Protokoll der Sitzung vom 05.03.2013

Aber nicht nur die Polizei ist gefragt. In vielen Bereichen kann das Sicherheitsgefüge durch ressortübergreifende gesamtgesellschaftliche Präventionskonzepte verbessert werden. Ich möchte die Verhinderung von Jugendgewalt ansprechen. Die Prävention muss bereits mit sozialer Sicherung beginnen, mit einer guten Bildungsarbeit, mit einem Ausbau der Jugendhilfe und der Jugendsozialarbeit, mit Integration und mit Präventionsprojekten an den Schulen, solange diese nicht in Intimkontrollen wegen fünf Euro enden, wie das hier in München geschehen ist. Fazit: Die Liste der Hausaufgaben ist noch sehr lang. Es gibt keinen Grund, sich hier selbst zu loben.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Fischer spricht jetzt für die FDP-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bayern hat seinen Spitzenplatz bei der inneren Sicherheit auch 2012 behauptet. Wenn ich das feststelle, Herr Kollege Hanisch und Frau Kollegin Tausendfreund, dann ist das alles andere als ein Selbstlob, dann ist das zunächst einmal ein Lob für die hervorragende Arbeit der Polizeibeamtinnen und der Polizeibeamten in Bayern. Für deren Einsatz danke ich ganz herzlich.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir haben eine Aufklärungsquote von 63,2 %. Fast zwei Drittel aller Straftaten in Bayern werden aufgeklärt. Im Bundesdurchschnitt ist es gerade einmal die Hälfte. Diese erfreuliche Bilanz ist aber kein Grund, sich auszuruhen. Natürlich ist die Kriminalstatistik nur eine Verdächtigtenstatistik, sie gibt aber Aufschluss über die Schwerpunkte der Kriminalität und über die Bereiche, in denen wir Hausaufgaben zu erledigen haben.

Lassen Sie mich in aller Kürze vier Bereiche ansprechen, zunächst das Erfreulichste zum Anfang: Die Gewaltdelikte sind zurückgegangen, und zwar auf den niedrigsten Wert seit 2001. Mit einer Aufklärungsquote von 83,2 % hat die bayerische Polizei gezeigt, wie effektiv sie arbeitet. Die Tötungsdelikte sind um 28 auf 307 gesunken. Fast jeder Täter konnte gefasst werden. Eine Aufklärungsquote von fast 99 % ist ein weiterer Beleg der Qualität der polizeilichen Arbeit.

Der zweite Bereich, den ich ansprechen möchte, ist die Rauschgiftkriminalität. Ja, es ist richtig, und es wurde auch zu Recht darauf hingewiesen: Der hohe Anteil und der hohe Anstieg des illegalen Schmuggels der Modedroge Crystal Meth aus der Tschechischen Republik ist alarmierend. 2012 sind 23 % mehr dieser Droge über die Grenze gelangt. Natürlich stellt sich die Frage, wie man darauf reagiert. Ich glaube aber, es ist der falsche Weg, Herr Kollege Schneider, die Drogenpolitik eines anderen Landes zu kritisieren. Der richtige Weg in einem vereinten Europa ist doch, gemeinsam entschlossen vorzugehen. In diese Richtung haben wir unsere Bestrebungen erfolgreich ausgebaut:

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist kein Widerspruch, man kann beides tun!)

Kooperation mit dem Zoll, der Bundespolizei und den tschechischen Sicherheitsbehörden, Fahndungsmaßnahmen auch mit Unterstützung der geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei, eine Intensivierung der Schleierfahndung und, was mir besonders wichtig ist, gemeinsame Streifen und Einsätze von bayerischer und tschechischer Polizei. All das passiert, und all das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es ist ein gutes Signal, dass die tschechische Regierung nun entschiedener und mit verstärkten Kontrollen gegen die Drogenkriminalität vorgeht.

Damit komme ich zum dritten Bereich, den Straftaten im Internet. Auch dieser Bereich gibt durchaus Anlass zu Besorgnis. Laut der Kriminalstatistik 2012 waren das fast 22.000 Delikte. Es ist zu Recht gesagt worden, dass das von der Kinderpornografie über Betrug bis zur Beleidigung reicht. Diese Zahl ist alarmierend. Sie lässt sich großenteils auf die Anonymität des Internets zurückführen. Das Risiko für Täter ist gering. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Deshalb muss man auf Folgendes hinweisen: Wir wollen weder einen rechtsfreien Raum im Internet noch einen gläsernen Bürger im Internet. Deswegen sind wir bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität nicht der Auffassung, dass wir alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes unter Generalverdacht stellen dürfen.

