Protokoll der Sitzung vom 16.04.2013

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Unser Hauptkritikpunkt zu dieser ersten Säule ist aber: Wir haben keine klare Abgrenzung bei den Kompetenzen der Fachbetreuer und der erweiterten Schulleitung. Im Team wird es Verwerfungen geben. Die Weitergabe von Weisungsmöglichkeiten muss gut überlegt werden. Dies können wir hier nicht sehen. Ein weiterer Kritikpunkt: Grundschule und Mittelschule sind überhaupt nicht einbezogen worden. Wenn man eine eigenverantwortliche Schule einführen will, müssen auch die Schularten Grundschule, Hauptschule oder Mittelschule einbezogen werden. Das ist ein falsches Signal in die Schullandschaft.

Wir fordern schon seit Langem, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Schulgemeinschaft zu erweitern. Dass der Schulaufwandsträger dabei ist, ist ganz logisch; denn er zahlt und ist von den Folgen direkt betroffen. Ich kann mich der Kollegin von der SPD anschließen: Wir hätten uns schon gewünscht, dass Mitbestimmungsrechte des Schulforums ausgeweitet und Nägel mit Köpfen gemacht werden. Das ist hier nicht passiert.

Zu der dritten Säule dieses Gesetzes, Instrumente der Qualitätssicherung, ist Folgendes zu sagen: Natürlich ist es gut, dass schulartübergreifend zusammengearbeitet werden soll. Dann muss aber auch überlegt werden, wie sanktioniert werden soll, wenn dies nicht passiert. Sie haben überhaupt keine Überlegungen für den Fall angestellt, dass diese Zusammenarbeit nur auf dem Papier stehen bleibt. Außerdem wird die Umsetzung dieser Maßnahme Zeit und Geld kosten, was in dem Gesetzentwurf nicht vorgesehen ist. Das ist problematisch.

Ich möchte mit einer Redensart abschließen: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Leider ist unser Minister mit seiner hervorragenden humanistischen Bildung nicht da. Er würde sofort erkennen: Horaz, Ars poetica, Vers 139. Damit nicht nur eine Maus dabei herauskommt, sondern ein ganzes Kind mit Hand und Fuß, brauchen wir mehr Verantwortlichkeit über das Budget. Davon ist überhaupt nicht die Rede. Wir brauchen auch mehr Verantwortlichkeit bei der Besetzung des Personals. Erst dann können wir von einer eigenverantwortlichen Schule sprechen. Mit diesem Gesetzentwurf ist sie noch nicht verwirklicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächster hat Herr Kollege Thomas Gehring von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist ein Gesetzentwurf nach dem Lasagne-Prinzip: Es ist etwas anderes drin, als draufsteht. Hier ist von der "eigenverantwortlichen Schule" die Rede, in dem Gesetzentwurf geht es jedoch vor allem um die erweiterte Schulleitung. Wenn man sich auch die anderen Punkte dieses Gesetzentwurfs im Hinblick auf die eigenverantwortliche Schule ansieht, stellt man fest: Die Kontrolldichte wird größer und nicht geringer. Das ist genau das Gegenteil dessen, was eine eigenverantwortliche Schule braucht. Es fehlen die Mittel und Freiräume, die die Schulen brauchen, um etwas eigenverantwortlich gestalten zu können.

Ich möchte deshalb auf unseren Gesetzentwurf hinweisen, der eine andere Philosophie verfolgt. Wir wol

