Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das imposante Feuerwerk von Herrn Pfaffmann hat mich ein bisschen amüsiert, denn es zeigt wohl den Ärger, der in Ihnen darüber hochkommt, dass wir jetzt endlich das tun, was Sie schon so lange fordern.
Der Blick in die Historie, die Sie heute so ausführlich gebracht haben, zeigt aber bloß etwas auf, was uns nicht weiterbringt. Wir sollten nach vorne schauen. Es ist völlig überflüssig, sich darüber zu unterhalten, wer was wann gefordert hat.
Ich will mit den Dingen anfangen, wo wir übereinstimmen. Bedarfsgerechte Ganztagsangebote - ich betone: bedarfsgerechte -, auch im Schulbereich, sind ein geeignetes Mittel, um die Chancengleichheit zu erhöhen. Ich denke, da sind wir uns alle einig. Das ist ein wesentlicher Beitrag, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu bewerkstelligen, und es hat nachweislich pädagogische Vorteile. Das Motto, das wir gewählt haben: Qualität und Gerechtigkeit, kommt dem sehr nahe.
Aus diesem Grund hat die Staatsregierung den Entschluss gefasst - die Zahl ist von Herrn Taubenender schon erwähnt worden -: Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen 600 von über 900 Hauptschulen einen Ganztagszug bekommen und 540 von freilich 2.500 Grundschulen. Das ist nicht im einstelligen Prozentbereich und mag Ihnen zu wenig sein. Aber wenn man dann hört, dass alle Realschulen und alle Gymnasien in der fünften und sechsten Klasse ein Ganztagsangebot bekommen sollen, dann ist das doch eine Aufgabe, die nicht zu unterschätzen ist. Ich halte das wirklich nicht für eine Banalität, so wie Sie es darzustellen versuchen, sondern es ist eine finanzielle und organisatorische Herkulesaufgabe, die wir uns ganz konkret vorgenommen haben. Gestern beim Bildungsgipfel wurde dies ausdrücklich von allen Beteiligten begrüßt.
Es hat auch Konsens dafür gegeben - und ich weiß nicht, warum das alles jetzt so ausführlich hinterfragt wird -, dass der Staat die Trägerschaft für diese Angebote übernimmt, für die offenen wie für die gebundenen, und dass der Staat auch die Personalkosten übernimmt - ich weiß nicht, woher die Annahme kommt, dass wir uns dazu nicht klar geäußert hätten -, zwölf Stunden an Volksschulen und Förderschulen, acht Stunden an Realschulen und Gymnasien, dazu 6.000 Euro und 5.000 Euro Beteiligung der Kommunen für zusätzlichen Sachaufwand. Das ist klar definiert.
Es gibt also keine Übernahme von irgendwelchen Personalkosten, sondern das ist der zusätzliche Sachaufwand.
Ausdrücklich haben alle Vertreter der kommunalen Spitzenverbände diese Auslegung als völlig in Ordnung akzeptiert und haben keine Konnexität angemahnt, so wie sie das für die, die einen Vorteil davon haben, eigentlich in Anspruch zu nehmen hätten.
Ich gehe also davon aus, dass wir eine ausgewogene Lastenverteilung verhandelt haben. Die Differenzen, die dazu führen, dass Sie uns jetzt vorführen, will ich Ihnen gerne fachlich begründen. - Herr Pfaffmann hat eine Zwischenfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade gesagt, die 5.000 Euro seien ein zusätzlicher Sachaufwand. Sie haben damit sozusagen den Eindruck erweckt, hier gehe es nicht um Personalkosten.
Darf ich aus dem CSU-Änderungsdringlichkeitsantrag zitieren: "Ganztagsschulen beteiligen sich am Personalaufwand in Form eines Zuschusses in Höhe von 5.000 Euro." Es geht also mitnichten nur um Sachaufwand, sondern um den Einstieg in die Personalkostenfinanzierung bei Ganztagsschulen.
Herr Kollege Pfaffmann, darf ich Sie darauf hinweisen, dass das eine Zwischenfeststellung und keine Zwischenfrage war.
(Ernst Weidenbusch (CSU): Setzen! Sechs! - Christa Naaß (SPD): Er hat gesagt: Darf ich Sie darauf hinweisen?)
