Protokoll der Sitzung vom 12.02.2009

Wir fordern mit Nachdruck von der Bundes- und Europaebene Entscheidungen zugunsten der Automobilbranche und waren dabei auch erfolgreich. Die längst überfällige CO2-basierte Kfz-Steuerreform kann nun hoffentlich bereits zum 01.07.2009 in Kraft treten.

Wir haben rechtzeitig die Weichen für den Mittelstand gestellt. Ich unterstreiche, dass der Rettungsschirm sektoral übergreifend gedacht ist. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass wir die Instrumente nur für bestimmte Sektoren einsetzen, auch wenn diese uns besonders am Herzen liegen. Selbstverständlich gilt der Mittelstandsschirm auch - er wird dort auch gut angenommen - für die gesamte Automotivbranche. Die LfA Förderbank Bayern kann das Angebot seit dem 01.01.2009 machen. Es wird gut angenommen und kommt den Zulieferern, den Händlern und den Werkstätten zugute. Ich glaube, Herr Kollege Muthmann hat das angesprochen. Seien Sie bitte so freundlich, lassen Sie es mich wissen, wenn sich Engpässe bei der Personalsituation herausstellen sollten. Bisher war mein Eindruck, dass wir dort überall gut aufgestellt sind. Aber es kann sicherlich manches verbessert werden.

Es vergeht keine Runde, zum Beispiel waren die Bankenverbände bei mir zu Gesprächen, in denen ich die Themen Hausbank und Flexibilität anspreche und deutlich darauf hinweise, dass wir in dieser Krise von den Banken einen besonderen Beitrag Richtung Flexibilität erwarten.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Ich begrüße namens der Staatsregierung, dass die Bundesregierung die Erhöhung des Finanzangebots der KfW-Bankengruppe nach dem Muster des Bayerischen Mittelstandsschirms in Angriff genommen hat. Nicht jede Maßnahme des Konjunkturpakets II wird von durchschlagendem Erfolg gekrönt sein. Kollege Huber hat die Abwrackprämie angesprochen. Wir erleben ein sehr differenziertes Bild bei den Auswirkungen. Für die heimischen Premiumhersteller entfaltet sie bisher kaum Wirkung, was sich im Kfz-Handwerk abbildet. Wir hoffen trotzdem, dass es vielleicht eine psychologische Wirkung haben kann. In dieser Krise brauchen wir jede gute Nachricht.

Wir unterstützen die Absicht der Europäischen Investitionsbank, der Europäischen Automobilindustrie mehr Kredite für F&E-Projekte zur Verfügung zu stellen. Das Thema Investitionsförderung wurde schon angesprochen. Wir erwarten allerdings wesentlich mehr Tempo. Meine Damen und Herren, vergegenwärtigen Sie sich, dass die Maßnahme Ende Oktober 2008 verabredet worden ist und bis heute nicht unten angekommen ist. Das ist eine Umsetzung, wie wir sie in dieser Krise nicht brauchen können.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

All diese Maßnahmen haben nur ein Ziel. Wir wollen zurück zu einer dynamischen, wettbewerbsfähigen Branche, die sichere und attraktive Arbeitsplätze bietet, und wir wollen nach vorne zu einer nachhaltigen Ent

wicklung der Automobilindustrie, die Innovationen noch rascher vorantreibt als bisher. Dazu hat die neue Staatsregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung Akzente gesetzt. Das Stichwort ist "Elektromobilität", damit wir in Bayern weiterhin technisch hervorragende und umweltfreundliche Fahrzeuge produzieren.

Wir sind uns alle einig, das ist in der heutigen Debatte auch deutlich geworden, dass es dafür keine Patentrezepte gibt, sondern dass es eine gemeinsame harte Anstrengung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft braucht, damit wir aus dieser Krise kommen. Wir dürfen weder - das ist richtig gesagt worden - falsche Hoffnungen wecken, noch so tun, als wäre das Modell "Staatswirtschaft" - ich gebrauche immer das Bild vom "volkseigenen Betrieb Deutschland" - der Weg aus der Krise. Nein, es ist die soziale Marktwirtschaft, auf deren Maßstäbe wir uns auf allen Gebieten wieder besinnen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Zu dem Gedanken der sozialen Marktwirtschaft gehört auch der Partnerschaftsgedanke. Ich möchte das ausdrücklich aufgreifen. Ich bedauere es sehr, dass es zu dem Fonds für die Zulieferer nicht gekommen ist, und begrüße umso mehr, dass ein Teil des Gedankens aktuell im Fall Edscha AG wieder zum Vorschein kommt. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Auch die Selbstverantwortungskräfte der Wirtschaft müssen wieder geweckt werden. Im Moment wird ein bisschen zu viel vom Staat geredet; mancher lehnt sich da etwas zurück.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU)

