Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Abgeordnetenrechts (Drs. 16/16550) - Erste Lesung

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD) Für eine umfassende Neuregelung der Beschäftigungsverhältnisse bei Abgeordneten (Drs. 16/16528)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordnetenrecht modernisieren Übergangsregelung für bezahlte Beschäftigung Angehöriger beenden (Drs. 16/16530)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Reform für ein modernes und transparentes Parlamentsrecht (Drs. 16/16544)

Der interfraktionelle Gesetzentwurf von CSU und FDP wird von Herrn Kollegen König begründet. Anschließend wird Kollegin Bause den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begründen. Zunächst spricht jetzt Herr Kollege König.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die im Jahr 2000 von den seinerzeit im Hohen Haus vertretenen Fraktionen CSU, SPD und GRÜNE beschlossene Regelung, die Beschäftigungs

verhältnisse, die damals zwischen Mitgliedern des Hohen Hauses und Verwandten ersten Grades bestanden haben, im Rahmen eines Bestandsschutzes quasi auslaufen zu lassen, würde nach meiner Überzeugung von uns so nicht mehr beschlossen werden.

Ich kann mich gut erinnern, dass bereits seinerzeit bezüglich der Beschäftigungsverhältnisse, die damals bestanden haben, darüber diskutiert wurde, ob es nicht sinnvoll sei, einen Endzeitpunkt festzulegen. Man hatte damals darüber diskutiert, ob man die damalige Regelung noch eine Legislaturperiode - oder wie auch immer - laufen lassen sollte. Seinerzeit kam dann aber das Gegenargument, man müsse sich nicht auf einen Zeitpunkt einigen, da die Beschäftigungsverhältnisse ohnehin alle auslaufen würden.

Zum damaligen Zeitpunkt gab es Dutzende solcher Beschäftigungsverhältnisse. Ich betone, dass sie legal waren und auch heute sind. Sie sind vom Hohen Haus so beschlossen worden. Allerdings füge ich aus heutiger Sicht hinzu, dass einzelne Fälle, die bis heute bekannt geworden sind, deutlich machen, dass nicht sämtliche dieser Beschäftigungsverhältnisse die Jahre hindurch einem Drittvergleich, der bei solchen Beschäftigungsverhältnissen natürlich immer angestellt werden muss, standhalten würden. Von daher wären wir damals gut beraten gewesen, eine zeitliche Begrenzung zu beschließen oder gleich zu sagen: Es geht nicht anders, wir müssen alle Beschäftigungsverhältnisse beenden. Aber das haben jene Kolleginnen und Kollegen, die damals hier im Haus waren, eben nicht miteinander vereinbart. Deshalb wurden die Beschäftigungsverhältnisse völlig legal weitergeführt.

Nach unserer heutigen Meinung ist es dringend geboten, diesen Zustand zu beenden und des Weiteren darüber nachzudenken, welche anderen Arten von Beschäftigungsverhältnissen bei der Gelegenheit ebenfalls nicht mehr zugelassen werden sollten. All diese Arten von Beschäftigungsverhältnissen zeichnen sich dadurch aus, dass sie für den fremden Dritten den Anschein haben können, dass sich Mitglieder des Hohen Hauses – in welcher Beziehung auch immer, in einer verwandtschaftlichen Beziehung, in einem Verschwägerungsverhältnis oder in einem eheähnlichen Partnerverhältnis – bereichern könnten. Deshalb sehen wir es als geboten an, eine sehr umfangreiche Regelung für die Zukunft zu treffen und diese so schnell wie möglich zu beraten und zu beschließen.

Der Inhalt liegt Ihnen vor. Der heute Nachmittag gefundene Weg der Beratung und Beschlussfassung hat dazu geführt, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Gelegenheit hatte, ebenfalls einen Gesetzentwurf einzubringen, der sich, wenn ich es richtig

sehe, von unserem Gesetzentwurf nur in zwei wesentlichen Punkten unterscheidet, und zwar zum einen darin, dass in dem Gesetzentwurf der GRÜNEN alle Verwandtschaftsverhältnisse einbezogen werden, während wir nach reiflicher Überlegung der Meinung sind, dass ein bestimmter Verwandtschaftsgrad festgeschrieben werden muss.

Ich empfehle dringend, diesen Punkt noch einmal zu überlegen, denn wenn Sie das Thema Verwandtschaft weiterdenken, stellen Sie am Ende fest, dass wir alle miteinander verwandt sind.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

- Das Thema ist zu ernst, als dass es lächerlich gemacht werden sollte. Wichtig ist, festzulegen, bis zu welchem Verwandtschaftsgrad man die bisherige Regelung zurücknehmen sollte.