len den Schulen Eigenverantwortung, Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Sie wollen Eigenverantwortung vorschreiben, was nicht funktionieren wird. Wir versuchen, Eigenverantwortung zu ermöglichen und zu gewähren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist, dass Schulen Schulentwicklung betreiben. Es hilft aber nichts, den Schulen vorzuschreiben, dass sie Schulentwicklungsprogramme schreiben müssten. In diesem Fall wurde zwar etwas aufs Papier geschrieben, aber nicht gelebt und nicht umgesetzt; denn es fehlen die Mittel und die Gestaltungsoptionen. Wer Eigenverantwortung an Schulen will, muss als Ministerium und Regierung Verantwortung abgeben. Dies fehlt in diesem Gesetzentwurf völlig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte ein paar Worte über die erweiterte Schulleitung sagen: Ja, Personalentwicklung ist die Hauptaufgabe von Bildungspolitik. 90 % der Bildungsausgaben sind Personalausgaben. Wir wissen es nicht zuletzt seit der Hattie-Studie: Auf die Lehrkräfte kommt es an. Es kommt darauf an, dieses Personal gut zu entwickeln und ihm die Möglichkeit der Reflexion zu geben. Der Austausch muss verbessert werden. Außerdem braucht das Personal Unterstützung bei der Fortbildung und Fortentwicklung. Dies wäre die Aufgabe einer anders gestalteten Schulleitung.

Sie haben in diesem Gesetzentwurf einen richtigen Begriff verwendet, nämlich die "geringere Führungsspanne". Führungskräfte und Lehrkräfte müssten sich näher sein, um intensiver miteinander arbeiten zu können. Ihnen geht es mit diesem Gesetzentwurf aber allein darum, das System der Regelbeurteilung auf mehrere Köpfe zu verteilen. Die Regelbeurteilung ist aber kein Instrument der Personalentwicklung, sondern ein Instrument der Gängelung, des Misstrauens. Sie ist kein Instrument zur Motivation der Lehrkräfte.

Wo bleibt die Fortentwicklung des Unterrichts? Wo ist sie möglich? Wo bleibt der Dialog? Wo bleibt die Unterstützung von Lehrkräften bei Problemen? Wo wäre es tatsächlich möglich, Verbesserungen über Zielvereinbarungen und Unterstützung zu erreichen? Davon ist in diesem Gesetzentwurf nichts zu finden. Damit ist auch eine Chance für die Personalentwicklung verpasst worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine eigenverantwortliche Schule braucht tatsächlich eine andere Führungskultur und Mitwirkung. Das ist die andere Seite der Medaille einer eigenverantwortlichen Schule. Wie sieht es aus beim Thema Mitwirkung?

Ich möchte noch etwas zur erweiterten Schulleitung sagen: Sie haben vorgesehen, dass große Gymnasien und Realschulen erweiterte Schulleitungen beantragen können. Nein, nicht die Schule, sondern der Schulleiter kann beantragen, ob er eine erweiterte Schulleitung will oder ob er sagt: Ich mach’s alleene. Das ist Ihr System. Wo bleibt die Mitwirkung der Lehrerkonferenz? Eine solche Mitwirkung wäre das Minimum gewesen, wenn Sie eine erweiterte Schulleitung einführen wollen.

Ähnlich ist das mit der Verpflichtung zur Erzieherpartnerschaft. Sie wollen Erzieherpartnerschaft verordnen, ohne eine Partnerschaft zu leben und ohne die Mitwirkung der Eltern am Schulleben zu ermöglichen und zu gestalten. Das ist keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Sie haben es versäumt, das Schulforum tatsächlich zu stärken, ihm mehr Kompetenz zu geben. Deshalb ist dies kein Gesetz zur eigenverantwortlichen Schule. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den ursprünglichen Namen "Schulinnovationsgesetz" frühzeitig aufgegeben haben; denn Innovation bringt Ihr Gesetzentwurf keinesfalls.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächste hat Frau Kollegin Renate Will von der FDP das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, mehr Freiheit und Eigenverantwortung der Schulen führen zu einer besseren Qualität des Unterrichts sowie zu besseren Bildungserfolgen. – Das sind die wesentlichen Ergebnisse aus vielfältigen Studien der Schulentwicklungsforschung, die die FDP-Landtagsfraktion intensiv ausgewertet hat. Auch die in Bayern bereits evaluierten Modellversuche MODUS F und Profil 21 bestätigen diese Befunde. Aus diesem Grund haben wir im vorliegenden Gesetzentwurf den Schwerpunkt auf die Personal- und Qualitätsentwicklung gelegt. Ein wichtiger Baustein ist dabei, dass wir die erweiterte Schulleitung, die sogenannte mittlere Führungsebene, etablieren wollen; denn die Verlagerung der Verantwortung auf mehrere Lehrkräfte einer Schule führt dazu, dass Bildungsstandards nachhaltiger und schneller in den Lehrerkollegien verankert werden und Führungsspannen abgebaut werden können. Schulleiter erhalten so ein Plus an Zeit für die konzeptionelle Arbeit in ihrer Schule. Das erleichtert auch die Teamarbeit im Kollegium und trägt zur Berufszufriedenheit bei.