Wir müssen diese Selbstverantwortungskräfte stärken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Koalitionsfraktionen - es zeigt sich ja, dass er vom gesamten Haus unterstützt wird - ist eine wichtige Unterstützung und Begleitung unseres Bemühens, die Krise zusammen mit der Wirtschaft und den Unternehmen zu schultern. Ich bitte das Hohe Haus daher weiterhin um diese positive Rückendeckung und Wegbegleitung.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister Zeil. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/517 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ge

genstimmen? - Enthaltungen? - Dann stelle ich fest, dass dieser Dringlichkeitsantrag einstimmig angenommen worden ist.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen nun zum nächsten Dringlichkeitsantrag.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, HansUlrich Pfaffmann, Martin Güll u. a. und Fraktion (SPD) Konnexität im Ganztagsschulbereich endlich umsetzen (Drs. 16/518)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Karl Freller, Georg Eisenreich u. a. und Fraktion (CSU) Thomas Hacker, Renate Will, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Ganztagsschulen in Partnerschaft mit den Kommunen ausbauen (Drs. 16/538)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Pfaffmann. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in den letzten Tagen ein außergewöhnliches Highlight erleben dürfen. Jeden Tag konnten wir in der Zeitung vom kommunalen Bildungsgipfel lesen. Wir waren natürlich alle sehr gespannt, welche Vorteile der Bildungsgipfel für unsere Schülerinnen und Schüler und Eltern mit sich bringt. Ich kann Ihnen sagen: Dieser Bildungsgipfel hat den Namen nicht verdient, den Sie da die ganze Zeit in den Zeitungen lesen.

(Beifall bei der SPD)

Der Eindruck, der mitunter entstehen könnte, die CSU habe die Ganztagsschulen erfunden, macht doch einen kleinen Blick in die Historie dieser Debatte notwendig. Ich darf Ihnen vielleicht in Erinnerung rufen, Kolleginnen und Kollegen: Vor zehn Jahren -

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Elf!)

- elf! - Vor elf Jahren also hat die SPD-Fraktion hier in diesem Hause ein Plakat mit dem Titel aufgehängt: Auf Dauer schlauer. Wir wollten vor elf Jahren Ganztagsschulen in einer vernünftigen Planung haben. Damals hat die CSU Ganztagsschulen mit einem vernünftigen pädagogischen Konzept als sozialistisches Teufelszeug bezeichnet. Wie sich doch die Zeiten ändern, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Herrschaften heute so tun, als hätten sie jetzt die Ganztagsschule erfunden, sage ich Ihnen: Wir haben sie dazu gezwungen, nichts anderes. Sie können gar nicht mehr anders, weil die ganze Republik und alle Fachverbände mittlerweile sagen: Ganztagsschulen sind die bessere Schulart. Das zur historischen Aufarbeitung dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Sie können nicht abstreiten, dass Sie in Sachen Ganztagsschulen Schlusslicht der ganzen Nation und darüber hinaus sind. Wenn die Kollegen aus Südtirol noch da sind, sollten Sie vielleicht folgende Zahlen mitnehmen: Sie haben es in Bayern geschafft, mit 4,37 % aller Schulen, offenen und gebundenen Ganztagsschulen, einen traurigen Rekord in den letzten zehn Jahren aufzustellen. Jetzt kommt aber die große Innovation. Jetzt geht's los, könnte man denken, wenn man die Schlagzeilen der Zeitungen so betrachtet. Es kommt Bewegung in die Bildungspolitik. Ja, was ist denn das für eine Bewegung? - Wissen Sie, was in Ihrem Papier steht? - Sie möchten gerne - aufgemerkt! -, dass die Ganztagsangebote in zehn bis fünfzehn Jahren 20% betragen. Also soll es noch mal so lang dauern, wie Sie bisher schon geschlafen haben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt! - Zurufe von der SPD: Oh!)

Herzlichen Glückwunsch zu dieser enormen Leistung, die Sie hier erbringen, wenn es darum geht, wirklich sinnvolle pädagogische Projekte voranzutreiben.