Unsere Überlegungen haben dazu geführt, dass der Verwandtschaftsgrad, bis zu dem Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr statthaft sein sollen, festgeschrieben werden sollte. Der dritte Verwandtschaftsgrad ist schon ein relativ fernliegender. Es gibt auch den Fall, dass jemand Schwierigkeiten hat, auf den ersten Blick nachzuvollziehen, ob er von einem bestehenden Verwandtschaftsverhältnis etwas wusste oder nicht. Deshalb halten wir es also für ratsam, einen bestimmten Grad der Verwandtschaft im Gesetz zu nennen.

Beide Gesetzentwürfe unterscheiden sich darüber hinaus dadurch, dass unser Gesetzentwurf weitergehend ist; denn wir nennen neben den Lebenspartnerschaften auch eheähnliche Lebensgemeinschaften als unzulässige Beziehungen für ein Beschäftigungsverhältnis. Dies sehen wir deshalb vor, weil es nach unserer Kenntnis solche Verhältnisse, die seinerzeit als legal galten, gegeben haben könnte oder – das ist meine Überzeugung – gegeben hat.

Ich könnte jetzt Einzelheiten schildern, aber das würde uns nicht weiterbringen; denn sie liegen in der Vergangenheit, und die Betroffenen sind nicht hier und können sich nicht wehren. Aber es könnte leicht den Anschein geben, den ich vorhin beschrieben habe. Deshalb halten wir es für geboten, so weit zu gehen, dass auch eheähnliche Gemeinschaften, in denen also Herd und Bett geteilt werden, in die nicht zugelassenen Verhältnisse einbezogen werden.

Sie werden mich vielleicht fragen, wie man das Bestehen eheähnlicher Verhältnisse im Einzelfall feststellen will. Eine solche Frage ist natürlich berechtigt. Auch wir haben sie uns gestellt. Zugegeben, es ist schwierig, das im Einzelfall auf den ersten Anschein hin festzustellen. Aber hier obliegt es letztlich der Rechenschaftspflicht des einzelnen Mandatsträgers, des

Mitglieds dieses Hohen Hauses, zu versichern, dass ein solches Verhältnis nicht vorliegt.

Wenn der Mandatsträger wie bisher sein Arbeitsverhältnis nicht nur abrechnen, sondern auch versichern muss, dass den Vorschriften entsprochen wird, dann ist es überhaupt kein Problem, mit der Regelung so weit zu gehen, dass eheähnliche Gemeinschaften in die unzulässigen Beschäftigungsverhältnisse einbezogen werden. Jeder weiß das selber am besten und kann erklären, dass sein Mitarbeiterverhältnis hiervon nicht betroffen ist.

Nach alledem schlagen wir vor, dass zukünftig ab dem 1. Oktober – das ist in etwa der Zeitpunkt, zu dem die Legislaturperiode des nächsten Bayerischen Landtags beginnen wird – die genannten Beschäftigungsverhältnisse den Abgeordneten nicht mehr erlaubt sein sollen. Dazu gehören auch etwaige ÜberKreuz-Anstellungen, wie sie schon genannt wurden. Aber diese gibt es nach meiner Kenntnis nicht. Mir ist kein Fall bekannt.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Wissen Sie einen, Frau Noichl, wenn Sie das hier in den Raum stellen?

(Maria Noichl (SPD): Das war eine Frage!)

- Ja, ich sage Ihnen doch gerade, dass ich keinen solchen Fall kenne. Ich hielte es auch für einen Wahnsinn, wenn es einen solchen Fall gäbe. Aber wenn Frau Noichl meint, es könnte so einen Fall geben, dann möge jeder noch einmal in sich gehen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie hat gefragt!)

- Das ist eigentlich keine Fragestunde, aber ich gebe trotzdem gerne Antwort.

Wir haben also, auch wenn das vielleicht auf den ersten Blick von der Formulierung her nicht für jeden schlüssig ist, auch diese Über-Kreuz-Verhältnisse, wie es auch die GRÜNEN in ihrem Gesetzentwurf tun, als unzulässig einbezogen. Wenn Sie § 1 Nummer 1 unseres Gesetzesantrags lesen, ergibt sich das daraus, dass wir schreiben: "Verträge mit Personen, die mit einem Mitglied des Landtags …". Wir schreiben also nicht "mit dem Mitglied", mit dem man verschwägert ist oder eine andere besondere Beziehung hat, sondern mit jedwedem Mitglied dieses Hauses. Daraus ergibt sich das bei unserer Formulierung.

Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, weil sich das vielleicht nicht für jeden auf den ersten Blick erschließt. Im Gesetzesantrag der GRÜNEN ist das anders formuliert.