Als FDP-Fraktion sind wir der Überzeugung, dass es einer Schulleiterin oder einem Schulleiter an einem Gymnasium bei durchschnittlich 84 Kollegen kaum

mehr möglich ist, kontinuierlich und differenziert eine Rückmeldung an die Lehrkräfte zu geben. Eine pädagogische Begleitung und das Feedback über die unterrichtliche Tätigkeit dürften sich unserer Auffassung nach dabei nicht auf die zwar unverzichtbare, aber dienstliche Beurteilung beschränken. So haben die Lehrkräfte an den MODUS-F-Schulen übereinstimmend berichtet, dass etwa Mitarbeitergespräche zwischen Lehrkräften und den Mitgliedern der erweiterten Schulleitung als Wertschätzung und Würdigung der Arbeit wahrgenommen wurden.

Dies kann jedoch nur möglich werden, wenn die Führungsspannen zunächst abgebaut werden, um echte Personalentwicklung und Personalförderung umzusetzen. Aus unserer Sicht ist positiv, wenn die Arbeit der Lehrkräfte durch ein kleineres Team eine höhere Wertschätzung erfährt. Zudem halten wir es auch für einen Vorteil für die einzelne Lehrkraft, wenn ein Fachkollege an der Beurteilung mitwirkt und die entsprechende Lehrkraft nicht alleine durch den Schulleiter beurteilt wird, der häufig sogar eine andere Fächerkombination hat. Individuelle Stärken können somit besser erkannt werden und in eine Gesamtbetrachtung einfließen.

Natürlich ändert sich mit der Einrichtung einer erweiterten Schulleitung an der im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz festgeschriebenen unmittelbaren Verantwortung der Lehrkräfte für den Unterricht und die Erziehung der Schülerinnen und Schüler nichts. Die Freiheit in der Unterrichtsgestaltung bleibt selbstverständlich erhalten. Das kollegiale Miteinander bleibt auch weiterhin die zentrale Voraussetzung für eine gelingende pädagogische Arbeit an den Schulen. Dazu gehören intensiver Austausch und Abstimmungsprozesse, die Verständigung über Grundprinzipien in der gemeinsamen pädagogischen Arbeit sowie die Formulierung von Entwicklungszielen der Schule insgesamt und der Lehrkräfte im Einzelnen.

Der Modellversuch MODUS F hat gezeigt, dass der Weg zu einer neuen Führungskultur eine anspruchsvolle Aufgabe ist und nur schrittweise und bei Bereitstellung von zusätzlicher Leitungszeit, von fachlicher Begleitung und Fortbildung gelingen kann. Entsprechende zusätzliche Stellen sowie Mittel für die Fortbildung sind bereits im Doppelhaushalt 2013/2014 vorgesehen.