Ich habe die Frage bei gutem Willen dann schon verstanden. Die Träger der Jugendhilfe sind die Kommunen, wie uns das SGB VIII in § 24 Abs. 2 sagt. Dafür einen Beitrag zu leisten -
- Selbstverständlich. Im Ganztagsangebot ist natürlich ein Betreuungsanteil enthalten. Den können Sie nicht wegdiskutieren. Und für diesen Betreuungsanteil, für den die Kommunen zuständig sind, leisten sie ihren anteiligen Beitrag.
Im Übrigen besteht die Hauptdifferenz darin - darüber wurde heute noch gar nicht gesprochen -, dass wir im Gegensatz zu Ihnen für die Wahlfreiheit eintreten. Es geht um eine echte Wahlfreiheit für die Bürger. Ich weiß, dass die Lebenswirklichkeit der Menschen sich verändert hat, dass im Gegensatz dazu, wie wir es vielleicht vor zehn Jahren gesehen haben, heute immer mehr Leute darauf angewiesen sind, auch im schulischen Bereich ein Ganztagsangebot zu bekommen. Aber es gibt auch noch Leute, die ihre Kinder am Nachmittag gerne zu Hause haben. Hierfür wollen wir ein Angebot machen.
Sie fordern eine staatliche Regelschule ein, die ganztags angeboten wird. Wir wollen dagegen Teilangebote, und zwar dort, wo sie kommunal eingefordert werden und es die Verhältnisse erfordern. Aus diesem Grunde ist es keine Sparmaßnahme auf dem Rücken der Kommunen, wie Sie es in Ihrem Antrag darstellen. Es fällt daher auch nicht unter das Konnexitätsprinzip. Wenn Sie nun in die Verfassung schauen, werden Sie lesen können, dass in Bayern nach Artikel 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung die Errichtung und der Betrieb öffentlicher Schulen auf dem Zusammenwirken von Staat und Kommunen fußen. Der Ausfluss daraus ist das Schulfinanzierungsgesetz, wonach der Staat klar den Personalaufwand, aber auch Sachkostenbeihilfe für Investitionen leistet. Ich darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Festsetzung eines erhöhten Fördersatzes für Ganztagsausbauten nach Artikel 10 FAG ebenfalls angeboten wird. Das ist etwas, das den Kommunen wesentlich entgegenkommt, hier ihre zusätzlichen Aufwendungen zu leisten.
Gemeindetag, Städtetag und Landkreistag haben übereinstimmend bestätigt, dass sie die rechtliche Beurteilung dieser Situation genauso sehen. Aus diesem Grunde empfehle ich Ihnen, dass wir uns alle gemeinsam auf die Segnungen freuen, die diese Erweiterung des Ganztagsangebotes im bayerischen Schulwesen bringen wird.
Packen wir diese Umsetzung schnellstmöglich an! Dazu brauchen wir Ihren Antrag nicht, denn er ist fehlgeleitet. Deswegen wollen wir es so machen, wie es der CSU/FDP-Antrag empfiehlt. Aus diesem Grunde empfehle ich die Ablehnung des SPD-Antrags und die Zustimmung zum CSU/FDP-Antrag.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.
Ich beginne mit dem interfraktionellen Antrag von CSU und FDP. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/538 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU und der FDP. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der Freien Wähler. Stimmenthaltungen? - Keine. Dann ist der Antrag mit den Stimmen von CSU und FDP angenommen.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 16/518. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Dafür sind fünf Minuten vorgesehen. Die Abstimmung ist eröffnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hat jetzt jeder seine Stimmkarte abgegeben? - Dann schließe ich die namentliche Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Saales ermittelt. Sobald das Ergebnis vorliegt, werde ich es Ihnen mitteilen.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FW) Führerscheinrichtlinie für Feuerwehren und Rettungsdienste (Drs. 16/519)
Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Fahrerlaubnisregelungen an die Erfordernisse der Feuerwehren und Rettungsdienste anpassen (Drs. 16/537)
Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Thomas Kreuzer, Dr. Florian Herrmann u. a. und Fraktion (CSU)
Thomas Hacker, Dr. Andreas Fischer, Dr. Otto Bertermann u. a. und Fraktion (FDP) Zur Frage der Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung Artikel 4 Abs. 5 zur Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und Rates auf Feuerwehrfahrzeuge und Rettungsdienste (Drs. 16/540)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner für die Fraktion der Freien Wähler ist Herr Kollege Muthmann. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema ist auch deswegen so angenehm, weil man da Vernünftiges bewirken kann und es nichts kostet.