Im Ergebnis – ich könnte das jetzt noch einmal vorbeten, aber ich weiß nicht, ob das erforderlich ist – wollen wir erreichen, dass diese Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr zulässig sind, wenn der Beschäftigte mit einem Mitglied des Landtags verheiratet ist, wenn er mit ihm verwandt ist bis zum dritten Grad, wenn er mit ihm verschwägert ist bis zum dritten Grad bzw. wenn er das jemals war. Wir wollen das auch auf Lebenspartnerschaften und, wie ich sagte, auf eheähnliche Lebensgemeinschaften ausweiten.

Der Zeitpunkt, zu dem wir diese Neuregelung vorschlagen, ermöglicht es hoffentlich auch jedem Mitglied des Hauses, der am heutigen Tag noch ein solches legales Beschäftigungsverhältnis hat, dieses Beschäftigungsverhältnis im Rahmen des Arbeitsrechts bis zu dem dortigen Zeitpunkt auslaufen zu lassen.

Das ist auch deshalb nicht völlig unproblematisch, weil das Arbeitsverhältnis nicht automatisch mit dem Ende der Legislaturperiode endet, sondern wir bisher hier im Haus die Regelung haben, dass nicht nur der Abgeordnete über den Tag, bis zu dem er Abgeordneter ist, hinaus noch Dinge aus seiner Abgeordnetenzeit abzuarbeiten hat, sondern dass er darüber hinaus auch die Möglichkeit hat, noch Leistungen des Landtags in Anspruch zu nehmen.

Ich bitte Sie, das in diesem Sachzusammenhang zu sehen. Wenn wir diese Regelung so treffen, wird es im Regelfall arbeitsrechtlich ordentlich möglich sein, diese Arbeitsverhältnisse zu beenden. Es mag auch Grenzfälle geben, bei denen das für Kollegen aufgrund der Länge des Arbeitsverhältnisses außerordentlich schwierig sein dürfte.

Denken Sie an die Zeit!

Ich bin sofort fertig, Herr Präsident.

Ich füge hinzu, dass sich jeder vergegenwärtigen möge, dass wir uns im Jahr 2000 schon darüber einig waren, dass diese Beschäftigungsverhältnisse auslaufen sollen. Wir haben – ich sage es noch einmal – seinerzeit lediglich den Fehler begangen, keinen festen Termin festzulegen. Ich bin gespannt, was die Beratungen ergeben werden.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Und was ist mit Ihnen?)

- Ich sage Ihnen auch, wie das bei mir ist. Aber das stand schon in der Zeitung. Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich habe ein solches Beschäftigungsverhältnis nicht mehr, Frau Gote, wenn Sie das interessiert.

(Beifall bei der CSU - Ulrike Gote (GRÜNE): Seit wann? Seit gestern?)

Danke schön, Kollege König. Und jetzt begründet Frau Kollegin Bause den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bitte sehr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Meine Güte, kann man nur sagen, was müssen Sie von der CSU im Moment gerade für eine Panik schieben!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anders kann man sich nicht mehr erklären, was Sie in den letzten Tagen geboten haben und insbesondere was Sie, Herr König, heute hier aufgeführt haben. Das war wirklich würdelos. Zum Glück haben wir es geschafft, dass wir jetzt hier stehen und die Gesetzentwürfe in der Ersten Lesung beraten und dass diese Regelung nicht, wie Sie das vorgesehen hatten, sozusagen im Omnibusverfahren schnell durchgepeitscht wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vor Kurzem haben Sie von der CSU noch gemeint, Sie seien in der Komfortzone. Aber so schnell kann es gehen, so schnell finden Sie sich dann in der Panikzone wieder, und zwar zu Recht. Denn was in den letzten sieben oder zehn Tagen über die ganz spezielle Form der Familienhilfe bei CSU-Abgeordneten ans Tageslicht gekommen ist, hat doch für alle sichtbar gemacht: Die CSU hat sich eben nicht erneuert, die CSU hat sich eben nicht verändert. Sie ist im Kern die gleiche alte Filz-CSU geblieben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie ist die Spezlwirtschaft-CSU geblieben. Da können Sie nach außen hin sagen, was Sie wollen. Mir wäre es, ehrlich gesagt, auch lieber, wir müssten heute hier nicht diese Debatte führen, Herr König. Ich würde viel lieber über Bildung, über Genossenschaften, über Mieten und Ähnliches diskutieren. Aber das, was Sie hier aufgeführt haben, zwingt uns dazu, hier diese Diskussion zu führen; denn wir brauchen endlich wieder Glaubwürdigkeit in der Politik, und die haben Sie in den letzten Tagen zerstört.