(Beifall bei der FDP)

Vielmehr ist der richtige Weg, weitere Planstellen für die Bekämpfung von Cyberkriminalität zu schaffen. 100 weitere Planstellen in diesem Bereich sind ein Schritt in die richtige Richtung.

Damit komme ich zum vierten Bereich, der ebenfalls zugenommen hat, den Diebstahlsdelikten. 31 % der Kriminalität entfallen auf Diebstahlsdelikte, die Fahrraddiebstähle haben um 5,7 %, die Wohnungseinbrüche um 9 % und die Taschendiebstähle um 14,3 %

zugenommen. Hier hat das alte Sprichwort seine Berechtigung: Gelegenheit macht Diebe. Denn oft helfen schon ganz einfache Sicherungen. Wir sollten noch mehr an Aufklärung für die Bürgerinnen und Bürger leisten, um dem weiteren Anstieg der Zahl der Straftaten in diesem Bereich entgegenzuwirken.

Mein Fazit ist: Wir müssen weiter an der Optimierung der Ausrüstung der Polizei und an der Verbesserung des Personalschlüssels arbeiten.

Kritisch sehe ich hingegen den Anstieg der Zahl der Videokameras im öffentlichen Raum. Von 2008 bis 2012 sind sie von 11.000 auf 17.000 gestiegen. Das ist nicht der zentrale Ansatzpunkt, um Kriminalität zu bekämpfen; denn die Videokamera kann keinem Bürger helfen, der Polizeibeamte aber schon. Deswegen setzen wir auf eine personelle Verstärkung unserer Polizei.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Vielen Dank, Kollege Dr. Fischer. − Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Zellmeier für die CSU-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hanisch hat vorhin ein gutes Stichwort geliefert: Es ist gut, in Bayern zu leben. − Das kann man nicht oft genug betonen. Gerade die innere Sicherheit ist ein wesentlicher Standortfaktor und ein Markenzeichen Bayerns.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die innere Sicherheit ist auch ein Teil der sozialen Gerechtigkeit - das sage ich mit voller Überzeugung -; denn bei uns in Bayern kann auch der kleine Mann, Otto Normalverbraucher, sicher leben.

Ich war erst vor Kurzem auf meiner Hochzeitsreise in Südafrika und habe dort die Villenviertel, aber auch die mittelständischen Gegenden sehr genau angeschaut: Überall gibt es Stacheldraht, Überwachungsanlagen und Sicherungseinrichtungen. Dort leben nur diejenigen gut, die sich einen Sicherheitsdienst leisten können. Die Bürger, die ihn sich nicht leisten können, haben dort schlechte Karten. Deshalb sage ich: Innere Sicherheit, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von der SPD, ist auch ein Teil der sozialen Gerechtigkeit.

(Beifall bei der CSU)

- Es ist erfreulich, dass ich dafür Applaus bekomme.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aber Sicherheit ist nicht gottgegeben. Sicherheit beruht auch darauf,

dass die CSU zur Polizei und zu der Arbeit der Polizei steht und dass wir ihr die nötigen rechtlichen Instrumente geben. Dazu gehört eindeutig auch die Videoüberwachung. Wir brauchen die Videoüberwachung gerade an öffentlichen Plätzen, insbesondere an den Bahnhöfen. Die Erfolgsbilanz ist eindeutig. Kritik, wie sie gerade von Rot-Grün kommt, ist meines Erachtens realitätsfremd.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das kam doch aus der Koalition!)

- Da haben wir auch mit der FDP manchmal einen kleinen Dissens. Aber wir müssen uns ja nicht überall einig sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Im Übrigen sind wir uns auch mit 80 % der Bevölkerung einig − Sie kennen die Umfragewerte -: 80 % der Bürger sagen, sie seien für die Videoüberwachung. Ich glaube, es ist ein schlagendes Argument, dass die Bevölkerung, und zwar parteiübergreifend, für dieses Instrument ist.