Darf ich mal was zum Bedarf sagen. - Ich würde mich, lieber Herr Staatssekretär, freuen, wenn die Staatsregierung mal endlich eine Bedarfsprognose auf den Tisch legen würde. Sie stochern im Nebel bei der Frage, wie viele Ganztagsplätze wir überhaupt brauchen. Das wissen Sie ja gar nicht. Wenn man den bundesweiten Bedarf zugrunde legt, geht man mittlerweile davon aus, dass wir 40 % als unterste Grenze des Bedarfs an Ganztagsplätzen haben, offene und gebundene zusammengenommen. Sie wollen in fünfzehn Jahren 20 %. Herzlichen Glückwunsch - Sie werden für die nächsten fünfzehn Jahre das Schlusslicht in Deutschland und in Europa beim Ausbau der Ganztagsschulen bleiben. Das steht jetzt schon fest.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt wollen Sie der Retter sein. Aber auch bei der Finanzierung spatzen Sie sich wirklich ab. Hier läuft ein trauriges Spiel ab, und ich muss mich schon wundern, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass der Städtetag da mitmacht. Das darf ich hier vielleicht schon einmal sagen. Ich muss mich schon wundern, dass der Städtetag eine Lösung mitträgt, die ja wirklich einen System

bruch darstellt: Sie wollen jetzt plötzlich die Zuständigkeit für die offenen Ganztagsschulen übernehmen, sozusagen den Elternbeitrag. Das ist ja prima, darüber freuen wir uns auch. Aber Sie pressen dafür den Kommunen letztendlich eine Pauschale von 5000 Euro pro Gruppe ab. Das ist die Wahrheit. Wissen Sie, was das ist? - Das ist der Einstieg in die Personalkostenfinanzierung der Schulen, wofür die Gemeinden schlicht und einfach nicht zuständig sind. Nehmen Sie das doch mal zur Kenntnis!

(Beifall bei der SPD)

Sie berufen sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Ihrem Antrag auf die Bayerische Verfassung und auf eine gemeinsame Verantwortung von Kommunen und Staat. Aber ein Blick in die Verfassung würde die Rechtskenntnis erweitern. Ich bin auch kein rechtskundiger Kollege, aber ich habe mich zumindest versichert. Die Begründung Ihres Antrags, in der Sie den Eindruck suggerieren, die Kommunen hätten die Verantwortung, stimmt so mit der Verfassung nicht überein. Sie wissen doch ganz genau, dass im Schulfinanzierungsgesetz strikt zwischen Personalkosten und Sachaufwand unterschieden wird. Erstmals verlassen Sie dieses Prinzip und bürden den Gemeinden eine Beteiligung an den Personalkosten in den Schulen auf, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das muss man schon mal deutlich sagen. Ich finde: Das ist nichts anderes als ein SichAbspatzen. Man will hier zwar der Retter der Schulen sein, aber man will ganz langsam machen und nichts bezahlen.

Eine solche Politik verdienen unsere Kommunen nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Aus diesem Grund haben wir den vorliegenden Dringlichkeitsantrag gestellt. Bekennen Sie sich endlich zur staatlichen Verantwortung, was die Schulen betrifft. Sagen Sie: Jawohl, Schule ist eine staatliche Veranstaltung, keine kommunale. So wäre es richtig. Wenn Sie das sagen, wäre es folgerichtig, dass Sie dann auch für die Kosten aufkommen, denn wer zahlt, schafft an. Das ist das Grundprinzip, nach dem wir arbeiten.

Gestatten Sie mir einen letzten Satz. Den habe ich vorhin vergessen; dass muss ich unbedingt noch sagen. Ihr Herr Ministerpräsident a. D., der Vorgänger von Herrn Seehofer - kennen Sie ihn noch? -, Herr Stoiber,

(Zuruf von der SPD: Vorvorgänger!)

hat im Juli 2007 erklärt - ich zitiere: "2012 soll jede zweite Hauptschule eine Ganztagsschule sein." Er hat nicht von Zügen gesprochen. Er hat von jeder zweiten Hauptschule gesprochen, das sind 600 Ganztagsschu

len. Die ganze Seehofer-Regierung und Sie mit ihr bleiben hinter dieser Forderung von Stoiber dramatisch zurück. Sie machen gegenüber Ihrer Vorgängerregierung einen deutlichen Rückschritt. Was ist das für eine Politik?

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat der Kollege Walter Taubeneder das Wort.