächsten Punkt gleich wieder reizen, und dann kann vielleicht die Zwischenfrage in einem Aufwasch erledigt werden.

(Inge Aures (SPD): Sie reizen uns noch lange nicht!)

Mein Lieblingspunkt in Ihrem Gesetzesvorhaben ist das Stichwort "Autofreies Wohnen": Ehrlich gesagt, da sieht man deutlich den Unterschied zwischen Ihrer grünen, ideologischen Herangehensweise und der Herangehensweise der freien Demokraten. Wir sagen: Okay, wenn jemand mit dem Auto fahren möchte, soll er das ruhig machen, zumal die Autos immer umweltfreundlicher werden. Und wenn er mit dem Fahrrad fahren möchte, dann kann er das auch tun. Wenn jemand mit Inline-Skates fahren wollte, bitte, dann soll er das auch tun.

(Beifall bei der FDP)

Was in Wahrheit hinter Ihrem Gesetzentwurf steht, ist, dass Sie beispielsweise das Autofahren verbieten wollen. Sie wollen den Leuten zwangsweise vorschreiben, in Zukunft nur noch mit dem Fahrrad zu fahren. Eine solche grüne Bevormundung lehnen wir ab und auch deshalb werden wir Ihren Gesetzentwurf klar und deutlich zurückweisen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN liebe SPD, ich muss Sie da leider einbeziehen −, wenn Sie wirklich etwas für den Klimaschutz und für die Energieeffizienz beim Bau tun wollen, überlegen Sie bitte einmal: Warum um Herrgotts Willen blockieren Sie seit Monaten im Bundesrat die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für die energetische Gebäudesanierung?

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Da könnten wir einen kräftigen Schritt vorankommen. Viele Investoren warten darauf. Nein, Sie sagen − wie war damals dieser "Lafontaine-Trick"? −, wir blockieren bis zur nächsten Bundestagswahl einfach aus Prinzip alles, was man nur blockieren kann. Denn das Blockieren wird uns an die Macht spülen.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Glauben Sie mir, die Wählerinnen und Wähler haben das durchschaut. Jeder Trick funktioniert nur einmal. Die Wählerinnen und Wähler werden es abblocken, dass Sie mit diesem Politikstil der Mehrbelastung für junge Familien und der Schaffung von mehr Regelungen und Bürokratie an die Regierung kommen. Wir werden das hier in Bayern auch schaffen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Kollege Thalhammer, sind Sie fertig mit Ihren Ausführungen?

Ja, vielen Dank.

Herr Kollege Thalhammer, Sie haben mit Ihrer Ankündigung, Gelegenheit zu Zwischenbemerkungen zu geben, gleich zwei Kollegen herausgefordert.

Der Abschlussapplaus war so immens, dass ich es bedaure, zu reden aufgehört zu haben.

Nun gut. Zunächst also fragt Frau Kollegin Kamm und dann kommt Herr Kollege Roos. Bitte sehr, Frau Kollegin Kamm.

Herr Kollege, offenbar sind Sie jetzt nur noch in Sachen Wahlkampf unterwegs und haben kaum die Möglichkeit gehabt, sich für Ihre Rede im Parlament dadurch vorzubereiten, dass Sie die Gesetzentwürfe durchlesen.

(Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Ich weise Ihre Unterstellung zurück, wir wollten den Bürgerinnen und Bürgern etwas vorschreiben. Nein, wir wollen es ihnen ermöglichen. Sie aber wollen ein Verbot.

(Widerspruch bei der FDP)

Das ist etwas, was mich wahnsinnig ärgert. Wir wollen ein autofreies Wohnen ermöglichen, Sie aber behaupten, wir wollten die Benutzung des Autos verbieten. So kann man das im Parlament nicht machen. Gehen Sie in die Bierzelte.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ein Weiteres möchte ich feststellen. Wenn Sie immer wieder sagen − das kommt natürlich auch aus Ihrem Vorwahlkampf −, es würden die Steuerabschreibungen für die energetische Sanierung blockiert, so denke ich, es wäre dringend notwendig, dass nicht nur derjenige, der Steuern zahlt, sein Haus sanieren kann und die Mittel dafür gefördert bekommt, sondern

auch Rentner und Rentnerinnen oder auch ein gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen eine gerechte Sanierungsförderung bekommen müssten. Es geht nicht, nur ein steuerliches Abschreibungsprojekt für Vielverdiener zu unterstützen, was Sie am liebsten täten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Thalhammer, bitte sehr.

Frau Kollegin Kamm, ich habe mich sehr wohl ausführlich auf meine Rede vorbereitet und sogar die Protokolle gelesen. Da konnte ich feststellen, dass dieselben Argumente, die Sie in der Ersten Lesung vorgetragen haben, von Ihnen heute wiederholt wurden. Obwohl Kollege Bernhard und meine Wenigkeit Sie darauf verwiesen haben, dass all diese Regelungen entweder schon existieren − ich nenne als Beispiel nur das Kreislaufwirtschaftsgesetz − oder dass es bereits auf Bundesebene entsprechende Regelungen gibt, bleiben Sie bei Ihrer starren Haltung, wohl wissend, dass Sie handwerkliche Fehler im Gesetz haben. Wo bitte haben Sie da ein Anrecht darauf, mir Wahlkampf und eine unsachliche Herangehensweise vorzuhalten, wenn Sie aus Ihren handwerklichen Fehlern einfach nicht lernen wollen?

Und nun zum nächsten Punkt. Sie wollen beispielsweise ein autofreies Wohnen.

(Christine Kamm (GRÜNE): Ermöglichen!)

All das steht in Ihrem Entwurf. Sie wollen das verpflichtend.