- Sehr geehrter Herr Schmid, das sollten wir nutzen, da strengen wir uns alle an. Ich freue mich auch, dass die beiden nachgezogenen Anträge die gleiche Zielrichtung - vielleicht nuanciert - verfolgen. Aber es ist deutlich geworden, dass wir hier eine Mehrheit haben, die mit der Situation nicht zufrieden sein kann. Und: Die Dinge sind jetzt schon schwierig. Es zeichnet sich ab, dass sie immer noch komplizierter zu werden drohen. Ich will nur eine Zahl sagen: Wir haben etwa 3.000 kleine Ortsfeuerwehren, und alle diese Ortsfeuerwehren sind mit Tragkraftspritzen-Fahrzeugen ausgestattet, die in älteren Ausgestaltungen technischer Art auch noch unter diesen 3,5 Tonnen lagen, aber mittlerweile über dieser magischen Gewichtsgrenze liegen. Das macht Probleme. Überall dort, wo Ortsfeuerwehren mit neuen Tragkraftspritzenfahrzeugen ausgestattet werden, reicht es eben nicht mehr, dass die jungen Feuerwehrmänner und -frauen den alten 3er-Führerschein vorweisen können oder nach der neuen EU-Führerscheinrichtlinie das entsprechende Pendant haben, sondern hierzu bräuchte man einen erweiterten Führerschein. Ich meine, das ist eine Erschwernis, das vielerlei Probleme aufwirft. Erstens ist es eine erhebliche Erschwernis für die Feuerwehrdienstkräfte, die Voraussetzungen für vernünftige und wertvolle Dienste zu erfüllen. Zweitens ist es eine Erschwernis, um Menschen für das Ehrenamt zu gewinnnen, weil nun vielfach eine weitere Hürde aufgebaut wird. Zuletzt muss es uns auch etwas Sorge machen, dass es jedenfalls im flachen Land, wo wir sehr stark auf das Engagement ehrenamtlich tätiger Menschen im Rettungsdienst und bei den Feuerwehren angewiesen sind, der eine oder andere Engagierte ob solcher Hürden oder der einen oder anderen Schwierigkeit dann doch sein lässt.
Ich habe in unterschiedlichen Funktionen das Hochwasser an der Donau 1988 und die Schneekatastrophe im Bayerischen Wald 2006 miterlebt. Mir ist da in be
sonderer Weise der Wert der Rettungsdienste, vor allem auch der Feuerwehren, vor Augen geführt worden. Ich sage im Hinblick auf die Katastrophen vor allem auch deshalb, weil die rechtliche Problematik ihren Ausgangspunkt in der Richtlinie 2006/126/EG nimmt, wonach die Mitgliedstaaten, sprich die Bundesrepublik Fahrzeuge - ich zitiere jetzt -, "die von den Streitkräften und dem Katastrophenschutz eingesetzt werden oder deren Kontrolle unterstellt sind", von der Anwendung dieser Richtlinie ausgeschlossen werden können.
Bei uns gibt es keine einheitliche Katastrophenschutzeinheit, sondern der Katastrophenschutz ist in Bayern ein Sammelbegriff für alle nach Artikel 7 Absatz 3 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes zur Hilfeleistung im Katastrophenfall Verpflichteten. Allein dieser Ansatz- und Verknüpfungspunkt scheint mir Chance genug zu sein, jetzt auch auf Ebene der Bundesrepublik als Mitgliedstaat tätig zu werden und das Problem dadurch zu lösen, dass eine bundesrepublikanische Regelung festlegt, dass die zu benennenden Fahrzeuge, die für diese Einheiten unterwegs sind - wir meinen, bis zu 7,5 Tonnen -, mit dem alten Führerschein Klasse 3 oder mit dem heutigen Pendant Klasse B geführt werden können.