Meine Damen und Herren, dazu tragen auch die Erfahrungen der letzten Jahre bei. Denken wir nur einmal daran: Es ist jetzt ziemlich genau dreieinhalb Jahre her, dass Dominik Brunner auf tragische Weise zu Tode kam, weil er helfen wollte. Er kam aus meiner näheren Umgebung. Ich habe damals das Ganze sehr intensiv mitverfolgt, auch die Betroffenheit der Bürgerinnen und Bürger. Eine Folge dieses Falles war, dass der Freistaat und die Bahn die Videoüberwachung bei den S-Bahnen auf der Stammstrecke massiv ausgebaut haben. Jeden Tag profitieren 800.000 Fahrgäste davon.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, auch die Münchner Verkehrsgesellschaft hat im U-BahnBereich, im Trambahn-Bereich und im Bus-Bereich die Videoüberwachung massiv ausgebaut. Gerade in den rot-grün regierten Städten München und Nürnberg hat es hier den meisten Zuwachs gegeben. Seien Sie einmal ehrlich: Ihre Kommunalpolitiker machen doch genau das, was Sie kritisieren. Der Erfolg gibt ihnen und uns recht: Die Videoüberwachung trägt dazu bei, dass es weniger Straftaten gibt und dass schwere Fälle aufgeklärt werden können.

Ein weiteres Argument ist der Kofferbombenanschlag, der im Hauptbahnhof in Bonn verübt werden sollte. Ausgerechnet auf Gleis 1 gab es keine Videoüberwachung. Nur eine Aufnahme bei McDonald’s hat dazu geführt, dass man überhaupt eine Ahnung bekommen hat, wer der Täter sein könnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir von der CSU setzen aber nicht auf FastFood-Restaurants, wenn es um Überwachung und Aufklärung geht, sondern auf öffentliche Einrichtungen. Wir wollen auch, dass die Speicherungsdauer

und natürlich auch der Datenschutz einheitlich gehandhabt werden. Auch das ist uns wichtig. Beides gehört zusammen. Akzeptieren wir doch die Videoüberwachung als wichtigen Teil der inneren Sicherheit, und stehen wir zur Arbeit unserer Polizei! Bayern muss eine Hochburg der inneren Sicherheit bleiben.

Werte Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr gut, in Bayern zu leben, nicht nur gut. Darin sind wir uns wohl alle einig. Das wird bleiben, solange die CSU die Mehrheit der Staatsregierung, den Ministerpräsidenten und den überaus erfolgreichen Innenminister stellt.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Kollege Zellmeier. − Herr Kollege Ländner kommt schon herbei. Sie haben das Wort. Bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr darüber, bereits zum fünften Mal in diesem Parlament die Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik miterleben zu dürfen.

Ich kann mich erinnern: In den letzten Jahren gab immer die Kritik, dass erst relativ spät nach der Bekanntgabe parlamentarisch darüber diskutiert werde. Heute, schon einen Tag nach der Bekanntgabe, nimmt der Minister die Gelegenheit wahr, hier im Parlament eine Diskussion zu führen, und auch Parlamentarier sprechen zur Kriminalstatistik. Aber jetzt ist es auch wieder nicht richtig. Wir sollten uns vielleicht irgendwann in den nächsten Jahren einmal einigen, welches Prozedere wir haben wollen. Ich finde, es ist richtig, dass wir heute über die polizeiliche Kriminalstatistik sprechen; sie wurde gestern vorgestellt. Ich glaube, es ist richtig, dass wir im Hinblick auf diese Statistik auch einmal Danke sagen.

Ich möchte eines feststellen: Wenn die bayerische Kriminalstatistik für unser Land ein gutes Zeugnis ausstellt und wir im Landtag darüber sprechen, dann ist das nichts anderes als ein Kontrastprogramm zu dem, was wir nahezu täglich hier in diesem Hohen Haus erleben. Wenn nämlich ein Außenstehender die Situation im Freistaat Bayern anhand von Debatten, die im Parlament geführt werden, beurteilen müsste, dann würde er vor Angst mit den Zähnen klappern, weil alles in unserem Land so schlecht ist. Das haben wir vorhin bei der Gesundheitsdiskussion und bei ähnlichen Diskussionen wieder gehört.

