Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Der eingebrachte Gesetzentwurf findet in großen Teilen unsere Unterstützung. Das sollte uns aber bewusst sein: Es trifft nicht nur den Einzelnen. Natürlich trifft es den in besonderem Maße. Es betrifft nicht nur die CSU. Sie müssen sich dieser Verantwortung stellen. In der öffentlichen Wahrnehmung betrifft es aber wieder alle. Das ist das Problem; denn es heißt dann

wieder: Schaut euch die Politiker an! Das ist in dieser Debatte schädlich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und Abgeordneten der GRÜNEN)

Leider verliert man so die Glaubwürdigkeit, die man sich durch gute Arbeit über Jahre hinweg erarbeitet.

Mich hat ganz besonders das Verfahren heute Morgen geärgert. So kann man das nicht machen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das war wirklich ein großes Problem.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD)

Was Sie heute Morgen gemacht haben, dieses Verfahren, liefert das stärkste Argument gegen eine absolute Mehrheit der CSU. Diese wird es nach diesem Tag auch nicht mehr geben; da bin ich mir sicher.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, Abgeordne- ten der SPD und des Abgeordneten Dr. Andreas Fischer (FDP) - Markus Rinderspacher (SPD): Den Beifall von der FDP bitte ins Protokoll!)

Es ist vielleicht kein Zufall, dass zumindest heute durch die Gazetten gegangen ist, dass sich Ministerpräsident Seehofer von dieser Idee verabschiedet hat, er zumindest nicht daran glaubt. Das ist vielleicht ganz typisch für die Gemengelage der letzten Tage.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf und der Intention durchaus zu. Ich glaube, es ist Zeit dafür. Ich stimme aber den Vorrednern zu: Wir sollten darüber hinausgehen. Wir sollten in aller Ruhe überlegen, wie wir das Abgeordnetenrecht transparenter gestalten können, das Parlamentsrecht insgesamt, was wir noch verbessern können, was wir verändern können. Das können wir auch in mehreren Schritten tun. Wir sollten es aber angehen; denn es geht um unser aller Glaubwürdigkeit und die Ihre im Besonderen. Das sind wir uns und der Bevölkerung schuldig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. – Das Wort hat Herr Kollege Dr. Fischer. – Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon einmal über Transparenz gesprochen. Ich glaube, es gibt wenige Bereiche, wo diese Transparenz von den

Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes so sehr erwartet wird wie bei den Geldern, die wir als Politiker beziehen. Das gilt für die Erstattung von Aufwendungen, seien es Sachaufwendungen oder Personalkosten, ganz genauso wie für Diäten. Diese Erwartungshaltung ist nicht nur verständlich, sie ist auch berechtigt. Wir haben einen öffentlichen Auftrag. Dieser öffentliche Auftrag ist mit einer Verpflichtung verbunden. Diese Verpflichtung müssen wir ernst nehmen.

Die aktuelle Diskussion zeigt sehr deutlich den Handlungsbedarf. Es geht um nicht weniger als um die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt. Es ist zu betonen: Ja, was passiert ist, mag legal gewesen sein; aber nicht alles, was legal ist, ist auch richtig; und nicht alles, was legal ist, ist auch moralisch vertretbar.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christoph Raben- stein (SPD))

Manches ist zumindest fragwürdig. Ich möchte aber auch eines sehr deutlich klarstellen: Ich könnte es mir sehr einfach machen und sagen, wir als FDP sind von dem Problem nicht betroffen. Ich meine aber, das wäre eine völlig falsche Selbstgerechtigkeit. So werde ich hier nicht auftreten. Es hat mich gestört, dass jedenfalls in einem Redebeitrag das Ganze so dargestellt worden ist, als sei es das Problem einer Partei, als sei das ein System.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Aber auch!)

Ich glaube, das greift entschieden zu kurz. Warten wir ab, was die weiteren Untersuchungen noch ans Tageslicht bringen. Ich will hier keine Spekulationen beginnen. Mehr Besonnenheit wäre hier angemessen.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Es geht hier nicht darum, über irgendjemand den Stab zu brechen. Es geht auch nicht um die Frage, ob tatsächlich Missbrauch betrieben wurde. Das ist so ähnlich wie bei der Befangenheit vor Gericht. Dort geht es auch nicht um die Frage, ob jemand befangen ist, sondern alleine um die Frage, ob die Besorgnis der Befangenheit besteht. Hier geht es nicht darum, ob tatsächlich ein Missbrauch stattgefunden hat, sondern darum, ob die Möglichkeit des Missbrauchs bestanden hat.

Wir müssen schnell und entschlossen handeln und dafür sorgen, dass solche Fälle nicht mehr vorkommen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Diese Intention haben beide Gesetzentwürfe, die heute vorgelegt werden. Ich möchte hier in der Ersten Lesung mehr die Gemeinsamkeiten als die Unterschiede betonen. Beide Gesetzentwürfe, sowohl der, den wir als FDP-Fraktion mitinitiiert haben und auf den wir gedrängt haben, als auch der vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sorgen dafür, dass dieses Problem nicht mehr auftreten kann. Ich meine, das ist nicht nur richtig, sondern das ist auch dringend.