Aus den angeführten Gründen ist es für uns unerlässlich, dass die Mitglieder der erweiterten Schulleitung auch Personalverantwortung wahrnehmen sollten; denn für uns gehören Freiheit und Verantwortung zusammen, und die Aufgabe, ein Team zu leiten, sollte mit echter Verantwortung für die Leistungen eines

Teams verbunden sein. Dass die Schulleitung bei der Einführung eng mit dem örtlichen Personalrat zusammenarbeitet und diese schulische Veränderung auch in der Lehrerkonferenz besprochen wird, halten wir im Übrigen für selbstverständlich. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Einzelbetriebliche Investitionsförderung (Drs. 16/15536)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Kollege Sprinkart von den GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag geht es um die Frage, welche Landwirtschaft wir künftig wollen. Es geht nicht um die Frage, welche Landwirtschaft wir künftig zulassen oder dulden wollen, sondern um die Frage, welche Form von Landwirtschaft wir aktiv unterstützen, welche wir fördern. Welche Form von Landwirtschaft ist es uns wert, dafür Steuer

gelder auszugeben? – Ich habe zwar nicht unbedingt mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag gerechnet, aber eine so platte Abfuhr hat mich doch etwas überrascht.

Wir GRÜNE haben klare Vorstellungen, wie Landwirtschaft aussehen soll: Wir wollen eine bäuerliche Landwirtschaft, keine industrielle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen eine bodengebundene und umweltverträgliche Landwirtschaft, und wir wollen eine tiergerechte Landwirtschaft. Deshalb wollen wir keine Betriebe mehr fördern, die mehr als 30.000 Geflügelmastplätze, 15.000 Putenmastplätze oder 1.500 Schweinemastplätze haben. Betriebe, die diese Grenzen überschreiten, erhalten bei Mastgeflügel 67 % der Investitionsfördermittel, bei Puten sind es 80 % und bei Mastschweinen sind es 56 %. Diese Grenzen entsprechen im Übrigen der Vierten Verordnung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Anhang Nr. 7.1 Spalte 2. Wir hätten auch eine Grenze nehmen können; dann wären die Zahlen etwas höher gewesen. Aber Sie hätten das vermutlich genauso abgelehnt.

Das Ergebnis dieser Entwicklung bei den Masthähnchen konnten wir neulich in der Sendung "Unser Land" sehen. Wir haben unseren Geflügelfleischexport nach Afrika von 2009 auf 2011 zugegebenermaßen auf niedrigem Niveau vervierfacht. Die Konsequenzen dieses Handelns für die betroffenen Länder, vor allem für die Bauern in diesen Ländern, wären ein ganz eigenes Thema. Wollen Sie wirklich eine solche Landwirtschaft gezielt fördern? Man hätte ja darüber diskutieren können, ob die von uns vorgeschlagenen Grenzen zu niedrig sind. Das haben Sie aber nicht getan, was den Schluss zulässt: Sie wollen überhaupt keine Grenzen. Aber auch das ist eine Aussage.

Der zweite Punkt unseres Antrages ist die Flächenbindung. Nach unseren Vorstellungen sollte sie bei zwei Großvieheinheiten pro Hektar liegen. Diese Regelung gab es übrigens bis 2006. Aber sie behinderte natürlich die landwirtschaftliche Entwicklung. So können auch Betriebe eine einzelbetriebliche Investitionsförderung erhalten, die sich vom Viehbesatz her in Richtung Gewerbe entwickeln. Das lassen Sie zu. Probleme in diesen Intensivregionen mit dem Grundwasser und mit dem Eintrag in Fließgewässer können Sie unter anderem im Landkreis Landshut sehr gut anschauen. Dazu darf ich Professor Heißenhuber zitieren; er ist, glaube ich, ein über alle Parteigrenzen hinweg anerkannter Fachmann. Er sagt zur Düngemittelverordnung:

Die derzeit gültige Düngemittelverordnung ermöglicht die Ausbringung einer Nährstoffmenge

aus Wirtschaftsdünger, die mit den Regeln der guten fachlichen Praxis nicht übereinstimmt.

Aus diesem Grunde ist eine Novellierung anstehend. Darüber hinaus erscheint die Einhaltung der Düngevorordnung nicht ausreichend.

Dritter Bereich: tiergerechte Haltungsformen. Wir GRÜNEN wollen, dass Haltungsformen wie Vollspaltenböden in der Rinderhaltung und Teilspaltenböden in der Schweinehaltung nicht mehr gefördert werden, weil sie alles andere als artgerecht sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)