Wir von der Regierungskoalition sagen ab und zu einmal, dass es in Bayern nicht so schlecht zu leben ist, dass die Menschen durchaus nach Bayern kommen und froh sein können, in Bayern zu leben. Ich wäre

aber dankbar, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wenn auch Sie das ab und zu einmal berücksichtigen würden.

(Beifall bei der CSU)

Uns treibt auch die Sorge wegen der Kriminalität um. Wenn die Rednerinnen und Redner der Opposition bestimmte Bereiche angesprochen haben, dann sicherlich zu Recht. Sorgen wegen der Kriminalität begleiten die Gesellschaft seit Anbeginn der Menschheit. Ich darf aber auch sagen: Die Sorge der Menschen, die Angst der Menschen vor Kriminalität, die Angst der politisch Verantwortlichen ist in Bayern nicht so stark ausgeprägt wie in anderen Ländern. Bayern steht mit seiner niedrigen Kriminalitätsrate und der hohen Aufklärung weltweit mit an der Spitze.

Lieber Herr Kollege Schneider, man sollte es vielleicht nicht so locker und harmlos darstellen: Der Kaugummi-Dieb wird gefasst, der Internet-Kriminelle nicht. Wenn das Kaufhaus des Kaugummi-Diebes auf den Fidschi-Inseln oder irgendwo auf den Bermudas steht, wird ihn die Polizei auch nicht festnehmen. Das ist die Problematik der Internet-Kriminalität. Der Ausgang der Straftaten liegt oft nicht in Deutschland. Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich müssen wir uns damit international beschäftigen. Aber auch das sei gesagt: IT-Spezialisten bei der Polizei gibt es nicht erst seit der Einstellung der 25 neuen IT-Spezialisten. IT-Kriminalität wird bei der bayerischen Polizei seit vielen Jahren sehr erfolgreich, sehr intensiv und mit großer Manpower bekämpft.

Wir dürfen es uns nicht so einfach wie beim Kaugummi-Dieb machen, wenn der Schutzmann an der Ecke als Lösung aller Einbruchsdiebstähle betrachtet wird. Einbruchsdiebstähle geschehen. Das sehe ich in meiner unmittelbaren Umgebung: in Siedlungsgebieten nahe der Autobahn, in Siedlungsgebieten, die bereits seit 30 Jahren bestehen. Warum? − Dort sind die Büsche hoch gewachsen. Dort fährt der Täter von der Autobahn runter und springt in den Garten hinein. Das sind die Probleme. Der Schutzmann an der Ecke nützt da überhaupt nichts. Es gilt, Fahndungsstrategien auf Autobahnen und Landstraßen zu entwickeln. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.

Bagatellisiert wird auch die Auseinandersetzung mit Crystal Speed. In dieser international schwierigen Situation nützt es nichts, Druck auf ein befreundetes Nachbarland auszuüben. Wie wollen Sie das machen? Wollen Sie denen den Zeigefinger zeigen? Hier helfen Gespräche. Sie wissen ganz genau, dass wir in vielen Bereichen Gespräche brauchen. Manchmal ist es im internationalen Geschäft sehr schwierig, Gespräche zu führen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Mit Österreich wegen der Landesbank!)

Das sollte man bitte nicht verharmlosen oder bagatellisieren. Wenn wir der Stadiongewalt ohne Gespräche und Einbindung der Betroffenen begegnen würden, wäre das mit Sicherheit der falsche Weg. Es ist wichtig, Gespräche zu führen. Neben den Gesprächen sollte − das wird in Bayern gemacht − intensiv und konsequent Einsatz gezeigt werden.

Sehr geehrte Frau Tausendfreund, ich bin durchaus dankbar für Ihren Redebeitrag. Ich habe schon schlimmere Redebeiträge gehört.

Herr Kollege, denken Sie bitte an die Zeit.

Prävention kann nie Gegenstand von Statistik sein. Dunkelziffern können ebenfalls nicht statistisch erfasst werden. Es ist unser aller politischer Wille, weiter darauf zu drängen, die Kriminalität zu reduzieren. Wir werden weiterhin hinter unserer Polizei stehen. Das Schulterklopfen gebührt in gar keiner Weise der Politik, das gebührt den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im täglichen Dienst, die die hervorragende Statistik erst ermöglichen.