Wenn es Altfallregelungen gibt, brauchen wir uns nicht zu beschweren, dass es vielleicht Fälle gibt, in denen sie jemand ausnutzt. Aber genauso klar ist auch: Nach 13 Jahren ist es Zeit, diese Altfallregelungen abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, beide Gesetzentwürfe und die in die Aussprache einbezogenen Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/16528, 16530 und 16544 dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 9)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 9)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Steuerbetrug auch in Bayern bekämpfen (Drs. 16/16526)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Volkmar Halbleib, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Maßnahmenpaket gegen Steuerhinterziehung Steuerhinterzieher nicht straffrei davonkommen lassen (Drs. 16/16531)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Renate Dodell, Georg Winter u. a. und Fraktion (CSU), Karsten Klein, Dietrich Freiherr von Gumppenberg und Fraktion (FDP) Prüfungsdienste in der bayerischen Steuerverwaltung weiter stärken (Drs. 16/16543)

Vorweg weise ich darauf hin, dass sich die Redezeit auf 24 Minuten pro Fraktion verkürzt hat, da die beiden Dringlichkeitsanträge zum Thema Abgeordnetenrecht und der nachgezogene Dringlichkeitsantrag zu diesem Thema bereits in den zuständigen Ausschuss überwiesen wurden.

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Als erster Redner hat Herr Kollege Hallitzky das Wort.

Geschätzte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht armselig, zu versuchen, mit dem Fall Hoeneß Politik zu machen, wie es eine mir nicht weiter bekannte CSUBundestagsabgeordnete namens Hasselfeldt gemeint hatte? Dazu zunächst einmal eine klare Ansage: Nein, denn der Fall Uli Hoeneß lenkt den Blick der Öffentlichkeit endlich auf das, was die GRÜNEN und unsere Oppositionskollegen von SPD und FREIE WÄHLER, was der Bayerische Oberste Rechnungshof und alle, denen an Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit gelegen ist, seit Jahren mit allem Nachdruck und völlig zu Recht heftigst kritisieren. Dieses Thema lautet: Die Bayerische Finanzpolitik schafft einen idealen Nährboden für Steuerbetrüger und für den allgemeinen Verfall der Steuermoral.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist es, worüber wir heute reden müssen. Das und nichts anderes ist der Grund für unseren heutigen Dringlichkeitsantrag. Wir wollen also nicht reden über den Fall eines überaus erfolgreichen Spielers, Managers und Präsidenten des FC Bayern und über seinen

hohen moralischen Anspruch, mit dem seine eigene Wirklichkeit offensichtlich nicht mithalten kann. Ich werde jetzt auch nicht weiter nachbohren bei der Frage des Zusammenhangs einer zweistelligen Summe als Darlehen und Bürgschaft an die Privatperson Hoeneß durch den früheren Adidas-Chef und den Einstieg von Adidas beim FC Bayern.

Ich werde mich heute auch nicht weiter dazu äußern, dass einige Minister und der Ministerpräsident offensichtlich über vielfache Wege frühzeitig über den Fall von Uli Hoeneß informiert worden sind, obwohl es viele Fragen gäbe: Ist es eigentlich normal, dass drei Minister und der Ministerpräsident von einer steuerlichen Selbstanzeige informiert wurden? War das Kriterium für die Information die Schwere des im Raume stehenden Deliktes, die Prominenz der Person oder aber seine Nähe zur CSU und zu den handelnden Spitzen der Staatsregierung? Welchen Sinn kann diese Information eigentlich haben? Wem kann sie nutzen? Ich habe derzeit keine Indizien dafür, dass die Spitzen der Exekutive entgegen ihren leutseligen Beteuerungen zu diesem frühen Zeitpunkt direkten oder indirekten Einfluss auf das Verfahren genommen haben. Das gilt auch in Bezug auf die Aussetzung des Haftbefehls nach Zahlung einer millionenschweren Kaution. Sie wussten vorher schon Bescheid.

Nein, über die Causa Hoeneß reden wir heute nicht, auch wenn der eine oder andere dies gern täte. Stattdessen reden wir über den finanzpolitischen Rahmen, den diese Staatsregierung und ihre Vorgängerregierungen gesetzt haben, einen Rahmen, der es Steuerbetrügern in Bayern besonders leicht macht. Es klingt vielleicht hart, aber es ist genauso gemeint: Die Staatsregierung macht sich politisch der Beihilfe zum Steuerbetrug schuldig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Um es mit der Rhetorik des FDP-Kollegen Klein von heute Nachmittag zu formulieren: Stellen Sie sich ein Land vor, in dem Steuerbetrüger gerne leben. Sie brauchen es sich nicht vorzustellen, es gibt dieses Land schon: Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)